Digitale Transformation: So setzt Ihr sie erfolgreich um

Kevin Welter 13.5.2022

In diesem Beitrag erklären wir Euch, was Ihr als Marketer über digitale Transformation wissen solltet und wie Ihr das Richtige vom Falschen unterscheiden könnt.

Es ist der 1. Oktober 2013, 08:54 Uhr. Ich öffne die Tür zum Ausbildungszentrum der Deutschen Telekom und bin ab jetzt dualer Informatik-Student. Zwei Monate zuvor habe ich meine Ausbildung zum Fachinformatiker erfolgreich abgeschlossen und freue mich jetzt auf den nächsten Schritt. Trotzdem bin ich aufgeregt, denn ich weiß noch nicht so recht, was mich erwarten wird. 

Pünktlich um 09:00 Uhr sitze ich auf einem Stuhl. Um mich herum 23 weitere Studierende, die gemeinsam mit mir Ihren ersten Tag haben. Die Ausbildungsleiterin Frau Bauer begrüßt uns und in den nächsten zweieinhalb Stunden bekommen wir einen ersten Überblick über das Studium, die Telekom und die Erwartungen an uns. In der Pause atme ich tief aus und denke: „IT und Digitalisierung ist weit mehr als das, was ich bisher gelernt habe. Ich habe noch richtig viel zu lernen.“

Vermutlich ging es Euch als Online-Marketer nicht anders als mir. Vor 20 Jahren gab es Eure Berufung noch nicht und vor fünf Jahren war sie ganz anders, als sie heute ist. Die Geschwindigkeit, mit der sich IT oder Online-Marketing weiterentwickelt, ist enorm.

Dabei habe ich mir vor zehn Jahren schon die Frage gestellt: „Wann sind wir eigentlich fertig mit der Digitalisierung?“

Die guten Nachrichten: Eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie hat festgestellt, dass deutsche Unternehmen im Jahr 2021 deutlich digitaler geworden sind. Ich habe also Hoffnung, denn wir sind auf dem richtigen Weg! 

Die schlechte Nachricht: Wir haben eine Masse an Tools und Möglichkeiten und müssen daraus das Richtige wählen. OMR Reviews, mit seinen mehr als 1.300 Tools im Vergleich, ist eine gute Anlaufstelle. 

In diesem Beitrag beleuchtet unser Gastautor Kevin Welter von HumanITy das Thema digitale Transformation genauer und erklärt, was Ihr als Marketer darüber wissen solltet und wie Ihr das Richtige vom Falschen unterschieden könnt.

Was bedeutet digitale Transformation? 

„Kevin, du hast oben über Digitalisierung gesprochen und jetzt über digitale Transformation. Was hat es mit den Begriffen auf sich?“ Digitale Transformation wird leider oftmals mit der Digitalisierung gleichgesetzt. Doch es gibt einen klaren Unterschied. Im Englischen gibt es zusätzlich den Begriff der Digitization. Die drei definieren sich wie folgt:

Digitization

Das Konvertieren von analogen Daten zu digitalen Daten. Zum Beispiel, wenn Ihr ein Brief einscannt, um daraus ein digitales Abbild als PDF zu machen.

Digitalisierung 

Bedeutet das Transformieren von Business Prozessen getrieben durch digitale Technologien. Die Umstellung Eure Kommunikation mit dem:r Kund:in von Brief auf E-Mail wäre ein passendes Beispiel.

Digitale Transformation 

Die digitale Transformation ist die Folge von Digitalisierung. Durch die Digitalisierung einzelner Prozesse und die stetige Entwicklung weiterer Technologien entstehen weitreichendere Veränderungen. Diese betreffen das Unternehmen, die Mitarbeiter:innen und Kund:innen, Arbeitsweisen bis hin zur Gesellschaft.

Vor 15 Jahren war es noch normal, dass die E-Mails nur auf dem PC bearbeitet werden konnten. Heute sitzt Ihr auf der Couch, schaltet bei Netflix die nächste Folge an und beantwortet zwischendrin Eure E-Mail mit dem iPhone. 

Die digitale Transformation Auswirkungen in Euren Unternehmen auf die Kultur, die Arbeitsweisen, die Geschäftsprozesse, die Technologie und die Geschäftsmodelle. Durch neue Entwicklungen wird auch die Gesellschaft geprägt und die Generation Y hat ganz andere Ideen und Ansprüche als die Generation X oder die Generation Z, welche aktuell in den Arbeitsmarkt eintritt.

New Work, Agilität, Lean, Change, Wandel und andere Buzzwords sind Symptome der digitalen Transformation. 

Wirkungsebenen der digitalen Transformation

Die digitale Transformation kann innerhalb Eures Unternehmens in drei Wirkungsebenen unterteilt werden.

Optimize

Die Optimierung von Bestehendem ist ein Bereich, in dem die meisten Unternehmen schon sehr gut unterwegs sind. Die Wirkung bezieht sich überwiegend auf das operative Geschäft. Beispielsweise Prozesse, die durch die Einführung eines CRM-Systems, wie Salesforce CRM, vereinfacht werden Eine Übersicht zu den besten CRM-Systeme für KMUs findet Ihr hier

Expand

Dabei geht es schlichtweg darum, das bestehende Angebot und die Fähigkeiten zu erweitern und neue Kombinationen von Produkten und Diensten anzubieten. Das können unternehmensintern beispielsweise die Einführung eines Chatbots für die Kommunikation zur:m Kund:in sein. Hier bietet sich der Einsatz einer Chatbot-Software wie unter Anderem moinAI an. Unternehmensextern ist ein Beispiel die Firma Vorwerk mit ihrem Thermomix, die durch eine gut gepflegte Community eine Küchenmaschine zum Star gemacht hat oder die Firma Herrenknecht, Weltmarktführer für Tunnelvortriebsmaschinen, die nun nicht nur Tunnelvortriebsmaschinen verkaufen, sondern auch Services vor Ort anbieten. Das bedeutet auch einen Wandel vom Hersteller zum Dienstleister, was nicht trivial ist. 

Das Online-Marketing ist eine Erweiterung des Vertriebs und des Recruitings. Unternehmen, die bisher lediglich auf klassische Medien für Ihr Marketing zurückgegriffen haben, können durch die Erweiterung neue Zielgruppen erschließen. Klar ist, dass Online-Marketing ganz eigene Strategie benötigt. Dadurch ist es keine Verbesserung, sondern eine Erweiterung des bestehenden Vorgehens.

Discover

Das ist die Ebene der wilden Ideen, der sogenannten „Moonshots“. In der Vergangenheit haben es einige Unternehmen geschafft, durch zunächst wilde Ideen ihr Angebot auf neue Bereiche zu transferieren. So hat beispielsweise Amazon mit der Erfahrung für Rechenzentren ihren eigenen Cloud-Service geschaffen (Amazon Web Services) oder der nicht richtig klebende Kleber, aus dem die Post-its entstanden sind. Dazu braucht es eine Unternehmenskultur, die Kreativität der Mitarbeiter:innen zulässt.

Beim Discover geht es ums Experimentieren. Auszuprobieren, wie sich neue Technologie oder Innovationen auf das Bestehende anwenden lassen. Natürlich müssen die Aktivitäten zielgerichtet sein. Einfach ein Big Data Projekt aufsetzen, führt nicht zum gewünschten Ziel. Eine Fragestellung bei den Post-its könnte gewesen sein: „Wie lässt sich der schlechte Kleber verwenden?“ 

Im Online-Marketing könnte eine solche Fragestellung sein: „Wie kann ich meine Zielgruppe schneller und zielgenauer ausfindig machen?“ Die Lösungen könnten neue Technologien wie Machine Learning Algorithmen sein oder das Testen neuer Methoden wie Design Thinking.

Discover muss nicht immer als Ergebnis etwas komplett Neues sein. Es geht vielmehr um die Anwendung von etwas Ungewöhnlichem, was Ihr in Eurem Unternehmen vielleicht noch nicht ausprobiert habt. 

Welche Voraussetzungen müssen für eine digitale Transformation im Unternehmen vorliegen?

Die wichtige Frage bleibt: Welches Ziel möchte ich durch eine Transformation erreichen und wann bin ich erfolgreich? Das Gleiche macht Ihr, wenn Ihr eine neue Online-Marketing-Strategie plant.

Damit Mitarbeiter:innen flexibel bleiben und offen für Veränderung sind, brauchen sie Klarheit. Ein gemeinsames Ziel ermöglicht es, kreative Strategien für die Erreichung zu finden. 

In der Realität wird die „Wir müssen jetzt mal was machen“-Mentalität an den Tag gelegt. Unüberlegtes Digitalisieren sorgt im Unternehmen für Frust und Ablehnung. In vielen Unternehmen entsteht dann die Abwehrhaltung. Typische Kommentare dazu sind:

  • „Das funktioniert bei uns nicht!“
  • „Das haben wir noch nie so gemacht!“
  • „Das haben wir schon immer so gemacht!“
  • „Alter Wein in neuen Schläuchen.“

Wie kann eine digitale Transformation erfolgreich umgesetzt werden?

Die digitale Transformation beginnt auf der strategischen Ebene. Es geht nämlich nicht darum, Tools einzuführen oder auf dem technisch neuesten Stand zu sein. Sondern ein gemeinsames unternehmerisches Ziel zu erreichen. 

Wenn dieses Ziel statt mehr Umsatz, mehr Kund:innen oder digitaler zu werden, den gesellschaftlichen Impact beschreibt, den das Unternehmen erreichen möchte, ist eine gute Basis für Erfolg geschaffen. Gleichzeitig gibt es Unternehmensprozesse, die durch IT-Lösungen effizienter gestaltet werden können und dadurch das Kundenerlebnis besser machen. Das erhöht die Empfehlungsrate und sorgt für Wachstum. Die Lösung eines Problems in der Branche kann auch zu neuen Unternehmen führen. 

Die Bank N26 hat eine Marktlücke der Bankwelt erkannt und ermöglicht seinen Kund:innen bequem via App Ihre Finanzen steuern zu können. Ein Vorreiter in der Branche, die jetzt als Standard betrachtet und auch von großen Banken adaptiert werden.

Digitale Transformation Konkurrenz oder Kund:innen getrieben

Es gibt mehrere Herangehensweisen, um ein Transformationsprojekt zu starten.

Von der Konkurrenz gedacht:

„Die machen das jetzt auch, also müssen wir unbedingt nachziehen.“ Häufig werden Transformationen aus dem Gedanken heraus gestartet, mit der Konkurrenz gleichziehen zu müssen. 

Bei dem Beispiel der Bank N26 ist das sinnvoll. Denn sie haben den dringenden Wunsch der Kunden erkannt, dass Bank und Finanzen einfach, schnell und bequem per App gehen sollen. 

Es ist immer wichtig zu betrachten, in welcher Situation sich die Konkurrenz befindet, welche Unternehmenskultur dort herrscht und welches Problem sie lösen wollen. Euer eigenes Unternehmen ist vielleicht in einer vollkommen anderen Situation. So kann Facebook-Werbung im E-Commerce sinnvoll sein, in einer Schreinerei allerdings eher Local-SEO. Mehr zu Local-SEO erfahrt Ihr in diesem Beitrag.

Das Unternehmen muss individuell betrachtet werden. Mit allen Engpässen. Als Schreinerei ist das Fulfillment der Dienstleistung der Engpass. Wenn in der Schreinerei die Auftragsbücher voll sind, braucht es keine neuen Kund:innen. Facebook Werbung für neue Mitarbeitende hingegen könnte schon wieder spannend sein. 

Vom Kund:innen gedacht:

Von den Wünschen und Problemen der Kund:innen aus zu denken, hat den Vorteil, dass ein Produkt schnell verifiziert werden kann. Eine gute Kundeninteraktion ist wichtig, um nahbar zu sein und den Kund:innen besser kennenzulernen. Die Generation Z ist signifikant digitaler, als die Generation X. Und so etwas muss in Entscheidungen mit eingebunden werden. 

Die eigenen Services leicht konsumierbar und digital anzubieten, kann eine Erfolgsstrategie sein. Eine Herausforderung hierbei ist herauszufinden, ob die Kund:innen überhaupt benennen können, welche Probleme sie haben.

Henry Ford hat angeblich mal gesagt:

„Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“

Die eigene Kreativität nutzen: Erinnert Euch an die Vorstellung des ersten iPhones zurück. Zu diesem Zeitpunkt wussten Nutzer nicht, dass sie ein iPhone „brauchen“. Die eigene Kreativität der Mitarbeiter:innen zu nutzen, kann der stärkste Motor für unternehmerisches Wachstum sein. 

Dabei stellt sich die Frage, welche konkreten Herausforderungen es gibt und wie diese am besten gelöst werden können. Die Digitalisierung und Online-Marketing können massive Vorteile bei der Optimierung von internen Prozessen bieten. Dabei stehen Vertrieb und Recruiting an erster Stelle. Bevor eine Lösung eingeführt wird, stellt sich die Frage, was das Problem ist, welches gelöst werden soll, denn daraus können wir dann ableiten, ob die Unternehmenstransformation erfolgreich war.

Welche Chancen und Herausforderungen liegen in der digitalen Transformation?

Chancen digitaler Transformation

Denken im Kundennutzen

Das Kundenerlebnis (Customer Experience) spielt im Rahmen der digitalen Transformation eine zentrale Rolle. Neue digitale Möglichkeiten erlaubt es dem Kunden Angebote effizient zu vergleichen und zwischen Anbietern wechseln zu können. 

Um Kunden langfristig zu binden und zusätzliche Ertragspotenziale erschließen zu können, sollten Unternehmen neue Wege der Kundenzentrierung gehen und das spezifische Kundenerlebnis verbessern. Für eine stärkere Kundenzentrierung eignen sich unter anderem Web-Analytics-Software wie Google Analytics.

Schaffung neuer Möglichkeiten

Durch neue Organisationsstrukturen und den Wandel des „Mindsets“ konnten schon viele Potenziale gehoben werden. Und das kann einfach so weitergehen. Die Potenziale sind hier je Branche unterschiedlich. Beispielsweise ist durch den Einsatz von Drohnen im Baugewerbe eine produktivere und sicherere Arbeitsgestaltung möglich.

Sidenote: Über diese Veränderung hat sich vermutlich keiner beschwert. Es gibt ein klares Problem und die Drohne ist eine einfache und geniale Lösung. 

Durch Homeoffice und mobiles Arbeiten sind in einigen Berufen, die Arbeitsbedingungen individuell gestaltbar geworden. Das hebt die Lebensqualität und da spreche ich aus eigener Erfahrung. Wie seht Ihr das? 

Herausforderungen digitaler Transformation

Die größte Herausforderung ist, anzufangen. Doch neben dem Willen (und der Akzeptanz) fehlt es meistens noch an den passenden Ressourcen, den passenden Skills der Mitarbeiter:innen oder dem Wissen über die aktuelle Markt- und Anbieter-Situation sowie mögliche Fördermöglichkeiten.

Wann habt Ihr Euch das letzte Mal Zeit genommen, um künftige Wege auszuloten? Das passiert leider viel zu selten. In jedem Team einen Innovator zu haben, der Einfluss auf das Team als Multiplikator hat, ist Gold wert. Der Multiplikator macht gewissermaßen regelmäßig und von allein Werbung für neue digitale Tools, aktuelle Forschungen oder hat Ideen für Verbesserungen. 

Die Transformation darf aus meiner Sicht jedoch nicht als Projekt betrachtet werden. Jeder Mitarbeitende, jede Führungskraft und vor allem der Geschäftsführer ist verantwortlich für den Erfolg der digitalen Transformation.

Die digitale Transformation im Online-Marketing

Wenn Ihr das hier auf OMR Reviews lest, dann seid Ihr vermutlich Online-Marketer und habt täglich mit Tools wie diesen zu tun:

  1. SEO-Tools
  2. E-Mail-Marketing-Tools
  3. CRM-Systeme
  4. E-Commerce Plattformen und Shop-Systeme
  5. ERP-Systeme

Ich glaube, mit Euch über die Transformation Eures Unternehmens zu sprechen, wäre quatsch. Das ist so als würde mich jemand fragen, wenn ich Internetprobleme habe: „Hast du deinen Router schon mal neu gestartet?“ 

Lasst Euch nicht verunsichern, wenn Digitalexperten mit Buzzwords um sich schmeißen, sondern stell Euch die Frage: „Löst das ein Problem, was ich oder einer meiner Kund:innen habe?“ Falls Nein, dann Haken dran und weiter.

Lasst uns eher Eure Zeit nutzen und darüber sprechen, wie Ihr mit der Transformation Eurer Kunden umgehen könnt. Jede Veränderung (und sei es nur die Einführung eines E-Mail-Newsletter mit rapidmail) birgt das Potenzial auf Ablehnung zu stoßen.

Wie gehe ich mit Veränderungen um?

Wenn Ihr euer Leben, bzw. Euren Alltag in seinen einzelnen Bestandteilen anschaut, fällt sofort auf, dass es immer wieder konkrete Aufgaben und Abläufe gibt, die Ihr erledigt. Das beginnt beim Aufstehen, geht über Zähne putzen, bis zu Euren Jobs und endet mit dem Schlafengehen. Es gibt also eine Vielzahl von „Jobs“, die Ihr jeden Tag erledigt und für die meisten Jobs kaufen wir uns Unterstützung ein. 

Jeder dieser Jobs lässt sich in Teilschritte unterteilen und für jeden dieser Schritte haben wir eine Lösung. Beim Waschen ist es noch einfach. Hier nutzen wir üblicherweise eine Waschmaschine. Um einen neuen Kunden zu gewinnen, gibt es unterschiedliche Ansätze, die mehr oder weniger erfolgversprechend sind.  

  • Ich kann eine Liste abtelefonieren
  • Ich kann Fernsehwerbung schalten
  • Ich kann eine SEO verfolgen
  • Ich kann Facebook Werbung schalten
  • Und viele mehr

Wir suchen immer nach einer passenden Lösung, die unser Problem einfach und schnell löst. Der Kunde muss am Ende bewerten, ob er auf eine andere Lösung übergeht oder bei der alten bleibt. 

Dabei führen die alte Gewohnheit und die Angst vor der neuen Lösung zu Unsicherheit. „Kann das wirklich funktionieren? Lohnt sich die Umstellung? Das haben wir noch nie so gemacht.“ Wenn Ihr als Marketer Euren Kund:innen einen neuen Weg vorstellt, um Kund:innen zu gewinnen, dann wirken die Kräfte der Gewohnheit und der Angst immer gegen Euch.

In der Digitalisierung ist das genau das gleiche Spiel. Ein neues Tool oder die Optimierung eines Prozesses sind immer Veränderungen. Doch wie geht Ihr am besten damit um?

Menschen brauchen ein Wozu und manchmal auch einen Beweis, um in Bewegung zu kommen.

Der Grund

1978 wurde ein Experiment veröffentlicht, welches zeigt, wie stark eine Begründung wirkt, selbst wenn die Begründung eigentlich kein Grund ist. Die Forscher nutzen für Ihr Experiment einen Kopierer in einem Copyshop. Sie wollten drei Möglichkeiten testen, um nicht warten zu müssen und vorgelassen zu werden. 

Die Fragen für die Durchgänge waren:

  1. „Entschuldigen Sie, dürfte ich den Kopierer nutzen?“
  2. „Entschuldigen Sie, dürfte ich den Kopierer nutzen, weil ich es sehr eilig habe?“
  3. „Entschuldigen Sie, dürfte ich den Kopierer nutzen, weil ich kopieren muss?“

Die Ergebnisse waren:

  1. 60 % haben den Forscher vorgelassen
  2. 94 % haben den Forscher vorgelassen
  3. 93 % haben den Forscher vorgelassen

Selbst ein trivialer Grund kann schon dafür sorgen, dass Menschen etwas verändern. Wenn Ihr also einen logischen Grund für die Veränderung liefert, dann wird das den Veränderungsprozess vereinfachen.

Der Beweis

Der zweite Schritt ist den Beweis zu erbringen und zu zeigen, dass es funktioniert. In der Softwareentwicklung nennen wir das Proof of Concept (PoC). In der agilen Softwareentwicklung wird „Hypothesen getrieben“ gearbeitet. Es wird eine Vermutung aufgestellt, wie: „Wenn wir den Button rot machen, dann werden mehr User draufklicken.“ 

Danach gibt es eine Implementierung und in einem A/B-Test ausprobiert. Für die Durchführung eines A/B-Testings könnt Ihr auch Tools wie Kameleoon einsetzen. Wird die Hypothese bewiesen, dann wird die Änderung auch für alle Nutzer ausgerollt.

Bei größeren Hypothesen wird häufig sogar erst ein Prototyp gebaut, der noch nicht alle Funktionen hat. So kann mit wenig Aufwand die Arbeitshypothese bestätigt oder widerlegt werden. Als Buch empfehle ich dafür „Lean Startup“ von Eric Ries.

Auch im Marketing kann der Kunde mit einem kleinen Budget schon unterschiedliche Strategien testen und erleben, wie wirksam die neue Strategie funktioniert. Das holt selbst die größten Skeptiker ab und überzeugt sie von Eurem Vorgehen.

Mit welchen Erfolgsfaktoren kann die digitale Transformation überprüft werden?

Wenn Ihr ein klares Ziel definiert habt, dann braucht Ihr auch ein Erfolgskriterium, um feststellen zu können, wann Ihr erfolgreich seid. Die Messwerte sind in jedem Unternehmen individuell und müssen auf das Ziel ausgerichtet sein. Zur Inspiration gebe ich Euch drei Beispiele mit:

Kundenbindung

Umso wichtiger ist eine starke Kundenbindung. Amazon ist eines der besten Beispiele dafür. Ich persönlich muss nicht mehr darüber nachdenken, ob ich etwas bei Amazon kaufe. Ich vertraue dem Unternehmen und ich weiß, wenn etwas nicht passt, dann findet sich eine Lösung. Das sorgt sogar dafür, dass ich manchmal lieber etwas mehr Geld ausgebe, als es bei einem anderen Shop zu kaufen. 

Die Kundenerwartung ist entsprechend auch bei Euch sehr hoch. Doch wenn Ihr diese erfüllt, dann könnt Ihr Euch über einen Stammkunden freuen. 

Messbar wird die Kundenbindung durch den Customer Lifetime Value. Diesen als Metrik zu nutzen, ist für jede Unternehmensart empfehlenswert und kann mit einem guten CRM-System analysiert werden.

Operative Exzellenz

Wer Prozesse und moderne Software sinnvoll miteinander verknüpft, profitiert von einem reibungslosen und schnellen Ablauf seiner operativen Prozesse. Eine Messgröße, die man dabei heranziehen kann, ist die Durchlaufzeit bei einem Prozess. Wenn ein Prozess vorher 4h gedauert und sich die Durchlaufzeit auf 1h verbessert hat, sind 3h für neue Tätigkeiten oder für die Skalierung frei geworden.

Gehen wir beispielsweise davon aus, dass das Aufsetzen und Managen von Ads im Facebook Werbemanager regelmäßige Tasks sind, die eine:n Mitarbeiter:in 4 Stunden am Tag kosten. Durch den Einsatz eines Tools wie AdRoll, könnt Ihr das wiederholende Anlegen der Ads vereinfachen und Ihr spart Euch dadurch 3 Stunden. 

Es ist immer spannend, mal aufzuschreiben, womit Ihr tagtäglich Eure Zeit verbringt. Wo gibt es beispielsweise Potenzial, etwas zu automatisieren oder etwas auszulagern? 

Geschwindigkeit

Die Geschwindigkeit ist in der heutigen agilen und schnelllebigen Welt eine der wichtigsten Kennzahlen. In der Softwareentwicklung wir als KPI häufig die „Time to Market“ genutzt. Also wie lange ein neues Produkt oder eine neue Funktion benötigt, um von der Idee zur Bereitstellung an den Kunden zu kommen. 

Hohe Geschwindigkeit bei gleichbleibender oder sogar besserer Qualität ist ein genialer Fokus. Denn zum einen freuen sich die Kunden darüber, dass Anforderungen schnell umgesetzt werden, was natürlich den Wert des Produktes steigert. 

Zum anderen werden durch Neuerungen auch neue Kunden angezogen, was dann wieder zu mehr Umsatz führt. 

Dafür braucht es jedoch schlanke Prozesse, passende Tools und starke Teams, die sich vertrauen und gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten.

Fazit zur digitalen Transformation

Technologie ist nie das Problem. Alles, was wir uns unternehmerisch vorstellen können, ist lösbar. Das ist Fluch und Segen zugleich. Denn durch die große Auswahl an Tools kann die digitale Transformation kompliziert erscheinen. 

Einer der Erfolgsfaktoren sind die richtigen Fragen. Dadurch bringt Ihr den Fokus auf Euch und Euer Unternehmen und könnt so an den richtigen Stellschrauben drehen. Jede Transformation ist eine Veränderung und wir Menschen sind am Anfang eines Veränderungsprozesses zunächst skeptisch.

Durch die richtige Herangehensweise wird es Euch möglich sein, die richtige Veränderung im Unternehmen zu treiben, um das Beste für Euch und Eure Kunden herauszuholen. Und natürlich muss es nicht immer das neueste, innovativste und digitale Geschäftsmodell sein. Bestehendes Geschäftsprozesse zu optimieren, bringt auch Fortschritt und kann große Auswirkungen haben.

Kevin Welter
Autor*In
Kevin Welter

Kevin Welter ist Unternehmer, studierter Informatiker und ehrenamtlicher Prüfer bei der IHK. Mit seinem Unternehmen HumanITy GmbH begleitet er Kunden wie die EnBW und die Deutsche Bahn bei ihrer Digitalen Transformation. Seine Arbeit beeinflusst Prozesse die täglich von zehntausenden Mitarbeitenden und Kunden genutzt werden. Seine Ziel: Menschlich und wirtschaftlich zukunftsfähige Unternehmen entwickeln, damit Mitarbeitende mit Freude, Sinn und Leichtigkeit maximale Ergebnisse liefern können.

Er verbindet sein tiefes Wissen zu modernsten Cloud-Technologien, Softwareentwicklungsstandards und NLP (Neurolinguistisches Programmieren) mit dem Ziel, Digitalisierung für den Mittelstand einfach und leicht nutzbar zu machen.

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