Unsexy, unterschätzt und unheimlich erfolgreich: So viel Geld steckt im Markt für Preisvergleichsdienste

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Inhalt
  1. Wir sagen Euch, welche Player am erfolgreichsten sind
  2. Google: Innerhalb von zwei Jahren zum Marktführer
  3. Benachteiligt Google aktiv Mitbewerber?
  4. Dreistellige Millionenbeträge für Preisvergleich-Klicks
  5. Unabhängigkeit von Google durch Social-Media-Traffic
  6. Facebook Product Ads gewinnen an Fahrt

Wir sagen Euch, welche Player am erfolgreichsten sind

nerd_calculator Preisvergleichsportale mögen weit davon entfernt sein, der neue „heiße Scheiß“ im Online Marketing zu sein – und doch sorgen sie alleine bei deutschen Online-Shops jedes Jahr für Milliarden-Umsätze. Eine Online Marketing Rockstars exklusiv vorliegende Untersuchung bringt nun erstmals Licht in den Markt und enthüllt die umsatzstärksten Anbieter.

„Ich schätze, dass Preisvergleichsdienste im deutschen E-Commerce monatlich für Umsätze in mindestens dreistelliger Millionenhöhe sorgen“, sagt Ralf Priemer, Mitgründer und Geschäftsführer von Channel Pilot. Das Gesamtumsatzvolumen, das Online-Shops über solche Dienste erwirtschaften, dürfte sich dementsprechend im Milliarden-Euro-Bereich bewegen.

Ralf Priemer

Ralf Priemer

Priemer dürfte wissen, wovon er spricht: Die Kunden seines Unternehmens setzen aktuell über Preisvergleichsportale und Produktsuchmaschinen monatlich insgesamt 45 Millionen Euro um. Channel Pilot, 2011 gegründet, ist eines von mehreren Unternehmen (andere Anbieter sind etwa PIA Feed Dynamix und Products Up), das im vergleichsweise jungen Markt für das so genannte Produktdatenmarketing oder auch Feed Engine Management aktiv ist. Bei dieser Marketing-Spielart übermitteln Online-Shop-Betreiber mittels einer Software automatisiert Informationen über die Artikel in ihrem Sortiment in Form eines Produktdaten-Feeds an Marktplätze, Preisvergleichsportale und andere Produkt-Aggregatoren, die eigene Reichweiten aufgebaut haben. Darüber hinaus können die Shop-Betreiber ihre Aktivitäten mit der Software auf solchen Portalen optimieren und beispielsweise ihre Preise an die der Mitbewerber anpassen. Nach Unternehmensangaben verfügt die Channel-Pilot-Software über Schnittstellen zu 2.000 Shopping-Kanälen.

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Exklusiv für Online Marketing Rockstars hat das Unternehmen ermittelt, welche der Preisvergleichsportale im vergangenen Jahr für die Channel-Pilot-Kunden den meisten Umsatz erwirtschaftet haben. „Wir haben 500 deutsche Online-Shops als Kunden, die monatlich 40 Millionen Klicks durch Preisvergleichsdienste bekommen“, sagt Ralf Priemer. Die Software von Channel Pilot wird beispielsweise von diversen Unternehmen der Otto Group (wie Bon Prix, Baur und About You) sowie von Cyberport und Obi genutzt. „30 Prozent unserer Kunden gehören zu den Top 500 Shops, drei gehören zur deutschen E-Commerce Top 10.“ Channel Pilot sei aber für Shops jeder Größe und aus allen Branchen tätig. „Wenn man davon ausgeht, dass es in Deutschland im Umsatzbereich ab 100.000 Euro zwischen 5.000 und 6.000 Shops gibt, die ihre Produkte in Preissuchmaschinen platzieren, würden wir damit acht bis zehn Prozent des Marktes abdecken. Damit lassen unsere Daten zwar noch keine statistisch valide Hochrechnung auf den Gesamtmarkt zu – Tendenzen lassen sich aber durchaus ablesen.“

Google: Innerhalb von zwei Jahren zum Marktführer

Die Auswertung der Channel-Pilot-Daten zeigt, dass Google innerhalb der vergangenen Jahre offenbar die Marktführscherschaft unter den Preisvergleichsdiensten an sich gerissen hat. Und das, nachdem das Unternehmen in diesem Bereich lange eine eher untergeordnete Rolle gespielt hatte. Was früher Froogle und Google Product Search hieß und kostenlos war, wurde vom Branchenprimus aus Mountain View im Jahr 2012 auf ein kostenpflichtiges Modell umgestellt: so genannte Product Listing Ads (PLA), mit denen die Werbetreibenden ihre Produkte in Google Shopping platzieren können. Mittlerweile sind die Produktanzeigen für den Konzern in seinem Heimatmarkt der größte Wachstumstreiber, wie eine Analyse der US-Performance-Agentur Merkle RKG zeigt. Das Geschäft mit normalen Textanzeigen wächst demgegenüber aktuell nur noch langsam.

Seit Februar 2013 gibt es die PLA auch in Deutschland. Diverse Mitbewerber sehen seitdem nur noch die Rücklichter von Google: Von Unternehmen und Portalen wie Ciao, Kelkoo, Yatego und dooyoo ist im Markt deutlich weniger zu sehen; auch Guenstiger.de, lange einer der größeren deutschen Player (und bereits im Jahr 2011 vom US-Unternehmen Nextag aufgekauft), ist heute nicht mehr in der Top 5 vertreten.

Benachteiligt Google aktiv Mitbewerber?

„Im Markt hat eine Konsolidierung und eine Verdrängung Richtung Google stattgefunden“, sagt Ralf Priemer. „Google hat in den vergangenen Jahren das eigene Produkt Google Shopping stark gepusht und ist damit zum Marktführer aufgestiegen. Wenn wir Kunden neu gewinnen, ist es für die fast immer am spannendsten, bei Google Shopping vertreten zu sein – und erst danach kommen andere Anbieter.“ Für viele klassische Anbieter seien die organischen Ergebnisse von Google eine wichtige und günstige Traffic-Quelle gewesen. „Weil sie nach diversen Algorithmus-Updates und einigen Abstrafungen mittlerweile von Google jedoch immer schlechter gerankt werden, haben sie Traffic und damit Marktanteile verloren.“ Bereits im Jahr 2014 äußerten mehrere Marktteilnehmer gegenüber Online Marketing Rockstars die Vermutung, von Google bewusst benachteiligt zu werden.

Gut gegenüber Google behaupten kann sich offensichtlich noch der Axel Springer Konzern. Das Medienhaus hält seit einiger Zeit ebenso einen Mehrheitsanteil an Idealo wie am Ladenzeile- und Shopalike-Betreiber Visual Meta. Rechnet man die von Channel Pilot ermittelten Umsatzanteile von Ladenzeile und Idealo zusammen, liegt Springer sogar vor Google.

Dreistellige Millionenbeträge für Preisvergleich-Klicks

Die beiden größten Player im Markt dürften mit ihren Diensten ansehnliche Umsätze erzielen. Klickt ein Besucher einer Produktsuchmaschine sich in einen der dort vertretenen Shops durch, bezahlt der jeweilige Shop-Betreiber das Preisvergleichsportal für diesen Besucher. „Unsere Kunden zahlen für einen Klick im Durchschnitt zwischen 25 und 30 Cent“, sagt Ralf Priemer. Verrechnet man dies mit den 40 Millionen Klicks, die die Channel-Pilot-Kunden monatlich durch die Preisvergleiche verzeichnen, so kommt man auf zehn bis zwölf Millionen Euro an Traffic-Kosten, die alleine die Channel-Pilot-Kunden an die Portalbetreiber monatlich zahlen. Wenn Channel Pilot also acht bis zehn Prozent des Gesamtmarktes abdeckt, geben deutsche Online-Shops vermutlich einen hohen zweistelligen bis niedrigen dreistelligen Millionen-Eurobetrag pro Monat für Klicks von Preissuchmaschinen aus.

Während es den klassischen, lokalen Anbietern immer schwerer fällt, im härter werdenden Wettbewerb um diese Budgets gegenüber Google zu bestehen, feiern seit wenigen Jahren jüngere Anbieter im Markt mit andersartigen Modellen beachtliche Erfolge. „Im vergangenen Jahr hat uns die Entwicklung von Anbietern wie Stylight sowie, als Hidden Champion, Stylefruits beeindruckt“, sagt Ralf Priemer. „Diese Dienste entsprechen zwar in technischer Hinsicht einer klassischen Preissuchmaschine, setzen nach außen aber auf eine ganz andere Art der Produktpräsentation, die an ein Premium-Modekaufhaus oder ein Modemagazin erinnert.“ Ein Blick auf die genannten Portale zeigt, wie stark deren Betreiber auf Content und Produktinszenierung setzen. Kleidungsstücke werden beispielsweise, ähnlich wie in Promi-Magazinen, an bekannten oder aufstrebenden Stars gezeigt. „Da haben die User Spaß am Durchklicken“, so Priemer.

Unabhängigkeit von Google durch Social-Media-Traffic

Mit dieser Art von Content fällt es den Betreibern der Seite offensichtlich vergleichsweise leicht, Traffic über Social Media zu akquirieren. Besonders Stylefruits ist offenbar sehr erfolgreich damit, Besucher über Facebook auf die eigene Seite zu lenken. Die Seite verzeichnet bei Facebook drei Millionen Fans und hohe Engagement-Raten. Die Stylefruits-Betreiber sind somit nicht so stark wie andere Anbieter von Google als Traffic-Kanal abhängig.

Darüber hinaus erschließen die neuen Modesuchmaschinen eine für Preisvergleichsdienste – die ja tendenziell eher männliche Nutzer haben – neue Zielgruppe, nämlich junge Frauen. „Diese neuen Modelle jagen einigen von den klassischen Produktvergleichern gerade erfolgreich Marktanteile ab“, so Priemer.

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Der Erfolg dieser Modelle hat augenscheinlich dazu geführt, dass die umsatzstärkste Branche bei den Preisvergleichen nicht mehr die Unterhaltungselektronik ist. „Produktsuchmaschinen wie Ladenzeile, aber sogar auch Idealo sowie natürlich die bereits erwähnten Stylight und Stylefruits sind technisch zwar Preisvergleichsdienste, werden von den Kunden aber immer mehr dazu genutzt, um im Riesenkaufhaus Internet überhaupt Produkte zu finden“, sagt Priemer. „Diese Entwicklung nimmt zu und ist entscheidend dafür verantwortlich, dass unter den Branchen, die bei Preisvergleichen aktiv sind, Bekleidung und Schuhe mittlerweile auf dem ersten Rang liegen.“ Unterhaltungselektronik liege aber eng hinter dem Modesegment, so der Channel-Pilot-Geschäftsführer weiter.

Facebook Product Ads gewinnen an Fahrt

Für die klassischen Anbieter zeichnet sich am Horizont bereits eine weitere Gefahr ab: „Facebook entwickelt sich gerade zu einer starken Konkurrenz für klassische Preis- und Produktsuchmaschinen“, sagt Ralf Priemer. Noch ist das Unternehmen nicht in der Top 10 der Anbieter vertreten – das könnte sich aber im Zeitraum von einem bis zwei Jahren ändern. „Seit einigen Monaten bewerben immer mehr unserer Kunden ihre Produkte mit Facebooks Product Ads und alle sind mit den Ergebnissen äußerst zufrieden“, so der Channel-Pilot-Geschäftsführer. „Facebook bietet nicht nur eine riesige Reichweite, sondern auch fantastische Targeting-Möglichkeiten.“

Sich gegenüber den großen US-Konzernen zu behaupten, wird für lokale Player also auch in diesem Bereich in Zukunft immer schwerer werden. „Ich glaube, dass Google den klassischen Anbietern weiterhin Traffic und Umsatz wegnehmen wird. Auch Facebook wird hier immer mehr zu einer Bedrohung“, prognostiziert Priemer. „Für Anbieter, die sich darauf verlegen, Produkte aufwändig zu inszenieren, wie das momentan Stylight und Stylefruits tun, sehe ich aber noch viel Potenzial.“

Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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