Statt Döner und Burger: Wie Yfood mit gesundem Mahlzeitenersatz zum Unicorn werden will
Das 2017 gegründete Startup Yfood peilt für 2022 einen Umsatz von 100 Millionen Euro an
- Alles auf eine Karte
- Von DHDL über Facebook zu Rewe
- Yfood bei Truckern und Gamern
- Alle Themen des OMR Podcasts mit den Yfood-Gründern Noël Bollmann und Benjamin Kremer im Überblick:
Im Studium und später als Bänker fehlt Noël Bollmann und Benjamin Kremer häufig die Zeit, selber zu kochen und sie greifen zu Döner, Burger & Co. Weil es im Convenience-Food-Bereich an gesunden Alternativen mangelt, entwickeln sie kurzerhand selber eine. Erst ist Yfood nur eine Trinkmahlzeit, heute umfasst das Portfolio des Unternehmens rund 30 Produkte inklusive warmen Gerichten, die online und im Einzelhandel verkauft werden. Im OMR Podcast verraten die Gründer, welche Rolle skurrile Nischeninfluencer:innen beim Wachstum gespielt haben – und wie sie bis 2026 einen Jahresumsatz von 600 Millionen Euro erreichen wollen.
„Wir hatten eigentlich schon immer den Drang, etwas eigenes zu kreieren, sind dann aber beide erst etwas falsch abgebogen Richtung Finance“, erinnert sich Noël Bollmann im Gespräch mit Philipp Westermeyer. Kurze Stationen bei der Deutschen Bank und Goldman Sachs stellen die beiden Freunde nicht zufrieden; sie überlegen gezielt, in welchem Bereich sie gründen könnten. „Eigentlich haben wir dann versucht, unser eigenes Problem zu lösen“, so Bollmann. Und das sei während des zeitintensiven Studiums und stressigen Jobs eine ausgewogene Ernährung gewesen.
Ohne jegliche Vorkenntnisse im Lebensmittelbereich beginnen sie, an einem flüssigen Mahlzeitenersatz zu arbeiten. „Zusammen mit Lebensmitteltechnologen haben wir die Prototypen entwickelt“, sagt Benjamin Kremer. Die gesamten Ersparnisse der beiden fließen in das Projekt. Das Vorbild des Startups sei zu dem Zeitpunkt Soylent; das US-Unternehmen gilt es Pionier in dem Markt. „Wir fanden das sehr spannend, die Umsetzung allerdings nicht so gelungen“, so Kremer. „Die haben sich extrem auf Bio-Hacker als Zielgruppe fokussiert und hatten den sehr radikalen Ansatz, Essen komplett durch so ein Produkt ersetzen zu wollen.“
Alles auf eine Karte
Von Anfang an wollen die Gründer weniger nerdig sein als Soylent und den Mainstream ansprechen. Sie legen deshalb auch einen größeren Fokus auf Geschmacksrichtungen. Mit einem Abfüller in Österreich, der auch heute noch an Bord ist, beginnen sie Anfang 2018 mit der Serienproduktion – und gehen dabei volles Risiko. „Wir hatten ja gar keine Sicherheiten und nicht viel Geld“, erzählt Noël Bollmann. „Hätten wir in Vorkasse zahlen müssen, wären wir direkt bankrott gewesen. Aber unser Hersteller war am Anfang wirklich sehr wohlwollend.“ Die Kombination aus Businessplan und der Leidenschaft für die Idee habe ihn wohl überzeugt.
Bis heute sind noch weitere Produzenten dazugekommen und die Produktpalette hat sich um den ursprünglichen Drink deutlich erweitert. Es gibt vegane Varianten, solche in Pulverform zum selber mischen, Riegel, Bowls. Der Markenkern habe sich dabei allerdings nicht verändert. „Wir sehen uns nicht als Nahrungsergänzungsmittel oder Nahrungsersatz, sondern als vollwertige und ausgewogen Nahrung“, betont Benjamin Kremer. Die Produkte sollen alle Nährstoffe inklusive Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen abdecken, ohne zugesetzten Zucker auskommen und einen Nutri-Score A haben. Das Lebensmittelkennzeichen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft betätigt Yfood damit ein gutes Nährstoffprofil.
Von DHDL über Facebook zu Rewe
Knapp ein halbes Jahr nach Markstart, Ende 2018, sind Noël Bollmann und Benjamin Kremer mit Yfood zu Gast beim TV-Format „Die Höhle der Löwen“. Frank Thelen erhält für rund 200.000 Euro etwa acht Prozent am Unternehmen und habe in der frühen Wachstumsphase des Startups sehr geholfen. Es folgen weitere Finanzierungsrunden; unter anderem Felix Capital und der europäische Food-Fonds Five Season Ventures heben das gesamte Funding auf 22,6 Millionen US-Dollar an.
Anfangs stellt sich Yfood als DTC-Brand auf und vertreibt die Produkte ausschließlich über den eigenen Online-Shop. „Als wir bei Facebook unsere ersten Ads geschaltet haben, hat Rewe uns eines Tages angerufen, weil sie die gesehen haben“, erzählt Benjamin Kremer. „Und sie haben gefragt, ob wir eine Listung haben wollen.“ Heute ist die Marke an 20.000 Point of Sales in Deutschland vertreten und nach Rewe sind noch viele weitere Einzelhändler dazugekommen. Mittlerweile machen die Retail-Umsätze etwa 50 Prozent des Geschäfts von Yfood aus. Online laufe der Großteil immer noch über den eigenen Shop, die Marke ist zusätzlich aber auch auf Amazon vertreten. „Das ist eher ein Hygienefaktor. Da muss man sein, weil einige Kunden da bestellen wollen“, erklärt Noël Bollmann.
Yfood bei Truckern und Gamern
Bis heute sei Paid Social einer der wichtigsten Marketing-Kanäle für Yfood. „Wir haben aber stark diversifiziert“, sagt Gründer Bollmann. Influencer Marketing sei beispielsweise auch immer wichtiger geworden. „Da kann man unser Produkt sehr gut erklären und Use Cases aufzeigen.“ So gebe es Kooperationen mit dem bekannten Survival-Youtuber Fritz Meinecke (hier im OMR Podcast), aber auch mit Nischen-Kanälen wie dem von LKW-Influencer Sascha. Zuletzt veröffentlichte Yfood gemeinsam mit Streamer Trymacs eine Gaming-Sonderedition. „Überall, wo wir Möglichkeiten haben, das Produkt und den Nutzen zu erklären, wollen wir sein“, erklärt Noël Bollmann.
Mit unter anderen diesen Kanälen, aber auch mit einer fortschreitenden Internationalisierung, erst weiter in Europa, dann auch in den USA, soll in den kommenden Jahren der Umsatz weiter steigen. Der Businessplan sehe für das Jahr 2026 600 Millionen Euro Jahresumsatz vor. Im Podcast verraten die Gründer Noël Bollmann und Benjamin Kremer, ob langfristig Optionen wie ein Exit oder Börsengang in Frage kommen könnten, wie sie schon früh „aus Versehen“ profitabel geworden sind – und was bis heute der Bestseller von Yfood ist.
Alle Themen des OMR Podcasts mit den Yfood-Gründern Noël Bollmann und Benjamin Kremer im Überblick:
- Was der Name Yfood bedeutet, Online-Shop sowie stationärer Handel und ein Vorbild aus den USA (00:03:45)
- Von der Idee zum ersten Abfüller, Frank Thelens Investment und der Wandel der Food-Branche (00:11:45)
- Paid Social, kuriose Influencer-Marketing-Kooperationen und Sondereditionen (00:21:00)
- Internationalisierungspläne, weiteres Wachstum und die Frage nach einem IPO (00:34:30)
- Yfood und Nachhaltigkeit – sowie Kritik am „Konzept Mahlzeitenersatz“ (00:44:00)