"OMR kauft Reebok" Teil 2: Wie geht es der legendären Brand heute?

Martin Gardt23.10.2025

Vor vier Jahren haben wir mit der deutschen Streetwear-Szene über Reeboks Zukunft diskutiert. Jetzt das Update: Was stellt der neue Besitzer Authentic Brands Group aktuell mit der Marke an?

Reebok: Renaissance oder Relevanzverlust?
Shaquille O'Neal (links) und WNBA-Star Angel Reese sollen Reebok wieder Credibility in der Basketball-Welt verleihen (Montage & Illustration: Virginia Miersch, OMR)
Inhalt
  1. Was und wer stecken überhaupt hinter der Authentic Brands Group?
  2. Reebok: Ein erster Aufschwung?
  3. Basketball als Hebel – und als Risiko
  4. Langfristiger Plan oder kurzes Fit-Machen?
  5. Kann eine Holding Social Media?
  6. Bekannt, aber nicht begehrt?
  7. Und was ist bei Champion los?
  8. Kann Champion von Reebok lernen?
  9. Was bleibt – der Vergleich mit 2021

Es ist 2021, mitten in der Corona-Pandemie: Die legendäre Brand Reebok steht zum Verkauf. Adidas will sie nach jahrelanger Vernachlässigung loswerden und wir fragen uns gemeinsam mit einer Gruppe deutscher Expert*innen: Was muss passieren, dass es mit Reebok wieder aufwärts geht? Heute gehört die Marke zur Authentic Brands Group und wir fragen wieder nach: Hat Reebok den Umschwung geschafft? Was braucht es für einen Neuanfang? Und wie soll der Erfolg in einer Holding-Struktur gelingen, die vor allem für Lizenzdeals bekannt ist?

Als Adidas im März 2021 Reebok zum Verkauf stellt, fragt sich die ganze (Marketing)-Welt, wer die Traditionsmarke retten kann – und vor allem, mit welchen Mitteln. Deren Höhepunkt als Aerobic- und Basketball-Platzhirsch in de 80er und 90er liegt da schon lange zurück. Unter dem Dach von Adidas wird sie vernachlässigt. Der deutsche Sportartikel-Gigant hatte Reebok 2005 für knapp über drei Milliarden US-Dollar übernommen. Im ersten Geschäftsjahr betrug der Anteil von Reebok am Gesamtumsatz von Adidas noch 23 Prozent. 2020 sind es nur noch 6,4 Prozent (1,4 Milliarden Euro von 21,92 Milliarden Euro.)

Wir wollen 2021 also wissen: Wie könnten wir Reebok retten, wenn OMR die Marke kaufen würde? Und wir bekommen Antworten aus der deutschen Sneaker- und Business-Welt. Die Ideen und Ansätze sind vielfältig. David Fischer, Gründer von Highsnobiety rät zum Beispiel, Reebok Collabos (damals mit Cardi B, Vetements oder Bape) nachhaltiger aufzuziehen und längerfristig zu nutzen. About-You-Gründer Tarek Müller empfiehlt, das Händlernetzwerk kräftig aussortieren und stärker auf DTC setzen. Und Asphaltgold-Gründer Daniel Benz hätte Reebok gern zu den Wurzeln im Fitness- und HipHop-Bereich zurückgeführt (Stichwort: Heritage und Retro). Es kommt dann alles ganz anders: Nicht OMR schlägt zu. Stattdessen kauft die Authentic Brands Group im Jahr 2021 Reebok für knapp 1,7 Milliarden Euro.

Was und wer stecken überhaupt hinter der Authentic Brands Group?

Die Authentic Brands Group (ABG) hat sich in den vergangenen Jahren zur vielleicht einflussreichsten Lizenz- und Markenplattform der Mode- und Sportbranche entwickelt – mit über 50 Marken im Portfolio. Brands wie Quicksilver, Billabong, Forever 21 oder die Name-Brands von David Beckham, Shaquille O'Neal, Elvis Presley und Marylin Monroe gehören zum Portfolio. Mit Reebok und seit Kurzem auch Champion stehen nun auch zwei Tradition-Labels im Zentrum eines Experiments, das Befürworter als effiziente Skalierungsmaschine und Kritiker als riskantes Ausquetschen von Markenwerten lesen.

"Authentic ist im Grunde wie ein Tech-Unternehmen", sagt ABG-Gründer und CEO Jamie Salter kürzlich gegenüber WWD. "Wenn man 75 Prozent Marge, 99 Prozent Cash Conversion und praktisch kein Capex hat, wird man wie Software bewertet." Derzeit macht das Unternehmen einen Außenumsatz (Retail-Umsätze) von 32 Milliarden US-Dollar. Wenn eine geplante Übernahme der US-Modemarke Guess Anfang 2026 durch ist, soll der Wert auf 38 Milliarden Dollar steigen. Das reicht ABG-CEO Salter aber nicht. In fünf Jahren will er die Zielmarke von 100 Milliarden US-Dollar Retailumsatz knacken. Nicht unbedingt aus eigener Kraft: Nach Salters Rechnung sollen vier bis fünf große Zukäufe zusätzliche 50 Milliarden beitragen.

"Das ABG-Modell ähnelt Private Equity: günstig kaufen, über Lizenzen skalieren, schnell monetarisieren", erklärt Lara Daniel, CEO & Co-Founder der Agentur Pulse Advertising. "Effizient – aber riskant für die Brand Integrity. Markenwert entsteht nur, wenn Storytelling, Daten und Touchpoints zentral gesteuert werden." Und das passiert bei der Authentic Brands Group schon wegen des Modells kaum. Das Unternehmen zählt 1.800 Lizenz-Partner weltweit, die insgesamt 16.000 Stores und 29.000 "Shop-in-Shops" betreiben. Hat ABG bei Reebok mehr Lust auf echte Markenentwicklung oder soll die Traditionsbrand einfach ausgequetscht werden?

Reebok: Ein erster Aufschwung?

Für ABG war Reebok zumindest ein perfektes Einkaufs-Ziel. Die Marke war nach dem Verkauf von Adidas nicht komplett am Boden, aber strategisch in einer Sackgasse. Unter dem deutschen Konzern hatte sie Sichtbarkeit im Spitzensport verloren und wurde auf Cross-Training-Nischen eingeengt. Reebok-CEO Todd Krinsky kritisiert das heute gegenüber Business of Fashion scharf: "Unter Adidas waren wir irgendwie ausgebremst. Das waren dunkle Tage für uns." Nach dem Eigentümerwechsel folgte – überraschend für Skeptiker des ABG-Modells – eine echte Reinvestitionsphase: Produktentwicklung, Konzentration auf Basketball-Vergangenheit und -Expertise, Vertriebspartnerschaften und sichtbare Kreativentscheidungen.

Die Ergebnisseite liest sich eigentlich gut. Von rund 1,6 Milliarden US-Dollar Umsatz (2020) stieg Reebok 2023/24 auf etwa fünf Milliarden – mit Ambitionen auf zehn Milliarden bis 2027. Viele, die das Lizenz-Modell der Authentic Brands Group kennen, befürchteten bei der Übernahme wohl Reebok-Logos auf irgendwelchen Billig-Shirts. Im Reebok-Fall fährt ABG aber offenbar nicht das Minimalprogramm, sondern eine Mischform: Lizenzgetriebene Distribution bei gleichzeitigem Investment in Hero-Produkte und kulturelle Assets.

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Der Markt in UK zeigt beispielhaft, wie Reebok in Europa und auch in den USA an Boden verloren hat und weiterhin verliert (Quelle: Statista)

Im wachsenden Sneaker-Markt (2030 erwartet die Branche einen weltweiten Gesamtumsatz von über 110 Milliarden US-Dollar) spielt Reebok derzeit allerdings kaum eine Rolle. Die Marke taucht z.B. nicht mehr unter den zehn umsatzstärksten Sneaker-Brands auf. Andere Player wie New Balance oder Skechers verzeichnen starke Marktanteile hinter dem Platzhirschen Nike.

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Marktanteile der größten Sneaker-Brands am weltweiten Markt (Quelle: Statista / Stand: 2022)

Basketball als Hebel – und als Risiko

Die Reaktion: Der Relaunch der Basketball-Sparte ist Reeboks prominenteste Wette. Die Basketball-Legenden Shaquille O’Neal und Allen Iverson führen die Unit, Designer Jide Osifeso, der schon Merch-Kollektionen für HipHop-Stars wie Kendrick Lamar und SZA gestaltet hat, kuratiert die Formensprache. Cleverer Aufmerksamkeits-Hebel: Shaq und Allen Iverson bekommen eine eigene Netflix-Serie ("Power Moves with Shaquille O'Neal"). In der sechsteiligen Doku-Serie steht tatsächlich die Arbeit der beiden bei Reebok im Mittelpunkt. Erster Versuch, den Basketball für Reebok zurückzuerobern: Der futuristische Schuh Engine A. Der wird von der Szene durchaus positiv aufgenommen. Reebok-CEO Krinsky findet große Worte für die Strategie: "Basketball ist an der Speerspitze der Kultur – Lifestyle, Fashion, Musik." Das Problem: Nike, Adidas, Jordan, chinesische Brands – die Konkurrenz hat die Superstars der Basketball-Szene meist schon unter Vertrag.

NBA-Legende Shaquille O'Neal mit dem Reebok Engine-A. Mit dem Foto wirbt Netflix für seine Serie "Power Moves with Shaquille O'Neal (Foto: Netflix)

So sieht das Athletenportfolio von Reebok aktuell noch sehr schmal aus. Immerhin wurde WNBA-Star Angel Reese früh mit einem eigenen Schuh ausgestattet. Sie sorgt mit offensiven Auftreten immer wieder für viel Aufmerksamkeit. Star-NBA-Spieler sucht man in Reebok-Schuhen aber vergeblich. Stattdessen verpflichtet das Unternehmen aktuell eher College-Spieler – in der Hoffnung, das die bald eine große Karriere hinlegen. Krinsky sieht das selbstverständlich alles positiv: "Wir haben nicht das größte Budget, also bauen wir Ikonen." Das ist strategisch schlüssig – aber auch gefährlich. Basketball-Karrieren sind schließlich nur selten geradlinig. "Reeboks Basketball-Offensive zeigt, wie schmal der Grat ist: Shaq und Iverson triggern Nostalgie, aber keine kulturelle Zukunft", sagt Lara Daniel. "Basketball kann trotzdem ein relevanter Hebel sein, weil Sport-Communities organische Loyalität, Merch-Umsatz und konstante Sichtbarkeit erzeugen. Aber bevor man groß investiert, muss klar sein, wo die Community heute lebt und was sie emotional bindet."

Angel Reese ist der größte aktive Basketball-Star mit Reebok-Schuh (Foto: Reebok).

Langfristiger Plan oder kurzes Fit-Machen?

Im Gegensatz zu Tarek Müllers Empfehlung aus dem Jahr 2021 – Stichwort: mehr DTC – setzt die Authentic Brands Group auf Skalierung ihres Händlernetzwerks. Schon bevor der Kauf offiziell durch ist, macht Reebok einen Deal mit der britischen JD Group, wodurch Reebok-Schuhe in 3.000 Shops in Europa und den USA landen. Im Juni 2025 schließt ABG einen Deal mit Slam Jam, quasi eine italienische Variante der deutschen Hipster- und Streetwear-Medienmarke Highsnobiety. Slam Jam berichtet über Sneaker- und Mode-Trends und verkauft – eng kuratiert – besonders heiße Fashion-Items über den eigenen Shop. Mit der Partnerschaft erkauft sich die Authentic Brands Group also wieder ein bisschen Einfluss in der Sneaker-Szene.

"Viele Marken schauen auf Nike und denken: Wenn die DTC machen, müssen wir das auch. Aber nur weil es bei den Großen funktioniert, heißt das nicht, dass es zu deinem Kunden passt", sagt M&A-Berater Nicklas "Nicki" Lange, der bereits viele Firmen-Verkäufe in der Sneaker- und Streetwear-Szene begleitet hat, gegenüber OMR. "Authentizität ist das neue Luxusgut. Marken, die wissen, wo sie herkommen – wie Carhartt oder The North Face – bleiben cool, auch wenn sie breiter distribuieren. Das ist der Maßstab, an dem sich auch Reebok orientieren sollte."

In Deutschland scheinen die bisherigen Bemühungen Reeboks keinen großen Eindruck hinterlassen zu haben. Auf neuerliche OMR-Nachfrage nach dem aktuellen Standing der Marke antworten sowohl About-You-Gründer Tarek Müller als auch Asphaltgold-Gründer Daniel Benz mit Schulterzucken. Reebok spiele weder beim eher allgemeinen Player About You noch beim Sneaker-Spezialisten Asphaltgold eine Rolle. "Die Brand hat eine sehr starke Heritage und sicher Potential. Von einem etwaigen Comeback ist aber noch nichts zu spüren", so Benz. Nicki Lange hat eine klare Empfehlung: "Reebok muss sich fragen: Wofür steht die Marke eigentlich? Für mich ist das klar – American Sports. Wenn du das wieder glaubwürdig erzählst, hast du schon die halbe Miete."

Aus den USA kommen allerdings auch viele skeptische Stimmen: "Ich glaube nicht, dass die Authentic Brands Group langfristig dabei bleibt", sagt Sneaker-Marketing-Expertin Bimma Williams gegenüber Business of Fashion. "Ich glaube nicht, dass sie auch nur ansatzweise total verrückt und bullish in Bezug auf Basketball sind." Vor Kurzem tauchten außerdem Gerüchte auf, ABG plane bereits einen Reebok-Verkauf an den chinesischen Sneaker-Player Anta. Reebok-Chef Steve Robaire dementiert: ABG wolle Reebok weder jetzt noch in Zukunft verkaufen. "In den 16 Jahren unseres Bestehens haben wir niemals eine Marke verkauft."

Kann eine Holding Social Media?

ABG bezeichnet sich selbst als Content-getriebenes, datenstarkes Marketinghaus. "Wir waren sehr früh auf Social unterwegs", sagt ABG-CEO Salter, der 700 Millionen Follower und ein 80-köpfiges Marketingteam ins Feld führt. Operativ heißt das: hohe Publishing-Frequenz, Entertainment-Hebel (Sport & Musik), Influencer-Netzwerke in 150 Sprachen. Ob das Reebok bisher wirklich weiterhilft, ist fraglich. Auf Instagram hat die Marke heute 4,3 Millionen Follower. 2021 waren es auch schon 3,7 Millionen. Auf Tiktok sind es gerade mal knapp 150.000 Follower und 1,8 Millionen Likes auf die Posts des Accounts. Zum Vergleich: Adidas hat auf Tiktok zehn Millionen Follower und verzeichnet fast 100 Millionen Likes. Nike kommt auf 7,8 Millionen Follower und 38 Millionen Likes.

"E-Commerce ist heute Social Commerce – wer nicht dort verkauft, wo die Community lebt, verliert den Anschluss", sagt Pulse-Advertising-CEO Lara Daniel. Sie hatte schon 2021 die Hochglanz-Optik und Seelenlosigkeit des Social-Auftritts von Reebok kritisiert. "Um nicht im Archiv zu landen, müssen sich solche Traditionsmarken dort verankern, wo Kultur heute entsteht: bei digitalen Creators, in Gaming, nachhaltiger Streetwear oder Community-led Drops. Relevanz entsteht nicht durch Retro-Kampagnen, sondern durch Co-Creation, Plattformdenken und echte Beteiligung", erklärt die Social-Media-Expertin. Es sind zumindest Zweifel angebracht, ob eine Holding, die von Lizenz-Deals lebt, wieder echte Markenliebe bei einer neuen Generation entfachen kann. Mit dem aktuellen Social-Media-Auftritt gelingt das offenbar nicht so richtig.

Bekannt, aber nicht begehrt?

Dabei hat Reebok weiterhin einen großen Trumpf: Sehr sehr viele Menschen kennen die Marke. Laut Statista-Daten aus den USA ist sie 91 Prozent der Teilnehmenden an einer Marktforschungsstudie ein Begriff. Das Problem: In der gleichen Umfrage geben nur 20 Prozent an, Produkte von Reebok zu besitzen. Da wird mal wieder deutlich: Nur mit Heritage, also großer Tradition und damit Bekanntheit, lassen sich Marken nicht unendlich lange pushen.

"Traditionsmarken gewinnen Gen Z und Gen Alpha nicht über ihre Vergangenheit, sondern über Relevanz im Jetzt", sagt deshalb auch Lara Daniel. "Nostalgie kann Aufmerksamkeit schaffen, aber keine langfristige Bindung. Jüngere Konsument*innen orientieren sich weniger an Produktleistung, sondern an Werten, digitaler Nähe, Haltung und kultureller Anschlussfähigkeit." Marken wie Alo Yoga oder Hoka zeigen, wie man in gesättigten Märkten trotzdem wächst: nicht durch Kopie der Großen, sondern durch klare Besetzung von Nischen und Community-Nähe.

Und was ist bei Champion los?

Wenn wir schon dabei sind, lohnt auch noch ein Blick auf eine der neuesten ABG-Errungenschaften. Im Oktober 2024 schließt das Unternehmen den Kauf von Champion – einer weiteren Sport-Traditionsmarke – ab. Kaufpreis: 1,5 Milliarden US-Dollar. Die Brand kommt allerdings unter noch schwierigeren Vorzeichen zu ABG. Unter dem vorherigen Besitzer HanesBrands wurde die Marke zum Ergebnisbelastungsfaktor. Die Umsätze brachen im Kernmarkt USA aber auch in Europa zuletzt zweistellig ein. Der Nostalgie-Faktor – Hoodie-Herkunft, 90er-Kollabos – trägt in Social Feeds, wo die Marke etwa auf Instagram 4,5 Millionen Follower hat, löst aber keine strukturellen Probleme von Sortiment, Preispunkt und Distribution.

"Bei Champion liegt das Potenzial weniger in der Vergangenheit als im Produkt selbst: Comfort, Fit, Everyday-Wearability – das ist ihre eigentliche Stärke", sagt Lara Daniel. "Heritage ist das Narrativ, das die Marke sendet, aber nicht zwingend das, was die Zielgruppe braucht. Die Frage ist: Wie schafft Champion Anschluss an heutige Kulturfelder – Gaming, Streetwear-Feminismus, Creator-led Fashion, Climate-Conscious Aesthetics? Wer nicht dort kommuniziert, wo Kultur weiterwächst, bleibt ein Archiv-Label mit gutem Stoff."

Kann Champion von Reebok lernen?

Reebok taugt zumindest bedingt als Lehrstück für Champion, weil ABG hier mehr getan hat als reine Lizenzverwertung. Die Marke hat eine klarere inhaltliche Achse bekommen, Basketball dient als kultureller Anker, und es gibt sichtbare Investitionen in Produkt und Kreativführung. Im Spiegel unseres 2021er Stücks ist das die Korrektur zweier zentraler Fehler: Collabos sind nicht länger Solo-Stunts ohne Lifecycle, und die Heroisierung einzelner Linien – wie dem Basketball-Schuh Engine A – ersetzt die breitflächige Inflation von nichtssagenden Klamotten-Linien.

Gleichzeitig bleibt Reeboks Fortschritt auf eingeschränktem Niveau: Die Wette auf Basketball braucht frische Ikonen statt ausschließlich Ikonenpflege, Social muss von reinem Bespielen der Kanäle auf echte Mitgestaltung der Zielgruppe umgestellt werden. Das Schwächeln auf Plattformen wie Tiktok zeigt, wie wenig Reebok aktuell in diesem Bereich macht. Weiterer wichtiger Punkt: Die Breite in der Distribution darf nicht wieder in die Preis-Erosion führen, die wir vor vier Jahren kritisiert haben. Damals war vielen vor allem der Sneaker "Club C" im Kopf, der zwar viel verkauft wurde, dann aber irgendwann für 50 Euro verhökert wurde. ABG-CEO Salter klingt allerdings nicht so, als würde er Reebok wieder sexy machen wollen: "Wir handeln wie ein Tech-Unternehmen“, sagt er – hohe Margen, effizientes Asset-Play, Plattform-Synergien. In demselben Interview betont er immerhin: "Wenn du die Marken nicht ständig pflegst, gewinnst du nicht."

Was bleibt – der Vergleich mit 2021

Im Reebok-Fall hat ABG – wie gesagt – in zwei Jahren mehr Substanz geschaffen, als Kritiker der Lizenzlogik erwartet hätten. Das Programm aus Hero-Silhouetten, fokussiertem Athletenaufbau, kuratierter Distribution und Content-Maschine zeigt zumindest in den Umsätzen Wirkung. Einige 2021er-Forderungen zu Distribution und DTC bleiben aber bestehen. Unsere Expert*innen hatten gefordert, das Händlernetzwerk gezielt auszudünnen und auch eigene Verkaufskanäle zu stärken. Gleichzeitig sollte die Verramschung erfolgreicher Schuhe aufhören.

Das alles hat die Authentic Brands Group nicht umgesetzt – es widerspricht ja auch dem eigenen Geschäftsmodell. Ob Reebok so langfristig wieder eine richtig heiße Marke wird, daran zweifeln ja allein schon Tarek Müller und Asphaltgold-Chef Daniel Benz. Nicki Lange sieht das Projekt weniger negativ: "Reebok steht jetzt an einem Scheideweg: Will man kurzfristig Umsatz oder langfristig Relevanz? ABG hat die Chance, die Marke jünger und globaler zu denken – aber ohne ihre sportliche DNA zu verraten." Er gehe davon aus, dass die Authentic Brands Group die Brand langfristig wieder aufbauen und nicht einfach für Gewinn weitergeben will. Das sei der Traditions-Brand gegönnt. Ein ständiger Besitzer-Wechsel würde auch nicht gerade zu Stabilität beitragen.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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