Customer Churn: Erklärung, Gründe, Berechnung & Anti-Churn-Maßnahmen

Wertvolle Tipps & Tricks, um Churn-Gründe zu erkennen und Churn zu vermeiden

In diesem Beitrag werden wir uns mit Thema Customer Churn auseinandersetzen. Warum ist die Vermeidung von Customer Churn ein primäres Unternehmensinteresse, welche Gründe gibt es für Churn und warum ist das enge Monitoring ein erheblicher Erfolgsfaktor? Wie lässt sich der Churn berechnen und ausweisen? Was bieten sich für Gegenmaßnahmen an, um den Churn zu bekämpfen? All diese Fragen beantworten wir in diesem Beitrag. Auf Basis jahrelanger Erfahrung im Churnmanagement in unterschiedlichen Industrien und Unternehmen geben wir am Ende der einzelnen Kapitel Empfehlungen ab und möchten dir auf diese Weise wertvolle Tipps & Tricks an die Hand geben, die dir das Verstehen, Messen und Managen des Churns erleichtern sollen.

Churn – Begriffsdefinition und Ausprägungen in Abhängigkeit vom Typus der Kundenbindung

Der Begriff Churn ist mittlerweile international in den betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch übergegangen. Er kommt aus dem Englischen und steht für „Abwanderung“. In der Regel, und wenn es um den Begriff Customer Churn geht/den Begriff „Customer Churn“ betrifft, umso mehr, geht es dabei um die Abwanderung von Kund*innen. Je nach Geschäftsmodell des Unternehmens und der Art der Kundenbindung gibt es unterschiedliche Ausprägungen des Churns. 

Von Kund*innen initiierter Churn (aktiver Churn)

Bei dem sogenannten aktiven Churn treffen die Kund*innen aktiv die Entscheidung, die Kundenbeziehung zum Unternehmen zu beenden. Die Art der Kundenbindung entscheidet darüber, was sie tun müssen, um das Kundenverhältnis zu beenden. 
Handelt es sich um eine freiwillige Form der Kundenbindung (z.B. Friseur*in, Kino, Restaurant, Supermarkt) stellen die Kund*innen das Einkaufsverhalten schlichtweg ein. Dies kann für das Unternehmen ohne Vorwarnung geschehen, denn es bedarf keinerlei Form der Kommunikation oder Kündigung durch die Kund*innen. 
Handelt es sich hingegen um eine Form der vertraglichen Kundenbindung (z.B. Telekommunikationsverträge, Verträge mit Stromanbietern oder Versicherern) bedarf es i.d.R. der schriftlichen Kündigung, um das bestehende Vertragsverhältnis aufzuheben. Diese Kündigung sollte vom betroffenen Unternehmen als sehr ernstzunehmende Vorwarnung verstanden werden, dass die Kündigenden das Kundenverhältnis beenden wollen. Spätestens jetzt solltest du als Kundenbindungsverantwortliche*r aktiv werden und geeignete – am besten am Kundenwert ausgerichtete Kundenbindungsmaßnahmen einleiten. Mehr dazu erfährst du später. Mithilfe von statistischen Vorhersagemodellen (Predictive Models) ist es auch möglich, die Kundenbindungsmaßnahmen präventiv, sprich vor dem Erhalt der Kündigung, einzuleiten. Denn diese Modelle beherrschen die Berechnung einer Churnwahrscheinlichkeit (Churn Propensity/Churn Risk) von Kund*innen. Warum der Einsatz solcher Modelle sinnvoll ist, erläutern wir später in diesem Artikel.

Vom Unternehmen initiierter Churn (passiver Churn)

Neben dem oben erklärten aktiven Churn gibt es noch den sogenannten passiven Churn. „Passiv“, weil er nicht von Kund*innen, sondern vom Unternehmen ausgeht. Beispiele für passiven Churn sind die Deaktivierung von Mobilfunkverträgen bei Nichtzahlung durch die Kund*innen oder das Kündigen von Versicherungsverträgen durch den Versicherer (bspw. weil der Kunde aufgrund zu hoher Schadensummen unprofitabel geworden ist). 

Warum jegliche Form des Churns kritisch und aus Unternehmenssicht zu vermeiden ist

Kund*innen stehen für Umsatz oder zumindest Umsatzpotential. Daher sind alle Unternehmen daran interessiert, eine möglichst breite Kundenbasis aufzubauen und zu halten. Darüber hinaus investieren Unternehmen je nach Branche und Geschäftsmodell in ihre Neukund*innen. Darüber hinaus erweisen sich langjährige Kund*innen i.d.R. als profitabler (Reichheld 1997, S. 54 & 58ff.; Rust et al. 2000, S. 96). Daher gilt es, attraktive Kund*innen an das eigene Unternehmen zu binden und parallel durch Akquisition attraktiver Kund*innen den Kundenstamm stetig zu vergrößern. 
Ein wesentlicher Vorteil der Investition in die Bindung von Bestandskund*innen liegt darin, dass diesen
Bestandskund*innen die Wertigkeit des Unternehmens bekannt ist. So können sämtliche Kundenbindungsaktivitäten auf langfristige Marge ausgerichtet werden. Neukund*innen sind per se unbekannt und es besteht das Risiko der Überinvestition, die über einen längeren Zeitraum nicht durch positive Ergebnisbeiträge aus dem Kundenverhältnis kompensiert werden kann. 

Gründe für Churn

Im weiteren Verlauf des Beitrags konzentrieren wir uns auf den aktiven Churn. Gründe für aktiven Churn können sehr vielschichtig sein. Zunächst existieren persönliche Gründe. So können sich beispielsweise die persönlichen Umstände der Kund*innen in der Art verändert haben, dass das Angebot nicht mehr relevant oder interessant genug ist. Wettbewerb ist zudem ein wesentlicher Grund für aktiven Churn. Attraktivere Angebote eines anderen Anbieters können dazu führen, dass Kund*innen das bestehende Verhältnis mit einem Unternehmen beenden. Außerdem spielen Preis, Service und Qualität i.d.R. eine wichtige Rolle unter den Churngründen.

Churngründe versus Kündigungsgründe

Wir müssen an dieser Stelle zusätzlich differenzieren zwischen Churngründen und Kündigungsgründen. Trotz großer Schnittmengen liegt ein ganz wesentlicher Unterschied darin, wann und wie das Unternehmen vom Auflösen des Kundenverhältnisses erfährt. Liegt eine vertragliche Kundenbindung vor, müssen Kund*innen i.d.R. wie oben beschrieben das Vertragsverhältnis schriftlich kündigen, um churnen zu können. In dieser Kündigung wird i.d.R. der Kündigungsgrund genannt. Diesen sollte das Unternehmen sorgfältig im Account der Kund*innen hinterlegen, um darauf abgestimmt und kundenwertbasierte Kundenbindungsangebote unterbreiten zu können. Churngründe erfährt das Unternehmen meist nicht oder erst, wenn das Ereignis Churn bereits in der Vergangenheit liegt, also i.d.R. wenn eine freiwillige Kundenbindung zugrunde lag, bei der es keiner (schriftlichen) Kündigung bedurfte. (Beispiel: Ein Kunde besucht ein Restaurant ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr. Hier wird der Gastronom nur schwer erfahren, warum das so ist.)

Relevanz der Kündigungsgründe/Churngründe für das Unternehmen

Wie oben geschrieben, ist es das erste Ziel für Kundenbindungsverantwortliche, die Kund*innen des Unternehmens möglichst erfolgreich an das Unternehmen zu binden. Diese Bindung kann nur gelingen, wenn das Unternehmen die Gründe, die zu Kündigung oder Churn führen, sehr eng monitort, ernst nimmt und cross-funktional zu beheben versucht. So muss kontinuierlich das Serviceerlebnis für die Kund*innen optimiert, der Preis kritisch hinterfragt, die Qualität gesteigert und an der Attraktivität des eigenen Angebots gegenüber dem Wettbewerb gearbeitet werden, sofern dies aus den Kündigungs-/Churngründen hervorgeht. Daher empfiehlt es sich, in gewissen Zeitabständen tiefergehende Customer Churn Umfragen durchzuführen, um mehr über die maßgeblichen Kündigungs- oder Churngründe der eigenen Kund*innen zu erfahren.

Wie berechnest du den Churn?

Wie oben beschrieben, empfiehlt es sich, sowohl den Kündigungseingang, als auch den Churn als KPI zu betrachten. Sowohl als absolute Zahl als auch als Quote.

Kündigungseingang absolut

Es handelt sich hierbei um die Quantität der absoluten Kündigungseingänge. I.d.R. wird diese Zahl auf Monatsebene ausgewiesen. Um diese Kennzahl besser zu verstehen und den Kündigungseingang besser managen zu können, empfiehlt es sich, die Gesamtzahl in sinnvolle Kategorien herunterzubrechen. Beispielsweise nach Produkt, Region, Vertriebskanal und Kundensegmentierung. Aus dieser granularen Darstellung ergeben sich im Zeitverlauf Trends, die es sorgfältig zu beobachten und aktiv zu managen gilt. 

Kündigungseingangsquote auf den Kundenbestand

Zur Berechnung der Kündigungsquote auf den Kundenbestand wird der absolute Kündigungseingang eines Monats durch den gesamten Kundenbestand dividiert und das Ergebnis mit 12 multipliziert. Wir empfehlen, diese oder eine andere Quote zusätzlich zur absoluten Zahl des Kündigungseingangs zu berichten. Der Grund ist einfach: Wenn es über die Zeit zu merklichen Veränderungen in der Größe des Kundenbestands kommt, geht dies wahrscheinlich auch mit einer Erhöhung des absoluten Kündigungseingangs einher. Ein Fokus auf die absolute Zahl kann Alarmstimmung erzeugen. Dividiert man hingegen durch den ebenfalls gewachsenen Kundenbestand, wird das Bild relativiert.

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Kündigungseingangsquote auf das Kündigungspotential

Die Kündigungseingangsquote auf das Kündigerpotential wird ähnlich berechnet wie die oben beschriebene Kündigungseingangsquote auf den Kundenbestand. Jedoch dient als Basis nicht der gesamte Kundenbestand, sondern nur die Kund*innen, die aktuell noch kündigen könnten -  der ungekündigte Kundenbestand.

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Empfehlung 

Wir raten zum Ausweis des absoluten Kündigungseingangs und zur Ergänzung einer der beiden Quoten. Statistisch sauberer ist die Verwendung der Kündigungseingangsquote auf das Kündigerpotential. Denn in besonders akquisestarken Monaten wird die Quote auf den Bestand durch den erhöhten Bestand verwässert. Im Gegenzug wird sie künstlich erhöht, wenn im jeweiligen Monat die Kundenakquise nicht performt. 

Churn absolut

Es handelt sich bei dieser Zahl um die echten, im jeweiligen Monat verzeichneten Kundenverluste. Also um die Kund*innen, die nach Kündigungseingang und nicht erfolgreichen Churnmaßnahmen faktisch verloren gegangen sind. In der Telekommunikation sind dies beispielsweise deaktivierte SIM-Karten. Bei Versicherungen annullierte Verträge. Beim Friseursalon sind es diejenigen, die im jeweiligen Monat entschieden haben, ab sofort eine*n andere*n Friseur*in aufzusuchen. Wie auch beim Kündigungseingang empfiehlt es sich, die Zahl in granulare Kategorien herunterzubrechen, um Trends schnell und frühzeitig zu erkennen.
Es empfiehlt sich, diese Gesamtzahl herunterzubrechen in aktiven und passiven Churn.

Churnquote auf den Kundenbestand

Bei der Churnquote auf den Kundenbestand wird der absolute aktive Churn des jeweiligen Monats durch den gesamten Kundenbestand dividiert und das Ergebnis mit 12 multipliziert. Wie auch die entsprechende Kündigungseingangsquote hat diese Quote Schwachstellen, weil sie stark durch Effekte im Kundenbestand beeinflusst werden kann.

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Churnquote auf das Churnpotential

Um die Churnquote auf das Churnpotential zu berechnen, bedarf es einer gewissen Vorbereitung. Das Churnpotential ist fortlaufend zu berechnen. Zum Churnpotential gehören die Kund*innen, die im jeweiligen Betrachtungsmonat basierend auf ihrer Vertragslaufzeit die Gelegenheit gehabt hätten, ihr Kund*innenverhältnis zu beenden. Beispiel: Ein*e Kund*in schließt im März 2023 einen Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten ab und gehört somit im März 2025 zum sogenannten Churnpotential. Auch wenn der Kunde in dieser Zeit seinen Vertrag verlängern sollte, bleibt er Teil des ursprünglichen Churnpotentials im März 2025. Verlängert er im Mai 2024 um weitere 2 Jahre, so taucht er zusätzlich im Churnpotential für den Mai 2026 auf. Es handelt sich um eine Kohortenbetrachtung. Alle passiven Deaktivierungen werden aus dem Churnpotential herausgerechnet. Zur Berechnung der Quote wird lediglich der absolute aktive Churn des jeweiligen Monats durch das Churnpotential dividiert. Die anschließende Multiplikation mit 12 entfällt. Der Grund dafür ist, dass das Churnpotential einen Monatswert darstellt, wohingegen der Kundenbestand erheblich größer ist und als Jahreswert zu verstehen ist. Passivchurner werden ebenfalls aus dem Churnpotential herausgerechnet. 

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Empfehlung

Eine Quote auf den Kundenbestand gerechnet, unterliegt, wie oben beschrieben, einem erheblichen Bias durch Effekte im Kundenbestand. Aus diesem Grund empfehlen wir sehr klar, den Churn als absolute Zahl, ergänzt um die Churnquote auf das Churnpotential, auszuweisen. Eine transparente Darstellung aller Kündigungs- und Churn-KPIs in den jeweiligen granularen Details nach Produkt, Region und Vertriebskanal in einem transparenten Customer Churn Dashboard hilft allen Beteiligten, schnell die richtigen Schlüsse zu ziehen und effektive Gegenmaßen einzuleiten.

Wie gestaltest du effektive Gegenmaßnahmen? 

Wie oben beschrieben, gilt es für das Unternehmen zwei kritische Ereignisse im Kundenlebenszyklus zu vermeiden: Den Kündigungseingang und/oder den Churn. Hierbei helfen zwei unterschiedliche Arten von Maßnahmen: präventive und reaktive.

Präventive Kundenbindungsmaßnahmen 

Vom Wortsinn abgeleitet handelt es sich bei dieser Art von Maßnahmen um solche, die Kündigungseingang und Churn von vornherein vermeiden sollen. Diese lassen sich noch einmal unterscheiden in getriggerte und nicht getriggerte Maßnahmen.
Nicht getriggerte Maßnahmen sind Maßnahmen, die du im kompletten Kundenlebenszyklus umsetzt und die dazu beitragen, dass die Erwartungen der Kund*innen übertroffen werden. Aus diesem Übertreffen der Erwartungen entsteht Kundenzufriedenheit, die zu höherer Kundenloyalität und schlussendlich wieder zu einer erhöhten Kundenbindung führt (in Anlehnung an Bruhn/Homburg 2000, S. 10).

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Je erfolgreicher du mit diesen Maßnahmen während des Kundenlebenszyklus warst, desto unwahrscheinlicher ist ein Kündigungseingang/Churn der Kund*innen.
Dennoch wird dir dies nicht bei allen Kund*innen gelingen, da es unweigerlich solche Kund*innen geben wird, in deren Lebenszyklus sich nach der Reifephase die Krisenphase und dann die Trennungsphase anschließt (Dittrich 2000, S. 131).

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An dieser Stelle gilt es, mittels Triggermodellen und darauf aufsetzenden getriggerten Maßnahmen während der Krisenphase die Kund*innen so früh und so effektiv wie möglich anzusprechen. So kann aus einer Krise ein Neuanfang entstehen und die Kundenabwanderung verhindert werden. 

Triggermodelle zur Früherkennung von Kündigungseingang und Churn (Predictive Models)

Ziel dieser Modelle ist es, die Kündigungseingangs- oder Churnwahrscheinlichkeit (Churn Propensity/ Churn Risk) auf Einzelkundenebene vorherzusagen (Customer Churn Prediction). Dazu wird auf Einzelkundenebene ein Score für das jeweilige Ereignis „Kündigungseingang/Churn“ berechnet. I.d.R. kommt für die Erstellung eines solchen statistischen Modells eine lineare Regression zum Einsatz. Diese lernt aus dem Kundenverhalten der Vergangenheit. Wie immer bei statistischen Erhebungen empfiehlt es sich, eine solide Datenbasis zu haben. Was du also brauchst, sind ausreichend Daten von Kund*innen, die in der Vergangenheit gekündigt/gechurnt haben. Zudem brauchst du die Verhaltensdaten in den Monaten vor dem Ereignis „Kündigungseingang/Churn“. Die lineare Regression sucht nach Ähnlichkeiten im Verhalten der Kündiger/Churner in den Wochen/Monaten vor dem jeweiligen Ereignis. Diese Ähnlichkeiten müssen sich statistisch signifikant vom Verhalten derjenigen unterscheiden, die nicht gekündigt/gechurnt haben. Wurden solche Ähnlichkeiten identifiziert, kann getestet werden, ob diese nur eine Momenterscheinung waren und in einem bestimmten in der Analyse betrachteten Zeitfenster galten oder ob auch Kündiger/Churner aus den letzten Wochen/Monaten zuvor durch diese Ähnlichkeiten zu erkennen gewesen wären. Trifft dies zu, sind trennscharfe Parameter identifiziert, die nun verwendet werden können, um in der Gegenwart nach Kund*innen zu suchen, die in einem bestimmten für die Analyse relevanten Monat im Kundenlebenszyklus die kritischen Verhaltensweisen zeigen. Finden sich diese Kund*innen im Kundenbestand, empfiehlt sich eine sofortige Selektion für einen Kontakt mit einer auf Einzelkund*innenebene relevanten und attraktiven Kampagne mit dem Ziel, die Kündigung/den Churn präventiv abzuwenden.

Reaktive Kundenbindungsmaßnahmen

Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um getriggerte Maßnahmen. Sie erfolgen auf eine Willensäußerung der Kund*innen hin, die Kundenbeziehung zu beenden. Dies kann eine Kündigung sein, sofern es sich um ein bestehendes Vertragsverhältnis handelt. Ohne bestehendes Vertragsverhältnis kann dies jedoch auch eine schlichte Äußerung der Kund*innen sein, künftig einen anderen Anbieter der jeweiligen Produkte oder Dienstleistungen zu wählen. Ähnlich wie bei den präventiven Maßnahmen der hohe Churnscore, dient hier also Kündigung oder Kündigungsabsicht oder der erfolgte Churn als Trigger. Ein Beispiel für eine Maßnahme nach offenbar erfolgter Kündigung ohne Vorliegen eines Vertragsverhältnisses sind Coupons des Anbieters FREE NOW. Wenn der Taxiservice von FREE NOW längere Zeit nicht genutzt wurde, erhält der Kunde eine Push-Nachricht im Sinne von „Wie wäre es mal wieder mit uns – 30 % auf deine nächste Fahrt.“ Hier dient die Tatsache, dass die Kund*innen den Service lange nicht genutzt haben als Trigger für die Kampagnenselektion. Die Wertigkeit der Kund*innen, als sie den Service noch nutzten, entscheidet an dieser Stelle über die Rabatthöhe. 

Empfehlung

Nun kannst du zu Recht die Frage stellen, was besser ist - präventive oder reaktive Kundenbindung. Unsere Empfehlung lautet: Setze beide Optionen ein, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Denn nicht jedes Unternehmen hat die Kundendaten zur Verfügung oder generell die Möglichkeiten, Scoringmodelle einzusetzen. Friseur*innen dürfte das beispielsweise schwerfallen. Beide Ansätze haben ihre Schwachstellen. Predictive Models mögen brillant entwickelt sein. Dennoch sagen sie die Zukunft nie mit einer Validität von 100 % voraus. Es entstehen Streuverluste. Kund*innen mit hohem Score kündigen nicht und Kund*innen mit geringem Score kündigen trotzdem. Ein Vorteil des präventiven Kontakts ist unzweifelhaft, dass die Kund*innen ihre Entscheidung, dem Unternehmen den Rücken zuzukehren, noch nicht oder noch nicht lange getroffen haben. Der Kontakt erfolgt noch recht früh in der Krisen- oder Trennungsphase. Daher können bereits relativ überschaubare Investitionen in die Kundenbindung die Streuverluste bei geschickter Aussteuerung am Ende kompensieren. Die reaktiven Maßnahmen haben diese Streuverluste nicht. Denn das Unternehmen reagiert erst, wenn die Kund*innen bereits agiert haben und ihre bereits getroffene Entscheidung zur Trennung klar zum Ausdruck gebracht haben. Dafür ist das Level der erforderlichen Investments hier deutlich höher, weil eine bereits getroffene Entscheidung revidiert werden muss. Wenn deine Zielsetzung ist, möglichst viele Kund*innen erfolgreich an dein Unternehmen zu binden und Geschäftsmodell und Datenlage den präventiven Ansatz ermöglichen, empfehlen wir also sowohl präventiv als auch reaktiv vorzugehen.

Mit welchen Tools lassen sich diese Gegenmaßnahmen effektiv umsetzen? 

Kunden wollen individuell und mit für Sie relevanten Angeboten angesprochen werden, im für sie relevanten Kanal. Somit tust du dir selbst einen Gefallen, wenn du eine Form der segmentierten Ansprache verwendest. Denn je ansprechender und relevanter die Kommunikationsmaßnahme und das Kundenbindungsangebot für die*den Kund*in sind, umso höher wird die Conversion sein. 

Je nach Größe deines Kundenbestands kann die Anzahl der daraus resultierenden Segmente hoch sein. Aus den Faktoren Produkt, Kundensegment, gegebenenfalls Alterssegment, Kundenwert, präferierter Kanal und möglichen weiteren ergibt sich eine Vielzahl von Kommunikationsmaßnahmen. Um diese alle umsetzen, versenden und im Anschluss sauber auswerten zu können, empfiehlt sich der Einsatz eines CRM Tools. Hier gibt es eine Vielzahl von Anbietern und Produkten am Markt.

Beispielhafte Tools aus der Kategorie CRM sind:

Welches dieser und weiterer Tools für Dich und Deinen Verwendungszweck ideal ist, muss auf Basis einer Anforderungsanalyse definiert werden.

Fazit 

Egal, welche Größe dein Unternehmen hat. Egal, in welcher Branche du tätig bist. Egal, ob B2B oder B2C. Effektive Kundenbindung ist das A und O für betriebswirtschaftlichen Erfolg. Durch die richtige, idealerweise kundenindividuelle, Ansprache mit einem attraktiven Kundenbindungsangebot zum richtigen Zeitpunkt kannst du deine Kundenbeziehungen erfolgreich verlängern und damit entscheidend zum Erfolg deines Unternehmens beitragen. Die wichtigsten Erkenntnisse für dich sind:

  • Je präventiver du den Churn mit effektiven Maßnahmen reduzierst, umso einfacher lassen sich die Kunden von der teilweise noch nicht getroffenen Entscheidung, das Kundenverhältnis zu beenden, abbringen.

  • Es ist entscheidend, dich im Detail mit den Kündigungs- oder Churngründen deiner Kunden zu befassen. Nur, wenn du diese kennst, können effektive Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.

  • Nicht alle Kunden sind gleich – daher hilft es dir, Kündigungen und Churn auf granulare Ebenen herunterzubrechen, um Trends besser zu verstehen und anschließend zu bekämpfen.

  • Stelle diese KPIs transparent für dich und andere Stakeholder in einem Churn-Dashboard dar.

  • Wähle die KPIs für dein Churn Dashboard aus, die für dich und dein Unternehmen am meisten Sinn machen und die sich mit euren Möglichkeiten berechnen lassen.

  • Wähle für die Gestaltung und Umsetzung der Gegenmaßnahmen einen kundenzentrierten Ansatz. Womit könnte dein Unternehmen dich erfolgreich binden, wenn du den jeweiligen Kündigungs- oder Churngrund hättest? Und dann teste und lerne, wie deine Kunden auf deine Angebote reagieren.

Empfehlenswerte CRM Tools & Softwares

Insgesamt haben wir auf OMR Reviews über 250 CRM-System-Anbieter gelistet, die dich im Customer-Relationship-Management (CRM) unterstützen können. Schau also auf OMR Reviews vorbei und vergleiche die CRM-Tools mithilfe der authentischen und verifizierten Nutzerbewertungen. Hier sind einige Empfehlenswerte:

Matthias Dehn
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Matthias Dehn

Matthias Dehn ist Practice Lead CRM, Prinzipal und Unternehmensberater bei Iskander Business Partner GmbH und ein Experte für Kundenbeziehungsmanagement und Loyalty Projekte. Seine umfangreiche Erfahrung umfasst Kundenbeziehungsmanagementprojekte in der Telekommunikations-, Großhandels- und Einzelhandelsbranche. Mit seinem Fachwissen unterstützt Matthias Dehn seine Kund*innen dabei, ihr Kundenbeziehungsmanagement auf das nächste Level zu heben und die neuesten Technologien und Trends im Marketing zu nutzen. Als einer der führenden Experten auf seinem Gebiet bringt er eine frische Perspektive und innovative Ideen in die Projekte seiner Kund*innen ein.

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Jannik O. Würz
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Jannik O. Würz

Jannik O. Würz ist Unternehmensberater bei Iskander Business Partner mit Schwerpunkten in den Bereichen Business Development, Strategie und CRM. Neben seiner Tätigkeit als Berater baut er gegenwärtig gemeinsam mit einem kleinen Team den Hauptstadtstandort von IBP auf. Durch bisherige Projekte und Arbeitserfahrungen in Unternehmensberatungen und Scale-ups bringt Jannik O. Würz Expertise in den Branchen Finanzdienstleistung, Quick-Commerce (LEH) und Telekommunikation (Glasfaserausbau) mit.

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Lukas Neuhäußer
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Lukas Neuhäußer

ist Unternehmensberater bei Iskander Business Partner und unterstützt Unternehmen mit seiner Expertise in den Bereichen Digitales Marketing, CRM und Transformationsmanagement. In der Vergangenheit setzte er Projekte in den Branchen Automotive, Medien, Telekommunikation & Glasfaser um.

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