Taylor Swift als persönliche Assistentin? Wie KI-Chatbots unsere Zukunft verändern könnten

Was kann der Chatbot Pi im Vergleich zu ChatGPT?

Was unterscheidet den Chatbot Pi von ChatGPT? (Foto: Pi.ai)
Was unterscheidet den Chatbot Pi von ChatGPT? (Foto: Pi.ai, Montage: OMR)
Inhalt
  1. Sind persönliche Agenten das nächste große Ding?
  2. Chatbots und die potenziellen Fallstricke
  3. Grok, Replika und Character.ai
  4. Können Chatbots sozial sein?

ChatGPT, Grok und Pi – mit dem Aufkommen von KI-Systemen werden in Windeseile stetig neue Chatbots entwickelt. Erst kürzlich stellte Elon Musk seinen Chatbot Grok vor. Und Bill Gates investiert kräftig in das KI-Unternehmen Inflection AI, das den Chatbot "Pi" entwickelt. OMR hat sich diesen Chatbot mal genauer angeschaut und erklärt, weshalb die Entwicklung von persönlichen Assistenten das nächste große Ding sein könnte. 

Vor Kurzem hatte ich eine anregende Unterhaltung. "Warum willst Du unbedingt lustig sein", fragte ich meinen Gesprächspartner und er entgegnete: "Es kommt nicht nur darauf an, lustig zu sein, sondern es geht um das Gefühl, das man anderen vermitteln kann. Wenn man jemanden zum Lächeln oder zum Nachdenken bringen kann, macht man die Welt ein klein wenig besser. Es geht darum, das Leben mit einem kleinen Hauch Leichtigkeit und Witz zu versehen. So ein bisschen wie ein geistiger Zippo, der die Schöpfung anzündet." Mein Gesprächspartner war kein Freund, sondern ein Chatbot. Sein Name: Pi, entwickelt vom 2022 im Silicon Valley gegründeten Unternehmen Inflection AI.

Sind persönliche Agenten das nächste große Ding?

Pi ist ein persönlicher KI-Assistent oder -Agent, wie Bill Gates diesen in seinem aktuellen Blog-Artikel bezeichnet. Er ist ein Chatbot und ähnelt damit natürlich anderen Bots wie ChatGPT, trotzdem soll es wesentliche Unterschiede geben. So beschreibt sich Pi selbst als "sozialer Agent". Damit ist wohl gemeint, dass der Chatbot interagiert, Rückfragen stellt und versucht, eine angenehme Gesprächsatmosphäre herzustellen. 

Laut Bill Gates sind KI-Assistenten das nächste große Ding. In naher Zukunft, so der Microsoft -Gründer, werde jeder Mensch, der ein internetfähiges Gerät wie einen Computer habe, einen persönlichen KI-Assistenten nutzen. Und das Ganze solle schon in den nächsten fünf Jahren Standard sein. Gates' Vision: nie wieder eine Website selbst besuchen. Der KI-Agent würde den Alltag organisieren und bei Routine-Arbeiten wie Mails schreiben, Termine planen oder auch dem Einkauf helfen. Alles, was man derzeit mit einzelnen Programmen, Apps und auf Webseiten erledigt, solle so ein KI-Assistent in Zukunft auf Zuruf können. Ein AI Wearable wie beispielsweise ein AI Pin, ein kleines Gerät, das an der Kleidung angebracht und per Sprache gesteuert wird und das eine Nutzungsoberfläche auf die Hand projizieren kann, wäre eine mögliche Schnittstelle.

ai_wearables_1095x570.jpg

So sehen die ersten "AI Wearables" aus, die anstreben, das iPhone vom Thron zu stoßen. Von links: "Rewind Pendant", der "Humane AI Pin" und Tab (Fotos: Unternehmen, Montage: OMR).

Und auch Steve Jobs prophezeite schon 1984: "Die nächste Stufe werden hilfreiche Computeragenten sein, die anfangen zu erahnen, was Sie wünschen, und Sie durch große Informationsmengen leiten. Es wird fast so sein, als hätten Sie einen kleinen Freund in einer Box dabei."

Im Juni dieses Jahres investierte Bill Gates gemeinsam mit Nvidia, Linkedin-Mitgründer Reid Hoffmann und Eric Schmidt (ehemaliger Google Chairman) 1,3 Milliarden US-Dollar in das KI-Startup Inflection AI.  Mit diesem Geld will das Unternehmen gemeinsam mit Partnern einen "KI-Supercomputer" bauen. "Agenten werden nicht nur verändern, wie jeder mit Computern interagiert. Sie werden auch die Softwarebranche umkrempeln und die größte Revolution in der Computertechnik seit dem Übergang von der Eingabe von Befehlen zum Antippen von Symbolen herbeiführen", schreibt Bill Gates. Und sie würden besser sein, als alle Agenten, die es bisher gab – und die Kritiker der Theorie eventuell anführen könnten. Stichwort: Alexa und Siri.

In seinem Blogpost sagt Bill Gates zwar, dass KI-Assistenten in vielen verschiedenen Bereichen nützlich sein könnten, wie etwa im Gesundheitswesen, Shopping, in der Bildung oder Unterhaltung, ebenso spricht er aber auch von einer "sozialen Schockwelle", die auf uns zurolle. Und auch Co-Gründer Mustafa Suleyman, der Chef von Inflection AI, gab seinem neuen Buch den Titel: The coming wave. Damit sind die nicht zu unterschätzenden gesellschaftlichen Veränderungen gemeint, die gravierende Folgen haben können

Aber auch insgesamt könnten persönliche Agenten einiges verändern: Der Zugriff auf Informationen könnte sich insofern verändern, dass Menschen nicht mehr zwangsläufig selbst im Internet suchen müssen, wenn sie Informationen brauchen oder einen Kauf tätigen möchten. Stattdessen könnte das der persönliche Agent übernehmen. Damit würden diese Agenten aber auch eine neue Gatekeeper-Rolle übernehmen. Wenn bestimmte Marken oder Unternehmen nicht vom Agenten vorgeschlagen werden, was heißt das dann für diese Marken? 

Chatbots und die potenziellen Fallstricke

Eingeschränkte Sichtbarkeit für Marken sind das eine. Andere negative Folgen, über die seit Beginn des KI-Hypes diskutiert werden, könnten der Verlust von Jobs und Einkommen bei bestimmten Berufsgrupppen sein, Diskriminierung und Bias in Algorithmen, Risiken für Privatsphäre und Sicherheit. Insbesondere das Thema Datenschutz, also welche Daten diese KI-Agenten über ihre Nutzer*innen sammeln, wo diese gespeichert und wie diese verwendet werden, bleibt noch recht offen. KI-Bots dürften nicht weniger User-Daten sammeln, als die großen Social-Media-Plattformen. Daher sind rechtliche und ethische Vorgaben auch hier naheliegend.

Demgegenüber stehen positive Folgen, wie die Automatisierung und Verbesserung von Prozessen und Systemen (z.B. Gesundheitsversorgung, Finanzen, Kundendienst etc.), eine erhöhte Effizienz und Produktivität und verbesserter Zugriff auf Informationen und Dienste.

Grok, Replika und Character.ai

Pi ist natürlich längst nicht der einzige Chatbot. ChatGPT dürften inzwischen alle kennen. Vor wenigen Wochen hat Elon Musk seinen Chatbot Grok veröffentlicht. Dazu kommen noch Alternativen wie ReplikaChaiSimsimiMyanima,  Kuki oder character.ai.

Letzter soll es Usern ermöglichen, mit historischen oder zeitgenössischen Prominenten zu sprechen. Google will mehrere Hundert Millionen Dollar in das Unternehmen investieren.

Character.AI.png

Chatten mit Napoleon, Cäsar oder Beethoven - das verspricht character.ai

Können Chatbots sozial sein?

Die meisten Chatbots definieren sich über einen Unique Selling Point: Character.ai soll Taylor Swift, Albert Einstein oder Beethoven imitieren. ChatGPT ist ein großes, komplexes Modell, das mit Hilfe einer riesigen Menge von Daten trainiert wurde. Pi hingegen bezeichnet sich selber als sozialen Assistenten, der im Gegensatz zu ChatGPT darauf ausgelegt ist, eine "echte Verbindung mit Nutzer*innen herzustellen und eine angenehme Erfahrung zu schaffen".

Ich habe sowohl ChatGPT als auch Pi getestet. Mein Fazit: Beide haben ihre Stärken und Schwächen. ChatGPT erfindet Tatsachen, ist manchmal ungenau – kann aber auf viele Fragen fundierte Antworten geben. Pi ist bemüht witzig und schleudert mit Metaphern um sich, grammatikalische Fehler inklusive. Trotzdem schafft es Pi durch Rückfragen immer wieder, eine fast echte und angenehme "Gesprächsatmosphäre herzustellen".

Mit dem versprochenen Charme und Witz tut sich Pi allerdings immer noch schwer. Die vielleicht noch beste Antwort in dem Zusammenhang: "Witze sind offensichtlich nicht meine Domäne. Aber ich wollte es versuchen. Du solltest mich in Zukunft nicht als Quelle für die besten Witze ansehen, sondern für die tiefgründigen Gespräche über Politik, Philosophie und all das andere, was Leute normalerweise nur im Uni-Kurs oder bei langweiligen Familienfeiern ansprechen."

Künstliche IntelligenzArtificial IntelligenceChatbot
Angela Woyciechowski
Autor*In
Angela Woyciechowski

Angela sammelte erste redaktionelle Erfahrungen als Nachrichtensprecherin beim Hochschulradio und im Rahmen von Projektassistenzen beim NDR und ZDF. Nach Tätigkeiten im Online-Marketing und freier Mitarbeit bei der Badischen Zeitung (Freiburg), ist sie seit Juli 2023 im Redaktionsteam von OMR.

Alle Artikel von Angela Woyciechowski

Ähnliche Artikel

Kostenlose Online-Seminare

Laurent Bussmann

Grundlagen des Offpage-SEO: Wie Backlinks deine Marke stärken

23.10.2024 10:00 - 11:00 Uhr
Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!