Wie diese Gründerinnen die Softwarelandschaft aufmischen
3 Gründerinnen, die Ihr im deutschen SaaS-Bereich kennen solltet
- So kam es zu den Gründungen
- Die Vision immer im Blick
- Wie die Gründerinnen ihr Wissen jetzt weitergeben
- Die Gründerinnen im Kurzporträt
Immer noch gründen zu wenig Frauen Start-ups für Softwares – das zeigt auch eine Studie des Female Founders Monitor (2020). Die Ursachen dafür sind vielfältig und greifen auf teils kulturell verankerte Gründe zurück.
Doch es gibt Hoffnung, dass diese Aussichten nicht anhalten. So hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erst kürzlich eine Start-up-Strategie veröffentlicht, bei der auch gezielt Frauen über eine neue Förderlinie unterstützt werden sollen. Außerdem zeigt ein Blick auf das Netzwerk von der Softwarebewertungsplattform OMR Reviews und der OMR Initiative 5050 einige erfolgreiche Beispiele von Gründerinnen, die sich bereits in der Softwarelandschaft verankert haben. Sie selbst wollen Vorbild sein und mit Mut und wertvollen Erfahrungswerten auf ihre Rollen aufmerksam machen.
Wir stellen Euch die Persönlichkeiten Anna Kaiser von der HR-Software Tandemploy, Hanna Asmussen von dem Start-up Localyze und Susanne Krehl von der Finanz-App Fabit in diesem Artikel genauer vor. Dabei zeigen wir, wie sie die Leidenschaft für die Software-Welt entdeckt haben und welche Erkenntnisse sie daraus für den weiteren Karriereweg ziehen.
So kam es zu den Gründungen
Bei allen drei Gründerinnen spielten eigene berufliche Erfahrungen und Herausforderungen eine große Rolle für das, was ihr Produkt heute ausmacht. So inspirierte Anna Kaiser das Jobsharing-Modell zur finalen Umsetzung von der Software Tandemploy. Sie und ihre Geschäftspartnerin Jana haben vor ihrer Gründung in einer Recruiting-Firma gearbeitet, in der sich zwei Frauen im Tandem-Modell für die Führungsposition beworben haben. „Wir fanden das so spannend, dass wir noch am selben Abend nach diesem Thema recherchiert und gemerkt haben, wie viel Flexibilität diese Möglichkeit bringt“, erzählt Anna Kaiser. Inspiriert von dieser Idee kündigten beide zwei Tage später ihren Job, um das Thema in vielen weiteren Unternehmen wieder auf die Agenda zu bringen. Aus der Idee ist ein Talent-Marktplatz geworden, auf dem Unternehmen wie die Lufthansa ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, andere Kolleg:innen für ein Jobsharing-Modell oder Projektteams zu finden. „In unserem Tool stehen die Fähigkeiten und Interessen eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin im Fokus“, fasst Kaiser zusammen.
Auch Hanna Asmussen hat durch ihre vielen internationalen Aufenthalte, wie beispielsweise in China, Südamerika oder Portugal, schon früh eine große Herausforderung erkannt: „Ich habe gemerkt, wie extrem kompliziert so ein Umzug in ein neues Land sein kann.“ Bessere Unterstützung in solchen Situationen bietet seit rund vier Jahren ihre Software Localyze, die Arbeitnehmer:innen in allen Dingen für einen Umzug in eines neues Land unterstützt. Dafür kann sowohl die HR-Abteilungen als auch ein:e Mitarbeiter:in innerhalb des Tools eine To-do-Liste einsehen. „Jede Liste wird je nach familiärer Situation und Land individuell dargestellt“, erklärt Hanna Asmussen. Zum Kundenstamm von Localyze zählen Unternehmen wie FreeNow, Personio oder Peek und Cloppenburg, deren Mitarbeiter:innen innerhalb der internationalen Standorte ihre Positionen wechseln können.
Für ihr noch sehr junges Produkt Fabit bringt Susanne Krehl über 10 Jahre Erfahrungen in der Finanzbranche mit. Bei dem Finanzprodukt Barzahlen (heute viacash) hat sie sich nicht nur früh mit der Start-up Branche, auch im internationalen Kontext, beschäftigt, sondern auch mit einer Zielgruppe, die wenig finanziellen Hintergrund hat. „Und auch deshalb kenne ich die Nutzer:innen bei Fabit sehr gut“, sagt Susanne Krehl. „Es gibt inzwischen so viele Veranstaltungen und Weiterbildungen zum Thema Investieren. Aber ich wusste immer, dass ich etwas für die Gruppe gründen möchte, die noch einen größeren Bedarf im Finanzbereich hat.“ Das Ziel von Fabit ist, finanzielle Gewohnheiten durch Handeln zu verändern. Die App kalkuliert Fixkosten im Voraus ein und zeigt den Anwender:innen, mit welchem Betrag sie innerhalb eines Monats oder Tages noch wirtschaften können.
Die Vision immer im Blick
„Wir wollen die Heimat unserer Nutzer:innen sein“, erklärt Susanne Krehl die Vision hinter ihrem Herzensprojekt Fabit. „Dafür soll die Finanz-App Menschen so coachen, dass sie gesunde finanzielle Entscheidungen treffen können.“ Zukünftig werde es nicht nur um Content und Finanzbildung allgemein gehen, sondern auch um die Themen Altersvorsorge, Versicherungen oder Anlagen.
Anna Kaiser ist gemeinsam mit Jana Tepe einen Schritt weiter gegangen und hat Tandemploy Anfang des Jahres an den Tech-Konzern Phenom verkauft. „Der wichtigste Grund für diesen Zusammenschluss war, dass wir unsere Software an so viele Unternehmen wie möglich herantragen wollen, sowohl international als auch global“, erklärt Kaiser den Schritt. „Phenom ist als schnell wachsendes HR-Tech-Unternehmen aus den USA ein perfekter Match für uns.“ Ihre Rolle verändert sich von der Geschäftsführerin zur Angestellten, in dieser Position kann sich Anna Kaiser mehr auf die Themen New Work und KI konzentrieren.
Für Hanna Asmussen war mit Localyze vor allem der Schritt in die Software-Branche ganz neu: „Wir hatten alle vorher wenig Ahnung vom Tech-Bereich und haben uns Schritt für Schritt eingearbeitet – dafür braucht man auch immer Vorbilder, von denen man lernen kann.“ Auch für ihr Start-up soll es zukünftig auf globaler Ebene weitergehen, denn von dieser Entwicklung lebt auch die Idee hinter Localyze.
Wie die Gründerinnen ihr Wissen jetzt weitergeben
All die Erfahrungen, die Asmussen schon in den vergangenen Jahren mit ihrem Start-up sammeln konnte, will sie jetzt auch teilen. „Vor allem im B2B-Software-Bereich gibt es noch eine relativ kleine weibliche Community, aber es geht bergauf und das finde ich spannend zu beobachten“, fasst Asmussen die Situation um Gründerinnen in der Software-Welt zusammen.
Ihr Wissen mit Anderen teilen auch Anna Kaiser und Susanne Krehl. Die Gründerin von Tandemploy hat den Verein Encourage Ventures gegründet, hinter dem sich ein großes Investorinnen-Netzwerk versteckt. Mit aktuell 460 teilnehmenden Start-ups und 470 Investorinnen wurden im ersten Jahr über 80 Start-ups durch Investments, Mentoring und Sponsoring unterstützt. Dafür werden bis zu 300 Workshops im Jahr veranstaltet, um Investorinnen oder Beraterinnen in ihren Geschäftsideen zu ermutigen und unterstützen.
Auch Susanne Krehl ist im Rahmen der FinTech Ladies in Initiativen aktiv, um ihre Erfahrungen und ihre wertvollen Insights aus der Finanzbranche weiterzugeben: „Frauen sind im FinTech-Bereich in den letzten 10 Jahren viel präsenter geworden“, findet Krehl. Zukünftig erwartet sie von außen, viel mehr den Fokus auf die fachliche Kompetenz zu legen und nicht allein auf das Geschlecht: „Wenn wir über Diversität in unserer Branche sprechen wollen, dann geht es nicht nur darum, sondern auch um soziale Diversität und Herkünfte.“
Die Gründerinnen im Kurzporträt
Anna Kaiser von Tandemploy
Bei Tandemploy handelt es sich um einen internen Talent-Marktplatz für Unternehmen, auf dem Mitarbeiter:innen nach ihren angegebenen Skills miteinander vernetzt werden können. Das Ziel dabei sind Kollaborationen für Projektteams, Onboarding oder Mentoring-Programme. Anna Kaiser hat Tandemploy vor rund 10 Jahren gemeinsam mit Jana Tepe gegründet. Anfang 2022 wurde das Software-Unternehmen an den us-amerikanischen Tech-Konzern Phenom verkauft, mit dem der Fokus von Tandemploy nun verstärkt auf New Work und KI liegen soll.
Hanna Asmussen von Localyze
Mit Localyze hat Hanna Asmussen gemeinsam mit Lisa Dahlke und Franziska Löw eine Lösung entwickelt, die Unternehmen die internationale Einstellung von Mitarbeiter:innen erleichtert. Die Software unterstützt diese z. B. bei der Beantragung von Visa, Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen sowie bei der Wohnungssuche. Gegründet wurde Localyze in 2018, seitdem ist das Unternehmen auf fast 100 Mitarbeiter:innen gewachsen und will nun auch außerhalb von Europa expandieren.
Susanne Krehl von Fabit
Die Finanz-App Fabit unterstützt Nutzer:innen dabei, sich Finanzgewohnheiten anzueignen und ihr komplettes finanzielles Leben nachhaltig zu managen. Zielgruppe sind vor allem junge Menschen, die Konsumschulden haben und die wenig bis keine Finanzerfahrungen in ihrem bisherigen Leben gesammelt haben. Ende 2021 hat Susanne Krehl hat die App gemeinsam mit Dr. Ralf-Michael Schmidt und Robert Heim gegründet. Auf dem OMR Festival schaffte es Fabit dieses Jahr unter die Top 5 Start-ups beim Gründerinnen-Pitch von 5050, EMOTION und den Partnern Deloitte und IONOS.