Mensch gegen Maschine? So will neuroflash zur Technologie werden, die wir lieben

Chantal Seiter 21.2.2023

Der Mitgründer des KI-Tools neuroflash über den Erfolg von ChatGPT und die Zukunft unserer Jobs

Wer an KI-Tools denkt, hat wahrscheinlich als erstes ChatGPT im Sinn. Dabei ist neuroflash schon im Herbst 2022 mit seinem KI-Textgeneratoren an den Start gegangen – also vor dem Hype um den Konkurrenten von OpenAI. Wir haben mit dem Mitgründer Henrik Roth darüber gesprochen, warum die meisten Menschen neuroflash trotzdem erst seit dem Launch von ChatGPT kennen und was E-Bikes mit unseren Jobs zu tun haben. Ob Henrik außerdem manchmal Respekt vor Künstlicher Intelligenz hat? Das liest du im Interview:

Seit wann gibt es neuroflash?

Henrik Roth: Das ist schon mal eine spannende Frage. Die Gesellschaft gibt’s schon seit 2011, damals war es noch eine UG. Das richtige neuroflash und damit auch die GmbH gibt’s seit 2021.

Wir haben vorher auch schon viele andere Sachen gemacht: Zum Beispiel eine Technologie entwickelt, die vorhersagen kann, was Menschen denken und fühlen, wenn sie Texte lesen. Das war quasi eine Art KI-gestützte Marktforschung. Damit konntest du in das Unterbewusstsein von Konsumenten eintauchen, ohne selbst Menschen fragen zu müssen. Das waren die ersten Beratungsprojekte mit namhaften Marken, an denen wir ab 2020 gearbeitet haben und uns somit auch selbst finanzieren konnten.

 

Hat GPT damals auch schon eine Rolle gespielt?

Henrik Roth: Damals haben wir auch schon Technologien wie GPT-2 oder BERT ausprobiert. Als dann GPT-3 auf den Markt kam, haben wir es direkt in unsere Software integriert. Wir haben dann ein Jahr lang verschiedene kleine Prototypen am Markt getestet. Den Product-Market Fit hatten wir da allerdings noch nicht richtig. Bis wir dann im März 2022 unseren heutigen KI-Texter auf den Markt gebracht haben – seitdem geht es steil bergauf.

Unsere eigene Technologie kommt aber immer noch zum Tragen. Die werden wir jetzt auch wieder mehr und mehr in unsere Software einbauen, um unseren Kunden nicht nur die beste Textqualität zu bieten, sondern ihnen auch dabei zu helfen, Content “on-brand” zu erstellen.

Euch gibt’s also schon länger als ChatGPT.

Henrik Roth: Im März 2022 hatten wir ca. 5.000 User. Im Dezember waren es dann 200.000. Mit dem Hype rund um ChatGPT ging es dann noch steiler bergauf. So konnten wir allein im Januar über 70.000 Nutzer für unsere App begeistern. Das ist so faszinierend für uns: Fast alles, was du seit Dezember mit ChatGPT machen kannst, kannst du bei uns quasi schon seit Oktober 2022 machen. Natürlich sind wir seitdem auch nochmal besser geworden. Aber was bei ChatGPT so gefeiert wird, geht bei uns schon ein paar Monate länger.

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Henrik Roth ist Mitgründer und CMO des Hamburger Start-ups neuroflash. Foto: neuroflash

Warum hören wir dann immer nur von ChatGPT?

Henrik Roth: Das Chat-Interface von ChatGPT hat dazu beigetragen, dass User besser geleitet worden sind und einen leichteren Einstieg in das Tool hatten. Außerdem ist so ein Interface persönlicher und jeder kann damit etwas anfangen. Und OpenAI ist damit wirklich viral gegangen. Nur, weil eine Technologie stark ist und das Produkt gut, muss es andersrum ja noch lange nicht viral gehen.

Außerdem ist ChatGPT kostenlos. Das ist auch schlau von OpenAI, weil ihre Modelle so durch die viele Nutzung weiterlernen können. Aber für den generellen Schreibprozess hilft ChatGPT auch nicht weiter. Es ist vor allem praktisch für Research, weil es schnell Informationen liefert.

Was hat sich mittlerweile für neuroflash geändert?

Henrik Roth: Wir haben schon letztes Jahr viel mit Early Adoptern gesprochen, vor allem mit Start-ups. Die haben sich natürlich schon länger mit KI beschäftigt. Jetzt merken wir, dass auch die ganz großen Firmen das Thema in ihre Organisationen tragen. Wir bekommen jetzt immer mehr Anfragen von größeren Unternehmen. Früher haben wir noch gepitcht.

Und sogar Schulen fragen bei uns an und wollen, dass wir zeigen, was man mit neuroflash machen kann. Davon war ich schon überrascht, weil Schulen ja eher nicht als Early Adopter bekannt sind. Aber die Schüler werden die Tools sowieso nutzen, da muss sich das Prüfungssystem natürlich auch drauf einstellen.

Habt ihr vom ChatGPT-Boom profitiert oder war es vielmehr ein Schreck?

Henrik Roth: Ganz offen und ehrlich: Beides. Das Ganze war ja kurz vor Weihnachten und wir waren fast schon in der Pause, haben dann aber einen riesigen Andrang bei uns gesehen. Und weil wir die Sprachmodelle von OpenAI nutzen, ist unser Supplier im Endeffekt mal eben zum Marktbegleiter geworden. Das ist natürlich eine spannende Dynamik. Aber man sagt ja auch: ‘Konkurrenz belebt das Geschäft.’ Im ersten Moment war da aber auch viel Druck von außen. Da ist es wichtig, agil zu bleiben und sich anzupassen. Aber im Grunde profitieren wir davon.

Wir wollen jetzt einfach auf diesen Grundtechnologien aufbauen und glauben unterm Strich, dass uns diese Entwicklung hilft. Google, Microsoft und Bing ziehen ja auch gerade nach. Der Markt ist also noch ganz am Anfang und das macht es so spannend. Dass es aber so schnell gehen würde, war uns nicht bewusst. Ich habe von ChatGPT wirklich erst was mitbekommen, als feststand, dass es gelauncht wird.

Wird neuroflash meinen Job überflüssig machen?

Henrik Roth: Es gab in den letzten 100 Jahren viele Veränderungen in der Technologie, wie wir Texte schreiben. Das hat dich als Mensch aber nie aus dem Prozess entfernt, sondern bloß deine Rolle verändert. neuroflash ist wie ein E-Bike: Wir sind der Motor, du sitzt auf dem Rad und lenkst, musst aber auch ein bisschen treten. Trotzdem sitzt du im Driver’s Seat und hast dabei ein ganz anderes Lebensgefühl als der Typ auf dem Fahrrad neben dir, der sich ohne Motor einen abstrampelt.

Letztlich wollen wir neuroflash so aufbauen, dass die Technologie von den Menschen geliebt wird. Denn wir glauben ganz stark daran, dass nur Mensch und Maschine zusammen den besten Output liefern. Trotzdem glaube ich aber auch, dass Menschen in den nächsten Jahren einen großen Wettbewerbsnachteil haben werden, wenn sie sich nicht mit KI auseinandersetzen.

Ein Beispiel dazu: Ich habe gerade letztens gesehen, dass ein ganz normales größeres Unternehmen einen Prompt Engineer sucht. Prompts sind die Befehle, die du in Tools wie neuroflash oder ChatGPT eingibst. Wir haben auch Prompt Engineers, aber das ist ja auch klar, dass wir die bei uns brauchen. Jetzt suchen auch Consumer Brands nach Prompt Engineers. Am Ende hast du mit Prompts nämlich auch einen großen Einfluss darauf, wie gut die Ergebnisse werden, die ein KI-Tool dir generiert. Wie solche Prompts funktionieren, ist für viele Menschen aber noch schwer zu verstehen.

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Bei neuroflash arbeiten echte Menschen an Künstlicher Intelligenz. Unsere Jobs werden sich sicherlich verändern, Sorgen machen müssen wir uns laut Mitgründer Henrik Roth aber nicht. Foto: neuroflash

Hast du manchmal Respekt vor dieser Entwicklung?

Henrik Roth: Die GPT-Technologie kann ja zum Beispiel auch programmieren. Stell dir mal vor, Microsoft verbindet GPT mit der Entwicklerplattform GitHub, die ihnen ja seit einigen Jahren gehört. Die Entwickler könnten dadurch viel schneller und effizienter arbeiten. Davor habe ich keinen Respekt, sondern denke eher ‘Wow’. Das ist eine Chance für uns, uns auf wichtige Dinge zu konzentrieren, mehr Zeit zu haben, in der wir zum Beispiel nicht arbeiten müssen. Aber vielleicht ist das auch eine etwas naive Sicht. Trotzdem gibt es so viele Bereiche, die eine KI gar nicht abdecken kann. Wenn du als Redakteurin zum Beispiel dieses Interview mit mir führst, hantierst du ja vor allem mit neuen Informationen und wendest deine menschliche Intelligenz an.

Und what’s next? Wohin wollt ihr mit neuroflash?

Henrik Roth: Bisher haben wir uns darauf konzentriert, die Qualität von deutschen Texten anzuheben. GPT wurde mit existierendem Content trainiert, der zu rund 80 Prozent englischsprachig ist. Gerade sind wir aber dabei, uns weg vom reinen Textgenerator zu positionieren. Wir wollen die beliebteste AI Content Suite in Europa werden, mit der du direkt alles an Content generieren kannst. Neben Text also auch Bilder

. Dabei wollen wir uns vor allem auf professionelle Content Creator konzentrieren, wie Agenturen, Marken oder Freelancer.

Ein weiterer Punkt ist unsere API: Wir wollen ganz viele Integrationen schaffen, zum Beispiel zu WordPress, Adobe Creative Cloud, Shopify. Damit du deine Texte direkt dort erstellen kannst, wo du sie brauchst. Und natürlich wollen wir auch mit unserem Team wachsen. Bis Dezember am liebsten auf knapp 60 Leute.

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Wir reden ja vor allem von Textgenerierung. Was sollten wir in Sachen KI-Tools abschließend noch auf dem Schirm haben?

Henrik Roth: Was ich bisher ziemlich cool fand, ist NaturalReader. Mit der App kannst du aus Text Stimme generieren. Und das hat wirklich gut funktioniert. Damit kann man super spannende Sachen machen, bestimmt auch im Hinblick auf Podcasts. Und KI-Text und -Bild sind ja auch schon sehr weit, da wird in den nächsten zwei Jahren sicherlich auch Video kommen.

Chantal Seiter
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Chantal Seiter

Chantal ist Redakteurin bei OMR Reviews. Wenn sie gerade mal nicht in die Tasten haut, betreibt sie Café Hopping oder erkundet neue Städte. Am liebsten beides zusammen. Vor ihrem Start bei OMR Reviews hat die Eigentlich-Kielerin in Kreativagenturen und als Freelancerin gearbeitet. 2022 hat sie außerdem eine Weiterbildung zur Fashion Stylistin abgeschlossen.

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