Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft und Arbeitsbereitschaft – Was zählt zur Arbeitszeit?
Wird Bereitschaftszeit als Arbeitszeit gezählt? Erfahre alles zu Arbeitsmodellen auf Abruf
- Was ist der Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst?
- Ist Rufbereitschaft Arbeitszeit?
- Zählt Bereitschaftsdienst zur Arbeitszeit?
- Ist Arbeitsbereitschaft Teil der Arbeitszeit?
- Fazit: Bereitschaftszeit, Arbeitszeit und weitere wissenswerte Infos zur Arbeit auf Abruf
Stell dir vor, du beschäftigst eine Stewardess oder einen Nachtwächter. Teil ihrer alltäglichen Arbeit kann sein, dass sie kurzfristig für Kolleg*innen einspringen oder regelmäßig auf der Arbeit schlafen. Grundsätzlich wird zwischen drei Phasen unterschieden: Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft.
Doch wann greift was? Du als Arbeitgeber*in musst nicht nur für die Vergütung wissen, was als Arbeitszeit verstanden wird. Vielmehr ist es auch wichtig für Versicherung oder um zu checken, ob die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten (Zeitausgleich) oder die vorgeschriebenen Pausen (wie Ruhepausen) eingehalten werden.
Dieser Artikel gibt Aufschluss darüber, inwieweit sich Rufbereitschaft, Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst unterscheiden und was davon Vollarbeit deines Teams bedeutet.
Das Wichtigste in Kürze
- Arbeitsrechtlich gesehen gibt es Unterschiede zwischen Bereitschaftszeit (Aufenthaltsort frei wählbar) und Rufbereitschaft (Aufenthalt vorbestimmt). Häufig zählt nur Zweiteres als Arbeitszeit.
- Eine Arbeitsbereitschaft hingegen tritt auf, wenn während der regulären Arbeitszeit nicht weitergearbeitet werden kann.
- Um Unklarheiten und Konflikten vorzubeugen, sollten Arbeitgeber*innen Arbeitzeiten erfassen und vertraglich die Vergütung(en) festlegen.
Was ist der Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst?
Obwohl die Begriffe „Rufbereitschaft“ und „Bereitschaftsdienst“ oft synonym verwendet werden, gibt es doch wichtige Unterschiede zwischen ihnen. Und spätestens beim Vergleich mit „Arbeitsbereitschaft“ wird klar, dass die Grenzen laut Arbeitszeitrecht (AZR) gar nicht so klar definiert sind, wie sie zur Arbeitszeitrechnung sein müssen.
- Bereitschaftsdienst: Du hältst dich direkt am Arbeitsplatz oder in dessen Nähe auf, um bei Bedarf sofort handeln zu können.
- Rufbereitschaft: Du hältst dich außerhalb der regulären Arbeitszeit an einem selbst gewählten Ort aufhalten, musst jedoch erreichbar sein. Bei einem Notfall kannst du angerufen werden und springst dann innerhalb einer festgelegten Zeitspanne ein.
- Arbeitsbereitschaft: Während deiner regulären Arbeitszeit befindest du dich an deinem Platz und wartest darauf, dass du wieder Arbeitsleitung fortführen kannst.
Hier ein Beispiel, das alle drei Phasen aufzeigt: Eine Krankenhausärztin schläft in der Klinik und kann bei einem Notfall geweckt werden, um das weitere Personal zu unterstützen (Bereitschaftsdienst). Eine IT-Fachkraft ist zur selben Zeit zu Hause und wird nur im Notfall zur Arbeit gerufen, wenn beispielsweise die Systeme ausfallen (Rufbereitschaft).
Gleichzeitig befindet sich ein Lkw-Fahrer mit Blutkonserven auf dem Weg zum Krankenhaus. Da er in einen nächtlichen Stau kommt, steht er nun schon seit einer halben Stunde auf derselben Stelle und kann nicht aktiv weiterfahren (Arbeitsbereitschaft).
Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele, die den Unterschied zwischen den Dreien veranschaulichen können.
Bereitschaftsdienst:
- Feuerwehrleute, Polizei, Rettungssanitäter*innen, Notapotheken
- Justizvollzugsbeamte mit Nachdienst
- Hotelrezeption
- Pflegepersonal (z. B. im Seniorenheim)
- Techniker*innen
Rufbereitschaft:
- Fachkräfte für IT (Admins, Fernwarte)
- Security-Mitarbeitende
- Notfall-Elektriker*innen oder -klempner*innen
- Richter*innen oder Gerichtsdolmetscher*innen auf Abruf
- Leitende einer Spedition oder eines Transportunternehmens
Arbeitsbereitschaft:
- Nachtpersonal im Hotel oder an der Tankstelle bei Leerlauf
- Fabrikmitarbeitende bei Wartezeiten auf Material oder Störungen
- Taxifahrer*innen auf Standplatz
- Wachpersonal im Museum
- Zugbegleitung, wenn die Fahrt nicht begonnen hat oder unterbrochen ist
Diese Unterscheidung ist zentral, wenn es um die Frage geht, ob diese Zeiten als Vollarbeit gelten oder nicht.
Ist Rufbereitschaft Arbeitszeit?
Ob Rufbereitschaft als Arbeitszeit zählt, lässt sich nicht pauschal sagen. Grundsätzlich gilt: Solange du nicht aktiv arbeitest, reicht die bloße Rufbereitschaft nicht aus. Für die Zeit, in der du auf Abruf bist, erhältst du also nicht den vollen Lohn – meistens ist jedoch eine geringe Vergütung oder eine pauschale Aufwandsentschädigung Branchenstandard.
Sobald du nun auf Anordnung tatsächlich deine Arbeitsleistung vollbringst, beginnt deine Arbeitszeit mit dem Anruf oder der Anfahrt. Je nach Tarifvertrag oder Dienstvereinbarung kann die Vergütung hier variieren.
Zusätzlich handhaben es verschiedene Branchen unterschiedlich. Während in der IT-Branche oft eine flexible Regelung gilt, können etwa Pflegekräfte oder Techniker*innen mit festen Einsatzzielen innerhalb ihrer Rufbereitschaft arbeiten. Dies erfordert eine detaillierte Absprache zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden, um Missverständnisse zu vermeiden.
Auch in rechtlicher Hinsicht gibt es unterschiedliche Auffassungen: Einige Urteile legen fest, dass eine sehr kurze Reaktionszeit dazu führen kann, dass Rufbereitschaft doch als Arbeitszeit gewertet wird.
Tipp: Viele Unternehmen setzen inzwischen auf Zeiterfassungssoftware, die automatisch erkennt, wann sich ihre Mitarbeitende in das System einloggen. So wird jede wirkliche Arbeitsminute genau dokumentiert und du musst dank Zeitausgleich nicht diskutieren, ob die Arbeitszeit wirklich stattfand.
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Zählt Bereitschaftsdienst zur Arbeitszeit?
Beim Bereitschaftsdienst sieht die Sache schon anders aus. Da du ohnehin am oder nahe deinem Arbeitsplatz bist, gilt diese Zeit nicht als Freizeit. Sie ist Arbeitszeit – selbst wenn du währenddessen schläfst (Nachtbereitschaften) oder keine aktiven Arbeiten ausführst.
Diese Regelung basiert auf mehreren Gerichtsurteilen (z. B. EuGH), unter anderem vom Europäischen Gerichtshof. Dort wurde etwa entschieden, dass die Zeit, in der Arbeitnehmer*innen auf Abruf anwesend sein müssen, Arbeitszeit ist. Immerhin ist die eigene Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.
Wir halten also fest: Bereitschaftsdienste werden immer als Arbeitszeit gesehen, während Rufbereitschaften nur als solche gelten, sofern ein Dienst angeordnet wird.
Es gibt Unterschiede in der Bezahlung:
- Häufig bekommt man im Bereitschaftsdienst einen geringeren Stundensatz als Vergütung als zur normalen Arbeitszeit.
- Einige Tarifverträge sehen sogar vor, dass nur der tatsächlich geleistete Arbeitseinsatz mit vollem Gehalt bezahlt wird.
Die Ärztin als Praxisbeispiel schläft während ihrer Bereitschaft in der Klinik, kann aber jederzeit zum Einsatz gerufen werden. Da sie in der Zeit nicht nach Hause oder woanders fahren darf, zählt die gesamte Schicht als Beschäftigungszeit – auch wenn sie nicht unbedingt so bezahlt wird.
Zusätzlich legen viele Unternehmen genaue Regelungen für Bereitschaftsdienste (auch für die Pausenregelungen) fest. Dies kann oft durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge erfolgen. Und natürlich unterscheiden sich deutsche Arbeitsgesetze von internationalen, sodass sich Arbeitgebende und Arbeitnehmende regelmäßig über Änderungen in ihrer Branche informieren sollten.
Besonders bei digitalen Berufen sind Remote-Bereitschaftsdienste an der Tagesordnung. Diese werfen neue Fragen auf, etwa wie der Zugriff auf Firmenserver oder die Verfügbarkeit in verschiedenen Zeitzonen geregelt werden muss.
Ist Arbeitsbereitschaft Teil der Arbeitszeit?
Wichtig vorab: Ja, Arbeitsbereitschaft ist immer Arbeitszeit.
Arbeitsbereitschaft beschreibt kein besonderes Arbeitsmodell wie Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst. Es ist vielmehr eine Phase der Inaktivität am Arbeitsplatz, während man jederzeit mit einer Arbeitsaufgabe rechnen muss. Das ist typisch für Berufe mit schwankendem Arbeitsaufkommen. Daher zählen die Unterbrechungen laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht zu den Ruhezeiten.
Der Lkw-Fahrer im Stau aus dem Praxisbeispiel ist demnach bereit zu arbeiten. Niedere Umstände lassen das (gerade) nicht zu. Diese Wartezeit wird daher als Arbeitszeit gewertet. Und da sich der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht frei bewegen kann, wird sie als reguläre Arbeitszeit voll vergütet.
Bei der Höhe der Vergütung gibt es allerdings wieder tariflich geregelte Sonderfälle: Insbesondere im Transport- oder Sicherheitsdienstbereich ist es üblich, den vollen Satz nur zu zählen, wenn aktiv gearbeitet wird. Wartezeiten lassen sich geringer bezahlen. Arbeitgeber*innen sollten klare Regelungen schaffen, um potenzielle Konflikte zu vermeiden.
Art | Definition | Arbeitszeitregelung | Vergütung |
Rufbereitschaft | Nicht am Arbeitsplatz | Zählt erst ab Anruf oder Antritt der Arbeit | Sehr unterschiedlich geregelt |
Bereitschaftsdienst | Nähe vom Arbeitsort | Zählt als Arbeitszeit | Oft geringer ohne Einsatz, ab Arbeitsbeginn normal |
Arbeitsbereitschaft | Gezwungene Arbeitspause während des regulären Dienstes | Zählt als Vollarbeit | Meist voll, teilweise tariflich und vertraglich anders geregelt |
Übrigens gibt es neben dieser Unterteilung noch weitere Arbeitsphasen, die entweder zur Vollarbeit angehören oder nicht: Dienstreisen werden häufig angerechnet, während der Arbeitsweg wegfällt. Und in der Gastronomie oder Einzelhandel gibt es Schichtmodelle (Arbeitszeitkonto), bei denen man sehr kurzfristig mit Ankündigung einspringen soll (Arbeit auf Abruf, unter Einwilligung).
Fazit: Bereitschaftszeit, Arbeitszeit und weitere wissenswerte Infos zur Arbeit auf Abruf
Ob Arbeitsbereitschaft (unvorhergesehener Leerlauf), Rufbereitschaft (Möglichkeit eines Einsatzes während der Freizeit) oder Bereitschaftsdienst (Ruhezeit vor Ort) – die Frage nach der Arbeitszeit ist nicht immer leicht zu beantworten. Während Rufbereitschaft nur dann als Beschäftigungszeit gilt, wenn deine Mitarbeitenden tatsächlich arbeiten, ist Bereitschaftsdienst fast immer gleichwertige Dienstzeit. Arbeitsbereitschaft fällt von Natur aus in die reguläre Arbeitszeit.
Für Arbeitnehmer*innen bedeutet das: Beschäftigungszeiten entscheiden, ob und wie du vergütet wirst und mit welchem Gehalt du planen kannst. Kenne also die Dienstvereinbarungen und die Arbeitszeitrichtlinien genau.
Für Arbeitgebende ist es sinnvoll, Zeiterfassungssoftware zu nutzen und vertraglich abzuklären, welche Besonderheiten für Ruhezeit, Verlängerung sowie Ausgleich der Arbeitszeit gelten sollen. So lassen sich Missverständnisse umgehen und dein Team wird zufriedener.
Nach dem Artikel weißt du nun, dass Steward und Nachtwächterin typischerweise Jobs sind, in denen alle drei Phasen vorkommen können. Frage dich immer: Können die Betroffenen frei entscheiden, wo sie sich aufhalten, und werden sie bei ihren Tätigkeiten gestört oder behindert? Dann weißt du auch, ob Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaften und Arbeitsbereitschaft gerade Teil deines Arbeitszeitmodells sind.
FAQ
- Ist telefonische Rufbereitschaft Arbeitszeit?
Nein, reine Rufbereitschaft – also die bloße Erreichbarkeit ohne aktive Arbeit – zählt in der Regel nicht als Arbeitszeit. Erst wenn tatsächlich ein Einsatz erfolgt, beginnt sie ab dem Zeitpunkt des Anrufs oder der Anfahrt.
- Wie wird Bereitschaftsdienst vergütet TVöD?
Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) wird Bereitschaftsdienst fast immer mit einem reduzierten Stundensatz bezahlt. Laut eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts darf der Stundenlohn jedoch nicht unter Mindestlohn fallen.
- Wie muss Rufbereitschaft im Arbeitsvertrag stehen?
Es empfiehlt sich, die Rufbereitschaft inklusive Erreichbarkeitsanforderungen, Vergütung und eventueller Anfahrtszeiten im Arbeitsvertrag oder einer Zusatzvereinbarung klar zu regeln. Auch die maximale Anzahl an Rufbereitschaften pro Monat muss festgehalten sein.
- Wie oft darf man Rufbereitschaft im Monat machen?
Laut Arbeitsgesetzen gibt es keine allgemeine Grenze, aber Tarifverträge oder andere Betriebsvereinbarungen können Höchstarbeitszeiten setzen. Die Vorgaben durch den EuGH und das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sind dabei stets einzuhalten.
- Wann ist Bereitschaftszeit keine Arbeitszeit?
Bereitschaftszeit zählt immer als Beschäftigungszeit, denn die Arbeitnehmer*innen können ihren Aufenthaltsort nicht frei wählen und sich nicht uneingeschränkt Freizeitaktivitäten widmen. Allerdings bestimmen Tarife und Verträge oft, dass Bereitschaftsdienste geringer vergütet werden, wenn es zu keinem Einsatz kommt.