Wie die Dating-App Hinge mit KI das Kennenlernen ankurbeln will

Am 7. Mai spricht Hinge-Gründer und CEO Justin McLeod beim OMR Festival darüber, wie Künstliche Intelligenz helfen kann, echte Verbindungen zu fördern.

Ein bisschen schlagfertig, gerne witzig und bestenfalls auch noch besonders kreativ – die perfekte Antwort auf Eisbrecher-Fragen zu schreiben, fällt vielen Dating-App-User*innen gar nicht so leicht. Jetzt soll KI dabei unterstützen. Grafik: Hinge
Inhalt
  1. "The dating app designed to be deleted"
  2. Creator-Marketing statt Brand Content
  3. Zwischen Dating-App-Müdigkeit und Wachstum
  4. Gründer Justin McLeod kommt zum OMR Festival 2025

Während oft von steigender Swipe-Müdigkeit auf dem Dating-Markt die Rede ist, verzeichnet Hinge das schnellste Wachstum unter den Dating-Apps. Besonders beliebt ist die App bei der Gen Z, die sich Studien zufolge nach echten Verbindungen abseits der Smartphone-Screens sehnt. Genau die will auch Hinge fördern. Doch bevor es zu Dates kommt, hapert das Kennenlernen oft an schleppenden Konversationen. Daran soll jetzt ausgerechnet ein neues KI-Coaching-Feature etwas ändern.

In England geht's zum ersten Date am liebsten in den Pub, wo britische Singles oft schon beim vierten Date über ihren Beziehungsstatus sprechen. Wir Deutschen, man ahnt es bereits, gehen die Sache langsamer an. Hier werden nach einem Match besonders gerne Sprachnachrichten zu pragmatischen Themen ausgetauscht, bis zum ersten Treffen kann es aber schon mal länger dauern. "Die Deutschen daten sich sechs bis sieben Mal, bevor sie darüber sprechen, welche Art von Beziehung sie eingehen wollen", erklärt Jackie Jantos, Präsidentin und Chief Marketing Officer bei Hinge, im Gespräch mit OMR.

2022 ist die Dating-App in mehreren westeuropäischen Ländern, darunter auch Deutschland, gestartet (damals war Gründer und CEO Justin McLeod zu Besuch bei OMR. Unseren Bericht über den Deutschland-Start kannst du dir hier noch mal durchlesen.) Seitdem sammelt das Unternehmen Informationen über die Datinggewohnheiten der Europäer*innen, um die App auf ihre Bedürfnisse anzupassen. Offenbar mit Erfolg: "Hinge ist die am schnellsten wachsende Dating-App in allen Märkten, in denen wir existieren, also in den englischsprachigen Kernmärkten USA, Großbritannien und Australien ebenso wie in unseren westeuropäischen Märkten, in denen wir vor etwa zwei Jahren gestartet sind", sagt Jantos. In Deutschland ist Hinge inzwischen auf Platz 3 der beliebtesten Dating-Apps und liegt damit hinter der Dating-App Tinder, die wie Hinge (und mehr als 40 weitere Dating-Dienste) zur Match Group gehört. Doch die Ansätze beider Apps unterscheiden sich grundlegend.

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Jackie Jantos ist seit November 2021 für das Marketing bei Hinge verantwortlich. Foto: Hinge

"The dating app designed to be deleted"

Bei Hinge soll es nicht um flüchtige Bekanntschaften, sondern um tiefere Verbindungen gehen, betont Jackie Jantos. Die App, so die erklärte Devise, sollen User*innen so schnell wie möglich wieder löschen: “Hinge ist darauf ausgerichtet, Menschen dabei zu helfen, aus unserer App herauszukommen und tolle Dates zu erleben. Diese Philosophie prägt unsere Markenkommunikation und Produktentwicklung." Ein neues Feature, das das Unternehmen am Montag gelauncht hat, soll ein Problem beheben, das vielen User*innen dabei im Wege steht.

Denn um potenzielle Matchpartner*innen für sich zu begeistern, beantworten Hinge-User*innen in ihrem Profil Eisbrecher-Fragen. Dabei können sie aus einer Vielzahl an sogenannten Prompts wählen, etwa "Wir werden uns gut verstehen, wenn..." oder "Zu diesem Thema kann ich einfach nicht die Klappe halten". Die Antworten darauf fallen allerdings häufig nicht besonders kreativ aus: Sich in einer Dating-App zu öffnen und authentisch zu präsentieren, falle vielen nicht leicht, sagt Jantos. 63 Prozent der Hinge-User*innen gaben in einer Umfrage an, nicht zu wissen, was sie in ihre Profile schreiben sollen. Das führt zu generischen oder klischeehaften Antworten und damit zwar nicht zu gebrochenem Eis, aber immerhin zu witzigem Content auf Social Media.

Das gerade eingeführte "Eisbrecher-Feedback" soll dabei helfen. "Es ist unser erstes Feature, in das wir KI in einer Coaching-Funktion einbinden, um den Menschen zu helfen, sich besser darzustellen und in tiefgründigere Gespräche einzutauchen", sagt Jantos. Wenn User*innen auf Prompts antworten, gibt die KI ihnen ein Feedback, etwa "Geh ein bisschen mehr in die Tiefe", oder "Tolle Antwort". Wer beispielsweise angibt, in seiner Freizeit gerne zu lesen, wird künftig ermutigt, noch einen Satz zum Lieblingsgenre hinzuzufügen oder eine Buchempfehlung abzugeben. Durch die zusätzlichen Anknüpfungspunkte sollen Datende schneller ins Gespräch kommen.

Creator-Marketing statt Brand Content

Durch den Launch solcher neuen Features sei regelmäßig ein deutlicher Anstieg neuer User*innen in der App spürbar, sagt Jantos. Neben der Produktentwicklung setzt Hinge aber natürlich auch auf cleveres Marketing, um sein Wachstum weiter anzukurbeln. Ein wichtiger Baustein sei dabei neben Out-of-Home-Kampagnen das Creator-Marketing, erklärt Jantos, die seit November 2021 für das Marketing des Unternehmens verantwortlich ist.

Auf eigene Social-Media-Inhalte verzichtet Hinge hingegen fast vollständig, eine einzige Kachel mit der Aufschrift "the dating app designed to be deleted" ist auf dem Instagram-Kanal von Hinge zu finden. Creator mit eigenen Communities, die die Philosophie von Hinge teilten und sich beispielsweise selbst für den Aufbau von sozialen Gruppen oder Clubs im echten Leben einsetzten, seien der bessere Weg, sich in einem Markt glaubwürdig zu positionieren, glaubt die Marketingchefin. "Ich sehe einfach nicht so viel Wert darin, in unserer Kategorie eigenen Brand-Content zu erstellen."

Zwischen Dating-App-Müdigkeit und Wachstum

Der Fokus auf Creator-Marketing hängt auch mit der strategischen Veränderung zusammen, die Hinge vor dreieinhalb Jahren angestoßen hat und deren Auswirkungen sie inzwischen deutlich spürt: "Als die App im Jahr 2016 gestartet ist, lag der Schwerpunkt auf dem etwas älteren Millenial-Publikum", sagt Jantos. Inzwischen konzentriere man sich aber auf die nächste Generation von Datenden – "weil wir einen echten Bedarf und große Wachstumschancen in der jüngeren Zielgruppe sehen." Und die ist bekanntlich sehr stark in den sozialen Medien anzutreffen. Mehr als die Hälfte der Hinge-User*innen kommt mittlerweile aus der Gen Z, deren Bedürfnisse sich beim Thema Dating stark von denen älterer Generationen unterscheiden. "Die Gen Z hat wirklich alles in Bezug auf Dating, Beziehungen und Gender-Identität verändert und wir arbeiten aktiv daran, uns so weiterzuentwickeln, dass wir all diese unterschiedlichen Bedürfnisse bedienen können", sagt Jantos.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung ist entscheidend, denn das Geschäftsmodell der Dating-Apps ist inzwischen kein Selbstläufer mehr. Von Dating-App-Müdigkeit und dem Wunsch, soziale Kontakte in der echten Welt zu knüpfen, ist häufig die Rede. Einige Apps verzeichnen sinkende Nutzer*innenzahlen und Umsatzrückgänge, auch der Aktienkurs der Match Group rutscht seit längerer Zeit stetig ab. Wie sehr ist dieser Trend bei Hinge spürbar? “Wir sehen durchaus, dass die Menschen sich von Dating-Apps ausgebrannt fühlen und nach Möglichkeiten suchen, mehr Verbindungen im echten Leben einzugehen", sagt Jackie Jantos. "Wir wissen aber auch, dass immer noch fast die Hälfte der Menschen ihre Partner online kennenlernt, also gibt es immer noch einen echten Bedarf für diese Kategorie." Hinge habe in den zwei Jahren auf den westeuropäischen Märkten ein "phänomenales Wachstum" erreicht. "Ich denke, das liegt vor allem daran, dass wir ein Bedürfnis bedienen, das auf dem Markt schon seit einiger Zeit besteht, und dass die Menschen wirklich nach bewussteren Beziehungen suchen.”

Gründer Justin McLeod kommt zum OMR Festival 2025

Darüber, wie ausgerechnet künstliche Intelligenz dazu beitragen kann, diese echten Verbindungen zu stärken, statt sie zu ersetzen, und was Hinge unternimmt, um das immer größere werdende Problem der Einsamkeit in jüngeren Generationen anzugehen, spricht CEO und Gründer Justin McLeod Anfang Mai auf dem OMR Festival 2025. Das willst du nicht verpassen? Dann füge den Firesidechat auf der Red Stage am 7. Mai um 11.20 Uhr jetzt schon zu deinem persönlichen Festival-Timetable hinzu! Hier geht's zu den Timetables für alle großen Bühnen.

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Tanja Karrasch
Autor*In
Tanja Karrasch

Tanja Karrasch ist Redakteurin bei OMR. Sie hat bei der Tageszeitung Rheinische Post volontiert und anschließend als Redakteurin gearbeitet. Vor ihrem Wechsel zu OMR arbeitete sie für die TV-Produktionsfirma Bavaria Entertainment und war als Redaktionsleiterin für zwei ZDF-Shows zuständig.

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