Wie ein Berliner Lifestyle-Blog die Welt erobert und Millionen erreicht

Martin Gardt16.2.2016
550_HighAUF
Inhalt
  1. Highsnobiety macht mit Sneaker- und Mode-Content siebenstellige Umsätze
  2. Ganz am Anfang bei Facebook dabei
  3. Instagram und Snapchat gehört die Zukunft
  4. Native Advertising mit Style

Highsnobiety macht mit Sneaker- und Mode-Content siebenstellige Umsätze

550_HighAUF Schon 2005 gründet David Fischer aus Berlin sein Blog „Highsnobiety“. Aus der privaten Nischenseite ist ein riesiges Lifestyle-Magazin geworden, das vor allem in den USA bekannt ist. Wir haben mit David über die Macht der Plattformen wie Facebook, Instagram, Snapchat und erfolgreiches Native Advertising gesprochen.

„Auf Deutsch hätte die Seite nicht funktioniert“, sagt Highsnobiety-Gründer David Fischer zu Online Marketing Rockstars. Als er seinen Männer-Lifestyle-Blog 2005 gründet, ist Facebook noch ein Netzwerk für Studenten und Instagram-Gründer Kevin Systrom hat noch nicht mal seinen Bachelor gemacht. In den USA gibt es aber schon zu dieser Zeit erfolgreiche Publishing-Projekte wie den Tech-Blog Engadget und so stürzt sich David in die Bereiche Sneaker, Mode, Möbel, Reisen. Kurze Zeit später wird die Themenauswahl etwas spitzer und er konzentriert sich mehr und mehr auf das Thema Sneaker – schon damals in den USA ziemlich heiß. Mittlerweile hat sich der 33-Jährige mit Highsnobiety wieder breiter aufgestellt. Von Autos über Uhren bis hin zu hübschen Frauen wird alles bedient, was Männer so interessiert – trotzdem verzeichnet David 30 Prozent weibliche Besucher: „Unsere Zielgruppe sind Trendsetter, die früh neue Sachen annehmen und damit ihren Freundeskreis beeinflussen.“ Aus 3.500 Besuchern im Monat in der Anfangsphase hat David in den elf Jahren des Bestehens knapp unter 9 Millionen im Januar 2016 gemacht (nach eigenen Aussagen). Und das vor allem durch die zunehmende Relevanz der großen Plattformen.

Die Traffic-Entwicklung von Highsnobiety (Quelle: SimilarWeb).

Die Traffic-Entwicklung von Highsnobiety (Quelle: SimilarWeb).

Ganz am Anfang bei Facebook dabei

„Am Anfang habe ich gar kein bewusstes Marketing gemacht, ich hatte einfach früh Kontakt zu Marken und Stores – aus Interesse und um Inhalte zu erstellen“, erklärt David. Mode- und Sneaker-Brands hätten vor ein paar Jahren noch nicht so über die Inszenierung ihrer Stücke nachgedacht wie heute. Auch hier hat sich die Kommunikation ja grundlegend geändert: Adidas und Nike haben selbst Millionen Follower auf Facebook und Instagram, die sie mit perfekt abgestimmten Fotos der Produkte bei Laune halten. In dieser Anfangsphase erarbeitet sich David gute Kontakte zu heutigen Werbepartnern. Den großen Durchbruch schafft Highsnobiety dann bei den Lesern, als die Plattformen durchstarten. „Mein Glück war, dass ich immer gleich zum Start dabei gewesen bin“, erklärt David. 2008 sei es einfacher gewesen, eine Facebook-Seite aufzubauen und damit riesige Reichweiten zu erreichen. Relativ schnell gewinnt er mit seinen Inhalten 200.000 bis 300.000 Fans auf der Plattform. Seine Themen passen perfekt zur jungen Zielgruppe auf Facebook.

Mittlerweile folgen Highsnobiety über 1,4 Millionen Facebook-Fans, ein typischer Artikel kommt auf 2.000 bis 3.000 Likes und über 100 Shares. Diese Reichweite ist nicht zu 100 Prozent organisch, David und sein Team investieren auf dem sozialen Netzwerk: „Wir geben bei Facebook etwa 100 Dollar am Tag für Werbung aus.“ Damit will das Highsnobiety-Team zwar etwas mehr Likes, Shares und Klicks erkaufen, David sagt uns gegenüber aber auch: „Echtes Engagement kann man nicht erkaufen.“ Organisch laufen tatsächlich Modegeschichten bei Facebook am besten. Die Vorstellung der neuen Kollektion des Labels „Supreme“ brachte bisher zum Beispiel über 4.000 Likes, 370 Shares und 160 Kommentare. Ansonsten gehen hübsche Mädels besonders gut. In den Themen Film und Musik ist Highsnobiety noch recht neu und so nehmen die Leser solche Beiträge noch nicht so stark an – zumindest was das Facebook-Engagement angeht. 

Instagram und Snapchat gehört die Zukunft

Laut David Fischer kommen 30 Prozent der Highsnobiety-Besucher von Facebook – genau so viele wie jeweils von Google und direkt. Die übrigen zehn Prozent teilen sich weitere Kanäle. Und zwei sehr hoffnungsvolle sind Instagram und Snapchat. „Wir betrachten jede Plattform für sich und erstellen Inhalte speziell für jeden Kanal“, erklärt David Fischer. Das hat dem Publisher fast 950.000 Abonnenten bei Instagram eingebracht. Viele der Bilder, die Highsnobiety im Foto-Netzwerk postet, bringen über 11.000 Likes, Videos meist etwas weniger. 

Highsnobiety-Gründer David Fischer

Highsnobiety-Gründer David Fischer

Aber welche Art von Fotos funktionieren am besten? Laut David laufen Sneaker teilweise sensationell gut (ein Kanye-West-Schuh vor Kurzem mit über 22.000 Likes). Auch Bilder von Städten, Naturaufnahmen und Mode-Shoots bringen viel Engagement. „Am besten geht die Kombination aus Typ auf einem Wolkenkratzer mit coolen Sneakern“, sagt David. Um das genau auszuwerten arbeitet Highsnobiety eng mit Instagram zusammen und bekommt von der Plattform „Backend-Access“. Dort sieht David nicht nur Likes und Kommentare sondern auch Views (wenn jemand ein Foto länger als drei Sekunden betrachtet). So kann er noch genauer einschätzen, welche Inhalte Aufmerksamkeit bringen. Was die Fotos angeht, seien 50 Prozent von ihnen selbst in Auftrag gegeben, 20 bis 30 Prozent Pressefotos und die restlichen 20 Prozent mit Quellenangabe aus dem Netz.

Seit einem Jahr versuchen sich David und sein Team aus 35 bis 40 Leuten (30 sitzen in Berlin, der Rest in New York) auch bei Snapchat. Aber so eine richtige Strategie gibt es derzeit nicht. Teilweise berichten Highsnobiety-Mitarbeiter live von Modeschauen, die sie besuchen oder packen live neue Schuhe aus. Aber David weiß: „Bei Snapchat geht es darum ‚real’ zu sein.“ Und weil ihm die 20.000 Views pro Snap (Beitrag) noch lange nicht reichen, soll 2016 das Highsnobiety-Jahr bei Snapchat werden. Dazu wird extra ein „Snapchatter“ eingestellt, der sich nur um den Kanal kümmert und eben auch vor der Kamera auftritt. Anders als etwa bei Instagram ist aus Davids Sicht bei Snapchat der Dialog mit der jungen Zielgruppe der entscheidende Erfolgsfaktor. Erste Experimente waren in diesem Jahr Live-Berichte vom Super Bowl und dem Allstar-Game der US-Basketball-Liga NBA. Erste Brands zahlen laut David jetzt sogar schon, um in den Snaps von Highsnobiety aufzutauchen. 

Native Advertising mit Style

Aber wie monetarisiert man heute am cleversten ein Lifestyle-Projekt mit 7,5 Millionen Besuchern im Monat und fettem Engagement in den sozialen Netzwerken? Highsnobiety hat drei große Einnahmequellen: Da sind zuerst natürlich die Banner. Die sind sehr prominent auf der Webseite platziert und offenbar als Festplatzierungen eingebunden – seit mindestens einer Woche wirbt die Schuhmarke Clarks auf fast allen Bannerplätzen. „Unser Hauptgeschäft ist aber die Erstellung von nativen Werbeformen für Marken“, erklärt David Fischer. Das macht Highsnobiety auf zwei Wegen. Auf der einen Seite erstellen sie mit ihrem Content-Team Inhalte für Marken, die diese dann auf ihren Kanälen verwenden können. Auf der anderen Seite produzieren David Fischer und sein Team in Zusammenarbeit mit den Brands native Werbeartikel, die bei Highsnobiety erscheinen. Ein ziemlich erfolgreiches Beispiel ist der Beitrag über die neue Sport-Kollektion von Nike. Das aufwändig produzierte und interaktiv präsentierte Stück wurde über 1.200 Mal von den Lesern geteilt – organisch. Offensichtlich als Werbung markiert ist der Beitrag nicht, obwohl David Fischer uns gegenüber sagt, dass bei den nativen Werbeformaten bei Highsnobiety immer eine Kennzeichnung vorgesehen ist. 

Zusätzlich hat das Portal vor Kurzem die Affiliate-Plattform „Whatdropsnow“ gegründet. Auf der Webseite und in einer iOS-App werden Produkte vorgestellt, die Highsnobiety seinen Fans empfiehlt – natürlich mit Link zum entsprechenden Shop. Highsnobiety verdient dann an jedem Kauf die typischen Affiliate-Provisionen.

Interaktives Element der Native-Advertising-Kampagne für Nike

Interaktives Element der Native-Advertising-Kampagne für Nike

Highsnobiety hat bisher mit vielen großen Marken zusammen gearbeitet – darunter Nike, Adidas, Mercedes, H&M, Samsung und Braun. Derzeit wollen vermehrt Uhrenmarken die junge Zielgruppe angehen und kommen auf David zu. Highsnobiety macht Marketing und Sales komplett selbst und kann so komplett selbst entscheiden, mit wem sie zusammen arbeiten. Mit diesem Vorgehen ähnelt der Publisher Projekten wie Vice. In spezieller Weise ist Highsnobiety einer Werbeagentur nicht unähnlich, wenn es um die Zusammenarbeit mit Marken geht. Sie pitchen ihre Ideen und bekommen den Zuschlag, Werbeinhalte für die Brand zu produzieren. 

Um hier noch besser aufgestellt zu sein und auch dem eigenen Content-Team zu helfen, will David in diesem Jahr das Thema Video noch stärker angehen als zuvor: „Video ist ein großes Projekt für uns, da stecken wir viel Kraft rein und experimentieren viel.“ Facebook-Video wird immer wichtiger für das Engagement auf dem Kanal und hier muss der Publisher noch aufholen. Laut Gründer David Fischer seien die selbst produzierten Videos bisher zu schick und lang für den Kanal gewesen. Er will sich jetzt so aufstellen, dass auf die verschiedenen Kanäle abgestimmte Video-Inhalte schnell produziert werden können – in den USA spricht David auch mit ersten TV-Stationen über eine Zusammenarbeit. Denn noch immer ist Highsnobiety in den USA bekannter als hierzulande. So langsam ändert sich das aber. Früher kamen 70 Prozent des Traffics aus Übersee, heute noch etwa 40 Prozent. Europa wird als Markt immer wichtiger und laut David Fischer kommt mittlerweile die Hälfte des Umsatzes daher – insgesamt macht sein Unternehmen einen siebenstelligen Umsatz im Jahr. Highsnobiety ist also global aufgestellt, nur auf deutsch werden die Inhalte wohl nie zu lesen sein.

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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