Adtech: Der Joker im globalen Kampf um Digitales Marketing könnte aus Köln kommen

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Warum ist der Kurs der Criteo-Aktie plötzlich eingebrochen?

Joker2-550 Seit August 2014 führen wir auf onlinemarketingrockstars.de ein öffentliches Portfolio (rechts auf der Startseite kurz scrollen und Ihr findet den aktuellen Stand) mit verschiedenen spannenden Adtech-Firmen („Gewinn“ seitdem ca. 30.000 Euro). Seit dem Start setzen wir dabei auch auf die französischen Retargeting-Marktführer von Criteo, die an der NASDAQ gelistet sind. Criteo hat uns nicht enttäuscht und liegt mit etwa 50 Prozent nach wie vor deutlich im Plus. Dennoch hat uns in den letzten Tagen eine Entwicklung aufhorchen lassen, die wir am Anfang nicht verstanden haben und die am Ende doch ein Indikator für die größeren Dinge sein könnte, die uns in den kommenden Monaten im Display Advertising ins Haus stehen. Vor drei Tagen ist der Criteo-Aktienkurs ohne Vorwarnung und sofort ersichtlichen Grund um fast 10 Prozent eingebrochen.  

Was war da los? Hintergrund der plötzlichen Negativ-Dynamik war offenbar ein Artikel im Wall Street Journal, in dem spekuliert wird, dass Apple Entwicklern ermöglichen möchte, Extensions für den mobilen Safari-Browser herzustellen, die „Cookies, Images und anderen Content“ blocken. Investoren und Analysten sind daraufhin zusammengezuckt und haben sofort Konsequenzen für Criteo befürchtet (nämlich, dass Criteo-Anzeigen nicht mehr ausgespielt werden können) und entsprechend Aktien verkauft. Criteo ist insofern ein überraschendes „Opfer“, weil die Firma eine der stabilsten im globalen Adtech-Spiel ist. Das Unternehmen wächst seit Jahren und auch aktuell ungebrochen weiter, ist dabei sehr profitabel und verliert einmal gewonnene Kunden sehr selten. Diese Kombination ist aktuell sehr selten in der Industrie

Die Kursentwicklung der Criteo-Aktie für die letzten drei Monate. (Quelle: Börse Online )

Die Kursentwicklung der Criteo-Aktie für die letzten drei Monate. (Quelle: Börse Online )

Noch hat Apple iAd kaum Relevanz – das könnte sich aber schon bald ändern

Der Vorfall zeigt auch noch Folgendes: Apple hat momentan kein relevantes Ad-Business, aber über seinen (mobilen) Browser die Möglichkeit, den Werbemarkt zu stören und damit die großen Umsatztöpfe seiner globalen Rivalen empfindlich zu schmälern. Apple kontrolliert mit Safari rund 25 Prozen des mobilen Web-Traffics. Sollten die Apple-Macher sich also entscheiden, auf 25 Prozent des mobilen Traffics die Anzeigen abzuschalten, wären die eigenen Verluste sehr gering. Google beispielsweise würde aber richtig leiden. Schon heute gehen Experten davon aus, dass Google aktuell rund zehn Prozent seines Umsatzes aufgrund von Adblocking verliert.

Wir sprechen also weniger über Trinkgeld, sondern über knapp sechs Milliarden Euro. Unter Analysten wird derzeit debattiert, ob Apple jetzt richtig attackiert und dabei die gesamte Balance im mobilen Netz verändert oder ob hier unbegründet Panik gemacht wird. Fakt ist, wenn der Traffic im Safari-Browser nicht mehr über Anzeigen monetarisierbar ist, scheiden kurzfristig und als erstes einige Mobile Marketing-Firmen aus und danach einige Publisher. Andererseits dürfte Apple kaum so brachial vorgehen, sondern stufenweise und granular. Nutzer müssen am Anfang Adblocker aktiv anschalten und können wählen, welche Dinge geblockt werden sollen usw. Langfristig ist aber alles offen.

Sehen wir bald einen Exit von Adblock Plus?

Als vor knapp drei Jahren schon ein mal Aufruhr in der Szene war, weil Microsoft im Browser Internet Explorer 9 „do not track“ als default-Einstellung in den Markt brachte, musste sogar WPP-Chef Martin Sorrell an den damaligen Microsoft Chef Steve Ballmer und Milliardärs-Kollegen schreiben. Die „do not track“-Idee ist damals aber vermutlich vor allem in den Microsoft-internen Kämpfen abgeschwächt worden und hat nicht viel Schaden verursacht (Microsoft hatte damals bekanntlich ja auch noch ein eigenes Advertising Business, das ebenfalls betroffen war). Es empfiehlt sich dennoch stark, die gegenwärtigen Entwicklungen genau zu beobachten, insbesondere wenn man sein Geld mit Adtech-Aktien vermehren möchte oder wenn Adtech-Firmen die Familie ernähren. Besonders interessiert beäugen natürlich die deutschen Kollegen des Adblocking-Weltmarktführers Eyeo (Adblock Plus) die Sache. Vielleicht denken ja auch die ganz großen Strategen in Kalifornien darüber nach, dass es gar nicht schlecht wäre, beim Adblocking etwas aufzurüsten bevor es ein Rivale tut. Vielleicht sehen wir dann sogar demnächst einen richtig sportlichen Exit in Köln (Sitz von Eyeo). So richtig gönnen würde es den Kollegen sicher nicht jeder, aber man darf wohl davon ausgehen, dass sich M&A-Experten schon in Stellung bringen. 

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Philipp Westermeyer
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