So setzt du B2B E-Commerce richtig ein

In diesem Artikel erfährst du, worauf es beim B2B E-Commerce ankommt und welche Plattformen dich dabei unterstützen

Inhalt
  1. B2B ist komplexer als B2C – und heute noch herausfordernder
  2. CRM, ERP und Kernfunktionen als Fundament
  3. Buyer Journey: Reibungsloser, vernetzter, intelligenter
  4. Vom Monolith zum Composable – der große Architekturwechsel
  5. Marktplätze als neuer Vertriebsweg
  6. AI als Querschnitt und eigene Kategorie
  7. Case Study: Satair (Airbus Services) – vom Ersatzteil-Shop zum intelligenten Ökosystem
  8. Fazit und Ausblick

Das Wichtigste in Kürze
  • Die B2B-Kaufentscheidungen sind komplexer und langwieriger geworden, mit längeren Zyklen und steigenden Abbruchraten.
  • CRM und ERP bleiben die zentralen Bausteine, werden aber durch KI (Agentic AI) intelligenter und aktiver im Verkaufsprozess.
  • Die Software-Architektur verschiebt sich weg von monolithischen Systemen hin zu modularen, sogenannten Composable- oder Headless-Lösungen.
  • Marktplätze haben sich als entscheidender neuer Vertriebskanal im B2B etabliert und sind für Unternehmen von großer Bedeutung.
  • KI ist nicht mehr nur ein Zusatz, sondern ein grundlegendes Kriterium, das alle Systeme von CRM bis Commerce durchdringt.
 
 

Vor ein paar Jahren habe ich an dieser Stelle über die besonderen Herausforderungen im B2B E-commerce geschrieben. Meine Kernaussagen damals waren: B2B ist komplexer als B2C, CRM-Integration ist Pflicht und die großen Monolithen – SAP, Salesforce, Adobe, Oracle – prägen weitgehend die Systemlandschaften. Vieles davon gilt auch 2025 noch. Gleichzeitig hat sich die Welt weitergedreht: Entscheidungszyklen sind sogar noch länger geworden, neue Kanäle wie Marktplätze gewinnen massiv an Relevanz, und vor allem hat sich die Software-Architektur verschoben – weg vom Monolith, hin zu Composable, Headless und AI-unterstützten Systemlandschaften. Zeit für ein Update der Kernaussagen von damals: 

B2B ist komplexer als B2C – und heute noch herausfordernder

Damals habe ich geschrieben: B2B ist komplexer als B2C, weil Kaufentscheidungen länger dauern, mehr Beteiligte involviert sind und Preise individuell verhandelt werden. Das stimmt heute noch mehr als damals.

Aktuelle Studie wie der B2B Superpowers-Index zeigen, dass ein B2B-Kauf im Jahr 2024 im Schnitt 379 Tage dauert – fast zwei Monate länger als noch vor wenigen Jahren. 

Durchschnittliche Kaufentscheidung B2B

Gleichzeitig steigt die Abbruchrate: Mehr als ein Drittel der etablierten Anbieter verliert Deals an Wettbewerber*innen, oft weil Prozesse nicht kundenfreundlich genug sind.

 

CRM, ERP und Kernfunktionen als Fundament

Schon im alten Artikel habe ich betont: CRM und ERP bilden das Herzstück des B2B Ecommerce. Daran hat sich nichts geändert, im Gegenteil.

  • CRM bleibt die Schaltzentrale für alle Kundendaten und -beziehungen. Heute ist das System nicht mehr nur Speicherort, sondern durch Agentic AI ein aktiver Begleiter im Sales-Prozess: E-Mails werden vorsortiert, Leads priorisiert, Angebote vorbereitet. Salesforce ist hier weiterhin die Referenz, aber auch HubSpot oder Microsoft Dynamics CRM spielen im B2B eine immer größere Rolle.
  • ERP ist unverzichtbar für Preise, Bestände und Rechnungen. Neu ist, dass moderne Systeme stärker auf API-first und Cloud-native setzen, sodass sich Commerce-Lösungen einfacher anbinden lassen. SAP und Microsoft Dynamics sind hier nach wie vor die Platzhirsche.
  • Kernfunktionen wie Rollen- und Rechtemanagement, Freigabe-Workflows und kundenspezifische Preislisten sind unverändert Pflicht. Hinzugekommen sind Kundenportale für Service und Rechnungen, Self-Service für Nachbestellungen und Marktplatzanbindungen als neue Standards.

Buyer Journey: Reibungsloser, vernetzter, intelligenter

Damals habe ich die Journey beschrieben als: Inspiration → Anmelden am Portal → Businessgrundlage legen -> Bestellung -> Nachbestellung. 

Dieses Grundmuster gilt weiterhin, aber die Erwartungshaltung hat sich verändert. B2B-Kund*innen erwarten heute, dass die Journey reibungslos verläuft, egal ob sie über ein Portal, einen Marktplatz oder ein Self-Service-Tool einsteigen. Das bedeutet für Unternehmen:

  • Informationen müssen kanalübergreifend konsistent sein.
  • Onboarding und Freigabeprozesse dürfen nicht mehr Wochen dauern, sondern sollen digitalisiert und beschleunigt werden.
  • Digitale Touchpoints wie Guided Selling, Recommendation Engines oder KI-gestützte Assistenten helfen, komplexe Produktportfolios einfacher zu navigieren.

Es geht nicht mehr nur darum, einen Prozess digital abzubilden, sondern die Reibung an jeder Stelle zu reduzieren. Reibungspotenzial gibt es weiterhin genug , wiewie das immer noch wahre B2B-Einkaufsreise Schaubild von Gartner aus dem 2021er Artikel plastisch aufzeigt. Wer hier nicht investiert, verliert Kund*innen an Wettbewerber*innen, die bessere Journeys anbieten.  

wahre B2B-Einkaufsreise Schaubild von Gartner

Vom Monolith zum Composable – der große Architekturwechsel

2021 habe ich die großen Monolithen gegenübergestellt: SAP, Adobe, Salesforce, Oracle. Heute ist klar: Dieses Bild ist überholt.

Die Gegenwart heißt Composable, Headless, MACH. Architekturen werden modular zusammengebaut – CRM, ERP, Commerce, Marktplatz – und über APIs integriert. Die Relevanz der etablierten Player für B2B Commerce ist anteilig gesunken, insbesondere weil neue Player in den Markt gedrängt sind. 4 Beispiele: 

  • Shopify: einst B2C, inzwischen stark ins B2B vorgedrungen.
  • commercetools: durch die Nähe zur MACH Alliance enorm sichtbar geworden.
  • BigCommerce: API-first, stark wachsend.
  • Spryker: flexibel und modular, vor allem im deutschsprachigen Raum bekannt

SAP Commerce (ehemals Hybris) hat dagegen an Marktmacht verloren, auch weil es noch vor zehn Jahren der Inbegriff für B2B Commerce war. Spannend ist hier dass SAP im Jahr 2026 den Support für SAP Commerce on-premise einstellt, also Ihre Kunden in die Cloud oder zu einem Softwarewechsel zwingt. Innerhalb von SAP macht das Sinn, weil nur durch die Cloud das reibungslose Zusammenspiel mit ERP und CRM gewährleistet werden kann.

Etwas selbstironisch auf die Branche blickend darf man jedoch auch sagen: Wie bei einem Pendel kann es auch wieder Bewegung zurück in Richtung monolithischer Architekturen geben – insbesondere wenn duch die MACH Prinzipien höhere Kosten entstehen und Umsatzwachstum ausbleibt. Aber das Pendel steht 2025-26 klar auf Composable + Headless.

B2B Pendel

Marktplätze als neuer Vertriebsweg

Im alten Artikel habe ich Marktplätze noch kaum erwähnt. Heute gilt: Sie sind einer der entscheidenden Kanäle im B2B. Warum?

  1. Reichweite: Kund*innen wollen nicht für jeden Bedarf auf einer eigenen Hersteller-Website einkaufen, sondern zentralisiert über Plattformen.
  2. Vergleichbarkeit: Marktplätze ermöglichen transparente Preis- und Leistungsübersichten.
  3. Ökosysteme: Unternehmen bauen eigene Marktplätze auf, um auch Drittanbieter*innen einzubinden und Kund*innen mehr Auswahl zu geben.

Studien wie von Forbes & Merkle prognostizieren, dass bis 2030 fast die Hälfte des B2B-Handels über Marktplätze laufen wird.
Wichtige Player sind Mirakl (als Enabler für unternehmenseigene Marktplätze), aber bestehende Marktplätze die sich auf B2B ausgerichten wie Alibaba, Amazon Business und spezialisierte Ersatzteil-Marktplätze in Industriebranchen.

AI als Querschnitt und eigene Kategorie

2021 spielte KI und insbesondere GenAI und Agentic AI im Artikel keine Rolle. Heute ist AI das dominierende Querschnittsthema. Wichtig ist: AI bedeutet für B2B nicht nur Chatbots.

Beispiele für Agentic AI im B2B gibt es bereits viele:

  • CRM: AI erstellt Angebotsentwürfe und priorisiert Accounts. Salesforce hat hierfür Agentforce entwickelt, Hubspot den KI Assitenten Breeze, usw.
  • ERP: AI prognostiziert Nachfrage und optimiert Bestände; bei Microsoft Dynamics 365 Finance ist Copilot fester Bestandteil.
  • Commerce: AI generiert Produkttexte (z. B. mit Tools wie Jasper AI oder Neuroflash), bündelt RFPs und gibt Kaufempfehlungen.
  • Marktplätze: AI hilft Kund*innen, das richtige Ersatzteil schneller zu finden – Anbieter wie Klevu (Search & Discovery) oder Algolia AI kommen hier zunehmend im B2B zum Einsatz.

AI ist damit nicht mehr Add-on, sondern ein Pflichtkriterium bei jeder Software-Evaluierung. Für Entscheider*innen heißt das: Tools müssen nicht nur funktional passen, sondern AI-ready sein – egal ob CRM, ERP, Commerce oder Marktplatz.

Case Study: Satair (Airbus Services) – vom Ersatzteil-Shop zum intelligenten Ökosystem

Vor einigen Jahren habe ich Satair bereits als Fallstudie erwähnt. Damals ging es um die Einführung eines B2B-Shops für Airbus Ersatzteile. Seitdem hat sich das Unternehmen enorm weiterentwickelt, wie der Case Film von Airbus eindrücklich zeigt – und ist heute ein Paradebeispiel für modernes B2B E-Commerce

  • Phase 1: B2B-Shop: Ausgangspunkt war eine zentrale Plattform, auf der Airlines bei Satir-Airbus Ersatzteile bestellen konnten.
  • Phase 2: Marketplace: Daraus ist „Satair Market“ entstanden – ein Marktplatz, auf dem auch Airlines und Drittanbieter*innen direkt handeln können. Damit hat Satair den Schritt vom reinen Verkäufer und Händler zum Plattform-Orchestrator gemacht.
  • Phase 3: KI-Agent: Die KI Assistent*in Lily wurde zum Agentic AI-System weiterentwickelt, durchsucht jährlich ein paar Millionen eingehende E-Mails, erkennt, welche Ersatzteile Kund*innen nicht finden können, und übersetzt diese Anfragen automatisch in RFPs. Das entlastet Sales-Reps erheblich, erzeiugt Umsätze in Milliarden-Höhe und beschleunigt den Prozess von Tagen auf Minuten.
  • Phase 4: Kundenportal: Neben Shop und Marketplace ist ein umfassendes Portal entstanden. Airlines können nicht nur Bestellungen und Rechnungen verwalten, sondern auch ihre gesamte Flotte digital abbilden. Im besten Fall entwickelt sich hier ein Predictive-Maintenance-Szenario: KI erkennt frühzeitig, wann ein bestimmtes Teil wahrscheinlich ausgetauscht werden muss, und stößt automatisch den Bestellprozess an.

    Das Fallbeispiel Satair zeigt heute umso mehr wie damals wie erfolgreiches B2B Commerce geht: B2B Shop, Marketplace, Kundenportal und KI-Agent müssen ineinandergreifen und eine reibungslos vernetzte Journey schaffen: Kund*innen haben jederzeit Überblick, können über verschiedene Kanäle kaufen, und das System nimmt ihnen viele Arbeitsschritte ab.

Empfehlenswerte E-Commerce-Plattformen & Shopsysteme

Auf unserer Vergleichsplattform OMR Reviews findest du weitere empfehlenswerte E-Commerce-Plattformen & Shopsysteme. Wir stellen über 230 Lösungen vor, die speziell auf die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen, Start-ups und großen Konzernen ausgerichtet sind. Unsere Plattform bietet umfassende Unterstützung in allen Bereichen des Online-Handels, von der Produktpräsentation bis hin zur Kundenverwaltung. Nutze die Gelegenheit, verschiedene E-Commerce-Lösungen zu vergleichen, und berücksichtige dabei echte Nutzerbewertungen, um das perfekte System für deine individuellen Geschäftsanforderungen zu finden:

Fazit und Ausblick

Viele alte Wahrheiten gelten noch: B2B bleibt komplexer als B2C, CRM und ERP sind unverzichtbar, Kernfunktionen Pflicht. Aber vor allem mit Blick auf Software Tools und die Architekturfrage hat sich B2B Commerce grundlegend verschoben: Statt Monolithen dominiert heute ein modularer Ansatz, in dem AI quer durch alle Systeme integriert ist und Marktplätze als eigener Kanal massiv an Bedeutung gewinnen.


Mein Ausblick? Fast nicht möglich. In fünf Jahren werden die Grenzen zwischen CRM, Commerce, ERP und Marktplätzen noch stärker verschwimmen. AI wird nicht nur unterstützen, sondern eigenständig Entscheidungen vorbereiten und Sales-Prozesse steuern. Für Entscheider*innen heißt das: B2B Ecommerce 2025 richtig einzusetzen bedeutet, modular zu denken, AI-Readiness einzufordern und Marktplätze aktiv in die eigene Strategie zu integrieren. Es bleibt also spannend.

 
 
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Thomas Walter
Autor*In
Thomas Walter

Dr. Thomas Walter ist Chief Solutions Officer von Merkle, einer führenden Customer Experience Beratung und verantwortet das Service- und Lösungsportfolio mit über 4.000 Mitarbeitenden in Europa. In seiner 20-jährigen Laufbahn sammelte er Führungserfahrung in Digitalberatung, E-Commerce, Data Science sowie KI. Er begann seine Karriere als Berater und baute später große Teams im Bereich Customer Experience Plattformen auf, bevor er in verschiedene regionale Führungsrollen bei Merkle und dentsu wechselte. Neben seiner Tätigkeit ist er als Universitätsdozent für Digital Business und im Advisory Council des Harvard Business Review aktiv.

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