Was ist UX-Writing?

Wir zeigen euch, warum UX-Writer einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg von digitalen Produkten leisten – und worauf es bei UX-Writing ankommt.

Die Disziplin UX-Writing wird gern missverstanden, verwechselt oder nicht ganz richtig begriffen. Ein UX-Writer schreibt Texte für digitale Produkte, doch das macht ein Copywriter und auch ein Content Designer ebenfalls. Dennoch ist UX-Writing eine komplett andere Disziplin, die sehr wichtig für ein Qualitätskriterium von digitalen Produkten ist: Die User-Experience, englisch abgekürzt als „UX“. 

UX-Writer schreiben aber im Gegensatz zu Copywritern keine Marketing- oder Werbetexte. Sie füllen auch nicht, wie ein Content Designer, Blogs mit Inhalten oder planen, wie ein Content Stratege im Contentmangement, den möglichst wirkungsvollen Einsatz dieser Inhalte, um Unternehmensziele zu erreichen. 

Sie schreiben, aber schreiben anders: UX-Writer sorgen mit ihrer Arbeit, mit ihren Texten dafür, dass Nutzer*innen ein digitales Produkt lange gebrauchen – und mögen. Sie gestalten ein digitales Produkt so maßgeblich wie ein UX-Designer und sind, wie er, ein Teil des Prototyping-Prozesses. 

Die Missverständnisse sind für uns ein guter Anlass, damit aufzuräumen.

1. Was ist UX-Writing genau?

UX-Writing (auch: User Experience Writing) beschreibt das Erstellen von Texten, die in digitalen Produkten, wie Software und Apps, erscheinen. UX-Writing hilft den Nutzer*innen, die Software zu verstehen, wie sie mit dem User Interface, also der Benutzeroberfläche, interagieren können. UX-Writing gestaltet die Texte in Desktop- und mobilen Anwendungen, Spielen und multimodalen Erlebnissen, inklusive Sprachinteraktionen, wie zum Beispiel den Dialog mit Sprachassistenten wie Alexa, Google Assistant. Diese können auch Geräte wie Fernseher oder Musik und Navigation beim Autofahren steuern. 

Das Hauptziel des UX-Writings ist es, den Nutzer*innen beim Erledigen seiner/ihrer Absichten und Aufgaben zu unterstützen. Jeder, der eine App oder Website besucht, möchte etwas erledigen: Musik abspielen, etwas in den Warenkorb legen und bestellen, sich anmelden, etwas suchen… UX-Writer sind Interaktionsdesigner, arbeiten aber nicht mit grafischen Elementen wie Schaltflächen oder Menüs, sondern mit Wörtern. 

Die im Intro erwähnte Verwirrung wird nicht durch den Umstand verbessert, dass UX-Writer auch gerne etwas unterschiedlich betitelt werden: Manchmal ist mit Product Writers, Digital Copywriters oder UX Content Strategists eigentlich das Gleiche oder etwas Ähnliches gemeint. 

2. Warum ist UX-Writing wichtig?

Die Qualität einer Software oder einer Website hängt von vielen Faktoren ab. Etwa, dass sie sich reaktionsfreudig und schnell anfühlt, sowie ohne lange Einarbeitung intuitiv bedienbar ist, wie schnell das unsichtbare Backend im Hintergrund, also die Server, die Internetverbindung und die Programmierung arbeiten. Alle Faktoren spielen zusammen und ergeben aus Nutzer*innen-Sicht einen Gesamteindruck, die User Experience oder zu deutsch das Nutzererlebnis. 

Dabei stehen die Elemente in einem Spannungsverhältnis: Eine großartige Optik bringt den Nutzer*innen wenig, wenn sich die Applikation störrisch anfühlt. Eine schnelle Performance kann durch ein verwirrendes Interface wenig glänzen. UX-Writing bestimmt in großen Teilen die Qualität einer Software. Immer mehr Unternehmen erkennen den Wert dieser Disziplin. Mit gutem UX-Writing steht und fällt der Eindruck einer Software – obwohl es dabei, sehr einfach ausgedrückt, nur um die Beschriftung von Bedienelementen wie Schaltflächen oder die kurzen Texte in einer App geht. 

Aber stell dir kurz vor, deine Lieblings-Website oder App würde ohne Worte kommen. Vielleicht ist dir folgendes schon einmal passiert: Aus Versehen hast du dein Smartphone, deine Spielkonsole oder ein anderes Gerät auf eine exotische Sprache wie Finnisch oder gar Chinesisch umgestellt. Allein dann zu versuchen, wieder zurück zum Sprachmenü zu gelangen, um die Sprache wieder auf Deutsch oder Englisch umzustellen, ist mindestens abenteuerlich, hin zu frustrierend oder unmöglich. In nicht wenigen Fällen hilft nur noch der Hardware-Reset, um wieder im Sprachmenü starten zu können. 

Ihr seht, wie wichtig UX-Writing ist. Es ist dein Navi, dass euch auf der Reise zum Ziel leitet und diese Reise heißt User Journey. Diesen Begriff habt ihr bestimmt ebenfalls schon gehört: Er beschreibt den Weg der User*innen, etwa vom Interesse bis zum Kauf in einem Online-Shop oder allgemein von der Absicht bis zur Erledigung in einer App. Das Navi kommuniziert auf der ganzen Reise, sagt euch zum Beispiel wie und wann ihr abbiegen müsst und wann ihr euer Ziel erreicht habt.

3. Wie arbeiten UX-Writer?

Beim UX-Writing geht es darum, die Nutzer*innen, wie schon erwähnt, zum Ziel zu führen, deswegen ist Klarheit und Prägnanz gefragt. UX-Writer erstellen einfache und verständliche Texte und Benutzeroberflächentexte für Produkte und Webanwendungen.

UX-Writing ist wichtig, weil es Konversationen herstellt – und zwar zwischen den Benutzer*innen und dem digitalen Produkt. Ohne diese Verbindung kann er oder sie sich verirren und dein Produkt zugunsten eines Mitbewerbers, der ihm helfen kann, verlassen. UX-Writer verhindern schlechte Benutzererfahrungen durch Anleitung, Informationen und Fehlerbehebungsmeldungen. Ihre Texte geben oft Hilfestellung. 

UX-Writing ist aber auch ganz klar das Ergebnis von Teamarbeit. UX-Writing entsteht in Zusammenarbeit mit 

  • Produktdesign

  • Produktmanagement

  • Front-End Entwicklern 

  • UX-Research

UX-Writing erstellt End-to-End Benutzererlebnisse, das bedeutet, die Texte begleiten die Nutzer*innen auf ihrer kompletten Benutzererfahrung mit der Applikation, Website oder Software.

Wichtige, vielleicht wichtigste, Voraussetzung für gutes UX-Writing ist die Kenntnis der Zielgruppe. UX-Writer schreiben für sehr unterschiedliche Zielgruppen:

  • allgemeinen, normale Verbraucher*innen

  • Spezialist*innen wie Entwickler, Ingenieure oder Mediziner. 

Mit diesen Tools könnt ihr eure UX-Maßnahmen/Conversionoptimierungen tracken und analysieren:


4. Mit UX-Writing durchstarten

Die wichtigsten Voraussetzungen sind für Euch Wissensgrundlagen im Projekt- und Produktmanagement sowie Talent und Interesse am Schreiben. Hilfreich sind auch Erfahrungen im User Interface Design, wie Softwareentwicklung oder Webdesign. 

UX-Writing ist eine sehr anspruchsvolle, umfassende Disziplin, die viel Erfahrung und Know-How benötigt. Es gibt im Web gute Angebote für UX-Writing Kurse zum Beispiel auf Lernportalen wie Udemy – oder auch Vor-Ort Kurse wie von Haufe Academy.

Tauscht Euch in Netzwerken für UX-Writer aus – oder folgt in allgemeinen Business-Netzwerken, wie LinkedIn, dem Hashtag #uxwriting. Ansonsten gilt wie in allen Schreibdisziplinen: Anfangen ist wichtig, noch wichtiger ist aber tägliche Übung. Die Erfahrung macht Euch dann zu einem guten UX-Writer. 

Wichtig sind für den Anfang einige Begriffsklärungen: 

  • UX (User Experience) beschreibt die das gesamte Nutzererlebnis. UX beschreibt das Erlebnis der Benutzer*innen mit der Software

  • UI (User Interface) beschreibt die Benutzeroberfläche

UX-Writer schreiben Texte für die Benutzeroberfläche (UI) und alle anderen Texte, die erforderlich sind, um die Benutzer*innen bei der Interaktion mit einem Produkt oder bei der Erfahrung damit zu unterstützen. Sie gestalten so die gesamte User Experience (UX). 

UX-Writing ist eine Design-Disziplin für User-Experience. Ihr schreibt den Text, der auf einer Benutzeroberfläche (UI) zu sehen oder zu hören ist. Eine Benutzeroberfläche ist die Schnittstelle zwischen der Person (Benutzer*in) und dem Computer. Beide arbeiten zusammen, um eine Absicht (User Intent) zu erreichen, etwas zu erledigen.

Die Benutzeroberfläche wird wesentlich von den Endgeräten, also zum Beispiel der Bildschirmgröße, beeinflusst. Der Platz für die Benutzeroberfläche auf einem kleinen Smartphone-Bildschirm unterscheidet sich wesentlich von einem Smart TV. Trotzdem gibt es Apps wie YouTube, die auf allen Geräten laufen und trotz der unterschiedlichen Größe möglichst einheitlich bedienbar sein sollen. 

Dann werden die Benutzeroberflächen mit unterschiedlichen Eingabegeräten bedient. Auf dem Smartphone auf den Bildschirm tippen bedeutet Klicken auf dem Laptop. Zudem gibt es unterschiedliche Schaltflächen, Scroll-Listen oder Auswahlmenüs. Und Apps wie YouTube bieten an manchen Stellen Spracheingabe an, wie  bei der Suche. 

Noch eine weitere Schwierigkeit ist es, dass Nutzer*innen heute gern von einem Gerät zum anderen wechseln und trotzdem eine nahtlose User Experience erwarten. Sie starten zum Beispiel eine Bestellung in einem Online-Shop am Smartphone und schließen den Checkout am Laptop ab. 

5. Die wichtigsten Qualitäten von gutem UX-Writing

Für ein nahtloses Erlebnis ist beim UX Writing die richtige Wahl der Wörter wichtig: Sie muss einheitlich sein, zum Beispiel sollte der „Warenkorb“ auf dem Smartphone genauso als „Warenkorb“ auf dem Laptop oder Desktop-Computer bezeichnet sein – gleichzeitig müssen die Wörter sich auf das Endgerät beziehen, also „klicken“ auf dem Desktop und „tippen“ auf dem Smartphone.

Das Verrückte ist: Gutes UX-Writing ist praktisch unsichtbar für die Nutzer*innen, weil sich damit die Bedienung intuitiv und natürlich anfühlt. Schlechtes UX-Writing hingegen ist nicht nur auffällig, sondern schmerzhaft. In den Anfängen der Softwareentwicklung erledigten Grafikdesigner oder Developer das UX-Writing meist selbst. Beide sind von Natur aus nicht unbedingt Texter und eher Experten für Grafik oder Programmierung. Folge: Die Benutzer*innen waren frustriert und der Erfolg von ganzen Produkten blieb aus. 

Damit kommt eine der wichtigsten Qualitäten von UX-Writing deutlich hervor: Der Empathie. UX-Writer müssen wissen, wie die Zielgruppe denkt, was sie sich wünscht und in welcher Tonalität sie spricht. Gamer sprechen anders als Mediziner und die wieder anders als allgemeine Online-Shopper. UX-Writer müssen nicht nur die richtige Tonalität treffen, sie müssen verstehen, was sich die Benutzer*innen im richtigen Moment wünschen. Diese Bedürfnisse müssen sie in klaren, präzisen und sehr kurzen, damit schnell erfassbaren, Texten beantworten. Dabei ist die Herausforderung stets hoch: User*innen sind ungeduldig und fühlen sich schnell von zu langen oder unpräzisen Texten gestört, verwirrt oder unverstanden. 

6. Warum legen große Brands so großen Wert auf UX-Writing?

Alles, was Aufgaben erschwert oder User behindert, kann Frustration erzeugen und fatale Folgen haben:

  • User*innen nutzen lieber die App (oder die damit verbundene Hardware wie, Smartphones, Smart-TVs oder Sprachassistenten der Konkurrenz)

  • User*innen brechen eine Aufgabe ab, wie zum Beispiel einen Bestellvorgang, lassen den gefüllten Warenkorb stehen – und bestellen beim Wettbewerber

  • User*innen verlieren das Vertrauen in einen Anbieter und eine Marke, wegen der schlechten Erfahrung

UX-Writing ist also eine extrem wichtige Disziplin. Eine Basis des Werts und des Erfolgs von Apple-Geräten ist ihre intuitive Bedienung. UX-Writing spielt dabei eine enorm wichtige Rolle. Apple hat dies früh verstanden und legte von Anfang bis heute mit seinen Human Design Guidelines eine Basis und klare Richtlinien, wie Software für Apple auszusehen und zu funktionieren hat. 

Screenshot der Human Design Guidelines von Google

Screenshot der Human Design Guideline von Apple

Auf seiner Entwicklerkonferenz WWDC (World Wide Developers Converence) gab es eine Session zum Thema „Writing for Interfaces“, indem zwei Apple UX-Writer*innen betonen, wie wichtig ihre Arbeit bei Apple ist – und wahrgenommen wird. 

Apple hat die enorme Bedeutung von UX-Writing schon früher als andere Marken verstanden. Etwa für das perfekte Zusammenspiel zwischen Soft- und Hardware, die zusammen ein Nutzererlebnis ergeben. Und das nahtlose Zusammenspiel von Mac, iPhone, iPad und Apple Watch – für die gleichen Mechanismen in Apps eine essenzielle Bedeutung haben. Nicht umsonst ist heute Apple eine der wertvollsten Marken weltweit und die Wettbewerber versuchen diesen Erfolg zu kopieren. Daher ist der Bedarf für gute UX Writer hoch und wird mit noch mehr digitalen Produkten wie Websites, Apps und Cloud-Applikationen in Zukunft stark wachsen. 

7. 5 Tipps fürs UX Writing

Mit einigen Tipps startet ihr erfolgreich ins UX-Writing – oder verbessert es:

1. Klar und kurz: UX Texte müssen schnell funktionieren, niemand hat Zeit lange zu lesen. Fasst Euch kurz. Achtet auf einwandfreie, richtige Sprache, die klare Anweisungen gibt. 

2. Aktiv: Holt die Leser mit aktiven Aussagen ab. Passiv werden sie schlechter abgeholt – wie in diesem Satz. 

3. Interaktiv: UX Copy ist ein Dialog zwischen Nutzer*innen und Software. Gib klare Anweisungen was die Nutzer*innen als nächstes machen sollen. Beantworte eventuelle Fragen schon vor dem nächsten Schritt.

4. Kollaborativ: UX Writing ist wie schon erwähnt Teamwork. Stimmt eure Texte eng mit dem Design von Soft- und Hardware – und den Teams dazu, ab. 

5. Scann-bar: An Bildschirmen wollen wir eigentlich nicht lesen. Nutzt deshalb kurze Absätze, Zwischenüberschriften, Bulletpoints für Auflistungen. Das gibt Struktur, beschleunigt die Lesbarkeit und schafft Orientierung.

Stefan von Gagern
Autor*In
Stefan von Gagern

Stefan von Gagern arbeitet in Hamburg als Freelance-Content-Strategist. Er unterstützt B2B/B2C-Kund:innen wie Adobe, Amazon, Google oder Sage mit Content rund um Digitalisierung, Daten und Customer Experience. Das Credo des Tech-Journalisten: Content ist der wichtigste Motor für digitales Business.

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