Pavalo Clothing: Mit TV-Parodie-Clips zu Millionen-Reichweiten auf Instagram und Tiktok
Zwei niedersächsische Abiturienten wollen mit ihrer Marke aus dem Kinderzimmer in die Kleiderschränke
- Ähnliche Reichweiten wie die parodierten Sendungen
- Passende Strategie für die neue Welt der Entertainment-Plattformen
- Parodierte reagieren mit Humor auf Pavalo
- Drops mit geringen Stückzahlen
- "Instagram bringt uns mehr Traffic"
Wie baut man eine Modemarke auf, wenn man kein Geld für Marketing hat? Luis Lindemann und Valentin Bölsing, 20 und 19 Jahre alt und Gründer von Pavalo, haben auf diese Frage eine ungewöhnliche Antwort gefunden: mit Comedy. Sie parodieren klassische TV-Sendungen, bauen in die Clips ihre Produkte ein und erzielen so auf Instagram und Tiktok enorme Reichweiten. OMR haben sie Einblick in ihre Zahlen gegeben.
"Bella Italia! Valencia! Hier in der Metropole Frankreichs machen rund 81 Deutsche jedes Jahr Urlaub." Mit diesem leicht Holzhammer-artigen Humor fängt ein typisches Video der Modemarke Pavalo an. Diesmal parodiert Pavalo-Gründer Valentin Peter Giesel und dessen Kabel-Eins-Show "Achtung Abzocke". In dieser Rolle lässt sich Valentin in einer Touristenfalle kaltes Essen ("Warmes Essen kostet extra!", so der Kellner) und Getränke zu total überhöhten Preisen andrehen und findet am Ende sogar noch eine gar nicht bestellte Pavalo-Jogginghose auf der Rechnung.
Ähnliche Reichweiten wie die parodierten Sendungen
"Wir haben schon in der Schulzeit überlegt, ein Business aufzubauen und haben dann gedacht, 'Klamotten sind ja ganz cool'", so Luis im Gespräch mit OMR. "Aber es gibt ja schon so viele Modemarken, und da muss man ja irgendwie herausstechen. Und weil wir nicht das Kapital hatten, um massenhaft Klamotten an Influencer zu verschicken, haben wir uns eben überlegt, dass wir es mit lustigen Videos versuchen. Das gab es ja vorher so noch nicht."
Luis und sein Pavalo-Mitgründer Valentin sind mit dieser Idee mittlerweile sehr erfolgreich: Die Parodie-Clips verzeichnen sowohl auf Instagram als auch auf Tiktok in der Regel sechsstellige Aufrufe. Manchmal sogar noch mehr: Das erfolgreichste Video ist eine Persiflage der Rubrik "Hamid sucht" aus der RTL2-Sendung "Grip" mit 2,1 Millionen Abrufen bei Instagram und 1,7 Millionen bei Tiktok. Besonders beachtlich: Dem Pavalo-Account folgen auf Instagram 69.000 Menschen, aber innerhalb der zurückliegenden 30 Tage haben die Videos dank Instagrams Empfehlungs-Algorithmus 2,8 Millionen Menschen erreicht. Zum Vergleich: "Achtung Abzocke" verzeichnet im Schnitt rund 1,2 Millionen Zuschauer*innen pro Folge.
Beeindruckende Zahlen: Pavalo hat auf Instagram innerhalb von 30 Tagen 13,7 Millionen Aufrufe verzeichnet und 2,8 Millionen Accounts erreicht (links); auf Tiktok waren es 11 Millionen Aufrufe (rechts, Screenshots zur Verfügung gestellt von Pavalo)
Passende Strategie für die neue Welt der Entertainment-Plattformen
Luis und Valentin waren nicht sofort mit ihren Clips erfolgreich. Zunächst hatten sie es mit Comedy-Videos ohne Parodie-Elemente versucht. "Da gab es dann einzelne Videos, die mal viral gegangen sind. Aber grundsätzlich war das eigentlich eher schlecht", so Valentin. Mittlerweile haben die beiden ein Rezept gefunden, das funktioniert, und dessen Muster immer gleich ist. Eine Video-Caption macht gleich klar, welche Sendung parodiert wird, dann treten Figuren mit flachhumorigen Namen wie "Axel Schweiß" oder "Bruce Twarze" in einem Low-Budget-Video (beide arbeiten noch aus Valentins Kinderzimmer heraus) auf und am Ende wird noch irgendwie versucht, ein Pavalo-Produkt zu featuren.
Vielleicht haben die beiden Pavalo-Gründer ohne es strategisch geplant zu haben, sich mit ihren Videos geschickt an die Entwicklung von Instagram und Tiktok angepasst. Denn beide Plattformen verstehen sich mittlerweile weniger als Social-Media-, sondern mehr als Entertainment-Plattformen. Beide setzen weniger auf den "Social Graph" (spielen also weniger Content auf Basis dessen aus, welchen Accounts man folgt) und mehr auf algorithmische Empfehlungen.
Parodierte reagieren mit Humor auf Pavalo
Die Videos von Pavalo punkten hier mutmaßlich gleichzeitig bei der älteren Zielgruppe, die die parodierten TV-Sendungen noch kennt, ebenso wie bei der jüngeren, die sich über die Low-Budget-Gestaltung der Clips und deren Pennäler-Humor amüsieren kann. Und weil die Parodien immer liebevoll und gut beobachtet sind, reagieren auf den Plattformen zum Teil selbst die Parodierten: "Mein Respekt! Jetzt weiß ich, wer einspringt falls ich mal verhindert bin...", kommentiert beispielsweise Peter Giesel. "Mega!!!", schreibt Grip-Moderator Hamid Mossadegh unter ein Video.
Unternehmerisch stehen Luis und Valentin mit ihrer 2023 gegründeten Marke noch recht am Anfang. Ganz zu Beginn und für die ersten Shirts setzten die beiden sogar noch auf einen Print-on-Demand-Dienstleister – mit allen Einschränkungen, die das für den Druck und bei der Qualität so mit sich brachte. Mittlerweile haben sie nach einigen Versuchen über Ali Baba einen chinesischen Produzenten gefunden, der keine hohen Mindestbestellmengen hat und mit dessen Qualität sie sehr zufrieden sind.
Drops mit geringen Stückzahlen
Um nicht selbst in allzu große Vorleistung gehen zu müssen, verkaufen sie ihre Klamotten aktuell immer noch in Drops nach dem Vorverkaufsmodus. Die Stückzahlen sind gering; die jüngste Jogginghose ging beispielsweise 80 Mal über den virtuellen Ladentisch. "Wir versuchen, uns langsam zu vergrößern", so Luis.
Bei den ersten Kund*innen versuchen die beiden mit Details zu punkte. So legen sie den Päckchen persönliche Dankesnachrichten an die Besteller*innen bei und versehen ein Wäsche-Etikett auch einmal mit einem ähnlich flachhumorigen Spruch wie in ihren Videos: "Lieber im Stuhl einschlafen als im Schlaf einzustuhlen."
"Instagram bringt uns mehr Traffic"
Verkauft wird über einen leicht handhabbaren Shopify Shop. Bislang ist Instagram ein wichtigerer Hebel als Tiktok: "Von Instagram kommen mehr Leute auf den Shop. Das können wir ja sehen", sagt Luis. "Und bei Instagram ist der Kontakt zu den Leuten über die DMs auch besser", so Valentin. Tiktok entlohnt die beiden für ihre Video-Aufrufe. "Da gleicht sich das so ein bisschen aus."
Und was soll die Zukunft bringen? "Wir haben ja die Modemarke und diesen Social-Media-Aspekt. Es könnte auch sein, dass wir in fünf Jahren nur noch als 'Personal Brand' unterwegs sind", so Luis. "Aber das wollen wir nicht. Wir wollen schon so, dass das beides ganz gut läuft." Im Sommer fangen die beiden erst einmal an, BWL zu studieren. Bis dahin produzieren die beiden erst einmal aus Valentins Kinderzimmer jeden Tag weiter Content.