Klaviyo: Ist die E-Mail-Marketing-Plattform der größte E-Commerce-Gewinner nach Shopify?

Martin Gardt24.1.2022

Was steckt hinter dem Milliarden-Erfolg des jungen Unternehmens?

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Inhalt
  1. Die Lösung für die großen CRM-Fragen?
  2. Abgestimmt auf D2C-Firmen
  3. Integration als Schlüssel zum Erfolg
  4. Der Wettbewerb schläft nicht

In unserer Artikel-Serie „Tech Stack“ zeigen erfolgreiche Digital-Unternehmen, welche Tools sie nutzen. Was dabei auffällt: Viele der Firmen, darunter Snocks, Refurbed und Everdrop, setzen auf Klaviyo. Die auf E-Mail- und SMS-Marketing spezialisierte Plattform hilft E-Commerce-Unternehmen dabei, Bestandskund:innen immer wieder zu aktivieren. Klaviyo überzeugt mit seinen Funktionen mittlerweile 75.000 Firmen und verzeichnet eine Bewertung von fast zehn Milliarden US-Dollar. Wir erklären den Erfolg.

Nicht nur angetrieben durch die Pandemie erlebt das E-Commrce-Business weltweit einen Boom. Shopify macht pro Quartal einen Umsatz von über einer Milliarde US-Dollar (Anfang 2020 lag der noch bei unter 500 Millionen). In diesem Fahrwasser entstehen Unicorns, die sich auf die verschiedenen Tool-Nischen für E-Commerce-Unternehmen konzentrieren und auf ein bestehendes Ökosystem – etwa von Shopify oder Amazon – aufsetzen. Amazon-Aggregatoren haben seit April 2020 über zehn Milliarden US-Dollar an Investitionen eingesammelt. Erfolgreiche Shopify-Apps werden in wahnsinniger Geschwindigkeit selbst zu Unicorns. 

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Besonders sticht dabei derzeit das 2012 von Andrew Bialecki und Ed Hallen in Boston gegründete Klaviyo hervor. Das Unternehmen arbeitet schon seit 2015 profitabel, bekommt durch den E-Commerce- und D2C-Boom (Direct to Consumer) der vergangenen zwei Jahre aber nochmals einen großen Schub. Nach einer Investitionsrunde im Mai 2021 über 320 Millionen US-Dollar liegt die Bewertung von Klaviyo bei 9,5 Milliarden Dollar. Aber warum setzen so viele Unternehmen auf die Services der E-Mail-Plattform?

Die Lösung für die großen CRM-Fragen?

Die Geschichte von Klaviyo beginnt nicht als E-Mail-Marketing Software. Die Co-Gründer Bialecki und Hallen lernen sich 2007 bei Applied Predictive Technologies (APT) kennen. Die Firma analysiert Daten für große Konzerne. Hier lernen die beiden, wie sich aus Kundeninformationen Rückschlüsse auf deren Kaufverhalten ableiten lassen. Gleichzeitig betreibt Andrew Bialecki nebenbei einen Online-Event-Kalender für Läufer:innen. Er stößt auf ein Problem: Er kann das Verhalten der Nutzenden nicht ausreichend analysieren und so keine individuellen Services anbieten. 

Andrew Bialecki von Klaviyo

Klaviyo-Co-Gründer Andrew Bialecki

„Wir hatten die These, dass viele Unternehmen jede Menge First-Party-Daten haben, die sie einfach nicht nutzen“, sagt Bialecki gegenüber Forbes. „Wenn du diese sammeln und analysieren kannst, könntest du auch die Experience verbessern. Also startet er mit Klaviyo gemeinsam mit Ed Hallen als Analytics-Unternehmen – vor allem für Analysen des Nutzerverhaltens.  

Abgestimmt auf D2C-Firmen

Aber genauso, wie sich die E-Commerce-Branche weiterentwickelt, verändern sich auch die Funktionalitäten der SaaS-Firma (Software as a Service). In der Anfangsphase liegt der Fokus der Klaviyo-Kunden vor allem auf Marketing und Kundengewinnung. D2C-Unternehmen explodieren, weil sie auf den Plattformen so günstig wachsen können. Aber spätestens seit 2017 wird das Geschäft komplizierter. Der Cost-per-Click (CPC) für Ads in Facebooks Newsfeed (lange erste Wahl für D2C-Unternehmen) steigt von durchschnittlich 43 Cent 2018 auf 64 Cent nur ein Jahr später. Das zwingt viele junge Unternehmen, die fast komplett mit den Plattformen groß geworden sind dazu, andere Wege für Umsatzwachstum zu finden. 

Klaviyo-Dashboard

Ein Blick in das Dashboard von Klaviyo

Bei Gesprächen stellen die Klaviyo-Gründer fest, dass ihre Kunden die Daten der Plattform nutzen, um ihre Marketing-Kampagnen zu bauen und zu optimieren. Deshalb bauen sie Klaviyo Stück für Stück zu einer Kommunikationsplattform um. Heute fungiert Klaviyo für viele seiner Kunden als zentraler Ort für deren Kundendaten. Auf dieser Grundlage lassen sich E-Mail- und SMS-Kampagnen erstellen, um frische Sales an Bestandskund:innen zu generieren. Auf Grundlage der Daten, wann wer was gekauft hat, lassen sich automatisiert individuell passende Nachrichten verschicken. „Wir geben Unternehmen ein neues Playbook“, so Co-Gründer Bialecki. „Sie bekommen Unabhängigkeit und die Macht über das Verhältnis zu ihren Kund:innen. Das kann ihnen niemand wegnehmen.“

Integration als Schlüssel zum Erfolg

Einen Großteil seiner Kunden hat Klaviyo mit hoher Wahrscheinlichkeit Shopify zu verdanken. Das Tool lässt sich über den Shopify-App-Store ganz einfach in den Shop integrieren. Und das klappt auch mit WooCommerce, Magento, Salesforce Commerce Cloud und weiteren Shopsystemen, die unterstützt werden. Dieses Aufsetzen auf bestehende Ökosysteme hat Klaviyo 75.000 zahlende Kunden eingebracht.

Warum die Betonung auf „zahlend“? Wie viele andere junge SaaS-Unternehmen setzt Klaviyo auf ein Freemium-Modell. Kleine Firmen können kostenlos grundlegende Funktionen nutzen – und etwa Mails an 250 Kontakte senden. Wer einen größeren Verteiler aufbaut zahlt dann je nach Anzahl der Kontakte. Bei 25.000 sind es etwa 400 US-Dollar im Monat, für 100.000 werden 1.200 Dollar fällig. Nach eigener Aussage nutzen das Tool mittlerweile über 265.000 Unternehmen jeder Größe. 75.000 davon zahlen. Zu den Kunden gehören vor allem D2C-Brands aus den USA und Europa wie Brooklinen und Chubbies, aber auch etablierte Player wie Wilkinson. 

In Europa zählen wie beschrieben Snocks, Refurbed und Everdrop zu bekannten Klaviyo-Kunden. „Für Mailings haben wir zu Beginn Mailchimp eingesetzt, aber Klaviyo funktioniert einfach wahnsinnig gut mit Shopify. Damit können wir die Kundenkommunikation sehr gut individualisieren und automatisieren“, sagt Everdrop-Co-Gründer David Löwe gegenüber OMR. „Mit Klaviyo machen wir die gesamte Kundenkommunikation: Wir machen die Shop-Kommunikation, zeigen nach dem Kauf weitere Produkte und fahren die klassischen Newsletter-Kampagnen.“ Ähnlich schätzt Snocks-Co-Gründer Johannes Kliesch das Tool ein. „Wir nutzen Klaviyo für E-Mail Marketing. Das ist nahtlos mit Shopify verknüpft und erleichtert uns den Kundenkontakt erheblich“, so Kliesch. An Klaviyo gefalle ihm vor allem, dass sich Kundendaten direkt aus Shopify übertragen lassen, um so Kund:innen und Shop-Besucher:innen mit E-Mail-Kampagnen zu bespielen.

Der Wettbewerb schläft nicht

Der genaue Jahresumsatz von Klaviyo ist nicht bekannt, Schätzungen liegen im Bereich von 125 Millionen US-Dollar. Wie groß das Wachstum ist, zeigt aber vielleicht eine Statistik besonders gut. 2016 versenden E-Commerce-Unternehmen am Black Friday 79 Millionen E-Mails über Klaviyo. 2021 sind es 2,1 Milliarden. Gleichzeitig ist der Markt bevölkert von Unternehmen, die ähnliche Services anbieten. Viele kleine Unternehmen starten ihre E-Mail-Strategie mit Mailchimp, aus Österreich kommt die mittlerweile von SAP übernommene Customer Engagement Plattform Emarsys. Und auch das französische Unternehmen Sendinblue (ehemals Newsletter2Go) findet in Deutschland viele Kunden. In den USA sind Attentive und Postscript große Konkurrenten in der Shopify-Welt.

Klaviyo sieht seinen Vorteil weiteren in der zentralen Datenbank und der tiefen Integration in die verschiedenen Shopsysteme. In Zukunft dürfte ein noch größerer Fokus auf der Sammlung und Analyse von First-Party-Daten für seine Kunden liegen. Apples App-Tracking-Transparancy-Initiative (ATT) und der Tod von Third-Party-Cookies zwingt nicht nur Retailer gerade dazu, sich damit verstärkt auseinander zu setzen. Besonders wichtig seien Analysen, wann welche Nutzenden am wahrscheinlichsten ihre E-Mails öffnen und lesen. Und hier ist Klaviyo allein aus der Tradition als Analytics-Unternehmen gegenüber anderen Anbietern vielleicht im Vorteil. 

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Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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