Eine Milliarde User pro Monat gucken Podcasts auf Youtube
Im Interview spricht Steve McLendon, Product Lead bei Youtube Podcasts, über die aktuellen Zahlen, neue Sehgewohnheiten und Youtubes Plan, um den Podcast-Sektor für sich zu gewinnen.
Kein Wunder, dass Youtube im Podcast-Bereich großes Potenzial sieht: Eine Milliarde User nutzen die Videoplattform pro Monat, um Podcasts zu konsumieren. Diese Zahl hat die Videoplattform gerade öffentlich bekannt gegeben. OMR hat mit Steve McLendon, Product Lead bei Youtube Podcasts, über die aktuellen Zahlen, das starke Wachstum von Video-Podcasts und die Konkurrenz durch Spotify und Co. gesprochen.
OMR: Steve, eine Milliarde Menschen pro Monat sehen sich Podcasts auf Youtube an. Bisher waren Podcasts in erster Linie ein Audio-Medium. Inzwischen werden Video-Podcasts immer beliebter. Was hat sich an der Art, wie Menschen Podcasts konsumieren, verändert?
Steve McLendon: Podcasts werden immer noch viel gehört und Youtube bietet eine Ergänzung dazu. Wir geben Usern eine weitere Möglichkeit, um Podcast-Content zu konsumieren. Wir sind besonders stolz darauf, wie wir Podcasts an all die Orte bringen, wo Menschen sind. Podcasts sind lang, die wenigsten von uns schaffen es, sich drei Stunden lang vor den Laptop zu setzen. Die Realität ist eher, dass Menschen ihre Podcasts im Laufe des Tages hören, zu verschiedenen Uhrzeiten und an verschiedenen Orten. Ich starte zum Beispiel häufig einen Video-Podcast auf meinem Fernseher. Wenn ich danach mit meinem Hund spazieren gehe und im Anschluss ins Auto steige, um zur Arbeit zu pendeln, und dabei Podcasts höre und dann anschließend zum Beispiel am Laptop sitze, soll der Übergang immer nahtlos funktionieren. Damit ist der Wechsel zwischen einer Listener-Journey zu einer Video-Journey genau so gemeint wie der Wechsel zwischen den verschiedenen Geräten. Apropos Geräte, noch eine aktuelle Zahl: Letztes Jahr wurden allein 400 Millionen Stunden Podcast mit Youtube auf dem Fernseher geguckt.
Was sind denn aktuell die erfolgreichsten Podcasts auf Youtube?
Steve McLendon: Wir schauen uns bei der Frage der erfolgreichsten Podcasts das Ranking von Edison Research an. Dabei steht z.B. in den USA The Joe Rogan Experience immer ganz weit oben, aber auch Call Her Daddy, Crime Junkie oder der Nachrichten-Podcast The Daily. Aber ich möchte das Thema mit etwas mehr Weitblick betrachten: Bei einer Milliarde Usern, die pro Monat über uns Podcasts konsumieren, reden wir über Content von einer extrem großen Vielfalt an Creatorn aus der ganzen Welt. Und der einzige Weg, um zu so einer hohen Userzahl zu kommen, ist es eben, Platz zu schaffen für die großen Top-Podcasts, aber auch für die kleinen Creator, die zu ihren Nischen-Communities sprechen und dort gefragt sind. Genau da liegt auch die Power von Youtube generell: Dass es Creator und Audiences auf der ganzen Welt zu den unterschiedlichsten Themen miteinander verbindet. Und genau das sehen wir auch im Bereich Podcasts mit der Bandbreite von aufwändig produzierten Video-Talkshows über Audio-Content hin zu Nischenthemen.
Steve McLendon
Für die Aufnahme eines einfachen Audio-Podcasts braucht man nicht viel mehr als ein ordentliches Mikrofon und einen Laptop. Bei den großen Video-Podcasts sehen wir aber zunehmend professionelle Studios, Branding, mehrere Kameraperspektiven. Ist das heutzutage der Standard, den erfolgreiche Video-Podcasts mitbringen sollten?
Steve McLendon: Im Bereich der Produktion gibt es auch wirklich ein sehr weites Feld. Ich bin gerade in New York und nehme an einer Podcast-Konferenz teil. Einer der Keynote-Speaker hier war Mr. Ballen, ein sehr großer Podcaster. Und er hat gesagt, er nimmt all seine Video-Podcasts mit einem alten Iphone auf. Also wir sehen eine riesige Bandbreite: Wir haben eine große Anzahl an Podcasts auf Youtube ohne Video, also nur die Audio-Spur und ein feststehendes Bild, bis hin zu großen hochwertigen Studioproduktionen. Und wir als Plattform wollen all diese Podcaster unterstützen.
Welchen Mehrwert bieten Video-Podcasts deiner Meinung nach?
Steve McLendon: Der Wunsch nach mehr Video hat seinen Ursprung in den Communities und bei den Creatorn selbst. Ich denke, der große Mehrwert ist, dass es beiden Seiten die Möglichkeit gibt, auf einer tieferen Ebene miteinander zu connecten. Dass die Zuschauer die Podcaster und die Gäste sehen können, bereichert die User-Journey. Und Youtube unterstützt mehr Wege, wie sie sich mit ihren Lieblings-Podcastern austauschen und interagieren können. Ein tolles Beispiel dafür sind die Kommentarspalten, aber auch die Möglichkeit, live zu gehen. Und wir sehen viel Podcaster, die als Live-Streamer auf der Plattform starten und bei denen es eben auch über Kommentare diese direkte Interaktion gibt zwischen Podcastern und Publikum.
Wie wichtig sind denn Youtube Shorts für die Discovery von Podcasts?
Steve McLendon: Shorts sind auf jeden Fall ein unheimlicher Hebel für die Auffindbarkeit von Podcasts, die die User interessieren. Und sie helfen bei der Entscheidung, ob der Inhalt für mich so relevant ist, dass ich mir die ganze Folge anhören möchte. Podcasts sind ja manchmal eine Stunde, zwei Stunden oder sogar drei Stunden lang. Sie verlangen Usern viel Zeit und Aufmerksamkeit ab und da ist die Möglichkeit dieser Kostprobe durch Shorts sehr wertvoll.
Lass uns über die Konkurrenz sprechen. Netflix hat gerade angekündigt, stärker in den Podcast-Sektor gehen zu wollen. Spotify war lange Audio-only und pusht jetzt mit Video-Podcasts stark in euer Fahrwasser. Wie nehmt ihr diese wachsende Konkurrenz wahr?
Steve McLendon: Ich kann nicht für Spotify sprechen und was ihre Strategie dahinter ist. Aber so wie ich es sehe, haben Spotify und andere Mitbewerber gesehen, wie groß der Erfolg von Youtube ist. Sie sehen, wohin es Creator und User zieht. Diese Milliarde Menschen, die unsere Plattform für Podcasts jeden Monat nutzt, spricht ja für sich. Und ich vermute, dass Spotify dieselben Chancen sieht, und sicherstellen will, dass sie in diesem erweiterten Podcast-Feld mitmischen können.
Spotify hat in den vergangenen Jahren viel Geld in Exklusiv-Verträge investiert, beispielsweise mit Joe Rogan oder Alex Cooper. Bisher gibt es so etwas bei Youtube nicht. Wären ähnliche Deals in Zukunft denkbar?
Steve McLendon: Nein, dieses Modell der Exklusivität passt einfach nicht zu Youtube. Wir wollen ein Ort sein, wo Podcaster und Creator ihr eigenes Business gründen können, auf der Basis der Plattform. Wenn man das mal reflektiert, hat Spotify diese Exklusivitäts-Deals eine Zeit lang sehr aggressiv verfolgt, ist jetzt aber auch davon abgerückt. Creator sind zur Youtube-Plattform zurückgekehrt, und einer der Gründe dafür ist mit Sicherheit auch, dass sie bei Youtube die Möglichkeit haben, ihr Business so aufzubauen, wie sie es möchten.
Welche Features sind für Podcaster bei Youtube besonders interessant?
Steve McLendon: Als ich angefangen habe, gab es keine Möglichkeiten für Creator, ihren Content als Podcast zu kennzeichnen. Es gab auch für traditionelle Podcaster, die einen RSS-Feed hatten, keine Möglichkeit, diesen auf Youtube zu integrieren. Wir haben also viel Arbeit investiert, um das zu ändern, also Podcasts als solche zu deklarieren, Episoden in Listen zu organisieren, auf Youtube Analytics Daten über den Content bereitzustellen. Unser Partnership-Team ist dafür im Austausch mit den Creatorn, um herauszufinden, was ihre Bedürfnisse sind, und in meinem Team geht es um die Bedürfnisse von Podcastern im Speziellen.
Ein wichtiges Thema auf den unterschiedlichen Plattformen ist die Monetarisierung. Was kann Youtube Podcaster*innen bieten?
Steve McLendon: Podcasting ist ja traditionellerweise werbefinanziert und Youtube hat ein tolles Werbe-Business, also da gibt es erstmal einen guten natürlichen Fit. Podcasts sind außerdem ein sehr beliebtes Werbeumfeld, durch die oft persönliche Verbindung, die Podcaster mit ihren Communitys haben und besonders dann, wenn Hosts die Werbung persönlich überbringen. In unserem Youtube-Ökosystem gibt es darüber hinaus zusätzliche Möglichkeiten, Einnahmen zu generieren, z.B. durch Channel-Memberships oder über Merchandise-Artikel, die über Youtube Shopping verkauft werden können.
Wie sieht die Zukunft von Video-Podcasts aus?
Steve McLendon: Vor fünf Jahren war ein Podcast eine MP3-Datei, die in einem RSS-Feed abgespielt wurde. Heutzutage kann das immer noch so sein, aber ein Podcast kann auch ein Video sein, eine Show oder ein Live-Podcast. Ich denke, in Zukunft werden wir uns auch die Fragen stellen: Kann ein Short ein Podcast sein? Welche Rolle wird Shortform-Content im Gegensatz zu Longform-Content spielen? Für mich ist es sehr aufregend, diese kreativen Wege zu verfolgen, wohin Podcasts sich entwickeln. Und Youtube ist dabei in erster Reihe mit dabei und wir wollen dafür sorgen, dass es auch so bleibt.