Customer First: Was heißt das eigentlich wirklich?
In diesem Artikel erfährst du, warum Customer First mehr als ein Schlagwort ist und welche Alternativen es gibt
- Stehen Kund*innen oder Profit an erster Stelle?
- Was zeichnet eine Customer-First-Strategie aus?
- Welche weiteren Strategien werden von Unternehmen verfolgt?
- Warum ein Kund*innenfokus wichtig ist
- Welche Werte und Überzeugungen stecken hinter der Customer-First-Strategie?
- Welche Herausforderungen stellen sich bei den Strategien?
- Erste Schritte für die Implementierung eines Kund*innenorientierten Unternehmens
- Wichtigste FAQs:
Das Wichtigste in Kürze
- „Kund*innen haben immer Recht“ kann zu unprofitablen Entscheidungen führen, wenn es unreflektiert umgesetzt wird.
- Kund*innenfokus ist essenziell, da soziale Medien Unternehmensreputationen stark beeinflussen können.
- Strategien wie Customer First, Customer Centricity und Product Centricity basieren auf unterschiedlichen Unternehmenswerten.
- Technische Infrastruktur, Ressourcenbindung und innovative Produkte sind entscheidende Herausforderungen bei der Strategieumsetzung.
- Erste Schritte umfassen Feedback sammeln, Kommunikation stärken und Mehrwert für Kund*innen schaffen.
Aussagen wie „Kund*in ist König*in“ oder „Kund*innen haben immer Recht“ prägen den Unternehmensalltag in Deutschland. Doch führt eine Strategie, die allen Kund*innen immer Recht gibt, wirklich zum Erfolg? Denn in einem Extremfall bewirkte der Ansatz, dass eine Kette für Mode und Haushaltsgegenstände Autoreifen zurücknahm, die sie nie verkaufte, nur um jeden Preis eine positive Interaktion mit dem Kunden zu erreichen.
Stehen Kund*innen oder Profit an erster Stelle?
Überlege dir zunächst, ob du deine Ziele in der Problemlösung oder Profitmaximierung siehst. Stört es dich, wenn du durch das Geschäft laufen musst, um zur Kasse zu gelangen? Oder wenn du umständlich um Rolltreppen herumgehen musst, um ins nächste Stockwerk zu fahren? Ärgerst du dich, wenn du bei Kündigung eines Abos erstmal eine Brieftaube schicken musst? Und wie empfindest du es, wenn günstige Produkte nur schwer erreichbar sind, während die teureren genau auf Augenhöhe im Regal liegen?
Wenn dich diese Punkte stören, bist du eher daran interessiert, wie sich die Interaktion mit einem Unternehmen anfühlt, anstatt eine Profitabilität um jeden Preis. Profitabilität und Kund*innenfokus schließen sich nicht aus, denn insolvent kann kein Unternehmen die Herausforderungen von Kund*innen lösen oder ihre Wünsche erfüllen. Die Frage ist nur, welche Werte deine Unternehmensentscheidungen maßgeblich beeinflussen.
Ob dein Unternehmen nach einer Customer First, Customer Centricity oder Product Centricity Philosophie handelt, hängt davon ab, wie du Kund*innen in Prozesse, die Produktwelt und Entscheidungen einbindest.
Was zeichnet eine Customer-First-Strategie aus?
Customer First rückt positive Interaktion mit Kund*innen in den Vordergrund. Du wächst wie ein Efeu um die Wünsche, Wohlbefinden und Herausforderungen deiner Kund*innen und versuchst, die Interaktionen so positiv wie möglich zu gestalten. Ihre Bedürfnisse fließen in deine Unternehmensentscheidungen ein. Unter Umständen wird ihr Feedback sogar genutzt, um Produkte weiterzuentwickeln.
Die Relevanz einzelner Kund*innen für ein Unternehmen lässt sich an diversen Berührungspunkten messen: Wie einfach ist es, die richtigen Ansprechpartner:innen zu erreichen? Lösen sie deine individuellen Herausforderungen, auch wenn sie einen zusätzlichen Ressourcenaufwand mit sich bringen?
Die Arbeit mit Customer-First-Ansatz ist darauf ausgelegt, Kund*innen vor, während und nach einem Kauf das Gefühl zu vermitteln, wichtig für das Unternehmen zu sein. Besonders in Zeiten der sozialen Medien, in welchen Bewertungen und Erfahrungsberichte weite Kreise ziehen, kann die Strategie über Erfolg und Misserfolg entscheiden.
Welche weiteren Strategien werden von Unternehmen verfolgt?
Im Vergleich dazu verfolgt Customer Centricity einen datengetriebenen Ansatz und die Verteilung der Ressourcen auf die richtigen Kund*innen. Als Unternehmen, die diesen Ansatz vorbildlich leben, werden Amazon und Netflix genannt. Hier geht es darum, die richtigen Kund*innen zu identifizieren und deren Bedürfnisse und Wünsche zu analysieren, um Unternehmensentscheidungen proaktiv nach diesen auszurichten. Mithilfe von CRM-Tools (Customer-Relationship-Management) sammeln Unternehmen wertvolle Daten, die sie nutzen, um Kund*innen zu verstehen. Customer Centricity misst sich weniger an der Freundlichkeit als daran, die richtigen Kund*innen zu identifizieren, einen Großteil der Ressourcen für diese aufzuwenden und Profitabilität durch gezielte Bindung der wichtigsten Zielgruppen zu erreichen.
Product Centricity hingegen stellt die Produkte selbst in den Mittelpunkt. Ihnen geht es eher darum, was ein Unternehmen verkauft, statt wie verkauft. Unternehmen wie Apple zeigen, wie eine starke Produktwelt Kund*innen begeistern kann. Hier steht die Innovation im Vordergrund: Statt sich Kund*innen wünschen anzupassen, setzt man auf ein starkes und wachsendes Produktportfolio. Diese Unternehmen wachsen durch Produktion neuer Versionen oder der Erschließung neuer Märkte. Der Ablauf ist Produktentwicklung, Marketing, Verkauf und Neustart mit Version 2.0.
Die Wahl der richtigen Strategie hängt stark davon ab, welche Werte und Überzeugungen dein Unternehmen vertritt. Customer First eignet sich für Unternehmen, die das Einkaufserlebnis und die Kundenzufriedenheit bei jeder Interaktion priorisieren. Customer Centricity eignet sich für Unternehmen, die datengetrieben und die Mehrwertmaximierung einer ausgewählten Zielgruppe anstreben, während Product Centricity für Unternehmen relevant ist, die sich durch Innovation und Markenstärke differenzieren möchten.
Warum ein Kund*innenfokus wichtig ist
Arbeitest du an einem Blue-Ocean-Modell, dann müssen Stakeholder dich und deine Mission unterstützen, noch während du ein Produkt entwickelst. Mit einem Red-Ocean-Modell hingegen musst du zwischen vielen Dienstleistungen und Produkten herausstechen. Beide Modelle erfordern also, dass du deine Kund*innen beachtest. Ist dein Unternehmen noch nicht etabliert, braucht es Feedback, um das Produkt zu entwickeln oder mit ihren Empfehlungen zu wachsen.
Ein Aufruf auf Online-Plattformen kann einen Ruf innerhalb weniger Sekunden zerstören. Kund*innen erlangen hier ein Sprachrohr, um ihre Erfahrungen mit dir der Welt zugänglich zu machen, während sich Erfahrungsberichte vorher auf Mund-zu-Mund oder Pressebeiträge beschränkten.
Welche Werte und Überzeugungen stecken hinter der Customer-First-Strategie?
Der Mensch ist hier keine Nummer oder Umsatzfaktor, sondern ein Begleiter, Unterstützer und Mitglied von dir oder deiner Marke. Statt Umsatz steht im Vordergrund, wie sich der Kauf und die Nutzung des Produkts oder der Dienstleistung anfühlen, echten Mehrwert bietet oder den Alltag leichter macht, indem ein Problem gelöst wird.
Die Arbeit im Kapitalismus wurde von den Interessen weniger Produzenten geprägt, die Gewinnmaximierung durch Ausnutzung der Arbeiter*innenschicht erreicht. In einer Welt, in der Produkte und Dienstleistungen durch Globalisierung und Technologisierung immer freier zugänglich werden, reicht das reine Anbieten und Verkaufen nicht mehr und wird zunehmend durch Beziehung und Interaktion mit Kund*innen bestimmt.
Zufriedene und überzeugte Kund*innen nutzen dein Angebot länger, empfehlen Interessent*innen, sprechen positiv über dein Unternehmen und testen andere deiner Angebote. Das senkt deine Akquisitionen- und Marketingkosten und verhindert auch, dass potenzielle Kund*innen aufgrund schlechter Bewertungen von einem Kauf absehen.
Welche Herausforderungen stellen sich bei den Strategien?
Herausforderungen gibt es bei jeder Strategie: Kund*innenfreundlichkeit kann Ressourcen binden, da unterschiedliche Abteilungen des Unternehmens mit Kund*innen interagieren und unter Umständen eine Extrameile gehen, während datengetriebene Ansätze eine starke technische Infrastruktur erfordern. Bei Product Centricity besteht die Gefahr, dass Kund*innen wie eine Nummer im System fühlen.
Nutze CRM-Tools wie Hubspot als Datenbank für Notizen, Feedback und Interaktionen. Oder Kollaborationsplattformen wie Notion und Slack, um eigene Systeme zu bauen, die Feedback strukturiert sammeln und Einflüsse von Kund*innen abbilden. Um Muster zu erkennen und Daten besser auszuwerten, eignet sich ab einer bestimmten Datenmenge die Unterstützung durch KI. Neben etablierten Zahlen solltest du Empfehlungsraten, Rezensionen und Churn-Rates (Verlustrate) einbeziehen.
Egal, ob du auf Customer First, Customer Centricity oder Product Centricity setzt – Kund:innen, die sich gesehen fühlen und Produkte lieben, zahlen dies mit Loyalität und Begeisterung zurück und werden sogar dein Sprachrohr auf den sozialen Medien oder tauschen sich mit ihrer Peer-Group aus.
Erste Schritte für die Implementierung eines Kund*innenorientierten Unternehmens
Wenn du deine Kund*innen stärker in den Fokus rücken möchtest, gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte.
1. Nutze jedes Gespräch, um dir Notizen zu machen, stelle viele Fragen und etabliere ein System um Feedback zu sammeln und regelmäßig auszuwerten. Das Gespräch solltest du außerdem suchen, wenn du bereits mit unzufriedenen Kund*innen gearbeitet hast. Eventuell kannst du etwas anbieten, um die negativen Erfahrungen auszugleichen. Was erwartest du von unserer Zusammenarbeit? Was müsste geschehen, damit du 10/10 zufrieden bist? Wie zufrieden bist du aktuell mit dem Produkt oder Dienstleistung?
2. Löst dein Produkt oder Dienstleistung ein Problem und würdest du es selbst nutzen oder geht es dir um die Maximierung von Profit? Kannst du ein Problem lösen oder solltest du Kund*innen an andere Expert*innen weiterempfehlen? Wissen Kund*innen, wie sie Mehrwert aus der Zusammenarbeit nutzen können?
3. Sammle positive Berührungspunkte mit deinen Kund*innen und sei aufmerksam und aktiv in der Problemlösung. Überall, wo Kontakt zu Menschen besteht, kannst du dich auf deine Kommunikationsfähigkeiten verlassen. Frage dich also, was dir wichtig wäre.
Wichtigste FAQs:
Warum ist der Ansatz „Kund*innen haben immer Recht“ nicht für jedes Unternehmen geeignet?
Weil es in Extremfällen zu unprofitablen Entscheidungen führt, wie etwa der Rücknahme von Produkten, die nie verkauft wurden.
Warum ist Kund*innenfokus in der heutigen Zeit besonders wichtig?
In Zeiten von Social Media können schlechte Erfahrungen sofort öffentlich geteilt werden, was den Ruf eines Unternehmens schnell schädigen kann aber auch weil Dienstleistungen weltweit verfügbar sind und Beziehungen stärker in den Fokus rutschen.
Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung kund*innenorientierter Strategien?
Die Bindung von Ressourcen, Ausbildungen der Abteilungen, die mit Kund*innen interagieren. Technische Anforderungen
Welche ersten Schritte helfen bei der Implementierung einer kund*innenorientierten Strategie?
Feedback sammeln, Mehrwert ausrichten und positive Interaktionen fördern sind entscheidende erste Maßnahmen.
Wie kombiniert man Kundenzentrierung mit Profitabilität?
Kundenzentrierung und Profitabilität schließen sich nicht aus, denn es geht vielmehr darum, die meisten Ressourcen für die wichtigsten Kund*innen zu allokieren und aus dieser Zusammenarbeit stärker hervorzugehen.