Mit Kundenbefragungen die Qualität Eurer Produkte und Eure Kundenzufriedenheit erhöhen

Jan Strasser 10.1.2023

In diesem Artikel erfahrt Ihr, wie Ihr Kundenbefragungen im B2B-Bereich durchführt, worauf Ihr dabei achten müsst und welche Tools Euch dabei helfen können.

Das 1. Gebot im Marketing lautet: «Kenne Deine Zielgruppe!» Jede Strategie, jedes Konzept, jede Kampagnenplanung startet damit. Kundenwissen ist das Fundament des modernen Marketings.

Um mehr über die Bedürfnisse und die Denkweise Eurer Kund*innen zu erfahren, müsst Ihr Kundenbefragungen durchführen. Denn Bestellstatistiken, CRM-Daten, Google Analytics und andere passiv erhobenen Daten helfen Euch nur wenig, Eure Zielgruppen in der Tiefe zu verstehen.

Kundenbefragungen sind Kundenkommunikation und haben darum einen Impact auf die Beziehung zwischen Euch und Euren Kund*innen. Darum lohnt es sich für Euch, etwas Zeit und mentale Energie in dieses Thema zu investieren. Euer ROI: besseres Kundenwissen und wachsende Empathie.

Dieser Artikel liefert Euch eine fundierte Anleitung, wie ihr B2B-Kundenbefragungen plant, durchführt und auswertet. Unser Gastautor Jan Strasser gibt Euch einen Einblick!

Was wird unter Kundenbefragung verstanden?

Eine Kundenbefragung ist ein Marktforschungsverfahren, um Erkenntnisse über die Kundschaft zu erheben. Ein planmäßiges und methodisches Vorgehen, um Informationen aus erster Hand zu gewinnen. Was heißt das konkret?

  • Gezielte, wohlüberlegte Fragen, um das Maximum aus den wertvollen Kontakten herauszuholen.
  • Ein wissenschaftlich korrektes Vorgehen, um Erhebungsfehler zu vermeiden und das Risiko von fatalen Fehlschlüssen zu minimieren.
  • Ein standardisierter Ablauf der Befragung, damit die Ergebnisse verglichen werden können.
  • Eine größere Anzahl Befragte, damit die Erkenntnisse verallgemeinert werden können.

Was eine Kundenbefragung nicht ist:

  • Kein Verkaufsgespräch. Es darf und soll nicht mit Verkaufsabsichten verknüpft sein.
  • Kein Kundendienst. Es geht nicht darum, individuelle Probleme zu erörtern und zu lösen (auch wenn dies ein Nebeneffekt sein kann)
  • Keine Kundenprofil-Erhebung. Ziel ist es nicht, das CRM mit Profil-Informationen anzureichern. (Dazu gibt es andere Verfahren.)

Warum sind Kundenbefragungen im B2B-Bereich wichtig?

Wozu braucht es Kundenbefragungen, wenn Verkauf, Support und Kundendienst ohnehin täglich mit der Kundschaft sprechen? Gute Frage! Hier die besten Antworten darauf:

Kundenbefragungen sind ein wichtiger zusätzlicher Kommunikationskanal

Um Eure Kund*innen zu verstehen und mit ihnen grundsätzliche Dinge zu klären, benötigt Ihr Kundenbefragungen. Keine andere Rolle in Eurer Organisation leistet dies.

  • Key-Account-Manager*innen erörtern keine Detailfragen, sondern konzentrieren sich auf die großen strategischen Themen.
  • Das Verkaufspersonal konzentriert sich auf das Neukundengeschäft und spricht nur selten mit der bestehenden Kundschaft. Ihre Fragen werden zudem von Kund*innen oft als bloße Verkaufstaktik empfunden und nicht als ehrliches Interesse.
  • Der Support befasst sich nur mit den Problemen der Kund*innen und erfährt nichts über deren positiven Erfahrungen, über die Stärken der Marke und die Benefits der Produkte.
  • Der Kundendienst hat kaum Zeit (und Kompetenz) für Gespräche, die über Operatives hinausgehen. 

Kundenbefragungen nutzen Insiderwissen

Wenn Ihr Menschen befragt, die sich in Euren Kundenunternehmen gut auskennen, profitiert Ihr von «Insiderwissen»: Ihr erfährt, wo überall der Schuh drückt, was in der Organisation wirklich wirklich wichtig ist, wie über Euch und Eure Mitbewerber*innen gedacht wird …

Wenn es Euch gelingt, Inputs von gut informierten Menschen im Kundenunternehmen zu bekommen, erspart Ihr Euch eine Menge Zeit, Geld und Irrwege.

Kundenbefragungen schaffen Vertrauen 

Wenn eine Kundenbefragung gut konzipiert ist, stärkt sie das Vertrauen in Eure Firma: 

  • Als befragte Kund*in glaube ich, dass Ihr mir wirklich zuhört und meine Inputs tatsächlich lest und beherzigt.
  • Eure Fragen beweisen, dass Ihr Euch für mich und meine Bedürfnisse ehrlich interessiert.
  • Wenn die Umfrage garantiert anonym bleibt, fühle ich mich frei, meine ehrliche Meinung zu sagen.
  • Ich erkenne Euren Willen, Euch ständig zu verbessern und mich noch besser zu bedienen. 
  • Manchmal beweist Ihr echte Empathie, indem Ihr meine geheimen Schmerzpunkte und unausgesprochenen Wünsche adressiert.

Kurzfassung: Die wichtigsten Argumente für B2B-Kundenbefragungen

Kundenbefragungen …

  • … signalisieren Interesse an Euren Kund*innen
  • … verbessern die Empathie in Eurem Unternehmen, also Eure Kundenzentrierung
  • … sind eine sehr effektive Informationsquelle (mit wenig Aufwand viele Insights gewinnen)
  • … liefern Informationen aus erster Hand (Zero Party Daten)
  • … helfen Eurem Unternehmen, Betriebsblindheit zu vermeiden
  • … stärken das Vertrauen Eurer Kundschaft in Euch

Welche Ziele verfolgen Kundenbefragungen?

Kundenbefragungen dienen einer Vielfalt von Zielen. Hier die häufigsten Zielsetzungen, welche Unternehmen nennen, wenn sie Umfragen durchführen:

  • Kundenzufriedenheit. Die Kundenzufriedenheit verbessern und damit den Umsatz steigern sowie die Kundenbindung stärken
  • Empathie. Die Kundenbedürfnisse besser verstehen, was das Gestalten von Produkten und Dienstleistungen erleichtert
  • Produktoptimierung. Bestehende Produkte / Services optimieren
  • Marktlücken entdecken. Neue Geschäftschancen identifizieren und ungedeckte Bedürfnisse eruieren
  • Inspiration. Ideen für neue Produkte Services erhalten
  • Testing. Agile Entwicklung mithilfe iterativer Tests
  • Werbung. Inputs für Werbebotschaften, Werbekreationen und Imagekampagnen holen. 
  • Entscheidungshilfe. Die Relevanz und Akzeptanz von Produkten / Services prüfen, Präferenzen und Prioritäten der Kundschaft messen, um die besten Entscheidungen über die Sortimentsgestaltung, die Kommunikation, das Pricing usw. zu treffen.

Welche Methoden der Kundenbefragung gibt es?

Wir müssen zwischen qualitativen und quantitativen Methoden unterscheiden:

Qualitative Methoden

Qualitative Methoden sammeln Einzelaussagen. Ziel ist es, einen breiteren Horizont und ein tieferes Verständnis zu gewinnen. Hier geht es primär um das Wie und Warum. 

Im B2B-Bereich am effizientesten ist der Videocall oder das Telefonat. Für ein intelligentes, sorgfältig vorbereitetes Interview von 15 Minuten findet fast jeder Kunde, jede Kundin Zeit.

Fokusgruppen erfordern mehr Überredungskunst und sind zeitlich schwieriger zu koordinieren.

Spannend sind MROC (Market Research Online Communitys): Hier werden ca. 20–30 Kund*innen eingeladen, sich auf einer spezialisierten MROC-Plattform während einige Tagen regelmäßig über ein bestimmtes Thema auszutauschen. MROCs eignen sich primär für «große» Themen wie z. B. Branchentrends, Innovationsforschung und dergleichen. Diese Methode ist allerdings relativ aufwendig und muss professionell moderiert werden.

Quantitative Methoden

Quantitative Methoden zählen Antworten. Ziel ist es, verlässliche Statistiken zu erhalten, d. h. Antworten auf die Frage «wieviel?». (Nebenbei: Auch quantitative Methoden liefern qualitative Erkenntnisse, bspw. über das Wer, Wo, Was, Wann …). 

Quantitative Methoden lohnen sich erst, wenn Ihr mindestens 300 Kundenadressen zur Umfrage einladen könnt. Sind es weniger, wählt Ihr besser eine qualitative Methode.

Die häufigste Methode ist die Online-Umfrage. Sie ist kostengünstig und extrem flexibel. Mit den richtigen Umfragetools und einer gehörigen Portion Erfahrung kann man damit sogar qualitative Interviews ersetzen. 

Seltener sind computergestützte Telefoninterviews (CATI) und Papierfragebögen. Einen Sonderfall stellen CX Feedbacksysteme dar; dazu mehr unten.

Kategorien von Kundenbefragungen

Es gibt hauptsächlich vier Kategorien von Kundenbefragungen:

  1. Customer-Insights-Research (MaFo). «Klassische» Marktforschungsstudien, in welchen eine Vielfalt von Inhalten erforscht wird. Diese Kategorie steht in diesem Beitrag im Mittelpunkt.
  2. Customer-Experience-Befragungen (CX). Systematische Zufriedenheitsmessung an allen Touchpoints, in der Regel mit sehr kurzen Standardfragebögen, die bei bestimmten Ereignissen (Website-Besuch, Support-Kontakt usw.) automatisch ausgespielt werden. 
  3. Kundenzufriedenheits-Messungen (KuZu). Standardisierte Umfragen in periodischen Zeitabständen, mit welchen die Zufriedenheit der Kundschaft erhoben wird. Gegenstand der Befragung ist nicht ein einzelner Touchpoint, sondern die Kundenbeziehung als Ganzes.
  4. Testing (NPD/UX). Abtesten von Produktideen, Neuprodukt-Entwicklung (NPD), Optimierung bestehender Produkte und Services, um das Nutzer-Erlebnis zu verbessern (UX). 

 

Customer Insights Research (MaFo) Motive, Bedürfnisse, Erwartungen, Produktnutzung, Marke… Vertiefte Insights zu bestimmten Themen gewinnen Online Surveys und qualitative Methoden
Customer Experience (CX) Kundenerfahrung an einzelnen Touchpoints Konsistentes Markenerlebnis. Qualitätssicherung. Always-on-CX-Plattformen wie Medallia, etc.
Kundenzufriedenheits-Messung (KuZu) Beziehung, d. h. Erfahrungen mit Marke, Produkt,… Zufriedenheit & Kundenloyalität verbessern Periodische Online-Surveys mit gleichbleibendem Fragebogen; NPS,…
Testing (NPD/UX) Produkte, Services, Ideen / Konzepte New Product Development. Optimierung der User Experience. Online-Surveys und spezielle UX-Research Tools

Beispielfragen für Kundenbefragungen

Nachfolgend einige typische Fragestellungen für die verschiedenen Kundenbefragungs-Kategorien:

Customer-Insights-Research

  • Zugang: Wie sind Sie zu unserer Marke gekommen? Warum haben Sie uns gewählt?
  • Nutzung: Wann, wie, wo nutzen Sie unser Produkt / Service regelmäßig?
  • Nutzen: Welche Bedürfnisse erfüllt das Produkt, was bringt es Ihnen und Ihrem Team? 
  • Bewertung: Wie beurteilen Sie das Produkt hinsichtlich …[verschiedene Kriterien einsetzen und mit einer Skala abfragen]. Bitte nennen Sie die für Sie wichtigsten Stärken und Schwächen [Freitext]
  • Optimierung: Gibt es etwas, das wir an unserem Produkt / unserer Dienstleistung verbessern sollten?
  • Image: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über unserer Marke zu: [Statements über die Marke einsetzen und mit einer Skala abfragen]
  • usw.

Customer-Experience

  • Net-Promoter-Score (NPS): Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie [Produkt] Freund*innen / Bekannten empfehlen werden? [Skala 0 bis 10]. Auswertung: Noten 9–10 minus Noten 0–6 = NPS
  • Customer-Effort-Score (CES): Erforderlicher Aufwand, um einen bestimmten Touchpoint zu nutzen. Beispiel: Wie anstrengend war es für Sie, von unserem Support die angeforderte Information zu erhalten? 1= sehr mühsam … 5= völlig mühelos
  • Verbesserungswünsche: Was müssen wir verbessern, damit Sie eine höhere Note geben?
  • usw.


Kundenzufriedenheit

  • Gesamtzufriedenheit: Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit [Firma]? Äußerst zufrieden / Sehr zufrieden / Zufrieden / Weniger zufrieden / Gar nicht zufrieden. => Begründungen [Textfeld]
  • Detailbewertung: Wie zufrieden sind Sie mit … [einzelne Bereiche / Services abfragen]
  • Lob & Kritik: Was gefällt Ihnen gut, was weniger? [Textfelder]
  • Relevanz von Features / Leistungen: Wie wichtig sind für Sie und Ihr Team …[Features, Leistungen etc. einsetzen und mit Skala abfragen]. Tipp: Schaut Euch zu diesem Thema auch mal das Kano-Modell an. 
  • usw.

Testing

  • Verständlichkeit: Wie einfach ist es zu verstehen, was das Produkt leistet und wie man es anwendet? 
  • Implementierbarkeit: Wenn Sie dieses Produkt hätten, wie würden Sie es konkret in Ihre Prozesse / tägliche Arbeit integrieren?
  • Nützlichkeit: Wie nützlich wäre dieses Produkt für Sie? Was würde sich für Sie / Ihr Team ändern, wenn Sie dieses Produkt nutzen könnten?
  • Optimierung: Welche Verbesserungsvorschläge haben Sie?
  • usw.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Kundenbefragung?

Was Kundenbefragungen bringen

  • Kompetente Beurteilungen. Gute Kund*innen sind Superuser. Sie haben viel Übung und Erfahrung mit der Nutzung Eurer Produkte. Sie sind x-mal Eurer Marke begegnet, haben auf sie reagiert, sich über sie gefreut oder auch mal geärgert. Deshalb sind gute Kund*innen Meister*innen im Einschätzen, Interpretieren und Erklären Eures Produktes / Service. Nutzt diese Infoquelle – sie ist durch nichts zu ersetzen!
  • Nutzung und Nutzen. Kund*innen können zeigen, was Euer Produkt / Service für sie wertvoll macht, wozu es nützlich ist und wie es im Alltag tatsächlich verwendet wird.
  • Mitbewerber-Infos. Die meisten Eurer Kundenunternehmen stehen in Kontakt mit mehreren Anbietern. Sie empfangen Angebote, Newsletter, Sales Calls usw. von Euren Mitbewerbern und lernen Konkurrenzprodukte aus erster Hand kennen. Sie können Euch sagen, was Euer Mitbewerber besser / schlechter macht als Ihr.
  • Zero-Party-Daten. Seit Third-Party-Daten gesetzlich eingeschränkt werden, sind selbst erhobene Daten (Websitebesuche, Bestellungen usw.) wichtiger geworden. Noch interessanter als passiv erhobene Daten (First-Party-Daten) sind allerdings Informationen, die Euch Eure Kund*innen direkt (und freiwillig!) liefern: Zero-Party-Daten
  • Austausch. Kundenbefragungen sind Kundenkommunikation. Sie signalisieren Euren Kund*innen, dass Ihr ihre Bedürfnisse ernst nehmt, sie involvieren wollt und Euch für ihre Meinungen interessiert. Sie geben Eurer Kundschaft Fingerzeige, wie Ihr über sie denkt und was Euch gerade beschäftigt. Ihr erfahrt etwas über sie, sie etwas über Euch – ein echter Austausch.

Mögliche Risiken und Nebenwirkungen von Kundenbefragungen

  • Negativer Einfluss auf die Kundenbeziehung. Nochmals: Kundenumfragen sind Kundenkommunikation. Eine gute Kommunikation stärkt die Kundenbeziehung. Eine schlechte Kommunikation beschädigt sie: Eure Kundschaft könnte irritiert, gelangweilt, verärgert, belustigt oder beleidigt reagieren, wenn die Umfrage schlecht gemacht ist.
  • 0 % ROI. Wenn eine Kundenbefragung keine verwertbaren Insights liefert, habt Ihr mit viel Aufwand gar nichts erreicht. (Darum sind gute Fragebögen so wichtig.)
  • Verzerrtes Abbild der Realität. Wenn die falschen Kund*innen antworten bzw. nicht antworten, weil die Umfrageeinladung schlecht aufgesetzt war, zeigen die Ergebnisse ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit. (Der Fachbegriff dafür lautet «Repräsentativität»)
  • Irrtümer. Wenn Fragen falsch gestellt oder falsch verstanden werden, bekommt Ihr irreführende Resultate. (Forscher*innen nennen dieses Problem «Validität».). Dasselbe geschieht, wenn die Auswertung der Daten falsch angepackt wird. 
  • Rechtliche Probleme. Als personalisierte Kommunikationsform unterliegt die Kundenbefragung strengen juristischen Regeln. Der wichtigste Fallstrick ist die DSGVO. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.

Sind Kundenbefragungen datenschutzkonform?

Kundenbefragungen bauen auf Daten auf, die Ihr über Eure Kund*innen besitzt (z. B. E-Mail-Adressen, Namen usw.) und erheben teilweise sensible Informationen. Deshalb sind die Anforderungen an den Datenschutz sehr ernst zu nehmen. Hier die wichtigsten Empfehlungen:

  • Datenschutzerklärung. In der Einleitung der Umfrage müsst Ihr über die Verwendung der erhobenen Daten informieren und sicherstellen, dass die Befragten sich damit einverstanden erklären. Üblich ist die Verlinkung einer Datenschutzerklärung, die mitteilt, wie, wo und wie lange die Antworten gespeichert werden, wer auf die Informationen Zugriff hat und auf welche Weise gegebenenfalls die Anonymität sichergestellt wird.
  • Anonymisierung. Wenn möglich, solltet Ihr die Umfrage anonymisieren. Dazu gibt es diverse Instrumente und Verfahren.
  • Kein Upload persönlicher Daten. Niemals Identitätsmerkmale wie Namen, E-Mail-Adressen etc. in das Umfragetool hochladen. (Insbesondere, wenn der Umfrageserver nicht in Europa steht.)
  • Textfelder bereinigen. Wenn der Fragebogen Textfelder enthält, ist Vorsicht geboten: Hier können Befragte Dinge hineinschreiben, welche den Datenschutz verletzen. Zum Beispiel Namen, E-Mail-Adressen und dergleichen. Vor der Auswertung müsst Ihr Antworten kontrollieren und derartige Informationen eliminieren.
  • Freiwillige De-Anonymisierung. Manchmal ergibt es Sinn, den Befragten am Ende des Fragebogens anzubieten, freiwillig ihren Namen und ihre E-Mail zu nennen, damit Ihr sie kontaktieren und ihr Feedback ausführlicher besprechen könnt. (Tipp: Umfrage-Tools bieten einen automatischen E-Mail-Alert, sodass Ihr sofort erfahrt, wenn Befragte Eure Kontaktaufnahme wünschen.)

Wie wird eine Kundenbefragung erstellt? Eine Kurz-Anleitung

Nachfolgend eine kurze Anleitung für eine MaFo-Kundenbefragung via Online-Survey. Dies ist die häufigste Form von Kundenbefragungen. Der beschriebene Prozess kann auch für Kundenzufriedenheits-Umfragen und qualitative Methoden adaptiert werden.

  1. Kick-off
  2. Zieldefinition
  3. Voranalyse
  4. Detailkonzept
  5. Fragebogenentwicklung
  6. Umfrageprogrammierung
  7. Umfrage-Distribution

1. Kick-off

Ziel der Kickoff Phase ist es, intern den Weg freizumachen und Verbündete an Bord zu holen. Die wichtigsten Schritte:

  • Einen Mini-Pitch schreiben. Warum benötigen wir eine Kundenbefragung? Was bringt sie uns? Was verpassen wir, wenn wir darauf verzichten?
  • Stakeholder involvieren. Wer alles sollte bei der Definition der Umfrage-Inhalte mitreden? Von wem benötigen wir Inputs, damit wir keine wichtigen Themen vergessen?
  • Zuständigkeiten festlegen. Wer entscheidet in letzter Instanz über die Inhalte? Wer übernimmt die fachliche Verantwortung für die Umfrage? Wer ist zuständig für das Einhalten von CI/CD-Vorgaben? Wer liefert die Kundenadressen? usw.
  • Koordination. Auf welche anderen Aktivitäten muss die Kundenbefragung unbedingt abgestimmt werden? (Beispiele: Newsletter, andere Umfragen, Produkteinführungen, Sales-Kampagnen etc.)
  • Budget. Welchen internen und externen Aufwand können wir uns leisten? Typische externe Kosten betreffen Incentives für Befragte, Aufträge an Freelancer/Agenturen und ev. Softwaretools.

2. Zieldefinition

Im zweiten Schritt müssen die Ziele und die Themen/Inhalte der Kundenbefragung final festgelegt werden. 

  • Ziele: Wie werden wir die Resultate der Kundenbefragung verwenden? Wer im Unternehmen wird sie wofür nutzen?
  • Themen/Inhalte: Was wollen wir von unserer Kundschaft erfahren? Veranstaltet dazu einen Workshop mit den Stakeholdern oder startet eine kleine interne Umfrage. 
  • Entscheidet im Projektteam über die definitiven Themen bzw. Inhalte der Befragung. Hier braucht es Mut zur Lücke – Ihr könnt nie alle Themenwünsche berücksichtigen.

3. Voranalyse

Damit Ihr nicht das Rad neu erfinden müsst, solltet Ihr auf den bereits vorhandenen Erkenntnissen aufbauen: 

  • Desk Research. Frühere Umfragen, Datenanalysen. CRM, Supportstatistiken u. v. m.
  • Interne Interviews. Eine gute Informationsquelle sind Kolleg*innen, die täglich mit der Kundschaft zu tun haben: Key-Account-Manager*innen, Sales-People, Kundendienst-Mitarbeiter*innen usw.
  • Qualitative Kundeninterviews. Bei wichtigen oder besonders komplexen Kundenbefragungen lohnt sich eine qualitative Vorstudie. Dazu führt Ihr einige qualitative Interviews (Telefon oder Videocall) mit ausgewählten Kund*innen durch. Dies hilft Euch herauszufinden, welche Fragen schwierig zu beantworten sind, welche Aspekte Ihr bisher übersehen habt und wie Ihr den Fragebogenablauf am besten gestaltet. 

4. Detailkonzept

Erarbeitet das Detailkonzept («Research Design») für die Befragung:

  • Umfragemethodik. Maximale Ausfülldauer des Fragebogens (wichtig!), verwendetes Umfragetool, ggf. Einbezug externer Dienstleister
  • Teilnehmerkreis. Nach welchen Kriterien werden die Kund*innen für die Umfrage selektiert? (Beispiele: Mind. seit einem Jahr Kund*in, keine gekündigten Beziehungen, keine Mitarbeitenden usw.) 
  • Zielperson. Welche Rolle/Funktion im Kundenunternehmen soll die Umfrage beantworten? (Beispiele: Geschäftsführende Person, Hauptkontakt-Person usw.)
  • Sprachen+Regionen. Tipp: Achtet bei Umfragetools darauf, wie externe Übersetzungen eingepflegt werden können (Mehrsprachigkeit). Auf automatische Übersetzungen solltet Ihr verzichten.
  • Datenschutzregelung. Soll die Umfrage anonym bleiben? Falls ja, wie wird die Anonymität sichergestellt? 
  • Distribution. Auf welchem Weg wird zur Umfrage eingeladen? (Beispiele: Newsletter, persönliche Mails durch Euren Verkauf, Brief mit QR-Code)
  • Mengengerüst. Anzahl Einladungen, geschätzte Responserate, erwartete Anzahl Antworten. Faustregel für Responseraten: 10 % sind normal; bei guten Kundenbeziehungen sind bis zu 25 % möglich, bei einer starken Fan-Base bis zu 40 % oder mehr.
  • Incentivierung. Wie belohnen wir diejenigen, welche den Fragebogen ausfüllen? Gutscheine und Verlosungen sind üblich; motivierend ist auch das Versprechen, den Teilnehmenden nach Abschluss der Studie exklusiv eine Zusammenfassung interessanter Resultate zu liefern.
  • Zeitplan. Wann erfolgt der Start, wann versenden wir einen Reminder usw. Tipp: Der Großteil der Antworten fällt in den ersten 3–4 Tagen an. Ein Reminder nach einer Woche ist üblich. Nach spätestens zwei Wochen ist Schluss.

5. Fragebogen-Entwicklung

Ziel in dieser Phase ist es, mit möglichst wenig Iterationen einen guten Fragebogen zu schreiben. Folgendes Vorgehen hat sich in der Praxis bewährt:

  1. Outline: Übersichtliche Skizze des Fragebogenablaufs, noch ohne detaillierte Ausformulierung der Fragen und der Antwortmöglichkeiten.
  2. Feedback zum Outline
  3. Fragebogen ausformulieren (Textdokument); Feedback-Schleifen
  4. Finale Freigabe des ausformulierten Fragebogens durch die relevanten Stakeholder (ebenso Freigabe der Übersetzungen).

Tipp: Messt die Ausfüllzeit beim ausformulierten Fragebogen möglichst genau. Sie sollte die Maximaldauer nicht überschreiten, die im Detailkonzept festgelegt wurde.

6. Umfrageprogrammierung

Jetzt geht es darum, den Fragebogen im Umfragetool so ansprechend wie möglich zu implementieren.

  1. Fragebogen im Tool umsetzen (geht meistens mit Copy&Paste aus dem Textdokument)
  2. Fragebogen mit HTML und CSS designen; hier kommt Euer CI/CD ins Spiel (Farben, Fonts, Logo …)
  3. Gründlich testen – Desktop & Mobile, Windows & Mac …
  4. Freigabe durch die relevanten Stakeholder

7. Umfrage-Distribution

Neben der üblichen Umfrage-Einladung via E-Mail / Newsletter bieten gute Software-Tools noch weitere Möglichkeiten für die Umfrage-Distribution: Einbetten in die Website (iFrame, JavaScript usw.), Kiosk-Modus, QR-Code oder sogar Print. 

Egal, auf welchem Weg Ihr zur Umfrage einlädt: In jedem Fall ist es ein durchdachter Einführungstext wichtig, der die Umfrage vorstellt: Warum wird sie durchgeführt? Welche Themen werden behandelt? Damit beeinflusst Ihr die Teilnahmebereitschaft stark. Ebenfalls in diesen Text gehören der Hinweis auf Datenschutz/Anonymität und auf die versprochene Belohnung fürs Ausfüllen.

Tipp: Bei großen Kundenbefragungen solltet Ihr einen Softlaunch vorschalten. Dazu versendet Ihr die Umfrage zuerst nur an eine kleine Teilstichprobe und schaut Euch die Resultate und die Kommentare der Antwortenden an. So seid Ihr sicher, dass schwerwiegende Probleme aufgefangen werden, bevor die Umfrage voll ausgerollt wird.

Besonderheiten von B2B-Kundenbefragungen

In einigen Punkten unterscheiden sich B2B-Befragungen von gewöhnlichen Konsument*innen-Umfragen:

  • Mehrere Kontaktpersonen. Ihr müsst überlegen, welche Rolle im Kundenunternehmen Eure Umfrage beantworten soll. Die einzelne Person weiß nicht über alle Themen Bescheid.
  • Personalisierung. Im CRM vorhandene Informationen sollten mitberücksichtigt werden. Eure Kund*innen erwarten dies. Gute Umfragetools ermöglichen, Profildaten zu Umfrageteilnehmer*innen hochzuladen und in der Umfrage zu verwenden. (Vorsicht: Datenschutz berücksichtigen! Verwendet zur Identifikation keine Namen, sondern Laufnummern.) 
  • Incentives. Anders als bei B2C sind Bar-Vergütungen unüblich. Überlegt Euch ein «Dankeschön» für das Ausfüllen der Umfrage, welche zu Eurer Kundschaft passt. 
  • Feedback. B2B-Kundschaften erwarten in der Regel ein Feedback nach der Befragung. Am einfachsten sendet Ihr eine (automatisierte) E-Mail mit einem Dankeschön und einem kurzen Ausblick, wie es nun weitergeht (Incentive, ev. Summary).

Wie wird eine Kundenbefragung ausgewertet?

1) Datenbereinigung

Damit Ihr das Optimum aus Euren Umfragen herausholt, solltet Ihr die Qualität der gesammelten Daten prüfen und den Datensatz mit den integrierten Funktionen des Umfragetools bereinigen:

  • Unvollständige und leere Antworten aussortieren
  • Test-Antworten entfernen
  • Unbrauchbare Antworten identifizieren und ausfiltern. Gute Umfragetools helfen Euch dabei mit ausgefeilten «Quarantäne»-Funktionen.

2) Statistische Auswertungen

Die meisten Umfragetools generieren statistische Auswertungen für jede einzelne Frage. Zusätzlich lassen sich die Ergebnisse filtern und segmentieren, zum Beispiel nach Region/Sprache oder Kundengruppe.

Reichen diese Auswertungsfunktionen nicht aus, könnt Ihr die Resultate als Excel-File, CSV oder dergleichen exportieren und im Excel (bzw. jeder anderen Spreadsheet-Software) weiter analysieren.

Wollt Ihr mehr als bloße Prozent-Statistiken, könnt Ihr die Daten auch in einer Analysesoftware wie R, Python, IBM SPSS usw. unter die Lupe nehmen. 

3) Reporting

In den allermeisten Fällen werdet Ihr einen Powerpoint-Report mit Zahlengrafiken benötigen, um die Resultate intern zu präsentieren. Bei sehr großen und bei regelmäßig durchgeführten Umfragen kommen auch interaktive Dashboards infrage. 

Welche Tools helfen bei der Durchführung und Auswertung einer Kundenbefragung?

Umfragesoftware

Im großen Sortiment von Online-Survey-Software erfüllen die folgenden Tools die besonderen Anforderungen an professionell durchgeführte Customer-Insights-Umfragen:

Weniger geeignet für Kundenbefragungen sind Formulargeneratoren wie Google Forms, Microsoft Forms, Jotform oder Typeform. Hier kommt man rasch an die Grenzen, und das Erstellen von Umfragen wird mühsam.

Qualitative Befragungen

Für qualitative Einzelinterviews und Fokusgruppen bieten sich Videokonferenz-Tools an. Wichtig sind für Befragungen die folgenden Features:

  • Passwortschutz
  • Bequemes Login für Teilnehmende, möglichst ohne Software-Download
  • Aufzeichnungs-Funktion
  • Screensharing
  • Private Chat-Nachrichten, damit Ihr Euch unter Kolleg*innen austauschen könnt, ohne dass die Befragten davon etwas mitbekommen.

Häufig verwendete Lösungen sind Microsoft Teams, Zoom, Webex und Adobe Connect Meeting.

Auswertungssoftware

Die eingebaute Reportingfunktion der Umfragesoftware reicht oftmals aus, sodass Ihr keine zusätzliche Auswertungs-Tools kaufen müsst. 

  • Gute, kostengünstige Tools sind Microsoft Excel, R Studio und PSPP (Open-Source-Klon von SPSS).
  • Für Profi-Marktforschende sind spezialisierte Statistiktools wie IBM SPSS, OfficeReports oder DisplayR interessant.
  • Für permanent aufgeschaltete Umfragen (Kundenzufriedenheit, Customer Experience Research etc.) empfehlen sich Business Intelligence Plattformen wie Tableau, Qlik Sense®, Microsoft Power BI, SAP CRM usw., welche viele Quellen zusammenführen und diese in Echtzeit darstellen können.

Fazit

Kundenbefragungen werden immer wichtiger, weil Customer Centricity heute ein entscheidender Erfolgsfaktor für alle Unternehmen bedeutet. Dabei geht es nicht nur darum, die Zufriedenheit zu messen, obwohl Ihr dies auch tun sollt. 

Ihr könnt das immense Insight-Potenzial Eurer Zielgruppe nutzen, indem Ihr mittels Befragungen mehr über ihre Bedürfnisse, Motive, Wahrnehmungen und Einstellungen in Erfahrung bringt. Diese Art von Kundenbefragungen heißt Customer Insights Research und wird unabhängig von Standard-Zufriedenheitsmessungen durchgeführt. 

Die wichtigsten Methoden sind der Videocall und der Online-Survey, welcher allerdings eine Mindestgröße des adressierbaren Kundenstamms voraussetzt (mind. 300).

Dieser Beitrag hat Euch ein solides Grundwissen für die Durchführung eines Kundenbefragungs-Projektes geliefert. 

Denkt daran, dass Kundenbefragungen immer auch direkte Kundenkommunikation darstellen. Nehmt sie deshalb mindestens so ernst wie Werbekampagnen oder Salesprozesse. Es braucht Fachwissen, Training und Erfahrung, um solche Umfragen effizient und in der erforderlichen Qualität zu gestalten. Wenn niemand in Eurem Unternehmen über die nötigen Skills verfügt, ist es empfehlenswert, professionelle Marktforscher*innen einzubeziehen.

Jan Strasser
Autor*In
Jan Strasser

Jan Strasser ist Insights Researcher mit Fokus auf Konsumentenpsychologie. Er blickt auf über 30 Jahre Praxiserfahrung in Marktforschungsinstituten und der Betriebsmarktforschung zurück. Seit sieben Jahren führt er seine eigene Firma KeyResponses Insights Research. KeyResponses ist spezialisiert auf hochwertige Online-Befragungen und qualitative Analysen B2B und B2C. Die Konzeption und Durchführung von Kundenbefragungen zählt zum Kerngeschäft von KeyResponses.

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