Elektronische Signatur in Unternehmen: Warum die qualifizierte elektronische Signatur für Kanzleien unverzichtbar ist

Felix Grote4.6.2025

In diesem Artikel erfährst du, warum die qualifizierte elektronische Signatur (QES) für Kanzleien so wichtig ist – und wie du sie rechtssicher einführst

Inhalt
  1. Was ist eine elektronische Signatur – und warum reicht die einfache Variante oft nicht aus?
  2. Warum ist die QES gerade für Kanzleien so wichtig?
  3. Welche Dokumente lassen sich mit der QES unterzeichnen?
  4. Weitere Anwendungsgebiete von elektronischen Signaturen in Unternehmen
  5. Wie funktioniert die qualifizierte elektronische Signatur technisch?
  6. Technische Herausforderungen bei der Einführung in Kanzleien
  7. Welche Tools unterstützen dich bei der Umsetzung?
  8. Vorteile der qualifizierten elektronischen Signatur in Unternehmen
  9. Nachteile und Herausforderungen der QES
  10. Praxisbeispiel: QES im Verbrauchervertrag zur Dokumentation der Widerrufsbelehrung
  11. Fazit: QES ist rechtskonform, sicher und effizient

Das Wichtigste in Kürze

Die QES basiert auf einer amtlich geprüften Identität und wird technisch durch Verschlüsselung mittels qualifizierter Zertifikate abgesichert, die von Vertrauensdiensteanbietern ausgestellt werden.

 
 

Die Digitalisierung verändert die Arbeitsweise von Kanzleien grundlegend – nicht nur bei der Aktenführung oder Mandantenkommunikation, sondern auch bei der Frage, wie Dokumente rechtssicher unterzeichnet werden. 

Dabei gewinnt die qualifizierte elektronische Signatur (QES) zunehmend an Bedeutung. 

Sie ermöglicht nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Formvorgaben, sondern bietet gleichzeitig ein Höchstmaß an Authentifizierung und Datensicherheit.

Die Einführung elektronischer Signaturen – insbesondere der QES – zählt dabei zu den wichtigsten Hebeln für moderne, papierlose Kanzleien.

In diesem Artikel erfährst du, was eine elektronische Signatur ausmacht, warum die QES gerade für Kanzleien eine Schlüsseltechnologie darstellt, welche Herausforderungen bei der Implementierung bestehen und welche Tools dich dabei unterstützen.

Was ist eine elektronische Signatur – und warum reicht die einfache Variante oft nicht aus?

Elektronische Signaturen ermöglichen die digitale Unterzeichnung von Dokumenten – ob Verträge, Vollmachten oder Schriftsätze. Die rechtliche Grundlage liefert die eIDAS-Verordnung (EU 910/2014), die zwischen drei Sicherheitsstufen unterscheidet:

  • Einfache elektronische Signatur (EES) – z. B. eingescannte Unterschrift
  • Fortgeschrittene elektronische Signatur (FES) – verknüpft mit Identität, aber ohne hohes Sicherheitsniveau
  • Qualifizierte elektronische Signatur (QES) – entspricht der handschriftlichen Unterschrift gem. § 126a BGB

Nur die QES bietet ein geprüftes, fälschungssicheres Verfahren inklusive Identitätsnachweis und ist damit rechtsverbindlich im Sinne der Schriftform.

Warum ist die QES gerade für Kanzleien so wichtig?

Kanzleien bewegen sich im Spannungsfeld zwischen rechtlicher Formstrenge und dem Druck zur Digitalisierung. Die QES löst diesen Widerspruch auf. Sie erlaubt rechtssichere Kommunikation und Dokumentation bei gleichzeitig digitaler Effizienz.

Typische Einsatzszenarien sind:

  • Übermittlung von Schriftsätzen via beA
  • Abschluss von Vergleichen und Mandatsvereinbarungen
  • Abgabe von Prozessvollmachten
  • Einhaltung der Schriftform bei bestimmten Vertragsarten

Sie schützt nicht nur vor Formverstößen, sondern erhöht auch die Verlässlichkeit und Integrität von digitalen Dokumenten. Essenziell im Kontext von Datenschutz und Compliance.

Welche Dokumente lassen sich mit der QES unterzeichnen?

Grundsätzlich können alle Dokumente elektronisch signiert werden – doch für einige ist die qualifizierte elektronische Signatur besonders praktisch:

  • Verträge mit Schriftformerfordernis (§ 126a BGB)
  • Gerichtliche Schriftsätze über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)

Tipp: Nutze qualifizierte elektronische Signaturen immer dann, wenn Beweissicherheit, Unveränderbarkeit oder Identitätsnachweis von Bedeutung sind.

Weitere Anwendungsgebiete von elektronischen Signaturen in Unternehmen

Die nachfolgende Übersicht wurde ursprünglich von Mark Kesselmann (d.velop AG) in Zusammenarbeit mit Noerr erstellt und dient hier zur Veranschaulichung der möglichen Prozesse, die mit qualifizierten elektronischen Signaturen bereits heute in Unternehmen erledigt werden können. Ich habe die Liste aktualisiert.

Elektronische Signaturen im Arbeitsrecht

Mögliche Anwendungsfälle: Arbeitsverträge | AGG | Nachweisgesetz (NachwG) | Arbeitnehmerüberlassung | Nachvertragliches Wettbewerbsverbot | Anträge bei Kurzarbeit | Widerspruch bei Betriebsübergang | Entgeltabrechnung | Eltern- und Pflegezeitverlangen

Auch befristete Arbeitsverträge nach § 14 Abs. 4 TzBfG können mit QES geschlossen werden.

Lediglich die Kündigung von Arbeitsverträgen ist weiterhin nicht zulässig per QES.

Hier ist zwingend die Papierform erforderlich (§ 623 BGB).

Eine gute Übersicht zur Formerleichterung im Arbeitsrecht durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV findest du im Blog von Oppenhoff.

Elektronische Signaturen im Mietrecht

Mögliche Anwendungsfälle: Mietverträge | Pachtverträge | Landpachtverträge | Kündigungen von Wohnungsmietverträgen | Widerspruch gegen Kündigungen | Selbstauskünfte | Maklerverträge | Dienstleitungsverträge in Zusammenhang mit dem Immobilienbetrieb | Übergabeprotokolle | Verlängerungsoption bei Gewerbemiete

Befristete Mietverträge (§ 575 BGB) müssen schriftlich (§ 126 BGB) abgeschlossen werden. Wird der Vertrag elektronisch geschlossen, ist eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) erforderlich.

Die Verpflichtungserklärung des Bürgen (§ 766 BGB) ist nur wirksam, wenn sie schriftlich oder mit qualifizierter elektronischer Signatur (QES) abgegeben wurde.

Elektronische Signaturen im Gesellschaftsrecht

Mögliche Anwendungsfälle: Anteilskauf- und Abtretungsvertrag | Gesellschaftervereinbarung | Gesellschafterdarlehen | Gesellschafterbeschlüsse | Vollmachten | Handelsregisteranmeldungen | GmbH Gründung (§ 2 GmbHG)

Elektronische Signaturen im Versicherungsrecht

Mögliche Anwendungsfälle: AVB, IPID, Kundeninformationen (VVG-InfoV)​ | Verzicht auf vorvertragliche Informationen | Beratungsprotokoll | Beratungsverzicht | Anzeigepflicht des VN | Fragepflicht des VR | Hinweispflicht des VR | Vertragsantrag | Vertragsänderung | Versicherungsschein | Anzeige des Versicherungsfalls

Lesetipps

Lesetipp: Wir einen Blick auf unseren Artikel zur Vertragserstellung.

Wie funktioniert die qualifizierte elektronische Signatur technisch?

Die QES basiert auf einer Kombination aus zertifizierter Identitätsprüfung, verschlüsselter Signaturerstellung und einer nachweisbaren Versiegelung des Dokuments. Sie ist der handschriftlichen Unterschrift rechtlich gleichgestellt.

Technisch basiert sie auf asymmetrischer Kryptografie, ergänzt durch eine behördlich überprüfte Identität des Unterzeichners. Der Ablauf im Detail:

  1. Identifikation via eID, VideoIdent oder Vor-Ort-Verfahren
  2. Zuweisung eines qualifizierten Zertifikats durch einen Vertrauensdienstanbieter*
  3. Erstellung der Signatur über Signaturkarte, Token oder Cloud-Lösung
  4. Speicherung und Signaturprüfung durch standardisierte Systeme.

*In Deutschland stellt, führt und veröffentlicht die Bundesnetzagentur die deutsche Vertrauensliste aller deutschen Anbieter qualifizierter Vertrauensdienste, nach dem Vertrauensdienstegesetz (VDG).

Ein Vertrauensdienstanbieter ist sozusagen ein digitaler "Notar", der sicherstellt, dass digitale Transaktionen und Identitäten vertrauenswürdig, nachvollziehbar und rechtssicher sind. 

Technische Herausforderungen bei der Einführung in Kanzleien

Trotz aller Vorteile ist die Implementierung von qualifizierten elektronischen Signaturen in Unternehmen nicht trivial.

Häufige Stolpersteine sind:

  • Kompatibilität mit Kanzlei- und Dokumentenmanagementsystemen (DMS)
  • Rechtemanagement (wer darf was signieren?)
  • Schulungsbedarf im Team
  • DSGVO-konforme Datenhaltung
  • Auswahl eines vertrauenswürdigen Zertifizierungsdienstes

Besonders wichtig: Die nahtlose Anbindung an den elektronischen Rechtsverkehr.

Welche Tools unterstützen dich bei der Umsetzung?

Für eine reibungslose Integration der QES in deine Kanzlei helfen spezialisierte Tools, die eIDAS- und DSGVO-konform arbeiten. Achte bei der Auswahl auf:

  • Schnittstellen zu deiner Kanzleisoftware, DMS, ERP und CRM
  • Benutzerfreundliches Signaturverfahren
  • Sichere Identifizierung und Zertifikatsausstellung

Empfehlenswerte Tools findest du auf OMR Reviews in der Kategorie E-Signature:

Vorteile der qualifizierten elektronischen Signatur in Unternehmen

Die qualifizierte elektronische Signatur bringt Unternehmen – insbesondere Kanzleien – zahlreiche Vorteile:

  • Rechtssicherheit: Sie erfüllt gesetzliche Schriftformerfordernisse und ist gerichtsfest.
  • Hohe Authentifizierung: Identität der Unterzeichner*innen ist zweifelsfrei nachvollziehbar. Wenn GWG-Compliance eingehalten wird.
  • Datensicherheit: Schutz vor Manipulation durch kryptografische Verfahren.
  • Effizienz: Dokumente können orts- und zeitunabhängig signiert werden.
  • Nachvollziehbarkeit: Lückenlose Dokumentation und revisionssichere Archivierung.
  • Kosteneinsparung: Wegfall von Druck-, Versand- und Archivierungskosten.

Nachteile und Herausforderungen der QES

Trotz der Vorteile sollten auch potenzielle Herausforderungen bei der Einführung berücksichtigt werden:

  • Komplexe Implementierung: Höherer technischer Aufwand im Vergleich zur FES oder EES.
  • Kosten: Anschaffung von Signaturhardware oder Zertifikatsdiensten kann kostenintensiv sein.
  • Usability: Für Anwender*innen ist der Signaturprozess oft wenig intuitiv.
  • Zertifikatsmanagement: Ablauf und Erneuerung von Zertifikaten müssen aktiv überwacht werden.
  • Regulatorische Anforderungen: Hohe Compliance-Standards erfordern genaue Umsetzung.
  • Abhängigkeit von Vertrauensdienstanbietern: Externe Anbieter sind zentral für Gültigkeit und Integrität.

Praxisbeispiel: QES im Verbrauchervertrag zur Dokumentation der Widerrufsbelehrung

Ein besonders praxisrelevanter Anwendungsfall der qualifizierten elektronischen Signatur ist der Vertragsabschluss mit Verbrauchern im Fernabsatz, etwa per E-Mail oder auf der Webseite. Dabei gelten besondere rechtliche Anforderungen, insbesondere an die Widerrufsbelehrung gemäß § 355 BGB.

Überall dort, wo ein Beweis über die ordnungsgemäße Belehrung und Zustimmung entscheidend ist, insbesondere beim Verzicht auf das Widerrufsrecht, sollte nicht auf die QES verzichtet werden. 

Beispiel - Dienstleistungsvertrag mit sofortigem Beginn

Ein Verbraucher schließt mit einer Kanzlei oder einem Unternehmen online einen Dienstleistungsvertrag ab, etwa zur rechtlichen Beratung oder für handwerkliche Leistungen. Damit die Dienstleistung vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist beginnen darf, muss der Verbraucher:

  • ausdrücklich verlangen, dass mit der Ausführung sofort begonnen wird, und
  • bestätigen, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung verliert.

Diese Erklärungen müssen in Textform erfolgen (§ 126b BGB). In der Praxis genügt oft eine E-Mail, ein Häkchen im Bestellprozess oder ein digitaler Bestätigungsdialog mit Protokollierung.

Zwar erfordert das Gesetz keine QES für die Widerrufsbelehrung, sie kann jedoch in bestimmten Fällen ein sinnvolles Zusatzinstrument zur Beweissicherung sein, insbesondere wenn:

  • hochpreisige oder risikobehaftete Verträge mit Verbrauchern abgeschlossen werden,
  • die Verzichtserklärung auf das Widerrufsrecht rechtssicher und gerichtsfest dokumentiert werden soll,
  • hohe Storno- oder Rücktrittskosten im Raum stehen,
  • Compliance- oder Branchenvorgaben (z. B. Finanzdienstleistungen) eine stärkere Authentifizierung erfordern.

Praxisbeispiel: Digitale Schulung mit sofortigem Zugang

Ein Anbieter bietet digitale Schulungen im Abo-Modell. Der Kunde erhält sofortigen Zugang. Damit dieser auf das Widerrufsrecht verzichtet, braucht es seine ausdrückliche Zustimmung. Wird diese Zustimmung mit einer QES abgesichert, hat der Anbieter ein starkes Beweismittel im Streitfall, z. B. bei Rückbuchungen oder Reklamationen.

Rechtssicherheit durch Nachvollziehbarkeit

Die QES dokumentiert:

  • die Identität des Unterzeichners (z. B. über eID, VideoIdent),
  • den genauen Zeitpunkt der Zustimmung,
  • die Unveränderbarkeit der Erklärung.

Damit erfüllt sie nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern geht darüber hinaus, wenn es um Streitvermeidung und Nachweisführung geht.

Empfehlenswerte Qualifizierte Elektronische Signatur Anbieter (QES)

Auf unserer Vergleichsplattform OMR Reviews findest du weitere empfehlenswerte E-Signatur Anbieter. Wir stellen über 70 Lösungen vor, die speziell auf die Bedürfnisse von Unternehmen und Organisationen zugeschnitten sind. Diese E-Signatur-Software bietet umfassende Unterstützung in allen Aspekten der elektronischen Unterschrift. Nutze diese Gelegenheit, die verschiedenen Softwarelösungen zu vergleichen und dabei auf authentische und verifizierte Nutzerbewertungen zurückzugreifen:

Fazit: QES ist rechtskonform, sicher und effizient

Die qualifizierte elektronische Signatur ist mehr als nur ein Werkzeug für digitale Unterschriften. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt moderner Unternehmensprozesse. 

Sie verbindet Rechtssicherheit mit Effizienz, stärkt die digitale Souveränität und schützt zuverlässig vor Formverstößen, Datenrisiken und Nachweislücken. Gerade für Unternehmen wie Anwaltskanzleien und andere stark regulierte Branchen wird sie zur strategischen Ressource: Wer Signaturprozesse heute durchdacht und rechtssicher digitalisiert, spart nicht nur Zeit und Papier, sondern positioniert sich auch als zukunftsfähiger und vertrauenswürdiger Partner im digitalen Rechtsverkehr.

Kurz gesagt: Wer heute qualifiziert signiert, gestaltet morgen den Standard.

 
 
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Felix Grote

Felix Grote ist SEO-Experte für Kanzleimarketing und Legal Tech Berater. Er ist Gründer von seobuddha.de und verantwortet Sales und Business Development bei OMmatic.de, einer spezialisierten Agentur, die individuelle Marketing-Kampagnen und Software-Lösungen für Kanzleien entwickelt.

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