Barrierefreie Dokumente: Leitfaden und Tools für inklusives Design
In diesem Artikel erfährst du, was barrierefreie Dokumente sind, welche gesetzlichen Anforderungen du beachten musst und welche häufigen Barrieren es gibt
- Was sind barrierefreie Dokumente?
- Welche gesetzlichen Anforderungen gibt es für die Umsetzung digitaler Barrierefreiheit?
- Häufige Barrieren bei der Erstellung barrierefreier Dokumente
- Vor- und Nachteile von barrierefreien Dokumenten
- Dein Leitfaden für die Erstellung barrierefreier Dokumente
- Tools zur Erstellung von barrierefreien Dokumenten
- Fazit und Ausblick
- Barrierefreie Dokumente ermöglichen allen Menschen, unabhängig von Einschränkungen, den gleichberechtigten Zugang zu Informationen und sind eine gesetzliche sowie ethische Verpflichtung.
- Wichtige gesetzliche Grundlagen in Deutschland sind die EU-Richtlinie 2016/2102, die BITV 2.0 und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG).
- Häufige Barrieren sind fehlende Alternativtexte für Bilder, unstrukturierte Texte, schlechte Farbkontraste, unzureichende interaktive Formate und zu geringe Abstände.
- Die Vorteile umfassen eine erweiterte Zielgruppe, rechtliche Compliance, verbesserte Nutzererfahrung, SEO-Vorteile und ein gestärktes Unternehmensimage.
- Bei der Erstellung ist es wichtig, passende Formate, Metadaten, Sprach- und Formatvorlagen zu nutzen sowie Grafiken und Verlinkungen korrekt zu gestalten.
Was sind barrierefreie Dokumente?
Barrierefreie Dokumente sorgen dafür, dass alle Menschen unabhängig von ihren physischen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen den gleichen Zugang zu Informationen haben. Die Definition barrierefreier Dokumente besagt, dass digitale Inhalte so gestaltet sein müssen, dass sie für jede*n Nutzer*in zugänglich sind. Barrierefreie Dokumente sind nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch ein zentraler Bestandteil von Inklusion, Chancengleichheit und einer breiten Zugänglichkeit. Sie ermöglichen es, dass sowohl barrierefreie Word-Dokumente als auch barrierefreie PDF-Dokumente problemlos mit Sprachausgaben und Screenreadern gelesen werden können.
Dabei betrifft Barrierefreiheit nicht nur Menschen mit dauerhaften Einschränkungen wie Seh- oder Mobilitätsproblemen, sondern auch Personen mit temporären Einschränkungen, wie einem gebrochenen Arm, vorübergehenden Sehproblemen oder defekten Geräten, etwa einem beschädigten Smartphone-Display. Auch Unternehmen profitieren von barrierefreien Dokumenten, da sie so ihre Reichweite vergrößern und gleichzeitig gesetzliche Anforderungen erfüllen.
„Barrierefreiheit ist in vielen Ländern bereits Pflicht – und die gesetzlichen Anforderungen werden weiter verschärft. Früher oder später müssen Unternehmen barrierefrei werden. Wer jetzt handelt, sichert sich einen Wettbewerbsvorteil und positioniert sich als Vorreiter in einer inklusiven digitalen Welt.“ - Jonathan Hassel, CEO Hassell Inclusion
Welche gesetzlichen Anforderungen gibt es für die Umsetzung digitaler Barrierefreiheit?
Die wichtigste gesetzliche Grundlage in diesem Kontext ist die EU-Richtlinie 2016/2102, die am 23. September 2018 in Kraft trat. Sie verpflichtet öffentliche Stellen in der EU, ihre digitalen Inhalte – einschließlich Webseiten, mobiler Anwendungen und Dokumente – barrierefrei anzubieten. Dazu zählen auch Dokumente, die von öffentlichen Einrichtungen online bereitgestellt werden, wie Berichte, Formulare und Präsentationen. Zusätzlich regelt die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) seit 2002 die Barrierefreiheit digitaler Inhalte, die von öffentlichen Einrichtungen in Deutschland bereitgestellt werden. Die BITV wurde seither mehrfach aktualisiert, um den technologischen Entwicklungen gerecht zu werden. Die aktualisierte BITV 2.0 trat 2011 in Kraft und orientiert sich stärker an den internationalen WCAG-Richtlinien (Web Content Accessibility Guidelines). Außerdem wurden die Richtlinien in Deutschland durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das am 1. Januar 2021 in Kraft trat, ergänzt. Mit den neuesten Änderungen des BFSG am 28. Juni 2025 wurde die Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung weiter ausgeweitet. Weitere Informationen zur Umsetzung des BFSG findest du in der BFSG Checkliste.
Häufige Barrieren bei der Erstellung barrierefreier Dokumente
Nachdem wir nun die gesetzlichen Anforderungen für die Umsetzung digitaler Barrierefreiheit erläutert haben, werfen wir einen Blick auf die häufigsten Barrieren, die den Zugang zu Dokumenten für Menschen mit permanenten oder temporären Einschränkungen erschweren. Besonders oft treten dabei folgende Herausforderungen auf:
- Fehlende Alt-Texte: Bilder, Diagramme oder Grafiken müssen mit einem Alternativtext versehen sein, damit sie von Bildschirmlesern oder Sprachausgaben korrekt erkannt werden.
- Unstrukturierte Texte: Texte ohne klare Hierarchien und Absätze machen es für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder auch für Personen mit temporären Einschränkungen schwer, den Inhalt zu erfassen. Eine klare Gliederung ist für die Lesbarkeit von entscheidender Bedeutung.
- Schlechte Farbkontraste: Zu geringe Farbkontraste zwischen Text und Hintergrund erschweren das Lesen, vor allem für Menschen mit Sehbehinderungen oder Farbsehschwächen.
- Unzureichende Formate für Interaktivität: Formulare und interaktive Elemente in Dokumenten, die nicht barrierefrei gestaltet sind, stellen eine große Hürde für Menschen mit motorischen Einschränkungen oder kognitiven Einschränkungen dar. Diese sollten einfach navigierbar sein, z. B. durch Tab-Reihenfolgen.
- Unzureichendes Spacing: Zu enge Zeilenabstände, Buchstaben- und Wortabstände erschweren das Lesen, besonders für Menschen mit Sehbehinderungen oder kognitiven Einschränkungen.
Damit du Barrieren rechtzeitig identifizieren und beseitigen kannst, gibt es Accessibility Checker, die dich dabei unterstützen.
Vor- und Nachteile von barrierefreien Dokumenten
Die Erstellung barrierefreier Dokumente bietet zahlreiche Vorteile. Gleichzeitig können sich auch einige Herausforderungen ergeben, die bei der Implementierung berücksichtigt werden sollten.
Vorteile von barrierefreien Dokumenten
- Erweiterte Zielgruppe: Der wichtigste Vorteil von barrierefreien Dokumenten ist die Inklusion von Menschen mit Behinderungen oder temporären Einschränkungen.
- Rechtliche Compliance: Barrierefreie Dokumente sind nicht nur ethisch richtig, sondern auch eine gesetzliche Verpflichtung. Nicht-Konformität kann zu rechtlichen Konsequenzen führen, während barrierefreie Dokumente die Rechtssicherheit erhöhen.
- Verbesserte Nutzererfahrung: Barrierefreie Dokumente verbessern die User-Experience (UX). Denn sie achten auf gute Strukturierung, klare Texte und unterstützende Navigationsfunktionen.
- SEO-Vorteile: Barrierefreie Dokumente tragen zur Suchmaschinenoptimierung bei, weil Suchmaschinen wie Google die Zugänglichkeit als Ranking-Faktor berücksichtigen. Zum Beispiel können Alt-Texte für Bilder oder strukturierte Überschriften (z. B. durch H1, H2, etc.) nicht nur Screenreadern helfen, sondern auch Suchmaschinen dabei unterstützen, den Inhalt besser zu indexieren.
- Verbessertes Image: Unternehmen, die auf Barrierefreiheit setzen, zeigen ihr gesellschaftliches Engagement und tragen aktiv zur Gleichberechtigung bei. Dieses ethische Engagement stärkt nicht nur das Vertrauen in das Unternehmen, sondern fördert auch die Kundenbindung.
Nachteile von barrierefreien Dokumenten
- Erhöhter Aufwand bei der Erstellung: Die Erstellung von barrierefreien Dokumenten kann anfangs mehr Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen. Für Unternehmen ohne Erfahrung in barrierefreiem Design kann dies zusätzliche Schulungen und Aufwand bedeuten. Für eine umfassendere Sicht auf barrierefreies Design, das nicht nur Dokumente, sondern auch Webseiten berücksichtigt, lohnt sich ein Blick auf unseren Artikel über barrierefreies Webdesign.
- Technische Herausforderungen: PDFs, zum Beispiel, können eine Herausforderung darstellen, wenn sie nicht richtig für Screenreader optimiert sind. Zudem erfordert es zusätzliche Technologien und Tools, um die Barrierefreiheit zu testen und sicherzustellen, dass sie korrekt umgesetzt ist.
- Potenzielle Einschränkungen der Gestaltung: Das bedeutet, dass bestimmte Designentscheidungen, wie die Wahl von Schriftarten oder Farben, möglicherweise zugunsten der Barrierefreiheit verändert werden müssen.
- Kosten für Implementierung: Der Übergang zu barrierefreien Dokumenten kann mit zusätzlichen Kosten verbunden sein, insbesondere wenn spezialisierte Tools oder Expert*innen notwendig sind.
Lesetipp: Wie Du Barrierefreiheit beim Posten umsetzt, erfährst Du in unserem Artikel "Barrierefrei posten".
Dein Leitfaden für die Erstellung barrierefreier Dokumente
Dieser Leitfaden unterstützt dich bei der Umsetzung von barrierefreier Kommunikation und stellt sicher, dass deine Dokumente den Anforderungen für inklusive Designs gerecht werden:
1. Wähle das richtige Dateiformat
Speichere dein Dokument immer im .docx-Format, da es die Prüfung auf Barrierefreiheit ermöglicht und ein offenes Format ist, das ohne Einschränkungen genutzt werden kann.
2. Befülle die Dokumenteneigenschaften
Metadaten helfen dir dabei, das Dokument maschinell einzuordnen. Fülle dafür Titel, Autor und ggf. Tags aus, um die Auffindbarkeit zu verbessern und das Dokument besser einordnen zu können.
3. Passe die Spracheinstellungen an
Damit Screenreader den Text korrekt aussprechen können, musst du die Sprache des Dokuments festlegen. Achte darauf, dass auch Textpassagen in anderen Sprachen korrekt ausgewählt werden.
4. Nutze konsequent Formatvorlagen
Sie gewährleisten eine konsistente Struktur für Überschriften und Tex im Dokument. Das hilft nicht nur dir, sondern auch den Nutzer*innen von Screenreadern, besser durch das Dokument zu navigieren.
5. Achte auf die richtige Formatierung von Listen & Tabellen
Die integrierten Werkzeuge in Word stellen sicher, dass Listen korrekt formatiert und später in PDFs von assistiven Technologien erkannt werden. Achte darauf, dass jede Tabelle mit einer Überschrift versehen wird.
6. Füge immer ein Inhaltsverzeichnis ein
Ein Inhaltsverzeichnis ist wichtig für die Barrierefreiheit. Denn es hilft Betroffnen beim Erfassen der Inhalte und unterstützt die Nutzer*innen zusätzlich bei der Navigation durch das Dokument.
7. Achte auf korrekte Abstände und Umbrüche
Vermeide es, Absätze manuell zu erstellen oder Zeilenumbrüche zu setzen. Benutze stattdessen die Formatvorlagen, um Abstände und Umbrüche festzulegen. Das sorgt für eine bessere Lesbarkeit durch Bildschirmlupen oder Screenreader. Nutze immer mindestens einen 1,5fachen Zeilenabstand der Schriftgröße für barrierefreie Texte.
8. Beschrifte Grafiken und befülle den Alternativtext
Bilder müssen mit einem Alternativtexten versehen werden, damit Sehbehinderte auf den Inhalt zugreifen können. Der Text sollte den Inhalt der Grafik beschreiben.
9. Wähle eine passende Schriftart
Barrierefreie Schriftarten sind zwar nicht gesetzlich Vorgeschrieben, tragen aber zur besseren Lesbarkeit bei. Nutze am besten serifenlose Schriftarten und eine Schriftgröße von mindestens 12-14 Punkten.
10. Verwende für jede Verlinkung einen aussagekräftigen Linktext
Vermeide kryptische URLs als Linktext. Verknüpfe den Link mit einem aussagekräftigen Begriff, der den Zielinhalt beschreibt, damit Screenreader den Link korrekt vorlesen können.
11. Beachte Farben und Kontraste
Achte darauf, dass der Kontrast zwischen Text und Hintergrund hoch genug ist. Für Schriftgrößen unter 2 px gilt ein Mindest-Kontrastverhältnis von 4,5:1.Verwende zusätzlich zu Farben immer Text, um Informationen zu vermitteln.
12. Achte auf einfache Sprache
Barrierefreie Sprache zeichnet sich dadurch aus, dass sie für eine breite Zielgruppe geeignet ist. Dafür solltest du geläufige Begriffe anstatt unnötigen Fachjargon nutzen und auf klare Satzstrukturen achten.
13. Prüfe dein Dokument auf Barrieren
Bevor du das Dokument endgültig speicherst oder versendest, solltest du es gründlich prüfen, um sicherzustellen, dass es alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Praktische Checklisten unterstützen dich dabei, Barrieren frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
Tools zur Erstellung von barrierefreien Dokumenten
Neben praktischen Checklisten oder professioneller Unterstützung von einer Agentur für barrierefreies Webdesign können dich auch Tools dabei unterstützen, die Anforderungen an inklusive Designs zu erfüllen. Im Folgenden stelle ich dir drei Tools und ihre Funktionsweisen vor:
sitebrunch ist ein leistungsstarkes Tool, das sich besonders gut für die Barrierefreiheit von Webseiten eignet, aber auch bei der Erstellung barrierefreier Dokumente eine wertvolle Hilfe darstellt. Das Tool prüft digitale Inhalte auf ihre Barrierefreiheit und gibt sofort Feedback zu Verbesserungsmöglichkeiten. Sitebrunch bietet eine einfache Automatisierung der Barrierefreiheitsprüfung und unterstützt Nutzer*innen dabei, die gesetzlichen Vorgaben wie das BFSG einzuhalten.
Mit AccessGO lässt sich die Barrierefreiheit von digitalen Inhalten wie PDFs, PowerPoint-Präsentationen und Word-Dokumenten gezielt verbessern. Das Tool bietet eine benutzerfreundliche Oberfläche, mit der Texte, Bilder und Tabellen automatisch auf Barrierefreiheit geprüft und optimiert werden. Besonders hilfreich ist die Integration von Screenreader-kompatiblen Alternativtexten und die Optimierung von Strukturierungen in Dokumenten.
Eye-Able ist ein leistungsstarkes Tool zur Identifizierung und Optimierung von Barrieren in digitalen Inhalten. Es bietet eine Vielzahl nützlicher Funktionen, darunter ein Dashboard, das den aktuellen Barrierefreiheits-Score visualisiert. Barrierefreiheitsfehler lassen sich kategorisieren, filtern und durchsuchen, um gezielt Verbesserungen vornehmen zu können. Darüber hinaus bietet Eye-Able ein Kanban-Board, auf dem Barrierefreiheit-Probleme organisiert, priorisiert und den zuständigen Personen zugewiesen werden können. Eine automatisierte Barrierefreiheitserklärung im Footer dokumentiert kontinuierlich den aktuellen Stand und die laufenden Bemühungen des Unternehmens, die Barrierefreiheit zu verbessern und transparent zu kommunizieren. So ermöglicht Eye-Able eine strukturierte und effiziente Optimierung der digitalen Barrierefreiheit.
Fazit und Ausblick
Die Erstellung barrierefreier Dokumente ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch ein wichtiger Schritt hin zu mehr Inklusion und Chancengleichheit. Die Anpassung von Dokumenten an die Bedürfnisse aller Nutzer*innen trägt zur Verbesserung der User Experience und der Zugänglichkeit bei. Zudem unterstützt sie Unternehmen dabei, ihr gesellschaftliches Engagement zu zeigen und rechtliche Risiken zu minimieren.
Doch es reicht nicht aus, sich nur auf die gesetzliche Grundlage zu stützen. Ein effektives Anforderungsmanagement ist entscheidend, um Barrierefreiheit kontinuierlich zu gewährleisten und dabei den gesamten Lebenszyklus von Dokumenten zu berücksichtigen. Der Prozess, von der ersten Dokumentenerstellung bis hin zur regelmäßigen Prüfung auf Barrierefreiheit muss systematisch und nachhaltig gestaltet werden. Die fortlaufende Schulung von Teams und die Nutzung unterstützender Tools stellen sicher, dass Barrierefreiheit keine einmalige, sondern eine kontinuierliche Aufgabe ist. Der nächste Schritt für Unternehmen muss es sein, Barrierefreiheit als Teil einer umfassenden Digitalstrategie zu betrachten.
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