Sneaker-Hype auf Slack: So funktioniert das Community-Commerce-Business von SoleSavy

Torben Lux2.2.2021

Weshalb investiert unter anderem der Star-DJ Diplo in eine vor zwei Jahren gegründete Plattform für Turnschuh-Fans?

SoleSavy
Inhalt
  1. Der Sneaker-Markt wächst und wächst und wächst…
  2. Milliarden-Industrie statt Hype
  3. So verdient SoleSavy Geld
  4. Mehrere mittlere, statt einer großen Community

Wer bei den Begriffen Yeezys und Jordans nur mit den Schultern zuckt, trägt vermutlich lediglich Turnschuhe – oder komplett andere Treter. Wer allerdings bei den Worten direkt ein Leuchten in den Augen und eine leichte Gänsehaut bekommt, darf sich wohl zurecht als Sneakerhead bezeichnen. Über 4.000 davon bezahlen dem Startup SoleSavy aus Kanada monatlich Geld, um sich auf Slack mit anderen Sneakerheads über limitierte, seltene oder von Stars designte Sneaker auszutauschen. Weshalb das Unternehmen dafür jetzt zwei Millionen US-Dollar von namhaften Investoren erhalten hat und wie das Community-Geschäftsmodell genau funktioniert, lest Ihr hier.

Man könnte die Investoren, die Ende 2020 in das erst 2018 gegründeten Startup SoleSavy zwei Millionen US-Dollar investiert haben, als eine ziemlich illustre Runde bezeichnen. Beteiligt haben sich beispielsweise die beiden Gründer des bekannten Newsletters Morning Brew, Alex Lieberman und Austin Rief, der Gründer des Social-Media-Tools Hootsuite, Ryan Holmes, sowie Jason Calacanis, der unter anderem in Robin Hood, Uber und Calm investiert hat. Und auch der Produzent und DJ Thomas Wesley Pentz alias Diplo, der sonst auch mal ein Konzert im Videospiel Fortnite gibt, und Rapper Yung Gravy (Größenordnung: sechs Millionen Plays auf Spotify im Monat) haben sich beteiligt.

Der Sneaker-Markt wächst und wächst und wächst…

In was hat die Runde aber überhaupt genau investiert? SoleSavy, im September 2018 gegründet, bezeichnet sich selber als „The exclusive sneaker community“. Eine Mitgliedschaft in dieser Community würde die Tools und Mittel bieten, die man heute benötigt, um erfolgreich die Produkte kaufen zu können, die man wirklich haben möchte. Und gemeint sind damit Sneaker. Keine stinknormalen, denn um sich die zu kaufen, bräuchte es schließlich keine Community, Tools und den ganzen Schnickschnack. Hier geht es um sehr teure, sehr seltene und sehr exklusive Sneaker, die häufig stark limitiert, im Zuge von Kollaborationen mit Brands oder Prominenten und mittels Drops herausgebracht werden – und entsprechend schnell ausverkauft sind.

Das Geschäftsmodell von SoleSavy und den Gründern Dejan Pralica und Justin Dusanj baut auf dem seit einigen Jahren immer weiter wachsenden Hype rund um besondere Sneaker und deren Weiterverkauf auf. Wobei Hype hier eigentlich längst nicht mehr das passende Wort ist. Denn aus einem zuerst recht überschaubaren Nischen-Phänomen, Turnschuhe als Investitions-Objekte zu sehen und entsprechend mit ihnen zu handeln, ist heute ein milliardenschwerer Markt geworden. Richtig gelesen: Milliarden.

Milliarden-Industrie statt Hype

Der Finanzdienstleister Cowen beispielsweise schätzt in der Analyse „Sneakers as an Alternative Asset Class, Part II“, dass der globale Sneaker-Resale-Markt bis 2030 eindrucksvolle 30 Milliarden US-Dollar groß sein könnte. Alleine in den USA habe er bereits zwei Milliarden US-Dollar erreicht. Weltweit sollen es das Volumen des Resale-Markts bereits sechs Milliarden US-Dollar betragen. Kein Wunder also, dass nicht nur Künstler mit einer gewissen Nähe zur Sneaker-Kultur Teil der Industrie sein wollen, sondern auch erfahrene Digital-Gründer und VCs.

Mit am besten dürfte die Geschichte der Sneaker- und Streatwear-Börse StockX den Stellenwert von Turnschuhen beschreiben. Im OMR Podcast hatte Gründer Josh Luber vergangenes Jahr zwar nicht verraten, wie viel Umsatz die Plattform generiert (dürfte irgendwo zwischen 100 und 200 Millionen US-Dollar liegen), seit dem Start 2016 hätten auf dem Marktplatz allerdings Waren im Wert von über 2,5 Milliarden US-Dollar die Besitzer gewechselt. „Wir haben mehr Traffic als jeder andere Sneaker-Händler“, sagte Luber damals. Ein paar Wochen nach der Aufnahme nahm StockX in einer Series-E-Runde übrigens 275 Millionen US-Dollar bei einer Bewertung von 2,8 Milliarden US-Dollar auf.

Es gibt zig weitere Beispiele Dritter, die auf dem Rücken der großen globalen Sneaker-Player – allen voran Nike und Adidas – lukrative Geschäftsmodelle aufgebaut haben. Die Sneaker-Suchmaschine Everysize, Plug Leon, der persönliche Sneaker-Dealer für Europas Fußballprofis, Koio, eine von zwei Deutschen in New York aufgebaute DTC-Luxus-Brand, um nur ein paar zu nennen. Und, seit 2018, eben auch SoleSavy.

So verdient SoleSavy Geld

Dabei verkauft SoleSavy in erster Linie gar keine Sneaker. Und auch auf der Plattform wird nicht wirklich mit Schuhen gehandelt. SoleSavy positioniert sich vor allem als Community und Anlaufstelle für Sneaker-Liebhaber – und macht sich beim eigenen Geschäftsmodell auch direkt ein Grundprinzip des Sneaker-Hypes zu Eigen: (künstliche) Verknappung. Für 33 US-Dollar im Monat kann man aktuell eine Mitgliedschaft erwerben, landet dann aber nur auf einer Warteliste. Bei einem Jahresabschluss für 330 US-Dollar spart man nicht nur 66 US-Dollar, sondern umgeht auch die Warteliste. Auch wenn eine richtige Begründung dafür nicht genannt wird: Es dürfte eine Mischung aus FOMO-Erzeugung sowie Umsatz-Optimierung sein.

Die Leistungen einer kostenpflichtigen SoleSavy-Mitgliedschaft lesen sich dann ein wenig wie der feuchte Sneakerhead-Traum: exklusive Infos und Links zu Releases, Links zu den Produktseiten für Schuhe in der jeweils persönlichen Größe, Alerts über die sogenannte „Sneaker Monitor“-Technologie („These updates happen quicker than any human could ever tweet or post about thus giving you a major advantage over the average consumer“), Zugang zu Kursen und exklusiven Videos, Giveaways und Rabatte, Verlosungen über die eigene App, Zugang zu ausverkauften Schuhen zu Einkaufspreisen sowie Zugang zur Slack-Community.

In solchen Slack-Gruppen von SoleSavy können nur zahlende Abonnenten über Sneaker diskutieren (Screenshot: Techcrunch/SoleSavy)

Mehrere mittlere, statt einer großen Community

4.000 Member soll die SoleSave-Community laut Techcrunch aktuell haben, vor allem in den USA und Kanada. Rechnet man mit dem aktuell günstigsten Preis für eine Jahresmitgliedschaft, läge der Subscription-Based-Revenue also mindestens bei rund 1,3 Millionen US-Dollar im Jahr. Inklusive Affiliate-Einnahmen liege der Jahresumsatz bei profitablen 1,5 Millionen US-Dollar. Außerdem arbeite man für die exklusiven Deals mit Shops auf der ganzen Welt zusammen, heißt es in den FAQ der Homepage. Und die Gründer Dejan Pralica, der 2011 bereits die Sneaker-Deal-Plattform kicksdeals.com gegründet hatte, und Justin Dusanj, seien extrem gut in der Sneaker-Industrie vernetzt. Es wäre also durchaus denkbar, dass Stores und Shops für die Platzierung bei SoleSavy, einer Sneaker-Community mit Zahlungsbereitschaft, Geld ausgeben.

Die Idee zur Gründung von SoleSavy hatte Dejan Pralica 2018 aus einer Frustration gegenüber dem Sneaker-Markt heraus, wie er gegenüber The Hustle verrät. Es habe sich alles um große Marktplätze wie StockX oder Innovationen im Bot-Bereich gedreht, immer mit dem Ziel, möglichst viel Profit mit Turnschuhe zu erwirtschaften. Und Diskussionen auf Plattformen wie Reddit seien deutlich zu groß und anonym gewesen. Den Fehler, mit der eigenen Community auch in diese Richtung abzudriften, will er nicht machen. Dafür teile SoleSavy alle Mitglieder in Kohorten von derzeit 1.200 bis 1.300 Personen auf. „Das fühlt sich groß genug für ein echtes Netzwerk an und kann immer noch persönlich sein,“ so Pralica. Nur so werde aus einer Menge von Menschen eine echte Community. „Es ist keine Community, wenn sie nicht ohne Moderation miteinander diskutieren. Und keiner will mit 15.000 oder 20.000 Menschen diskutieren.“

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Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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