"Großes Sparpotenzial": KI-Übersetzungen machen internationale Social-Ad-Kampagnen billiger

Wie Heygen und Eleven Labs Markteintrittsbarrieren senken

Inhalt
  1. DTC-Startups können günstig internationalisieren
  2. KI ist gut, Kontrolle ist besser
  3. "Ein paar Tausend Euro pro Creative sparen"
  4. Plattformen fordern Kennzeichnung ein
  5. Tiktok stellt eigenes KI-Tool vor
  6. "Viele Tools funktionieren außerhalb von Englisch schlecht"
  7. KI hilft auch, Touris anzusprechen

So genannte "User Generated Content Ads", also Werbe-Clips, in denen "Otto-Normal-User*innen" von ihren Erfahrungen mit einem Produkt berichten, gehören gehören schon seit gut zwei Jahren auf Plattformen wie Instagram, Tiktok und Youtube zum festen Repertoire der Advertiser. Dank generativer KI lassen sich solche Werbeformate mittlerweile sehr einfach und kostengünstig übersetzen und in vielen verschiedenen Märkten aussspielen. Gegenüber OMR haben drei Dienstleister Einblicke in ihre ihre Erfahrung mit dieser Methode gegeben.

Englischsprachige, an Ernährungsthemen interessierte Nutzer*innen, die auf Tiktok Videos schauen, haben auf der Plattform in den zurückliegenden Wochen und Monaten vielleicht ein Werbevideo gesehen, in dem ein junger Mann erklärt: "Wow, so many of you didn't know how important it is to do something for your immune system right now". Das ganze ist eine eine klassische "UGC Ad" (wir haben bereits 2022 bei unserer damaligen "State of the German Internet"-Keynote über das Phänomen berichtet) für das Nährstoffpulver AG1. Neu an diesem Video ist jedoch, dass es ursprünglich auf Deutsch aufgenommen und mittels eines KI-Tools schnell und simpel übersetzt worden ist – mit der Originalstimme des ursprünglichen Ersteller des Videos und zwar sogar fast lippensynchron.

DTC-Startups können günstig internationalisieren

Hinter dem Clip steht die Münchner Agentur Mawave, die u.a. für Firmen wie Red Bull, Vodafone und Audi Werbung erstellt und auf den großen digitalen Plattformen schaltet. Zuletzt hat Mawave mit Hilfe von Generative-AI-Tools mehrfach UGC-Kampagnen über mehrere Märkte hinweg ausgerollt, wie Mitgründer und CEO Jason Modemann im Gespräch mit OMR erklärt.

Dieser Service sei vor allem bei Direct-to-Consumer-Firmen gefragt: "In der DTC-Szene hat sich die Spreu vom Weizen getrennt", so Modemann mit Blick auf die Konsolidierung, die in diesem Segment in den zurückliegenden Monaten stattgefunden hat. "Für die, die noch da sind, hat das Thema Internationalisierung oberste Priorität." So führt Mawave nicht nur für AG1, sondern zum Beispiel auch für den Trinknahrungshersteller Yfood (im Jahr 2022 auch zu Gast im OMR Podcast) durch. "Wir sind außer in Deutschland in sieben weiteren Märkten aktiv, darunter Dänemark, Frankreich und Norwegen."

KI ist gut, Kontrolle ist besser

Dabei gebe es zwei Ausbaustufen: Die einfachere Variante sei jene, bei der im Off Ton zu hören sei, der übersetzt werden muss (also keine sprechende Person im Bild zu sehen ist). Dafür komme das Stimmen-Synthese-Tool Eleven Labs zum Einsatz. Ist eine sprechende Person im Bild, nutzt das Mawave-Team das Tool Heygen (über das wir im September 2023 berichtet haben). "Wir holen auch die Genehmigung der Creator dafür ein, dass wir die Videos übersetzen dürfen", sagt Modemann.

Damit sich in die übersetzten Videos keine Fehler einschleichen, lasse die Agentur in der Regel diese noch durch Übersetzungsbüros prüfen. Außer der rein sprachlichen gebe es natürlich auch eine kulturelle Ebene, "zum Beispiel unterschiedliche Essgewohnheiten in verschiedenen Ländern. So etwas haben nationale Creator in der Regel besser auf dem Schirm", so Modemann. Deswegen lässt Mawave die Werbe-Clips zum Teil auch von Mitarbeitenden der Kund*innen in den jeweiligen Märkten gegenchecken.

"Ein paar Tausend Euro pro Creative sparen"

Andere Fehlerquellen sollten idealerweise schon vor der Produktion des Videos ausgeschlossen werden: "Markennamen im Text sollten vermieden werden, weil die manchmal durch die KI-Tools falsch ausgesprochen werden", sagt Modemann. Außerdem sollten die Creator deutlich sichtbar in die Kamera sprechen, weil es dann Heygen leichter fällt, eine lippensynchrone Übersetzung zu erstellen.

Werden diese Dinge berücksichtigt, dann können sich Werbetreibende mittlerweile dank der KI-Tools relevante Kosten sparen, weil nicht mehr für jeden Markt ein*e eigene*r Creator*in gebucht und ein eigenes Video produziert werden muss. "Damit spart man pro Creative ein paar Tausend Euro", so der Mawave-Gründer.

Plattformen fordern Kennzeichnung ein

Auch Daniel Levitan, Geschäftsführender Gesellschafter der Berliner Agentur adslab, sieht ein großes Einsparungspotenzial: "Wir liegen da teilweise bei einem Viertel des vorherigen Preises für internationale Creatives". Seine Firma führt beispielsweise internationale Kampagnen für die Stuttgarter Firma Roto durch, einen der größten Fenster-Hersteller Europas.

Adslab nutzt dafür ebenfalls Eleven Labs und Heygen, aber auch Rask AI. "Von der Qualität liegen wir damit schon bei 60 bis 70 Prozent eines extra aufgenommen Videos. Wenn man es nicht weiß, dass das Video KI-übersetzt ist, fällt es kaum auf." Doch weil die Plattformen sich offenbar verantwortungsbewusst gegenüber den Gefahren zeigen wollen, die KI-generierte Inhalte mit sich bringen (Stichwort Desinformation), müssen auch KI-übersetzte Clips entsprechend gekennzeichnet werden. "Auf Tiktok können die User Inhalte melden, von denen sie glauben, dass KI-generiert sind", sagt Levitan. "Deswegen sollte man solche KI-übersetzten Ads auch unbedingt kennzeichnen, sonst gibt es Ärger."

Tiktok stellt eigenes KI-Tool vor

Das bedeutet offensichtlich aber nicht, dass die Plattformen solche KI-Übersetzungen generell ablehnen. Denn mittlerweile fangen diese damit an, auch eigene Übersetzungs-Tools anzubieten – wie zum Beispiel Instagram. Dort ist das Tool aktuell jedoch für Creator*innen gedacht, die ihre Inhalte einem größeren Publikum zugänglich machen und dafür ihre Reels in verschiedenen Sprachen ausspielen lassen wollen – und (noch?) nicht für Werbung.

Einen Schritt weiter ist da Tiktok: Das "Symphony Creative Studio" umfasst gleich mehrere KI-Tools für Inhaber*innen von Tiktok Business Accounts. Mit diesen lassen sich nicht nur Videos übersetzen, sondern auch komplett neue Videos produzieren. Die Nutzer*innen müssen dafür zuvor durch das Hochladen von Quellmaterial einen "Avatar" generieren.

"Viele Tools funktionieren außerhalb von Englisch schlecht"

"Tiktoks Symphony ist auch sehr gut", sagt Jakob Strehlow, der mit seiner Agentur Strehlow Media ebenfalls internationale Kampagnen mittels KI schaltet. "In den AGB steht aber ganz klar, dass man die mit Symphony produzierten Assets nur auf mit Bytedance-assoziierten Plattformen nutzen darf. Deswegen verwende ich die nicht auf Meta-Plattformen", so Strehlow weiter.

Der Agenturinhaber nutzt deswegen ebenfalls Eleven Labs und Heygen. Er habe auch andere Anbieter wie Creatify, Adcreative.ai und Arcads.ai getestet. "Aber die funktionieren außer bei Übersetzungen ins Englische noch nicht so gut."

KI hilft auch, Touris anzusprechen

Ein Vorteil von Tools, die nicht nur "gut Englisch können": Werbetreibende können diese auch dafür nutzen, um nicht-deutschsprachige Touristen anzusprechen. So hat Strehlow beispielsweise eine Kampagne für die Betreiberfirma des Berliner Fernsehturms durchgeführt, um Tickets für einen Besuch des Turms an Besucher*innen aus dem Ausland zu verkaufen.

Vorher sei die Betreibergesellschaft in puncto Marketing nur in Deutschland aktiv gewesen. "Wir haben dann die erste Kampagne europaweit aus", so Strehlow. "Damit haben wir auch z.B. in Menschen in San Marino erreicht, die dann Tickets für den Besuch des Turms gekauft haben. Und zwar teilweise mit einem niedrigeren Cost-per-Action als bei den Kampagnen in Deutschland", so der Agenturinhaber.

Performance MarketingSocial AdsUser Generated Content (UGC)KIAIKünstliche IntelligenzArtificial Intelligence
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

Alle Artikel von Roland Eisenbrand

Ähnliche Artikel

Kostenlose Online-Seminare

Patrick Klingberg

Website & Marketing vereint: So schaffst du eine starke Online-Präsenz

17.12.2024 10:00 - 11:00 Uhr
Robindro Ullah

Recruiting 2025: Diese Trends darfst du nicht verpassen

28.1.2025 10:00 - 11:00 Uhr
Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!