Warum die Zukunft des E-Commerce in maßgeschneiderten Software-Lösungen liegt

Alexander Graf 15.12.2022

In diesem Artikel erfahrt Ihr, was es mit Composable-Commerce auf sich hat und warum Ihr dafür eine flexible Software-Architektur benötigt. Mit diesem Baukasten lässt sich Amazon bezwingen!

In der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Großwetterlage wird das Kundenerlebnis zum wichtigsten Erfolgsfaktor im E-Commerce. Wer sich hier klar von der Konkurrenz abhebt, hat einen entscheidenden Vorteil – sogar gegenüber dem vermeintlichen Platzhirsch Amazon. Dafür braucht es eine flexible Software-Architektur. Unser Gastautor Alexander Graf ist deshalb überzeugt: Der nächste große Trend im Onlinehandel heißt Composable-Commerce. In seinem Gastartikel gibt er Euch einen Einblick.

Inflation, Lieferkettenprobleme, Krieg, drohende Rezession: Gift für viele Branchen – auch für den E-Commerce. War der digitale Handel noch der große Gewinner der Pandemiejahre, so hat sich der Wind gedreht. Doch trotz der kurz- und mittelfristigen Erschwernisse: Der Trend zum Onlinehandel bleibt. Wir werden auch in Zukunft immer weniger stationär und immer mehr via Internet kaufen. Nur wo und wie wir das tun – das steht noch nicht fest. Und genau darin liegt eine riesige Chance.

Der richtige Zeitpunkt ist jetzt 

Jahrelang galt als Konsens, dass Amazon sich ein Handelssegment nach dem anderen einverleiben würde – doch Beispiele wie, das des Musikhändlers Thomann belegen, dass Amazon keineswegs unschlagbar ist. Der Platzhirsch schwächelt, Amazons Umsatz im Versandgeschäft war in zwei der vergangenen drei Quartale sogar rückläufig. Für kleinere Wettbewerber und Nischenplayer bietet sich jetzt die perfekte Gelegenheit, in dieser herausfordernden Marktsituation einen entscheidenden Vorsprung zu erlangen und auf ewig verloren geglaubte Marktanteile (zurück) zu erobern. Wie? Mit maßgeschneiderten technischen Lösungen.

Kleinere E-Commerce-Händler*innen müssen schlicht schneller, passgenauer und flexibler sein. Das heißt, sie müssen über Funktionen verfügen, die ein hohes Maß an Personalisierung in der jeweiligen Nische ermöglichen – denn die sich ständig wandelnden Konsumgewohnheiten und die Konkurrenz machen es notwendig, individuelle Angebote für die Kund*innen zu schaffen. Diesen Grad an Flexibilität haben die großen Plattformen verloren, weil sehr viele Kund*innen in sehr vielen Kategorien nur noch den kleinsten gemeinsamen Nennern ermöglichen und nicht mehr das beste Kundenerlebnis. Nach Mobile-Commerce und Social-Commerce heißt das nächste große Ding im Onlinehandel deshalb: Composable-Commerce. 

Maßgeschneidert statt von der Stange 

Das US-Analyseunternehmen Gartner hat den Begriff geprägt. Composable bedeutet zusammensetzbar. Einfach ausgedrückt geht es darum, sich für die einzelnen Teilbereiche des eigenen Onlineshops – von Produktsuche bis Zahlungsabwicklung – die jeweils passendste am Markt verfügbare Lösung zu suchen und diese Lösungen dann wie in einem Lego-Baukasten kreativ zu einem höchst individuellen Technologie-Stack zusammenzubauen. Nicht als Komposition für die Ewigkeit, sondern mit dem klaren Anspruch, bei Bedarf jederzeit gezielte Anpassungen vornehmen und einzelne Services austauschen zu können. Die Zeit der großen Suite-Anbieter (Alles aus einer Hand) scheint vorbei. Kaum ein Unternehmen mag sich noch abhängig machen von einer Lösung, die alles gleichzeitig sein will – Payment, Plattform, Logistik, Suche, Customer-Service usw.

Das Tempo der digitalen Transformation hat sich mit der Pandemie enorm beschleunigt. Die Auswahl im E-Commerce ist größer denn je, Preise sind hart umkämpft – das macht das Kundenerlebnis zum entscheidenden Differenzierungsfaktor. Verbraucher*innen wünschen sich maßgeschneiderte Preise, maßgeschneiderte Angebote, eine hervorragende Kundenbetreuung und neue Funktionen, während es für B2B-Kund*innen zum Beispiel auf eine individuelle Anpassung ihrer Bestellungen ankommt, sowie auf die Möglichkeit, Angebote anzufordern und Bestellungen über eine Vielzahl verschiedener Schnittstellen abzuwickeln. Für all das braucht es Software, die nicht starr ist, sondern modular aufgebaut. Viele Unternehmen arbeiten jedoch noch immer mit monolithischen ERP-Umgebungen, die unflexibel und deshalb für den modernen Handel ungeeignet sind. 

Die Vorteile von Composable-Commerce 

Im Vergleich dazu bietet Composable-Commerce eine Reihe von Vorteilen, zum Beispiel:

  • Größere Flexibilität: Kund*innen verlangen immer mehr Funktionen auf ihren bevorzugten Handelsplattformen und an den verschiedenen Kontaktpunkten, die sie nutzen. Unternehmen müssen flexibel auf Trends, Neu-Entwicklungen und veränderte Vorlieben reagieren können. Composable-Commerce schafft den Raum für diese Flexibilität, den eine Standardlösung nicht bieten kann. 
  • Mehr Kosteneffizienz und Kontrolle: Dies ist für jedes Handelsunternehmen von zentraler Bedeutung. Der Fokus auf bestimmte Funktionen und Anbieter kann dazu beitragen, unnötige Kosten zu reduzieren, weil dieses Vorgehen in der Regel günstiger als eine oft überdimensionierte Standardlösung ist. Außerdem ist es so viel einfacher, eine potenziell kostspielige Bindung an einen bestimmten Anbieter zu vermeiden, da die Komponenten nach Bedarf ausgetauscht werden können.
  • Offene Standards: Der Composable-Ansatz bedeutet, dass die Anwendungen nahtlos integrierbar sein und auf offenen Standards basieren sollten. Taucht am Markt eine Innovation auf, lässt sich diese ohne größere Entwicklungszeit und -kosten ins eigene Stack aufnehmen.
  • Maßgeschneiderte Angebote: Ein wesentlicher Bestandteil der Personalisierung ist die Einführung neuer Funktionen, die Interaktion mit den Kund*innen über den von ihm bevorzugten Kanal und die Bereitstellung maßgeschneiderter Preise oder Angebote, die nur für die jeweiligen Kund*innen gelten. Dies ist mit einem alten und veralteten System nicht möglich und ist besonders im B2B-Bereich von Bedeutung, wo individuelle Angebotsanfragen üblich sind und von den Kund*innen erwartet werden.

Die Zeit der Standardlösungen ist vorbei. Wer im digitalen Handel zukunftsfähig sein will, muss sich von der Konkurrenz abheben. Composable-Commerce macht genau das möglich.

Alexander Graf
Autor*In
Alexander Graf

Alexander Graf, Jahrgang 1980, ist Seriengründer und E-Commerce-Experte. Als CEO von Spryker, einem Softwareunternehmen für Digital Commerce, gestaltet er die Disruption von transaktionalem Business jeder Art. Wann immer es um die Digitalisierung des Handels geht, ist Alexander Graf als Host des Branchen-Podcasts „Kassenzone“ eine gefragte Stimme.

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