„Unternehmen müssen sich anpassen“: Was Franziska Kienzler von Workwise über das Recruiting von heute und morgen denkt

Franziska Kienzler, Head of People bei Workwise, im Interview über die Entwicklung der HR-Branche

Köln, Buenos Aires, Maastricht – Franziska Kienzler hat einige Orte gesehen, bevor es sie 2018 nach Karlsruhe zu Workwise verschlug. Dort verantwortet die studierte Sozialwissenschaftlerin und Psychologin den People-Bereich des Anbieters für Recruiting-Lösungen. Mit ihrem Team behält sie den Überblick über mehr als 200 Mitarbeitende, die mit Workwise Jobsuchende und Arbeitgebende auf Augenhöhe zusammenbringen. Dafür unterstützt die Plattform beispielsweise bei der Erstellung von Stellenanzeigen, bei der Auswahl passender Jobbörsen sowie beim gesamten Bewerbermanagement. Und weil Franziska als HRlerin besonders nah an diesen Themen ist, haben wir sie für ein Interview getroffen. Denn wir wollten genauer wissen, wie es mittlerweile in der HR-Welt aussieht, was sie eigentlich an der SaaS-Branche fasziniert und natürlich auch, wohin die Reise von Workwise gehen soll.

Wie kamst du zu Workwise?

Franziska: Nach meinem Master in den Niederlanden hatte ich genug von Regen und grauem Himmel und dachte mir: ‚Nun muss ich mir sowieso alles neu überlegen und organisieren. Da kann ich mir das auch direkt dort aufbauen, wo andere sich erst für die Rente hinträumen.‘ – und bin nach Barcelona gezogen. Eher durch einen Zufall bin ich dank meines Psychologie-Hintergrunds in einer Recruitment-Agentur gelandet und habe für Marken wie Airbnb, Dyson und Google recruitet. Um auch noch Einblicke in weitere Human-Resources-Bereiche zu bekommen, bin ich nach einem Jahr in die Personalentwicklungsabteilung einer größeren Personalvermittlung gewechselt.

Nach zwei Jahren in Barcelona habe ich mich nach einem ruhigeren Wohnort, wieder näher an alten Freund*innen und meiner Familie, gesehnt und in Karlsruhe und Freiburg nach Jobs gesucht. Bei Workwise, damals noch Campusjäger, war 2018 gerade eine Rolle im HR Management zu vergeben – wie gemacht dafür, meine Kenntnisse im HR zu erweitern und auf viel grüner Wiese etwas aufzubauen.

Was fasziniert dich am aktuellen Wandel der Arbeitswelt?

Franziska: Bei aller Anstrengung, die das mit sich bringt: Ich finde es total interessant und erfreulich, wie sich Unternehmen an die Bedürfnisse ihrer (potenziellen) Mitarbeitenden anpassen müssen, um weiterhin Zugang zu ausreichend Arbeitskräften zu haben. Sie müssen kreative, für die Menschen passende Lösungen finden. Das können Angebote wie Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort sein. Aber auch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen wie Sprachkurse, KI-Schulungen, Re-Boardings nach längeren Abwesenheiten und so weiter. Diese Anpassung an die Lebensphasen und -wirklichkeiten von Menschen und die Anreicherung von deren Arbeit mit künstlicher Intelligenz finde ich am spannendsten zu beobachten und mitzugestalten.

Was hat sich seit deinem Start bei Workwise getan?

Franziska: Workwise selbst ist von 40 auf über 200 Teammitglieder gewachsen und hat unglaublich viel ausprobiert – einerseits intern, was Organisationsstrukturen und Prozesse betrifft. Andererseits auch im Hinblick auf unser Angebot an die Unternehmen, für die wir Mitarbeitende gewinnen. Wir haben während Covid und in den letzten Jahren allgemein eine abnehmende Vorhersehbarkeit der wirtschaftlichen Lage miterlebt. Der Personalbedarf von Unternehmen schien davon teils entkoppelt.

Einzelne Berufszweige – auch der Recruiting-Bereich bei Unternehmen –waren teilweise stark von Entlassungen betroffen und bald darauf wieder extrem gefragt. Außerdem hat AI neue Berufsfelder erobert und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde überarbeitet, um bürokratische Hürden für Einstellungen aus dem Ausland zu verringern.

Auch strengen sich Unternehmen immer mehr an, beim Recruiting Hindernisse auf dem Weg zur Bewerbung aus dem Weg zu räumen. Zum Beispiel, indem sie auf Anschreiben verzichten, sich auf innovative Formen der Kandidatenkommunikation wie Chats einlassen oder Talent Pools aufbauen und pflegen, um im Bedarfsfall einen möglichst engen Draht zu passenden Kandidat*innen zu haben. So passen sich sowohl Politik als auch Unternehmen Stück für Stück an die Marktgegebenheiten an.

Die SaaS-Branche gilt ja noch immer als vorwiegend männlich. Merkst du trotzdem einen Shift und auch Veränderungen bei Workwise?

Franziska: Unser Team bei Workwise war, was Geschlechterfragen angeht, schon immer relativ gleichmäßig aufgeteilt. Auch vermeintlich traditionell eher männlich geprägte Bereiche wie Product und Engineering waren nie reine Boys’ Clubs.

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Foto: Franziska Kienzler

Persönlich habe ich hohe Flexibilität erfahren, was die Möglichkeit zur Teilzeit in einer Führungsrolle angeht. Das ist leider weder in der SaaS-Branche noch überhaupt in Deutschland bisher selbstverständlich. Diese Öffnung hinsichtlich Arbeitszeiten bietet Zugang zu viel mehr (potenziellen) Mitarbeitenden und begleitet sie durch verschiedene Lebensphasen oder erlaubt ihnen, Interessen in ihrem Leben Raum zu geben.

Sich da anpassungsfähig zu zeigen, ist etwas, wozu wir auch unseren Kundenunternehmen im Zuge der Personalgewinnung immer wieder raten – auch, um einmal gefundene gute Teammitglieder zu halten. Beispielsweise wird der Wunsch, Care-Arbeit gleichmäßiger zwischen den Geschlechtern aufzuteilen, immer größer. Da ist Arbeitszeitflexibilität ein wichtiger Hebel, um Teammitglieder zu gewinnen und zu halten.

Warum braucht HR Lösungen wie Workwise?

Franziska: Workwise als Recruiting-Service verbindet Unternehmen über zahlreiche Kanäle zur Personalgewinnung nicht nur „technisch“ wirkungsvoll mit den passenden Teammitgliedern. Vielmehr bieten wir auch maßgeschneiderte persönliche Beratung für die Auswahl von Kandidat*innen, für Einstellungsprozesse und die Anpassung von Rollen sowie Angeboten an die Marktsituation.

Wir haben mittlerweile schon neun Jahre Markterfahrung und gleichzeitig unter unseren internen Teammitgliedern immer noch einen relativ niedrigen Altersdurchschnitt. Dementsprechend bewegen wir uns weiterhin sehr dicht an der Zielgruppe vieler Unternehmen. Und die ist es gewohnt, verschiedenste berufliche Optionen zu haben und wünscht sich Bewerbungsprozesse, die mit der User Experience von Spotify oder zeitgemäßen Messenger-Diensten mithalten können. Das macht uns zum idealen Partner für Unternehmen, die auf unkompliziertem Weg und zu einem fairen Preis nachhaltig passende Mitarbeitende finden wollen.

And what’s next? Wohin soll die Reise mit Workwise gehen?

Franziska: Wir sind uns sicher, dass wir noch viele weitere kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland in ihrem Recruiting erfolgreicher machen können. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Phasen ist es wichtig, dass sich Organisationen auf ihre Mitarbeitenden als Basis ihrer Ergebnisse verlassen können. Sonst häufen sich im Zweifelsfall durch lange Besetzungszeiten vermeidbare Opportunitätskosten an und sie verpassen wichtige Chancen. Daher möchten wir unser Wissen, unser technisches Setup und unsere Reichweite zu Talenten nutzen, um diese Unternehmen noch anpassungsfähiger für die Zukunft aufzustellen.

Uns selbst bei Workwise betrifft diese Anpassungsfähigkeit natürlich auch. Bei allem, was wir in den ganzen letzten Jahren erlebt und gelernt haben, warten auch auf uns natürlich immer wieder neue Herausforderungen und Überraschungen. Und das ist ja das Tolle an der People-Arbeit: keine Woche ohne neue Missionen und – mal freiwilliger, mal weniger – Gelegenheiten sich auszuprobieren!

Die Software-Branche wird in vielen Bereichen noch immer von Männern dominiert. Deswegen möchten wir Frauen mit unserem Format „Women in SaaS“ eine Plattform geben und ihnen auch bei OMR Reviews die Sichtbarkeit verschaffen, die ihnen zusteht. Du möchtest außerdem mehr darüber erfahren, was in der HR-Welt los ist? Dann solltest du unbedingt bei unseren Kolleg*innen von OMR Jobs & HR vorbeischauen.

Chantal Seiter
Autor*In
Chantal Seiter

Chantal ist Redakteurin bei OMR Reviews. Wenn sie gerade mal nicht in die Tasten haut, betreibt sie Café Hopping oder erkundet neue Städte. Am liebsten beides zusammen. Vor ihrem Start bei OMR Reviews hat die Eigentlich-Kielerin in Kreativagenturen und als Freelancerin gearbeitet. 2022 hat sie außerdem eine Weiterbildung zur Fashion Stylistin abgeschlossen.

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