Motel a Miio: Mit Keramik über Instagram zu 60 Mitarbeitern und zehn Stores

Gastautor5.12.2019

Das Unternehmen gehört zu den zehn spannendsten jungen deutschen Marken auf Instagram

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Anna von Hellberg (links) und Laura Castien, die beiden Gründerinnen von Motel a Miio (Quelle: Motel a Miio auf Instagram)
Inhalt
  1. Pop-up-Sale mit zehn anderen Instagram Champions in Berlin
  2. Instagrammable Keramik zwischen 12 und 75 Euro
  3. Schon nach einem Tag ausverkauft
  4. Urlaubsgefühl zum Kaufen
  5. Fast 40.000 neue Follower innerhalb eines Jahres
  6. Aufwändig geschnittene Storys, statt „Mal eben mit dem Handy draufhalten“
  7. Bis zu 1.500 Bestellungen pro Monat im Online-Shop
  8. Wachstumsfeld Unternehmenskunden

Alles beginnt mit einem unerwarteten Erlebnis: Bei einem gemeinsamen Urlaub in Portugal verlieben sich die beiden Freundinnen Laura Castien und Anna von Hellberg in einem Restaurant in das örtlich hergestellte Keramikgeschirr, auf dem ihnen das Essen serviert wird. Aus einer spontanen Begeisterung heraus importieren sie zwei Paletten davon nach Deutschland und verkaufen es über einen Pop-up-Sale – mit überwältigendem Erfolg. Heute haben die beiden mit Motel a Miio erfolgreich eine eigene Keramikmarke aufgebaut – und das vor allem über Instagram. Wie genau, das haben die beiden Gründerinnen OMR erzählt.

Pop-up-Sale mit zehn anderen Instagram Champions in Berlin

In der Torstraße, eine der hippsten Nachbarschaften in Berlin Mitte, hat das deutsche Instagram-Team Ende November für zwei Tage einen Pop-up-Store eröffnet. Dort konnten die Besucher Produkte von deutschen Marken anschauen und (unter Verwendung der Instagram-App) kaufen, die vor allem auf Facebooks Foto- und Video-Plattform groß geworden sind. „Wir wollten die Instagram-Shopping-Erfahrung in die Offline-Welt überführen und haben dafür mit zehn jungen deutschen Unternehmen zusammengearbeitet, die von Anfang stark auf Instagram und im Speziellen Instagram Shopping als Commerce-Tool gesetzt haben“, so Daniel Verst, Strategic Business Partner DACH bei Instagram, gegenüber OMR.

Seit dem Juni 2018 können Unternehmen in Deutschland auf Instagram in ihren Posts Produkte markieren und zum Kauf anbieten. Die Abwicklung des Verkaufs muss aktuell noch über den Online-Shop des jeweiligen Unternehmens stattfinden. In den USA testet Instagram mit einer Reihe von Firmen schon den „Instagram Checkout“, den Verkauf über Instagram direkt.

Instagrammable Keramik zwischen 12 und 75 Euro

In der Berliner Torstraße ist außer dem Influencer-Mode-Label Oh April (hier im OMR Porträt) und der Yoga-Bekleidungsmarke Hey Honey hier im OMR Porträt) auch die Keramikmarke Motel a Miio mit ihren Produkten im Laden vertreten. Bislang lägen die direkt aus Instagram resultierenden Einnahmen von Motel a Miio noch im einstelligen Prozentbereich, so Mitgründerin Anna von Hellberg. „Wir sind ja auch erst in der Aufbauphase des Shops.“ Deutlich wichtiger dürfte Instagram für Motel a Miio gewesen sein, um überhaupt Bekanntheit aufzubauen und die Produkte dann später im eigenen Online-Shop oder stationären Läden zu verkaufen. „Es ist ja nicht so, dass die Follower alles, was sie sehen und liken auch gleich kaufen. Viele müssen erst überlegen und auf der Website browsen oder in den Store gehen, bevor sie etwas kaufen“, so von Hellberg.

Das Sortiment des Unternehmens besteht aus Keramikprodukten, die man sich gut auf Instagram-Fotos von Influencern vorstellen kann. Jedes Stück ist handbemalt und ein kleines Unikat. Die Preise liegen (je nach Größe und Dekor) zwischen 18 und 24 Euro für einen Teller. Der kleinste Espressobecher schlägt mit 12 Euro zu Buche, ein Sechser-Set Becher kostet 75 Euro. Die Zielgruppe dürfte den beiden Firmengründerinnen ähneln: Beide sind Mitte 30, stehen schon seit einer Weile im Berufsleben und haben eine Familie.

Schon nach einem Tag ausverkauft

Genau die steht auch am Anfang der Unternehmensgeschichte: Mit ihren Ehemännern und Kindern machen Castien und von Hellberg 2016 Urlaub. „Die ganze Idee um Motel a Miio ist in Portugal entstanden“, so von Hellberg. Dort sind die beiden Gründerinnen von dem Geschirr in einem Restaurant so begeistert, dass sie danach zwei Paletten davon per Spedition nach Deutschland liefern lassen, weil sie selbst nur per Handgepäck reisen.

Einen Teil des Geschirrs wollen die beiden für sich selbst behalten, der Verkauf der anderen Ware soll den nächsten Urlaub finanzieren. Doch der über Facebook in kleinem Stil beworbene Pop-up-Sale in München ist so erfolgreich, dass sie bereits nach dem ersten Tag ausverkauft sind – obwohl der Sale für mehrere Tage angesetzt war.

Urlaubsgefühl zum Kaufen

Sie führen weitere Pop-up-Sales in München und in Berlin durch – erneut sehr erfolgreich. Eigentlich sind Castien und Hellberg Grafikerin, eine freiberuflich, eine zum damaligen Zeitpunkt in Festanstellung. Doch sie wagen den Sprung ins Unternehmertum und heben die Marke Motel a Miio aus der Taufe – ein Kunstwort, dass sowohl ein Roadtrip-Gefühl vermitteln soll („Motel“), als auch die Botschaft, dass die Produkte „für mich“ („a Miio“) sind. Kurzum: Wie ein schönes Mitbringsel aus dem Urlaub. „Urlaub auf dem Tisch“, heißt es auf der Firmen-Website.

Dieses Urlaubsgefühl verbreitet Motel a Miio heute unter anderem über einen Online-Shop sowie in zehn Läden in sechs Städten: München, Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und Wien. In vielen davon haben die beiden Gründerinnen den Markt erst einmal mittels eines Pop-up-Sales getestet. Inzwischen erstellen Anna und Laura nur noch eigene Designs. In Portugal fertigt der Familienbetrieb auf deren Grundlage besondere Produkte und schickt diese dann nach Deutschland. Mit diesen Designs und Produkten begeistert Motel a Miio inzwischen zigtausend Menschen.

Fast 40.000 neue Follower innerhalb eines Jahres

Viele der Kundinnen und Kunden dürften Motel a Miio vorab über Instagram kennengelernt haben. Bei Google erscheint der Unternehmens-Account bei Suche nach dem Firmennamen sogar über der eigentlichen Website. 65.000 Follower hat der Account mittlerweile und laut Socialblade in den vergangenen zwölf Monaten ein stetiges Wachstum verzeichnet. „Es war kein einzelner Schritt, wir sind ganz organisch gewachsen“, so Anna von Hellberg. „Gewinnspiele, Kooperationen mit Influencern und das Reposten von Content unserer Follower, egal, ob famous oder nicht – schön muss er sein – haben uns sicher sehr geholfen.“

Über die Fotos und Videos erzählen die Macherinnen des Unternehmens Geschichten und zeigen schöne Bilder. In deren Mittelpunkt stehen manchmal auch die Gründerinnen selbst. „Wenn wir über uns sprechen, also Laura und Anna, über unsere Produktion, unsere Reisen nach Portugal, wenn wir persönlich werden, das kommt sehr gut an bei unseren Followern, weil es echt ist“, so von Hellberg.

Aufwändig geschnittene Storys, statt „Mal eben mit dem Handy draufhalten“

Noch viel wichtiger aber ist die liebevolle Inszenierung der Produkte selbst. Dabei geht es nicht nur um die Ware an sich, sondern auch um deren Herkunft und Produktionsbedingungen. Durchaus nachvollziehbar: Wer für Geschirr das Vielfache des Preises von Ikea-Produkten zahlt, der will vermutlich noch eher wissen, wo diese Produkte herkommen. „Wir haben mittlerweile enge persönlichen Bande mit unseren Produzenten vor Ort und dem Land. Motel a Miio ist Portugal“, sagt Anna von Hellberg. Und: Die fair produzierten Artikel haben einen kürzeren Weg als manch anderes Geschirr, betont von Hellberg: „Nicht zu vergessen: Wir produzieren in Europa und nicht in Asien und Co., wie viele andere.“

Wie wichtig Instagram offenbar als Mittel dafür ist, die Marke Motel a Miio (nicht nur anhand von solchen Hintergrundinformation) positiv aufzuladen, zeigt sich auch an dem Produktionsniveau der Fotos und Videos: Nicht nur die Feed-Posts, sondern auch die Instagram Storys sind äußerst geschmackvoll produziert. Hier hält jemand nicht einfach mit der Selfie-Kamera des Handys drauf. Sondern es gibt ein Konzept und eine Farbwelt, und die Marketingmacher fangen mit vermutlich professionellem Equipment schöne Bilder ein; Videos und Storys werden vor dem Veröffentlichen mittels Software aufwändig geschnitten.

Bis zu 1.500 Bestellungen pro Monat im Online-Shop

Dazu, wie viel Umsatz Motel a Miio mittlerweile generiert, wollen die beiden Gründerinnen gegenüber OMR keine Angaben machen. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile 60 Mitarbeiter; wie bei Etailment nachzulesen ist, verzeichnet der Online Shop bis zu 1.500 Bestellungen pro Monat, bei einer Retourenquote von sieben Prozent. Geht man von einem durchschnittlichen Warenkorbwert von 40 Euro aus, ist es sehr gut vorstellbar, dass alleine der Online-Shop einen Jahresumsatz im mittleren bis hohen sechsstelligen Euro-Bereich generiert. Rechnet man den potenziellen Umsatz der zehn Läden hinzu, dürfte der Gesamtumsatz deutlich im siebenstelligen Bereich liegen – doch das ist natürlich reine Spekulation.

Beim Aufbau dieses Geschäfts ist den beiden Gründerinnen durchaus auch schon einmal der ein oder andere Fehler unterlaufen. Am Black Friday 2018 verkauften die Motel-a-Miio-Macherinnen beispielsweise deutlich mehr Ware, als sie am Lager hatten, und mussten sich dann bei vielen Kunden entschuldigen, wie sie einmal gegenüber Business Punkt berichtet haben.

Wachstumsfeld Unternehmenskunden

In Zukunft wollen Castien und von Hellberg ihr B2B-Geschäft noch weiter ausbauen: „Wir möchten mehr Läden, vor allem in Europa, und die Gastronomie und Hotellerie bedienen. Es gibt einige Kunden, aber es sollen mehr werden, ja das ist ein Ziel und eine Sparte, die wir definitiv ausbauen wollen – und wo wir auch schon dabei sind“, so von Hellberg.

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