Dieser anonyme Stuttgarter ist ein globales Musik-Phänomen, dank…

Martin Gardt6.8.2015
Mit seinem Youtube-Kanal Majestic Casual führt ein junger Stuttgarter unbekannte Musiker ins Rampenlicht. (Foto: Youtube )

Majestic Casual ist der große Unbekannte im Youtube-Zirkus. Mit Dance-Musik und träumerischen Bildern verdient der Stuttgarter dahinter viel Geld. Jetzt hat ihn eines der größten Multi Channel Networks unter Vertrag genommen.

Mit seinem Youtube-Kanal Majestic Casual führt ein junger Stuttgarter unbekannte Musiker ins Rampenlicht. (Foto: Youtube )

Mit seinem Youtube-Kanal Majestic Casual führt ein junger Stuttgarter unbekannte Musiker ins Rampenlicht. (Foto: Youtube )

Banksy, Cro und Daft Punk, ob es die (Marketing-)Masche mit der Anonymität ist oder die Unlust im Rampenlicht zu stehen: In jedem Falle hat ein junger, unbekannter Stuttgarter einen Youtube-Kanal erschaffen, der global zu den größten im Musikgeschäft gehört. Wer er ist, weiß nämlich niemand so wirklich, erreichen konnte ihn bisher nur der Rolling Stone. Man solle ihn „Nick“ nennen, das ist alles. Der junge Mann betreibt den siebtgrößten deutschen Youtube-Kanal mit knapp 2,5 Millionen Followern und über 770 Millionen Views. Deshalb will er aber noch lange nicht im Mittelpunkt stehen – ganz anders als ähnlich erfolgreiche Youtuber wie Gronkh oder LeFloid. Nicks Projekt Majestic Casual ist eher Empfehlungsplattform für junge Musiker – eine der erfolgreichsten der Welt. Jetzt entsteht daraus noch ein viel größeres Ding, das Nick zusätzlich zu den fetten Einnahmen von Youtube weiteres Geld in die Kasse spült. Wir zeigen, was hinter Majestic Casual steckt.

Es sind sehr beeindruckende Zahlen, die Majestic Casual laut dem Analysetool VeeScore aufweist: über 40 Millionen Video-Views im letzten Monat – also durchschnittlich über 1,3 Millionen am Tag. Außerdem wachsen die Fanzahlen des Kanals jeden Monat um über 40.000. Damit ist Majestic Casual nicht nur die Nr. 7 in Deutschland, sondern in der Kategorie „Entertainment“ auch international soweit vorn. In Deutschland ist nur Kontor als Musikchannel erfolgreicher. Vor drei Jahren startete Nick seinen Kanal auf Youtube: „Ich fand mich in einer Welt kommerzieller Musik mit den gleichen Songs, die im Radio rauf und runter gespielt wurden und die Ohren der Leute verstopften. Ich habe die Möglichkeit genutzt, den Menschen die Musik, die ich liebe, zu zeigen. Das ist Musik, die meine Seele bereichert und nicht unbedingt Millionen an Platten verkauft“, sagt er gegenüber Rolling Stone. Die Idee: Musik aus dem Bereich EDM (Electronic Dance Music), Indie und Singer-Songwriter etwa bei Soundcloud entdecken, bei den Künstlern oder dem Label die Erlaubnis einholen und dann den Song auf den eigenen Youtube-Channel hochladen. Dabei unterscheiden sich die „Videos“ bei Majestic Casual kaum. Jedes besteht aus dem Lied und einem verträumten Bild einer schönen Frau vor toller Kulisse. Die Fans von Majestic Casual nutzen den Kanal wohl eher als Radiosender im Hintergrund – Youtube als Streamingservice und Majestic Casual als riesiger Promo-Kanal für junge Künstler.

Die VeeScore-Auswertung von Majestic Casual – starke Zahlen. (Foto: VeeScore)

Die VeeScore-Auswertung von Majestic Casual – starke Zahlen. (Foto: VeeScore)

Neue Art Musik zu hören oder einfach nur Cash-Cow?

Nick selbst sagt über seinen Channel: „Ich mag es Kopfkino zu haben – einem Song zuhören und eine Filmszene erträumen. Das will ich meinen Abonnenten bieten.“ Mit seinem Kopfkino bei Youtube allein hat der Stuttgarter bisher schätzungsweise 780.000 Euro verdient. Dabei profitiert er davon, dass seine Videos kein bisschen von Aktualität leben: 70 bis 80 Prozent der täglichen Views kommen von Inhalten, die älter als 30 Tage sind. Diese Archiv-Views profitieren von der Power einiger Stars. Denn die jungen DJs, die in dem Kanal auftauchen, remixen gern Songs von berühmten Künstlern wie Ellie Goulding, Notorious B.I.G. und Macklemore. Majestics Videos sind nie gesperrt – ein Segen für viele Youtube-Nutzer. Die Leistung von Nick in diesem Spiel? Er fungiert als eine Art Radiomoderator, der die passendsten Songs für den Geschmack seiner Fans sammelt und spielt. 

Das Potenzial von Majestic Casual hat jetzt auch eines der größten Multi Channel Netzwerke in Deutschland erkannt. Seit dem 1. August steht Nick bei Studio71 unter Vertrag – dem Netzwerk von ProSiebenSat.1. Matthias Bohlig, Konzernsprecher für den Bereich rund um Studio71, kann deshalb gegenüber Online Marketing Rockstars noch nicht ganz prophezeien, was das Netzwerk mit Majestic Casual genau vorhat. Zuerst stünden mit neuen Youtube-Künstlern Workshops auf dem Programm – mit Bestandsaufnahme und der Frage nach Verknüpfungspunkten. Und davon gibt es bei ProSiebenSat.1 so einige: Eigenes Plattenlabel (Starwatch Entertainment) und ein eigener Streamingservice (Ampya). Nachdem sich Studio71 zu Beginn auf den Gaming-Bereich mit Schwergewichten wie dem erfolgreichsten deutschen Youtuber Gronkh konzentriert hatte, stellt sich das Multi-Channel-Netzwerk jetzt zum Beispiel mit LeFloid und Beauty-Youtuberinnen breiter auf. Majestic Casual ist der erste Musikchannel von Studio71, weitere sollen aber folgen.

Aus dem Kanal wird eine Merchandise-Maschine

Wie so viele andere Youtube-Stars versucht auch Nick von Majestic Casual in andere Entertainment-Bereiche vorzustoßen. Schon 2013 veröffentlichte er seine erste Doppel-CD mit den Songs aus seinem Kanal. Dabei arbeitete er mit einem britischen Label zusammen. Ein Jahr später kam Album Nr. 2 in Kooperation mit Kontor Records (dem Label zum größten Musikkanal Deutschlands). Neben CDs verkauft Nick T-Shirts im eigenen Online-Store. Mittlerweile ist sein Projekt also viel mehr als ein Youtube-Kanal: Auf Facebook folgen ihm über 660.000 Fans, bei Twitter über 63.000, bei Soundcloud 317.000 und bei Instagram über 26.000. Seine weiteren Youtube-Kanäle Majesticdubstep (15 Millionen Views) und Majesticdnb (Drum and Bass, 7,4 Millionen Views) sind ebenfalls sehr erfolgreich. Dank seiner Follower-Power entsteht mittlerweile eine Win-Win-Situation für ihn und die Künstler. Er bekommt leichter die Erlaubnis der Labels die Musik zu verwenden und die Musiker kostenlose Promotion und hunderttausende Zuhörer. Allerdings scheint nicht immer alles mit rechten Dingen zuzugehen. Einige Major-Labels sehen es nicht gern, wenn jemand mit ihren Inhalten Geld verdient (ohne etwas an sie zu zahlen) und melden wohl auch Urheberrechtsverletzungen bei Youtube.

Für die Fans hat Majestic-Casual so einiges im Programm.

Für die Fans hat Majestic-Casual so einiges im Programm.

Dieses Prinzip hat Majestic Casual auch in die Offline-Welt übertragen. Er präsentiert auf dem C/O Pop Festival in Köln einen Party-Abend mit DJs, die er auf seinem Channel promotet hat. Auch beim Stuttgart-Festival Ende Juli war Majstic Casual einer der größten Partner, wie zuvor schon in Miami und London. Damit verwandelt er sich in eine Art Label, das seinen Musikern Auftritte verschafft. Und hier soll noch lange nicht Schluss sein: Aktuell sucht Nick erste Autoren für eine „Majestic Selects Lifestyle“-Webseite. Diese sollten Interesse an Fotografie, Architektur und Design haben. Von Musik also keine Rede. Das Ziel könnte also ein richtiges Lifestyle-Imperium aus cooler Musik, schönen Bildern und einem ordentlichen Verdienst sein.

Update 25.11.2015

Nach knapp 2,5 Millionen Followern und 900 Millionen Views ist vorerst Schluss für Majestic Casual. Der Kanal wurde von Youtube gesperrt. Wer ihn aufruft bekommt nur die Meldung, dass wiederholte Urheberrechtsverletzungen gemeldet wurden – die über 1.000 Songs wurden gelöscht. Anscheinend hatte Nick nicht immer bei den entsprechenden Künstlern und ihren Labels angefragt, ob er die Songs verwenden darf. Es wird vermutet, dass große Labels die Löschung vorangetrieben hätten. Auf seiner Facebook-Seite entschuldigt sich der Kanalbetreiber mit einem knappen „…sorry for this“ bei seinen Fans. Gleichzeitig kündigt er mit einem „I’ll be back“-Video seine Rückkehr an. Ein besonderer Schlag ist die Löschung von Majestic Casual auch für Studio71. Das Multi-Channel-Netzwerk hatte den Kanal ja erst vor ein paar Wochen unter Vertrag genommen und als ersten großen Einstieg in den Musikbereich bei Youtube angekündigt. Wir beobachten die Geschichte weiter für Euch.

Update 15.02.2016

Nach etwa einer Woche war der Youtube-Kanal wieder online. Offenbar ist jetzt alles wieder beim Alten.

MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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