ERP-System Produktion: Funktionen, Vorteile & Tool-Tipps

Daniel Pammé 6.10.2022

In diesem Artikel erklären wir Euch, warum Unternehmen der Produktion & Fertigung spezielle ERP-Systeme brauchen und welche Vorteile diese mitbringen

Egal, welches Produkt Euer Unternehmen herstellt - ein ERP-System (Enterprise Resource Planning) ist nicht nur wichtig, sondern sollte zentraler Bestandteil Eures Tech-Stacks sein. Vereinfacht ausgedrückt ist ein ERP die Schaltzentrale Eures Unternehmens, in dem alle Daten und Prozesse zentral verwaltet werden. Oft spricht man hier auch von "Single Source Of Truth", also der Ort, aus dem sich alle anderen Systeme und Tools bedienen.

Das heißt konkret: In einem ERP-System sind alle Kundendaten, Lagerbestände und Kontakte hinterlegt - aber auch Produktionspläne, Mitarbeiterzeiten oder Finanzdaten.

Doch wie genau sieht so ein ERP-System aus? Warum brauchen vor allem Produktionsbetriebe ERP-Software? Und welche Vorteile bieten diese Lösungen und worauf solltet Ihr achten?


In diesem Artikel beleuchtet unser Gastautor Daniel Pammé das Thema speziell für produzierende Unternehmen und zeigt Euch, wie Ihr die passende ERP-Software für Eure Anforderungen findet. Wenn Daniel Pammé nicht grade für uns schreibt, ist er Unternehmer und Berater in Sachen Sourcing und ERP. 

Warum brauchen Unternehmen der Produktion & Fertigung spezielle ERP-Systeme?

Die Bedürfnisse von Fertigungsunternehmen sind komplex und oftmals sehr spezifisch. Durch die stetige Weiterentwicklung der ERP-Systeme werden diese immer besser darauf ausgerichtet, die Anforderungen der Produktion zu erfüllen.

Die zentrale Datenhaltung, Kontrolle über Prozesse und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit spielen in der Produktion eine entscheidende Rolle und sollten deshalb in einem ERP-System abgedeckt sein.

Doch was genau sind die konkreten Anforderungen an eine solche Lösung?

Folgende Hauptmerkmale sollte ein ERP-System für produzierende Unternehmen auf jeden Fall mitbringen:

  • Abdeckung aller relevanten Produktionsprozesse (Kalkulation, Disposition, Auftragsbearbeitung, Fertigungssteuerung/-planung, Qualitätsmanagement etc.)
  • Integration von Finanzen und Controlling (Budgetierung, Kostenrechnung, Kostenvergleiche etc.)
  • Unterstützung bei der Einhaltung von vorgeschriebenen Standards (z.B. ISO oder GMP)
  • Mobile Zugriffsmöglichkeit auf Daten und Funktionen
  • Benutzerfreundliche Oberfläche mit intuitiver Bedienung
  • Individuelle Anpassbarkeit & Erweiterbarkeit
  • Skalierbarkeit der Lösung (auf die jeweiligen Bedürfnisse des Unternehmens anpassbar)

Diese Liste ist natürlich nicht vollständig, sollte Euch aber einen ersten Überblick über die Anforderungen an ein ERP-System der Produktion & Fertigung geben.

Welche Vorteile hat eine Manufacturing-ERP-Software gegenüber “normalen” ERP-Systemen?

Die wichtigsten Vorteile im Überblick:

  • Reduzierung von Produktionskosten durch effizientes Arbeiten
  • Geringere Durchlaufzeiten der einzelnen Prozesse
  • Qualitätsverbesserung durch bessere Kontrolle und Qualitätssicherung
  • Bessere Planbarkeit der Produktion (u.a. durch Disposition & Fertigungssteuerung)
  • Steigerung der Kundenzufriedenheit durch kürzere Lieferzeiten

Inzwischen gibt es eine fast unüberschaubare Landschaft an verschiedenen Lösungen und ERP-Kategorien. Manche davon decken viele Anwendungsfälle sehr breit ab, andere wurden für ganz spezielle Branchen entwickelt.

Um Euch die Evaluierung zu erleichtern: besprecht Euch in Eurem Team bzw. mit den Hauptverantwortlichen in jeder Eurer Abteilungen und macht Euch ein Bild von den Anforderungen, Abläufen und Daten.

Erstellt einen Anforderungskatalog und User Stories, um besser zu verstehen, was Euer ERP mitbringen und leisten muss. Beispielsweise:

  • Für die Produktionsplanung benötigt Mitarbeiter*in A eine Übersicht aller Fertigungsaufträge der nächsten 4 Wochen, samt Stücklisten, um Maschinen und Ressourcen planen zu können.
  • Für Kalkulation und Einkauf benötigt Mitarbeiter*in B die Mengen aller Waren im Lager und eine Übersicht aller Aufträge an Lieferanten, um daraufhin Bestellungen rechtzeitig aufzugeben.
  • Für die Einarbeitung auf den Maschinen benötigt Mitarbeiter*in C Produktionsaufträge mit Aufgaben und Informationen zu Abläufen und Arbeitsschritten.

Empfehlenswerte ERP-Systeme

Auf unserer Vergleichsplattform OMR Reviews findest du weitere empfehlenswerte ERP-Systeme. Wir stellen über 300 Lösungen vor, die speziell auf die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen, Start-ups sowie Großkonzernen zugeschnitten sind. Diese ERP-Systeme bieten umfassende Unterstützung in allen Unternehmensprozessen. Nutze diese Gelegenheit, die verschiedenen ERP-Lösungen zu vergleichen und dabei auf authentische und verifizierte Nutzerbewertungen zurückzugreifen:


5 zentrale Funktionen eines ERP-Systems für die Produktion

Folgende Funktionen sollten in einem Manufacturing-ERP nicht fehlen:

1. Kalkulation & Kostenrechnung:

Ein realistisches Bild der Produktionskosten ist die Grundlage für die erfolgreiche Gestaltung von Preisen. Ein Manufacturing-ERP sollte eine Kalkulationsfunktion umfassen, mit der sich Kostenszenarien entwerfen und vergleichen lassen.

  • Kalkulation & Kostenrechnung
  • Qualitätsmanagement (QM) & Qualitätssicherung (QS)
  • Arbeitsvorbereitung/ Ressourcenplanung & Fertigungssteuerung
  • Disposition & Auftragsbearbeitung
  • Integration von CRM, Warenwirtschaft und Finanzen

So können zum Beispiel verschiedene Materialquellen berücksichtigt oder unterschiedliche Produktionsprozesse miteinander verglichen werden.

Ein Feature, das sich im Arbeitsalltag sehr bewährt hat: die automatische Kalkulation und Warenbestandsrechnung anhand der Kreditorenrechnungen unserer Lieferanten. Somit haben wir zu jederzeit den aktuellen Warenwert unserer Lager im Überblick.

2. Qualitätsmanagement (QM) & Qualitätssicherung (QS):

In der Produktion ist eine hohe Qualität der Güter sehr wichtig. Ein QM-System im ERP hilft dabei, die Qualität zu erfassen, zu überwachen und zu verbessern.

Sowohl in Audits als auch im späteren Daily Business sind Funktionen wie ein Chargennummern-System, das Erstellen von Prüfplänen und Reklamationsbearbeitung sehr hilfreich. Somit ist von Wareneinang bis Versand zum Endkunden jede Charge rückverfolgbar.

Ein praktisches Beispiel aus der Produktion ist das Audit für die Bio-Zertifizierung. Hier können wir noch während des Audits mit wenigen Klicks eine sogenannte Warenflussrechnung machen. Also genau zeigen, wie viel Ware von jeder Charge ins Lager eingebucht, produziert (abgefüllt) und abverkauft wurde. Anschließend wird der digitale Bestand mit dem physischen Lager vor Ort abgeglichen. So können wir zügig und einfach zeigen, dass keine konventionelle Ware mit Bio-Ware vermischt wurde.

Wenn Ihr Euch für ein ERP-System der Produktion interessiert, achtet unbedingt darauf, dass QM-Funktionalitäten bereits integriert sind.

3. Arbeitsvorbereitung / Ressourcenplanung & Fertigungssteuerung:

Die Arbeitsvorbereitung ist ein wesentlicher Bestandteil der Produktion. In diesem Prozess wird geplant, welche Aufgaben wann bearbeitet werden sollen.

Das Manufacturing-ERP sollte daher eine Ressourcenplanungsfunktion umfassen, mit der die Mitarbeiter*innen und Maschinen geplant werden können.

Außerdem ist es wichtig, dass das System die einzelnen Schritte der Fertigung überwachen und steuern kann.

Digitale Produktionspläne helfen Euch so nicht nur Ressourcen besser zu planen, sondern auch neue Mitarbeitende einzuarbeiten. Hier ist jeder Schritt in der Produktion genau erfasst und nachvollziehbar.

4. Disposition & Auftragsbearbeitung:

Eine Dispositionsfunktion im ERP ermöglicht es Unternehmen, den Überblick über die aktuelle Lage der Produktion zu behalten.

Durch die Disposition lassen sich auch die Produktionsabläufe optimieren und Fehler vermeiden. Die Auftragsbearbeitung ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Produktion.

In diesem Prozess werden die einzelnen Schritte des Auftrags bearbeitet und überwacht. Das Manufacturing-ERP sollte daher eine Funktion für die Auftragsbearbeitung umfassen.

Anhang von Daten aus dem Ein- und Verkauf sind die meisten ERP-Systeme in der Lage rechtzeitig zu melden, wenn Ware nachbestellt werden muss. Eine praktische Funktion, die uns schon viel Zeit und Arbeit gespart hat: Einkaufs-Vorschläge aus der Disposition automatisch in Bestellungen umwandeln. Dadurch, dass ERPs abteilungsübergreifend sind, sehen alle Mitarbeitende aus der Produktion, welche Bestellungen im Einkauf gerade laufen und wann diese voraussichtlich geliefert werden.

5. Integration von CRM, Warenwirtschaft und Finanzen:

Die Produktion ist in vielen Fällen nicht isoliert, sondern eng mit anderen Bereichen wie CRM, Warenwirtschaft und Finanzen verbunden.

Das Manufacturing-ERP sollte daher alle relevanten Daten aus diesen Bereichen integrieren können. So lassen sich etwa Kundendaten für die Produktion nutzen oder die Ergebnisse der Produktion in die Finanzplanung einfließen.

In der Regel lassen sich Debitoren- und Kreditorenrechnungen, Bankdaten und Personenkonten mit wenigen Klicks im DATEV-Format für Eure*n Steuerberater*in exportieren.

Empfehlenswerte ERP-Systeme für Produktion & Fertigung

weclapp

weclapp zählt zu den Allroundern bei den ERP-Systemen und ist vor allem durch das Pricing-Modell attraktiv für kleinere Unternehmen. weclapp bringt alle wichtigen Funktionen für Produktion, Fertigung und darüber hinaus mit.

Das Cloud-ERP (keine lokale Installation notwendig) hat bei OMR Reviews zurecht ausserordentlich viele positive Bewertungen.

Microsoft Dynamics 365 Business Central

Das ERP von Microsoft bietet eine nahezu unbegrenzte Skalierbarkeit. Microsoft Dynamics 365 Business Central ist vergleichsweise teuer, bietet aber eine unfassbar große Fülle an Funktionen und Einsatzbereichen. Die Bedienoberfläche ist an Microsoft Outlook angelehnt und sehr intuitiv gestaltet.

Unter anderem bietet Microsoft Dynamics 365 folgende Module für die Produktion:

  • Arbeitsvorbereitung
  • Fertigungssteuerung
  • Qualitätsmanagement
  • Kalkulation & Kostenrechnung

Microsoft Dynamics 365 ist zudem in der Lage, externe Daten wie etwa Kundendaten aus einem CRM-System zu integrieren. Vor allem, wenn Ihr bereits Microsoft Office 365 einsetzt, solltet Ihr Euch dieses ERP genauer ansehen.

infor M3

infor M3 zählt zu den führenden Systemen mit Fokus auf Industrie. Viele große Konzerne setzen bereits auf die Software. Das liegt vor allem an der Skalierbarkeit, den zahlreichen Funktionen und der Integration in andere Systeme.

Für die Produktion & Fertigung hat infor M3 einige Module entwickelt:

  • Arbeitsvorbereitung
  • Disposition & Auftragsbearbeitung
  • Qualitätsmanagement
  • Ressourcenplanung & Fertigungssteuerung
  • Kalkulation & Kostenrechnung

Das ERP-System ist on-premise (lokale Installation) und in der Cloud verfügbar.

myFactory

myFactory hat sich, wie der Name bereits vermuten lässt, unter anderem auf KMUs im Bereich Produktion spezialisiert. Das Cloud-ERP ist eine webbasierte Software, die keine lokale Installation voraussetzt.

myFactory beinhaltet folgende Funktionen:

  • Arbeitsvorbereitung
  • Disposition & Auftragsbearbeitung
  • Qualitätsmanagement
  • Ressourcenplanung & Fertigungssteuerung
  • Kalkulation & Kostenrechnung
  • Logistik (Lagerverwaltung)

Die Einrichtung erfolgt in der Regel innerhalb weniger Tage. Mit der myFactory Cloud-ERP-Software können Produktionsprozesse optimiert und Kosten gesenkt werden.

e.bootis-ERPII

e.bootis-ERPII hat sich ebenfalls auf mittelständische Unternehmen fokussiert und stand 2021 auf der OMR Reviews Watchlist. Das webbasierte ERP-System ist in der Cloud verfügbar und kann damit von jedem Standort aus bedient werden, ohne vorher installiert werden zu müssen.

e.bootis-ERPII ist modular aufgebaut und kann daher optimal an die Bedürfnisse Eures Unternehmens angepasst werden.

Fazit

Die Auswahl eines ERP-Systems ist keine einfache Aufgabe. Es gibt unzählige Systeme und Anbieter am Markt, die alle Ihre Vor- und Nachteile haben. Um das für Euch beste ERP-System zu finden, solltet Ihr Euch zunächst genau überlegen, welche Funktionen und Module Ihr wirklich benötigt.


Anschließend könnt Ihr Euch die empfohlenen Systeme ansehen und diese miteinander vergleichen. Bei den meisten Anbietern könnt Ihr Euch das ERP vorab in einer kostenlosen Demo ansehen, was ich unbedingt empfehle. Vergesst nicht, möglichst alle Mitarbeitende frühzeitig in die Evaluierung einzubinden.


Achtet dabei besonders auf die Kosten, die Bedienbarkeit und die Integration in andere Systeme.


Was uns außerdem geholfen hat: Flexibilität in den Prozessen mitbringen. Überdenkt Eure Abläufe und ob diese wirklich genau so von Eurem ERP abgebildet werden müssen. Wir haben das Ganze einfach umgedreht und unsere Prozesse an unser ERP angepasst und konnten das System nicht nur schneller integrieren, sondern gleichzeitig unsere Abläufe effizienter gestalten.

Daniel Pammé
Autor*In
Daniel Pammé

Daniel Pammé hat seit 2008 verschiedene D2C-Brands in den Bereichen Food, Supplements und Kosmetik aufgebaut und Hunderte Produkte in diesen Bereichen gelauncht. Mit KoRo Source hilft er Unternehmen dabei, Eigenmarken umzusetzen und berät unter anderem in Sachen Sourcing, ERP und allen dahinter liegenden Prozessen.

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