Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung – zwischen Vertrauen und Kontrolle

In diesem Artikel erhältst du einen umfassenden Einblick in die Regelungen der Vertrauensarbeitszeit und wie sie auch in Zukunft erfolgreich funktioniert

Vertrauensarbeitszeit ist bei Mitarbeiter*innen ein sehr beliebtes Modell. Die freie Zeiteinteilung und der Verzicht auf ständige Kontrolle durch Vorgesetzte fühlen sich befreiend an. Um diese Freiheit fürchten nun viele seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung.

In diesem Artikel schauen wir uns die Vor- und Nachteile der Vertrauensarbeitszeit an und was sich durch das Urteil geändert hat. Kann Vertrauensarbeitszeit mit Zeiterfassung funktionieren? Und was gilt bei Überstunden? Abschließend werfen wir einen Blick darauf, was Arbeitgeber*innen zukünftig beachten müssen und welche Tools für die Arbeitszeiterfassung der Vertrauensarbeitszeit geeignet sind.

 

Was ist Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit ist ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem Mitarbeiter*innen ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich gestalten, ohne dass Arbeitgeber*innen Anwesenheitszeiten kontrolliert. Zu Beginn wird eine bestimmte Anzahl von Wochenstunden vereinbart. Die Mitarbeiter*innen können dann frei entscheiden, wann sie wie viel arbeiten. Bei der Vertrauensarbeitszeit steht nicht die Anwesenheit im Vordergrund, sondern die Erfüllung der vereinbarten Aufgaben. Die Mitarbeiter*innen sind verpflichtet, diese sorgfältig und zeitgerecht zu erledigen. Die Arbeitszeit ist nicht durch feste Zeitfenster vorgegeben, theoretisch könnte man auch erst um 11 Uhr morgens mit der Arbeit beginnen. Es können aber Zeitfenster vereinbart werden, um bspw. sicherzustellen, dass Mitarbeiter*innen in einem bestimmten Zeitraum für ihre Kolleginnen und Kollegen erreichbar sind.

Wie wird die Arbeitszeit in der Vertrauensarbeitszeit organisiert?

In der Vertrauensarbeitszeit sind die Mitarbeiter*innen selbst dafür verantwortlich, ihre Arbeitszeit zu organisieren. Es gibt keine vorgeschriebenen Arbeitszeiten und keine Kontrolle durch Vorgesetzte. Sie müssen jedoch bestimmte Regeln einhalten, die zum einen das Gesetz vorgibt und zum anderen von Arbeitgeber*innen kommen können.

Letztlich basiert Vertrauensarbeitszeit aber genau darauf: Vertrauen. Vertrauen darauf, dass die Mitarbeiter*innen fähig und willens sind, die ihnen übertragenen Aufgaben zeitnah und ordnungsgemäß zu erfüllen. Sinnvolle Vorgaben von Arbeitgeber*innen könnten sein: feste Sprechzeiten, Anwesenheitszeiten für Meetings oder Teamaktivitäten, Fristen für die Erledigung von Aufgaben.

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Gibt es Überstundenregelungen in der Vertrauensarbeitszeit?

Bei der Vertrauensarbeitszeit gibt es keine einheitliche Regelung für Überstunden. Das liegt einfach daran, dass die Mitarbeiter*innen selbst dafür verantwortlich sind, ihre Arbeitszeit sinnvoll einzuteilen, um die festgelegten Ziele zu erreichen. Die Mitarbeiter*innen müssen ihre Arbeitszeit so organisieren, dass sie ihre Aufgaben im festgelegten zeitlichen Rahmen schaffen. Die Bestimmungen über Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten dürfen jedoch auch bei Vertrauensarbeitszeit nicht übergangen werden. Sollte es dennoch zu einem erhöhten Arbeitsvolumen kommen, das die Einhaltung der regulären Arbeitszeiten unmöglich macht, ist eine klare Kommunikation mit den Vorgesetzten die Lösung.

Idealerweise sollte bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses mit Vertrauensarbeitszeit geklärt werden, ob, wann und wie Arbeitnehmer*innen angehäufte Überstunden abbauen können. Weiterhin besteht auch bei Vertrauensarbeitszeit die Pflicht, Überstunden zu dokumentieren. Die Überstundennachweise müssen zwei Jahre lang aufbewahrt werden.

Welche Vorteile hat die Vertrauensarbeitszeit für Arbeitgeber*innen?

  • Arbeitgeberattraktivität: Vertrauensarbeitszeit wird von vielen als attraktives Arbeitszeitmodell angesehen. Es gilt als modern, zeitgemäß und mitarbeiterorientiert.
  • Mitarbeiterzufriedenheit: Mitarbeiter*innen, die ihre Arbeitszeit selbst gestalten können, sind oft motivierter und engagierter. Durch die Flexibilität können sie zudem Beruf und Privatleben besser miteinander vereinbaren.
  • Produktivität: Mitarbeiter*innen können ihre Tage ganz flexibel planen, je nach Arbeitsaufkommen und individuellen Bedürfnissen. Das erhöht ihre Produktivität.
  • Mitarbeiterbindung: Mitarbeiter*innen fühlen sich wertgeschätzt, wenn ihnen großes Vertrauen entgegengebracht und Flexibilität in ihrer Arbeitszeit gewährt wird. Das führt in den meisten Fällen zu einer stärkeren Bindung an das Unternehmen.
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Welche Nachteile hat die Vertrauensarbeitszeit für Arbeitgeber*innen?

  • Erfordert großes Vertrauen: Ohne eine Vertrauenskultur im Unternehmen, die gelebt wird und nicht nur auf der Homepage steht, ist Vertrauensarbeitszeit nicht möglich.
  • Erhöhter Koordinationsaufwand: Die flexible Arbeitszeitgestaltung kann dazu führen, dass die Koordination von Projekten, Meetings und Abwesenheiten mehr Zeit und Absprachen erfordert.
  • Hohe Anforderungen an Mitarbeiter*innen: Nicht allen fällt es leicht, mit der Freiheit und Eigenverantwortung umzugehen, die Vertrauensarbeitszeit mit sich bringt. Das kann zur Frustration, aber auch zur Überforderung führen. Beides kann die Fehlzeiten erhöhen.
  • Teamarbeit wird erschwert: Die flexible Arbeitszeitgestaltung kann sich negativ auf die Zusammenarbeit im Team auswirken, da die Anwesenheit und Verfügbarkeit der Teammitglieder weniger vorhersehbar ist.

Wie erfolgt die Zeiterfassung in der Vertrauensarbeitszeit?

Bisher war bei der Vertrauensarbeitszeit keine Zeiterfassung erforderlich. Mitarbeiter*innen erfassen ihre Arbeitszeiten i. d. R. selbst, um einen Überblick über die geleistete Arbeit zu haben. Sie können ihre Vorgesetzten auch mündlich über die geleistete Arbeit in Kenntnis setzen, müssen es aber nicht. Nach § 16 Abs. 2 ArbZG sind Arbeitgeber*innen aber verpflichtet, Arbeitszeiten aufzuzeichnen, die die tägliche Arbeitszeit von maximal 8 Stunden bei einer 5-Tage-Woche überschreiten. Die Aufzeichnungspflicht kann an die Mitarbeiter*innen delegiert werden. In Zukunft wird das aber nicht mehr ausreichen. Dazu später mehr.

Wie ist die Zeiterfassung gesetzlich geregelt?

Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Mai 2019 und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Dezember 2022 ist die Arbeitszeiterfassung für alle Unternehmen in Deutschland Pflicht. Dabei reicht es nicht mehr aus, nur Überstunden sowie die Arbeit an Sonn- und Feiertagen zu dokumentieren.

Arbeitgeber*innen müssen nun auch bei Vertrauensarbeitszeit ein System zur Zeiterfassung bereitstellen, das zugänglich, verlässlich und objektiv ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Arbeitszeit den gesetzlichen Regelungen entspricht. Hier kannst du mehr zu den Änderungen, die durch das BAG-Urteil entstehen, nachlesen. Hinzu kommt noch das Arbeitszeitgesetz, das u. a. die werktägliche Arbeitszeit sowie Ruhe- und Pausenzeiten festlegt. Halten sich Unternehmen nicht an die Vorschriften, drohen Strafen und Bußgelder, die ebenfalls im Arbeitszeitgesetz festgehalten sind.

Gibt es eine gesetzliche Regelung bei der Zeiterfassung von Vertrauensarbeitszeit?

Es gibt keine gesetzliche Grundlage für die Zeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit. Vereinbarungen können im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarungen festgehalten werden, auch eine mündliche Absprache ist ausreichend. Es sollte eine Zielvereinbarung geben, in der Ziele und Zeitrahmen sowie bestimmte Aufgaben, Fristen usw. festgehalten werden. Einen generellen Anspruch auf Vertrauensarbeitszeit haben Mitarbeiter*innen nicht. 

Die Regelungen der Arbeitsschutzgesetze gelten jedoch auch für die Vertrauensarbeitszeit:

  • Tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden (in Ausnahmefällen bis zu 10 Stunden)
  • Ruhezeit von mindestens 11 Stunden am Stück
  • Bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden bis zu 9 Stunden muss eine Pause von 30 Minuten eingelegt werden
  • Bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden muss eine Pause von mindestens 45 Minuten gemacht werden

Ist die Vertrauensarbeitszeit mit der gesetzlichen Regelung der Zeiterfassung noch möglich?

Kurz und knapp: Ja! Nur ein wenig anders. Mitarbeiter*innen können nach wie vor im Rahmen der gesetzlichen Regelungen flexibel und selbstbestimmt arbeiten. Allerdings müssen die Arbeitszeiten künftig lückenlos erfasst werden. Vertrauensarbeitszeit ist also weiterhin möglich, da die gesetzlichen Regelungen die Art und Weise, wie und wann die Mitarbeiter*innen arbeiten, nicht beeinflussen. Hinzu kommt aber eine Dokumentationspflicht der regulären Arbeitszeit, die es bisher nicht gab. Bei der Implementierung und Umsetzung der neuen gesetzlichen Regelungen unterstützen Dich Softwares, wie Personizer

, Clockodo oder MyTimeTracker .

Was sollten Arbeitgeber*innen zukünftig beachten, die Vertrauensarbeitszeit anbieten?

Die einzige Änderung wird zukünftig die Dokumentationspflicht der Arbeitszeit sein. Auch wenn es im ersten Moment einschränkend wirkt, dient es dem Schutz der Mitarbeiter*innen. Die Erfassung der Arbeitszeit soll sicherstellen, dass die gesetzlichen Regelungen eingehalten werden, auch wenn die Zeit frei eingeteilt werden kann. Um ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen, müssen Arbeitgeber*innen die erfassten Zeiten ihrer Mitarbeiter*innen stichprobenartig kontrollieren, um bspw. zu sehen, ob zu viele Überstunden geleistet werden.

Empfehlenswerte Zeiterfassungssoftware-Anbieter

Empfehlenswerte Zeiterfassungssoftware-Anbieter kannst du auf unserer Software-Vergleichsplattform OMR Reviews finden. Dort haben wir über 150 Zeiterfassungssoftwares gelistet, mit denen du deine Arbeitszeiten erfassen kannst. Also schau vorbei und vergleiche die Softwares mithilfe der authentischen und verifizierten Nutzerbewertungen:

Eine Zusammenfassung der besten Tools findest du übrigens in diesem OMR Reviews Software Guide zur Zeiterfassung.

Fazit

Vertrauensarbeitszeit bleibt aufgrund ihrer Flexibilität auch zukünftig ein attraktives Modell für Arbeitgeber*innen und Mitarbeiter*innen. Entscheidend für den Erfolg sind klare Regeln und Richtlinien für Vertrauensarbeitszeit. Gleichzeitig ist es wichtig, den Mitarbeiter*innen bewusst zu machen, dass Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung sich nicht ausschließen und ihre Arbeitsfreiheit nicht einschränken. Vertrauen ist auch hier die Basis, um Freiheit und Kontrolle in Einklang zu bringen.

Katharina-Maria Röder
Autor*In
Katharina-Maria Röder

Katharina-Maria Röder ist freie Redakteurin bei OMR Reviews und schreibt zu den Themen Software und Co.

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