Vom Proll-Publishing zu Content Marketing für Wettanbieter: Wird Barstool Sports verkauft?
Casinobetreiber Penn National will angeblich den umstrittenen Publisher übernehmen
- Und warum war das erfolgreich?
- Und wie wurde daraus ein Business?
- Wie ging’s weiter?
- Warum interessant?
Ein Glücksspielunternehmen kauft ein Medienunternehmen für eine möglicherweise neunstellige US-Dollar-Summe: Was hierzulande (noch?) nicht vorstellbar ist, soll Medienberichten zufolge bald in den USA anstehen. Der politisch inkorrekte Macho-Publisher Barstool Sports soll wohl dem Glücksspielbetreiber Penn National dabei helfen, mit Content Marketing sein Wettgeschäft auszubauen. Unsere Buddies Tobi Bauckhage und Jon Handschin vom Newsletter Post aus LA beleuchten den Erfolg von Barstool und die Hintergründe des potenziellen Deals:
Vor fünf Jahren stolperten wir das erste Mal über Barstool Sports: eine Reality-Show-Website für US-Sportfans, die mit Kommentaren, Memes und täglichen Pizza-Reviews damals großes Momentum auf Youtube und Facebook aufbaute (hier ein OMR-Porträt von 2017). Jeden Tag versammelte sich eine wachsende Schar von Fraternity-Typen um Gründer Dave Portnoy und diskutierte College-Football. Häufig ging es aber auch um Celebrity Gossip oder schlicht darum, wie viel Unmengen von Bier man am Abend vorher getrunken hatte.
Und warum war das erfolgreich?
Der rasante Aufstieg von Barstool Sports hatte nicht viel mit journalistischem Können zu tun. Oder mit besonders viel Ahnung von Sport. Stattdessen traf Barstool einen besonderen Nerv. Zumindest bei einer männlichen, vorwiegend weißen Bevölkerung mit geringer oder mittlerer Bildung. Diese Gruppe war von traditionellen Medien unterversorgt, fühlte sich beim Hochglanz-Sport-Programm von ESPN (Disney) nicht mehr wohl: zu politisch-korrekt, zu professionell, zu glatt. Barstool hingegen war laut und übergewichtig, nur durchschnittlich gut aussehend, ohne fancy Words, dafür regelmäßig besoffen. Barstool sagte allen endlich mal ordentlich die Meinung und schämte sich nicht für seine Stammtischparolen und Eskapaden. Und das kam gut an. Besonders in den sogenannten „Flyover States“.
Und wie wurde daraus ein Business?
Smart bauten Dave und Konsorten um diese schnell wachsende Fangemeinde eine kostengünstige und gut monetarisierende Medienfirma mit mehreren Erlösquellen auf. Und sie gaben dem Affen Zucker. Fans verziehen Barstool jeden frauenfeindlichen Fehltritt und wurden zu eingeschworenen Jüngern der Marke. Sie nannten sich selbst „Stoolies“, kauften wie verrückt Merchandising (z.B. T-Shirts mit dem Slogan „Saturdays Are for the Boys“) und trollten ausdauernd jeden auf Twitter, der es wagte, Barstool’s Chauvi-Attitüde zu kritisieren (wie letztes Jahr z.B. Alexandra Ocasio-Cortez).
Wie ging’s weiter?
Im Januar 2016 übernahm Venture-Capitalist Peter Chernin die Mehrheit an Barstool und machte Dave zum Millionär. Chernin hatte zwanzig Jahre vorher, an der Seite von Rupert Murdoch „Fox News“ aufgebaut, dessen Erfolg ebenfalls darin bestand, die weiße, männliche Mittelschicht der USA mit kraftmeierischen Stammtischparolen zu füttern. Im Herbst 2017, ein Jahr nach Trumps Wahlsieg, war Barstool plötzlich so angesagt, dass Facebook deren Football-Saufparties eine teure wöchentliche Live Show finanzierte. Und sogar Disney wollte jetzt eine Barstool-Show auf ESPN. Die Partnerschaft platzte bereits nach einer Sendung – aufgrund erneuter frauenfeindlicher Äußerungen. Der damalige ESPN-Chef Jon Skipper zog kurzentschlossen den Stecker („Ich habe mich geirrt!“) und Dave schlug um sich wie ein wütendes Kind („We’re not going to let Mickey Mouse push us around.“).
Warum interessant?
Letzte Woche machte Barstool wieder Schlagzeilen. Die Firma, deren Rülps-Pups-College-Football-Podcast „Pardon my Take“ regelmäßig in den Top 10 der US-Podcasts ist, wird offensichtlich gerade an die Sportwetten-Firma Penn National verkauft. Sportwetten wachsen wie verrückt in den USA und es ist ein harter Wettbewerb um Marktanteile entbrannt. Das lässt sich ja auch in Deutschland beobachten: in den Fußball-Werbepausen gibt es nur noch Spots von Tipico und co. In den USA kaufen die Wettanbieter jetzt zunehmend Content-Firmen, um ihre Kunden-Akquisitionskosten zu senken. Denn im Sport-Prime-Time-TV sind die Werbeplätze teuer und umkämpft. Ein digitales Sportmedium mit klickfreundlichem Content und einer kaufwilligen Fanbase, die alles macht, was Dave sagt, scheint da eine lohnenswerte Marketing-Alternative.
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