Erstmals live: Heftig.co-Gründer erzählt, wie sie das Portal groß gemacht haben
- Peter Schilling, der Co-Gründer von Heftig.co, erzählt auf der NPA-Konferenz erstmals öffentlich Insights zu Heftig.co.
- 50 Millionen Uniques mit 16 Mitarbeitern in der Redaktion
- Wer Mini-Budgets einsetzt, kann aus dem Cashflow wachsen
- Ein globales Medienunternehmen ohne Angst vor Facebook
Peter Schilling, der Co-Gründer von Heftig.co, erzählt auf der NPA-Konferenz erstmals öffentlich Insights zu Heftig.co.
Was für ein Auftritt! Auf der New Platform Advertising-Konferenz der Online Marketing Rockstars und Facelift hat Überraschungsgast Peter Schilling tiefe Einblicke in sein Projekt Heftig.co geliefert. Das Viralportal, das seinen Erfolg vor allem Facebook verdankt, habe im Monat 50 Millionen Uniques weltweit. Mittlerweile gibt es Heftig in fünf Sprachen, auf vier Kontinenten. Der Start in Asien sei schon geplant, so Schilling auf der Event-Bühne. Durch den enormen Traffic kann er auch kräftige Werbepreise aufrufen. In Deutschland, den USA und Frankreich sei ein eTKP von einem Euro locker drin – und das nur über Netzwerke und angeschlossene SSPs, sowie Google Adsense. Das langfristige Ziel: Schilling will Heftig.co zu einem „globalen Medienunternehmen“ mit 30 Mitarbeitern machen. Wie er das schaffen will und wie eine Seite, die nur drei Artikel pro Tag postet, zu einem Traffic-Riesen werden konnte, seht Ihr im ausführlichen Video-Interview mit Peter Schilling und Philipp Westermeyer.Vor anderthalb Jahren starteten Peter Schilling und sein Co-Gründer Michael Glöß Heftig.co. Die beiden wollten einfach testen, wie ein Viralportal in Deutschland funktioniert. „Es waren genau vier Wochen rum und dann ging die erste Sache bei uns viral, da hatten wir unseren ersten Hit und auf einmal 8000 Leute auf der Seite“, sagt Peter Schilling im Interview. Mit der Power der ersten Nutzer ging Heftig.co in Sachen „Social Interactions“ bei 10.000 Flies von Null auf Platz 1. „Wir haben am Anfang an den Headlines gefeilt und inhaltlich verschiedene Sachen gemacht. […] Am Ende sind wir bei emotionalen und positiven Geschichten gelandet. Starke Inhalte – das hat in Deutschland funktioniert und der Bedarf ist hoch. Nachrichten sind eben oft auch deprimierend. Was du bei uns bekommst, gibt nochmal einen anderen Blick.“ Zu Beginn griffen Schilling und Glöß Geschichten der großen Vorbilder Upworthy, Viralnova und Distractify auf, bastelten an eigenen Headlines und versuchten auch inhaltlich verschiedene Wege zu gehen.
50 Millionen Uniques mit 16 Mitarbeitern in der Redaktion
„Wir sind jetzt 16 Mann, haben eine Online-Redaktion, eine Videoproduktion, sind auf vier Kontinenten in fünf Sprachen unterwegs und haben jetzt aktuell 50 Millionen Uniques im Monat.“ Das sind die Zahlen, die das Selbstbewusstsein von Peter Schilling auf unserer Bühne erklären. Die Zugriffe gelten für alle Heftig.co-Seiten, dazu zählen Ableger wie Geniale Tricks, Tierfreund und Gut für Dich, sowie die internationalen Ableger. Zum Vergleich: Das Vorbild Upworthy kommt laut Quantcast auf 17 Millionen Uniques im Monat – allerdings stark rückläufig. Das alles schafften die beiden Gründer ohne journalistischen Hintergrund: „Wir haben keine Journalisten und das war von Anfang an ziemlich gut. Online-Redakteure funktionieren für uns oft nicht, die haben oft eine bestimmte Art zu schreiben, einen festgelegten Blickwinkel. Wir gehen viel datengetriebener an die Themen“, sagt Schilling. Die intensiven Tests von Bildern und Überschriften sind eines der Markenzeichen von Heftig.co, hier zählen Klicks und keine sprachlichen Bonbons. Mit Copyright-Problemen habe das Portal bisher keine Probleme gehabt. Die Arbeitsweise ähnele ja auch der klassischer Medien: Geschichten erkennen, aufnehmen, anpassen und veröffentlichen.
Doch woher kommen die Inhalte? Laut Schilling konzentriert sich das Team schon lange nicht mehr nur auf andere Viralportale: „Wir schauen bei allen zu, wir haben hunderte Quellen. Zwei Leute machen das Sourcing und dann wird ganz hart ausgesiebt. Wir posten ja nur 100 Artikel im Monat. Der Auswahlprozess ist ziemlich stark.“ Die 100 Artikel sind im Vergleich zu anderen großen Playern wie Buzzfeed tatsächlich verschwindend gering, wo meist so viele Artikel pro Tag gepostet werden. Umso wichtiger sind die Tests, die Heftig.co auf Facebook fährt, um mit kleinen Budgets Ergebnisse zu gewinnen. Hier wird manchen Nutzern Überschrift A und anderen Überschrift B zum gleichen Artikel präsentiert. Was besser klickt, wird genommen.Wer Mini-Budgets einsetzt, kann aus dem Cashflow wachsen
Publisher können derzeit nicht mit allzu üppigen Umsätzen in Sachen Vermarktung hoffen, da verblüffte die Aussage von Schilling doch viele Konferenzteilnehmer und auch Philipp Westermeyer: „Einen eTKP von einem Euro schaffen wir – in Deutschland, den USA und Frankreich locker.“ Die Vermarktung funktioniere dabei komplett über Partner: „Anzeigen laufen über die Netzwerke, das ist im Displaybereich für uns einfacher […] wir haben SSPs angeschlossen und auch Google Adsense ist wunderbar zum Ausprobieren“. Heftig.co gehe nicht selbstständig auf Werbepartner zu, einen Vermarkter baue man aber gerade selbst auf. Doch auch mit wenig aufwändiger Vermarktung funktioniere das Geschäftsmodell. Die niedrige Kostenstruktur helfe dabei. „Wir wachsen jetzt aus dem Cashflow“, sagt Schilling.
Die schon angesprochenen Tests auf Facebook kosten kaum Geld: „Wir setzen auf Mini-Budgets und testen für 10 Euro und bekommen dann unsere Testergebnisse. Dabei kommen wir auf unter einen Cent pro Klick bei Facebook.“ Der Traffic ist komplett organisch. Ein Post auf der Facebookseite von Heftig.co erreicht rund 70 Prozent der Fans, bei den Verticals sogar fast 100 Prozent. Virale Hits gehen über die Zahl der Fans weit hinaus. Nur zu Beginn hätten die Heftig.co-Macher nachhelfen müssen: „Am Anfang mussten wir ein bisschen Geld ausgeben – für Facebook-Anzeigen. Bei 2000 Fans hatten wir aber dann den ersten Hit.“ Um ein Projekt wie dieses bekannt zu machen, funktioniert Facebook anscheinend hervorragend. SEO betreibe das Portal auch gar nicht.Ein globales Medienunternehmen ohne Angst vor Facebook
Als Heftig.co vor anderthalb Jahren durch die Decke ging, war das Interesse an den Machern riesig – vor allem bei anderen Medien. Doch die beiden warteten lange bis zu ihrem Outing: „Die Geschichte ging überall durch, es blieb am Anfang aber auch keine Zeit, sich darum zu kümmern. Die Richtung war ja schnell klar. Es ist schlecht, wenn die Berichterstattung von den Wettbewerbern erfolgt. Wenn VW die Testberichte über Mercedes schreiben würde, fielen die auch nicht so gut aus“, meint Schilling. Das Misstrauen anderer Medienhäuser ist geblieben. Mittlerweile liegt Heftig.co unter den Top 25 der IVW und zähle laut Schilling zu den 15 größten Medienhäusern Deutschlands. Doch da soll nicht Schluss sein: „Jetzt wollen wir nach Asien gehen und es ist schon das Ziel, vielleicht mal ein globales Medienunternehmen daraus zu machen – eins mit 30 Mitarbeitern.“ Das soll neben der Internationalisierung mit den Verticals gelingen. Der erfolgreichste Ableger Geniale Tricks habe laut Schilling schon fast 700.000 Fans.
Ein Problem von Heftig.co ist die Abhängigkeit von Facebook. Ändert das Netzwerk in Zukunft Algorithmen, könnte es gefährlich werden für das Geschäftsmodell. Bei Konkurrenten wie Upworthy scheint eine gewisse Ermüdung einzusetzen, doch Schilling sieht das entspannt: „Der Unterschied ist, die haben sich nicht wirklich weiterentwickelt. […] Seiten wie Upworthy oder Viralnova haben immer die selben Themen und Ansätze und dann setzt eine Ermüdung ein. […] Man muss immer anpassungsfähig sein und schnell auf Regeländerungen bei Facebook reagieren.“ Content werde für Facebook aber immer wichtig bleiben. Was klassische Medien angehe, glaube er nicht, dass der Heftig-Style dort funktioniert: „Ich habe bei vielen großen Zeitungen Heftig-Style-Headlines gelesen, aber das funktioniert nicht so gut, weil du es nicht einfach überstülpen kannst. Die Optimierung, die in unseren Artikeln steckt ist schon ordentlich, die Arbeit ist aber eher wie in einer Werbeagentur als in einer Redaktion.“ Das Heftig-Prinzip scheint also nur für das Original zu funktionieren. Auf der Rockstars-Bühne zeigte Peter Schilling mit viel Selbstvertrauen, dass er fest daran glaubt.