Ranking: Das sind die stärksten deutschen Startup-Marken des Jahres 2023
Food- und Care-Startups können sich in der aktuellen Krise am besten behaupten
- Die stärksten deutschen Startup Marken 2023
- Share mit der Höchstpunktzahl in zwei Kategorien
- Food- und Care-Brands sind die Gewinner
- Hat Air Up sich von der schlechten Presse erholt?
- Nachhaltigkeit verliert in der Kommunikation an Priorität
- Konsument*innen lassen sich stärker von Preisen leiten
- "Startups müssen im Marketing noch datenbasierter arbeiten"
Schwieriges Finanzierungsklima, sparsame Konsument*innen – "die Startup-Szene befindet sich derzeit in der vermutlich tiefgreifendsten Krise seit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes", schreibt Florian Heinemann im Vorwort der neuesten Auflage des "German Startup Brand Rankings" von Jung von Matt und Appinio. Markenbildung sei auch in Zeiten solcher Krisen ein elementarer Erfolgsfaktor für Unternehmen, so der Investor und Szene-Kenner weiter. Das jüngste Ranking zeigt, welche deutschen Startups in diesem Bereich am weitesten vorne sind.
Wie im Vorjahr liegt auch 2023 das Berliner Startup Share auf dem ersten Rang – diesmal mit deutlichem Abstand vor dem Zweitplatzierten. Unter dem Slogan "Dein Kauf tut Gutes" bietet es rund 120 verschiedene Konsumprodukte im Handel an: Lebensmittel, Getränke, Pflegeprodukte und Schreibwaren. Ein Teil der damit erwirtschafteten Einnahmen wird nach Angaben des Unternehmens für soziale Projekte gespendet, die in der Regel im direkten Zusammenhang mit dem jeweiligen Produkt stehen; in Brunnenbau- und Bildungsprojekte oder in Lebensmittel- oder Hygieneprodukt-Spenden. Share kooperiert dafür nach eigenen Angaben mit Organisationen wie der Welthungerhilfe und der Caritas.
Die stärksten deutschen Startup Marken 2023
Platz | Name | Score |
---|---|---|
1 | 846,0 | |
2 | 728,0 | |
3 | 719,3 | |
4 | 718,8 | |
5 | 717,9 | |
6 | 716,1 | |
7 | 708,2 | |
8 | 683,3 | |
9 | 678,6 | |
10 | 673,9 | |
11 | 654,3 | |
12 | 654,3 | |
13 | 653,4 | |
14 | 653,2 | |
15 | 651,0 | |
16 | 650,4 | |
17 | 635,7 | |
18 | 633,5 | |
19 | 632,1 | |
20 | 627,6 | |
21 | 627,2 | |
22 | 619,5 | |
23 | 617,7 | |
24 | 617,4 | |
25 | 613,4 | |
26 | 613,2 | |
27 | 612,9 | |
28 | 606,9 | |
29 | 602,9 | |
30 | 600,2 | |
31 | 595,1 | |
32 | 594,4 | |
33 | 591,7 | |
34 | 581,3 | |
35 | 578,1 | |
36 | 577,2 | |
37 | 569,0 | |
38 | The Nu Company (nucao) | 566,3 |
39 | 564,7 | |
40 | 560,7 | |
41 | 560,4 | |
42 | 559,1 | |
43 | 557,6 | |
44 | 556,2 | |
45 | 555,6 | |
46 | 554,2 | |
47 | 549,4 | |
48 | 544,7 | |
49 | 543,6 | |
50 | 533,4 |
Quelle: German Startup Brand Ranking, Jung von Matt & Appinio
"In 2023 haben wir das Share-Prinzip in neue Bereiche getragen, in denen Impact und Nachhaltigkeit noch nicht so verankert sind: mit der ING Deutschland starteten wir das nachhaltige Girokonto Future, gemeinsam mit Congstar unseren ersten sozialen Handytarif. Der Kern bleibt: jeder Kauf eine gute Tat", so Mitgründer Ben Unterkofler. Diese Kooperationen haben Share auch dabei geholfen, weitere Aufmerksamkeit zu generieren, meint Paul-Christian Brenndörfer von Jung von Matt: "Share hat durch solche 'Line Extensions' auch immer wieder News Value geschaffen. Und ganz generell gelingt es Share in einer heterogenen Gesellschaft, mit dem 'Jeder Kauf tut Gutes'-Konzept bei den Verbraucher*innen einen guten gemeinsamen Nenner zu finden – und das ohne Zeigefinger und ohne anzuecken."
Share mit der Höchstpunktzahl in zwei Kategorien
Jung von Matt und Appinio haben das Ranking zum dritten Mal erstellt. Als Grundlage diente wie in den Vorjahren im ersten Schritt eine vorab erstellte Liste deutscher Startups (in diesem Jahr 208 Firmen). Die Kriterien: maximal zehn Jahre alt, Hauptsitz in Deutschland, mindestens noch ein*e Gründer*in im Unternehmen, Fokus auf B2C. Zu dieser Liste führte Appinio dann sechs Befragungen durch, an denen insgesamt 48.000 Menschen teilgenommen haben.
Ziel war es nicht nur, die reine Bekanntheit der Startups zu erfragen, sondern auch die Markenwahrnehmung anhand der sieben Kategorien Identifikation, Sympathie, Vertrauen, Nachhaltigkeit, Innovation, Einzigartigkeit und Relevanz. Diese Daten wurden dann gewichtet und ein Score erstellt. Share hat dabei in den Kategorien Vertrauen und Nachhaltigkeit die Höchstpunktzahl erreicht, bei Relevanz 99 Punkte und bei Sympathie 96 Punkte.
Food- und Care-Brands sind die Gewinner
Auch wenn der Erstplatzierte derselbe ist wie im Vorjahr, hat sich im Gesamt-Ranking 2023 doch einiges geändert. Im Jahr 2021 waren noch viele Startups rund um das Thema Geldanlage im Ranking vertreten, teilweise sogar auf den vorderen Plätzen, so wie Vivid (Platz 2) und Trade Republic (Platz 4). Im Jahr 2022 lag mit Arive ein Startup auf Platz 3, das den Kund*innen iPhones, hochpreisige Parfüms oder Champagner innerhalb von einer Stunde nach Hause lieferte.
2023 hat sich das Bild gewandelt: "Die Änderung des wirtschaftlichen Klimas spiegelt sich auch im Ranking wieder", so Paul-Christian Brenndörfer. Alles, was größere Investments verlangt oder risikoreicher ist, hat verloren, so wie Travel und Finanzen. Alles, was low involvement ist, hat gewonnen." Die großen Gewinner seien Marken, die es schafften, trotz Krise Konsumlust zu wecken. "Das sind Food- und Care-Brands, die, gerade weil sie weniger abverlangen als eine Urlaubsreise oder ein ETF-Fonds, zurzeit umso begehrlicher sind."
Hat Air Up sich von der schlechten Presse erholt?
"Care Brands" belegen im diesjährigen Ranking zwei Plätze in den Top 10: Dermanostic auf Platz zwei (hier im OMR Porträt) will mit einer App den Hautarztbesuch ersetzen, Formel Skin auf Platz sechs verkauft personalisierte Hautpflegeprodukte. Beide nutzen Künstliche Intelligenz bei der Diagnose. Während bei Formelskin die Produkte im Mittelpunkt stehen, stellt Dermanostic das eigene Ärzte-Team in den Vordergrund. Beide haben offenbar funktionierende Marken aufgebaut, aber der menschliche Ansatz von Dermanostic kommt noch einen Tick besser an: "Auch Startups, die eine Marke aufbauen wollen, müssen breiter ansprechen", sagt Brenndörfer.
Auf Platz 3 liegt in diesem Jahr Air Up, ein Startup, das eine Trinkflasche und dazu gehörige Duftpods anbietet, die den Nutzenden vorgaukeln, dass das Wasser in der Flasche aromatisiert ist. Im Jahr 2021 lag Air Up auf Platz 1, rutschte aber 2022 auf Platz 18 ab – möglicherweise auch wegen kritischer Berichterstattung von Spiegel, Zeit und Jan Böhmermanns ZDF Magazin Royal über die mangelnde Umweltfreundlichkeit der Duftpods. Mitgründerin Lena Jüngst räumte damals Fehler ein und thematisierte auch danach die Versuche Air Ups, nachhaltiger zu werden.
Nachhaltigkeit verliert in der Kommunikation an Priorität
"Das Unternehmen hat seine Konsequenzen aus den Ereignissen gezogen und stellt mittlerweile das Thema Hydration als Value Proposition in den Vordergrund und Nachhaltigkeit eher in den Hintergrund", sagt Paul-Christian Brenndörfer. "So spricht Air Up in der Kommunikation jetzt weniger über vermiedene Plastikflaschen und deren CO2-Abdruck als über Gesundheit." Außerdem habe das Startup den eigenen Markenauftritt zuletzt noch einmal aufpoliert: Die Qualität der Visuals ist besser geworden, das erklärungswürdige Produkt wird über alle Kanäle noch einmal charmanter erklärt. Und die neue Edelstahlflasche als Sonderedition verleiht der Marke noch einmal eine neue Wertigkeit."
Air Up ist nicht das einzige Beispiel, das in der Außendarstellung nicht mehr so stark auf Nachhaltigkeit setzt: "Wir sehen, dass sich Startups mit der Thematisierung von Nachhaltigkeit zurücknehmen. Selbst die Firmen, die sich das maximal auf die Fahnen schreiben könnten und konstant Ihre Standards heben, stellen das Thema in der Kommunikation maximal auf Ebene zwei", so Brenndörfer. Viele würden andere Produktnutzen abseits des 'besseren Gewissens' stärker hervorheben: "Der Solaranlagenvermieter Enpal beispielsweise stellt mittlerweile stärker das Thema Selbstversorgung in den Vordergrund. Auch 1komma5° priorisiert seit kurzem funktionale Benefits in ihrem Webauftritt."
Konsument*innen lassen sich stärker von Preisen leiten
Diese Entwicklung könnte auch mit der zunehmenden Sparsamkeit der Verbraucher*innen zu tun haben: "Wenn man Konsumierende nach dem Thema Nachhaltigkeit fragt, sagen alle, dass es sehr wichtig ist. Beim tatsächlichen Kauf kann es aber aus verschiedenen Gründen sein, dass der Preis eine entscheidendere Rolle spielt", sagt Constanze Schumann-Plekat von Appinio. "Es gibt also eine Differenz in dem, was Konsumierende sagen, was wichtig ist und dem, was den tatsächlichen Kauf beeinflusst."
Appinio führt seit einiger Zeit unabhängig vom Startup Brand Ranking Inflationsumfragen unter Konsument*innen durch: "Im Sommer erklärten 72 Prozent der Befragten wegen der Inflation weniger Geld für Freizeitaktivitäten auszugeben und an erster Stelle beim Auswärtsessen (70 Prozent) zu sparen. Davon profitieren starke Food-Marken, denn offenbar machen sich die Menschen lieber zuhause ein gutes Essen."
"Startups müssen im Marketing noch datenbasierter arbeiten"
Für Startups ist diese Situation aus mehreren Gründen zwiespältig. Zwar kann eine starke Marke in dieser Situation eine zentrale Rolle spielen, weil sie bei der Differenzierung helfen. Andererseits verlangt es die wirtschaftliche Situation, dass das Geld im Marketing noch viel gezielter ausgegeben wird. "Klar, Startups müssen sowieso stark aufs Geld schauen. Aber in der aktuellen Situation sind 10.000 Euro, die falsch ausgegeben wurden, noch schmerzhafter als sonst", sagt Schumann-Plekat. "Da empfiehlt es sich, noch datenbasierter zu arbeiten, Entscheidungen schon vorab zu validieren oder neue Maßnahmen erst einmal mit einem kleineren Budget zu testen."
Transparenzhinweis: OMR ist minderheitlich an Appinio beteiligt.