Fanhouse, Fanbase & Co.: Jetzt kommen die Onlyfans-Klone

Martin Gardt5.8.2021

Immer neue Plattformen kämpfen darum, der Abo-Dienstleister für die Social-Media-Stars zu werden

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Inhalt
  1. Die pornofreie Onlyfans-Alternative
  2. Echte Freundschaften?
  3. Wollen Creator auf die Hälfte verzichten?
  4. Jetzt kommen die Creator-Kurse
  5. Auch die großen Plattformen wollen mitspielen

Jahrelang sind vor allem die großen Influencer mit klassischen Werbedeals reich geworden. Doch in der Creator Economy ändern sich aktuell Kräfteverhältnisse und Geschäftsmodelle. Selbst Youtube-Stars wie MrBeast oder Logan Paul setzen zusätzlich zu Werbeeinnahmen auf Abo-Modelle für ihre Fans – Geld gegen exklusive Inhalte. Onlyfans und Patreon zählen in dem Bereich zu den absoluten Marktführern und sind Unicorns. Kein Wunder, dass jetzt unzählige Klone der Plattformen aufploppen. Wir stellen sie vor und bewerten ihre Erfolgsaussichten.

Influencer Marketing reicht aktuell einfach nicht mehr aus, um das Geschäftsmodell großer Creator zu beschreiben. Daher sind wir mittlerweile in der Creator Economy angekommen: Internet-Stars nutzen ihre Reichweite nicht mehr nur, um fremde Produkte anzupreisen, sondern bauen eigene Unternehmen auf. Und sie werden verstärkt zu eigenen Medienunternehmen. Der Versuch: besonders treue Fans dazu bringen, für exklusive Inhalte Geld zu bezahlen (bestenfalls im Abo). Plattformen, die dabei helfen, erleben deshalb derzeit einen Boom. Patreon wird seit seiner jüngsten Finanzierungsrunde im April 2021 mit über vier Milliarden US-Dollar bewertet. Das vor allem bei Erotik-Creatorn beliebte Onlyfans will auf Grundlage einer 1-Milliarde-Bewertung frisches Geld einsammeln.

Im Schatten der beiden großen Player wächst gerade die nächste Generation der Creator-Abo-Plattformen heran. Erst vor Kurzem hatten wir über Subify berichtet. Die Plattform hilft zum Beispiel umstrittenen Youtube-Creatorn wie Logan Paul dabei, sich über ein Abo-Modell vor möglichen Demonetarisierungen durch Youtube zu schützen. In Deutschland hilft Steady (hier im OMR-Porträt) vor allem Blogger:innen und Podcaster:innen dabei, eigene Mitgliedsprogramme zu starten. Noch ist die Branche rund um die Fan-Abos aber ein bisschen Wilder Westen. Und jetzt bewerben sich einige neue Player darum, mit Creatorn zusammenzuarbeiten.  

Die pornofreie Onlyfans-Alternative

Eine der Plattformen, die sich auf dem Gebiet derzeit hervortut, ist Fanhouse. Die App lässt sich am besten als jugendfreies Onlyfans beschreiben. Die Creator laden exklusiven Content auf die Plattform. Wer den festgelegten monatlichen Abo-Preis des jeweiligen Influencers zahlt, bekommt Zugang dazu. Creator wie Emily Kyte (knapp 800.000 Tiktok-Follower) versprechen ihren Fans, auf Fanhouse „echtere“ Inhalte zu teilen und persönliche Nachrichten zu beantworten – für zehn US-Dollar pro Monat. Weitere auf Fanhouse aktive Influencer sind die Streamerin AvaGG (450.000 Follower auf Twitch), Yoshi Sudarso (332.000 Follower auf Instagram) und Nati Casanova (jeweils über 200.000 Abonnent:innen auf Twitch und Youtube).

Fanhouse Screenshot

Fanhouse wirbt damit, Creator und Community enger zusammenzubringen – und eine neue Erlösquelle zu öffnen.

Gegründet hat die Plattform Jasmine Rice, die selbst über 117.000 Follower auf Twitter verzeichnet. Die 23-Jährige hatte sich am Anfang der Pandemie im März 2020 bei Onlyfans angemeldet, um ihre treuen Twitter-Follower zu Geld zu machen. Im Sommer 2020 habe sie bereits 35.000 US-Dollar pro Monat über die Plattform verdient. Es habe nur ein Problem gegeben: die Erwartung der typischen Onlyfans-Nutzenden, dass sie für Geld auch Haut zeigen müsse. „90 Prozent der Menschen, die dort Abos abschließen, wollen nackte Haut sehen“, sagt Rice gegenüber Bustle. „Und sie werden sauer, wenn du ihnen keinen Zugang zu deinem Körper gibst, den sie in ihren Augen gekauft haben.“

Echte Freundschaften?

Jasmine Rice entscheidet sich, ihre eigene Onlyfans-Version zu gründen und startet Fanhouse für eine sichere Umgebung, ohne ständig Penisfotos gesendet zu bekommen. Im November startet die Plattform und sie gibt ihre eigentlich angedachte Karriere als Investmentbankerin auf. Vier Monate nach dem Start habe Fanhouse 5.600 monatlich aktive Nutzende und über 400 Creator eingesammelt. Und das Unternehmen sei bereits profitabel, obwohl nur zehn Prozent der Abokosten als Provision bei Fanhouse landen (bei Onlyfans sind es 20 Prozent). 

Aus Sicht von Rice fördere das neue Modell eine engere Beziehung zwischen Fan und Creator: „Wenn eine Freundin mal einen schlechten Tag hat, schicke ich ihr bei Venmo auch mal zehn Dollar und sage ihr, sie soll sich eine Suppe oder einen Starbucks-Kaffee holen. Die Fans wollen auch keine große Gegenleistung – nur dein Glück.“ Was auch immer man davon halten will: Fanhouse hat in einer ersten Investitionsrunde im Mai 2021 schonmal 1,3 Millionen US-Dollar für das weitere Wachstum eingesammelt.

Wollen Creator auf die Hälfte verzichten?

In die gleiche Kerbe wie Fanhouse schlägt auch das US-Startup Fanbase. Das von Issac Hayes III. gegründete Unternehmen setzt als Message noch stärker auf die Demokratisierung der Creator Economy. Der Gründer richtet sich vor allem an schwarze US-Creator und will sie beim Geldverdienen unterstützen: „Schwarze Kultur treibt Social Media an. Wir bringen unsere Tänze zu Tiktok, unseren Humor zu Twitter und unsere Scherze zu Instagram. Aber niemand wird dafür wirklich bezahlt.“ 

Fanbase Screenshot

Fanbase funktioniert wie Fanhouse und Onlyfans – verlangt aber 50 Prozent Provision.

Hayes will Influencer also nicht nur mit Bezahlung für ihren Content locken – der auch bei Fanbase über Abo-Modelle für exklusive Inhalte funktioniert. Er wirbt ganz bewusst damit, dass den Creatorn der Content auf seiner Plattform auch wirklich gehört. „Den Content zu besitzen und damit Geld zu verdienen, das ist der Vorteil, bei Fanbase zu sein“, sagt Hayes in einem Interview. Die App will auch technisch mit den Großen mithalten und bietet Video-Livestream-Funktionalität und die Möglichkeit, Videos mit einer Länge von bis zu einer Stunde hochzuladen. Das will sich Isaac Hayes aber auch gut bezahlen lassen: Bei Fanbase kostet das Abo eines einzelnen Creators 3,99 US-Dollar. Davon gehen 50 Prozent an das Unternehmen – also deutlich mehr als bei der großen und kleinen Konkurrenz.

Kleiner Fun Fact: Unter gleichem Namen – also Fanbase – entsteht in Deutschland gerade offenbar ein sehr ähnliches Projekt. Auch hier können Creator ihre Fans zu Abonnent:innen machen. Aktuell scheint das deutsche Fanbase noch in einer Testphase zu sein, später will das Unternehmen 9,9 Prozent der Zahlungen und zusätzlich 49 Cent pro Transaktion als Provision einziehen. Laut Impressum stecken dahinter der Domainer Stefan Wiegard (der mal in einem OMR-Artikel vorkam, weil ihm „w.de“ gehörte) und Fabian Heuschele, zuvor Vice President beim ProSiebenSat.1 Accelerator und der SevenVentures GmbH. 

Jetzt kommen die Creator-Kurse

In eine etwas andere Richtung geht das Startup Mighty Networks. Das will Creator nicht nur dazu animieren, Geld mit exklusiven Fotos, Videos und dem persönlichen Chat mit Fans zu verdienen. Sie sollen über die Plattform vor allem Kurse anbieten. Das Modell erinnert damit eher an Digistore24 (hier der Gründer im OMR Podcast) oder Elopage.

Solche Unternehmen, zu denen in den USA zum Beispiel auch Kajabi gehört, verlangen keine prozentuale Provision der Einnahmen. Creator zahlen stattdessen einen monatlichen Betrag, um die Services nutzen zu können. Klar, dass auf solchen Plattformen nicht nur Yoga-Lehrer:innen und Online-Marketer ihr Wissen gegen viel Geld anbieten. The Information hatte zuletzt über die Influencerin Christina Galbato geschrieben, die schon mit ihren ersten drei Webinaren 36.000 US-Dollar verdient hat. Ihr „Influencer Bootcamp“ und das „Blogger Bootcamp“ kosten schließlich auch pro Person jeweils knapp 700 US-Dollar.

Auch die großen Plattformen wollen mitspielen

Der Shift weg von klassischen Influencer-Deals hin zu mehr eigenem Content, eigenen Brands, eigenen Erlösströmen wird nicht mehr umzudrehen sein. Der bekannte VC Andreessen Horowitz hatte zuletzt vorgerechnet, dass etwa große Twitch-Streamer schon jetzt zu über 75 Prozent von Abos und Spenden ihrer Fans leben. Auf Twitch ist das deshalb noch einigermaßen zu erwarten, weil die Plattform bereits seit 2011 eine Subscription-Möglichkeit für ausgewählte Streamer bietet. Auch Youtube bietet seit 2018 eine Funktion für verkaufte Mitgliedschaften

Streamer Erlösquellen

So schätzt Andreessen Horowitz die Erlösquellen von Twitch-Streamern ein (Quelle: Andreessen Horowitz)

Die großen Plattformen haben auf der einen Seite verstanden, dass sie den wichtigsten Creatorn immer neue Erlösmöglichkeiten bieten müssen. Dazu wurden zuletzt von allen großen Plattformen auch Creator-Programme aufgesetzt, über die teilnehmende Influencer für ihre Posts vom sozialen Netzwerk selbst bezahlt werden. Auf der anderen Seite sehen Tiktok, Instagram & Co. aber auch das Potenzial, Provision für die Abo-Modelle der Creator zu kassieren. Twitter testet aktuell die Funktion „Super Follow“, über die Fans für knapp fünf US-Dollar an zusätzliche Inhalte ihrer Stars kommen. Und Instagram arbeitet offenbar an „Exclusive Stories“ – ebenfalls ein Abo-Modell. Selbst die Audio-Plattform Discord (hier im OMR-Porträt) bietet mittlerweile die Möglichkeit an, den eigenen Kanal nur gegen Bezahlung zugänglich zu machen.

Wie so oft laufen neue Player wie Fanhouse, Fanbase aber eben auch Onlyfans und Patreon Gefahr, von den großen Plattformen kopiert zu werden und überflüssig zu werden. Sie haben am Ende aber einen Trumpf im Ärmel: Wie schon der Fanbase-Gründer Isaac Hayes sagt: Der Content, den du bei Instagram & Co. postest, gehört dir am Ende nicht – auch nicht, wenn deine Fans dafür bezahlt haben. Wenn die jungen Plattformen Creator wirklich „Ownership“ über die Inhalte geben, könnten sie weiterhin eine spannende Alternative bleiben.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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