Wie diese zwei deutschen Gründer mit Fanbase das bessere Onlyfans bauen wollen

Martin Gardt14.10.2021

Fabian Heuschele und Stefan Wiegard bauen eine Abo-Plattform für Creator – die soll ganz ohne Pornos zum weltweiten Marktführer aufsteigen

Fanbase-Gründer Stefan Wiegard und Fabian Heuschele
Alte Hasen im Digital-Business: Stefan Wiegard (l.) und Fabian Heuschele wollen mit Fanbase Marktführer unter den Abo-Plattformen für Creator werden
Inhalt
  1. Mehr potenzielle Partner, als Ihr denkt
  2. Das Format spielt keine Rolle
  3. Chancen gegen Onlyfans?
  4. Neue Player drängen auf den Abo-Plattform-Markt

Die neue Generation von Influencern will nicht mehr nur mit Werbedeals viel Geld verdienen. In der modernen Creator Economy setzen auch Superstars vermehrt auf Abo-Modelle. Die Fans sollen für exklusive Inhalte zahlen. Bisher bestimmen vor allem Plattformen wie Patreon oder Onlyfans den Markt und sind Milliarden wert. Das deutsche Startup Fanbase will die Platzhirsche jetzt angreifen. Wie das funktionieren soll, haben uns die Gründer erzählt.

„Die Probleme der Creator wurden uns von verschiedenen Seiten herangetragen. So entstand bei uns die Idee zu Fanbase“, sagt Fabian Heuschele. „Ich wurde immer gefragt: Muss ich wirklich eine Webseite bauen? Warum gibt es da nichts leichteres – so ein bisschen wie Amazon?“, fügt Stefan Wiegard hinzu. „Wir kennen uns seit zehn Jahren und haben die Köpfe zusammengesteckt und kamen zur Erkenntnis: Da gibt es doch nichts Gutes.“ Also starten sie vor etwa neun Monaten ihr neues Projekt: Fanbase soll Social-Influencern die Möglichkeit geben, ihre Reichweite mit exklusivem Content zu monetarisieren – so wie es Onlyfans oder Patreon gerade vormachen. Seit Mai 2021 testen die beiden ihr Projekt mit Creatorn; jetzt geht Fanbase live. „Wir wollen weltweit zur führenden Plattform in dem Bereich werden“, sagt Heuschele.

Die Fanbase-Gründer sind alte Hasen im Digital-Business. Stefan Wiegard taucht bei uns schon 2015 in einem Artikel über Ein-Buchstaben-Domains auf. Er ist lange Zeit einer der größten Domainer Europas, baut mit Mario Witte und Nico Zeifang seit 2010 die Team Internet AG auf, die sich unter anderem auf die Monetarisierung „geparkter“ Domains spezialisiert. Später verkaufen er und seine Co-Gründer das Unternehmen für insgesamt 70 Millionen Euro. Fabian Heuschele ist lange Zeit bei ProSiebenSat.1 – vor allem in verschiedenen Venture-Bereichen wie zuletzt als Vice President beim P7S1 Accelerator und bei SevenVentures.  

Mehr potenzielle Partner, als Ihr denkt

„Der Markt für Creator ist riesig. Ungefähr 50 Millionen von ihnen haben über 50.000 Follower. Aber du hast als Creator super viele Pain Points. Es ist schwer, mit der Reichweite nachhaltig Geld zu verdienen: Werbung nervt die Follower und schadet der Authentizität, die Algorithmen sind fies“, sagt Heuschele. Deshalb sei das Potenzial einer Plattform wie Fanbase so groß. „Wir schaffen endlich ein professionelles Produkt, das es Creatorn erlaubt, von ihren Inhalten zu leben und sich unabhängig von einzelnen Plattformen zu machen.“ Denn danach würde die Szene gerade trotz bestehender Player suchen. 

Creator-Seite bei Fanbase

So sieht eine Creator-Landingpage in der Fanbase-App aus

„Unsere These: Wir sehen eine neue Riege von Creatorn, die keine Litfaßsäule mehr sein wollen“, so Stefan Wiegard. „Die wollen Qualität liefern. Und wenn du das schaffst, wirst du mit einer Community viel mehr Werte schaffen, als wenn du dich von einem Werbeposting bis zum nächsten hangelst.“ Die Gründer haben dabei verschiedene Zielgruppen von Creatorn identifiziert, für die sich Fanbase am besten eigne. „Wir haben aufgrund erster Tests mit Beta-Versionen vier Fokus-Industrien identifiziert. Da ist der Need am größten“, so Fabian Heuschele. Dabei handle es sich um Musik, Fitness, Kunst und Lifestyle – das Unternehmen will sich also recht breit aufstellen. 

Das Format spielt keine Rolle

Für die jeweilige Industrie biete Fanbase jeweils ein passendes Format. „Die Plattform darf nicht der limitierende Faktor sein. Über Fanbase lassen sich nahezu alle Use-Cases abbilden“, sagt Heuschele. Und Stefan Wiegard fügt hinzu: „Bei uns sollen alle Themen stattfinden – außer Pornographie und Illegales. Creator können alle Medien hosten; inklusive Videos, Podcasts, PDFs und Artikel. Und es sind Creator aller Größen willkommen. Wir wollen zusammen mit denen wachsen.“ Musiker:innen sollen zum Beispiel exklusive Konzerte über Fanbase streamen oder auch Beats als Presets verkaufen. Im Fitness-Bereich könnten Chat-Sessions, Trainings-PDFs oder -Videos verkauft werden. Künstler:innen bieten bald Vorlagen und DIY-Anleitungen an und Lifestyle-Influencer digitale Meet and Greets.

Fanbase Formate

Beispielhafte Formate, die in der Fanbase-App verfügbar sind.

„Auf den Plattformen hörst du zu, lernst die Creator kennen. Bei Fanbase gibt es dann die passenden Produkte“, sagt Wiegard. Wie das dann aussehen soll? „Bei Fanbase kannst du etwa das Yoga-Studio abonnieren, bekommst über die App eine Push-Notification für den Kurs, kannst draufklicken und wirst für den Livestream freigeschaltet.“ Neben den verschiedensten Formaten, die Creator über die Plattform anbieten können, will Fanbase sich durch die Einfachheit der Nutzung durch die Creator absetzen. „Wir sind sowohl von den vollintegrierten Features her, als auch von der Zahlungsabwicklung inklusive automatisierter Rechnungsstellung und Mehrwertsteuer-Abfuhr über Ländergrenzen hinweg besonders“, erklärt Fabian Heuschele. Am Ende posten Influencer die URL zu ihrer Fanbase-Seite auf ihren Social-Accounts und leiten ihre Follower so zur Fanbase-App oder -Webseite. Dort können sie dann die Exklusiv-Inhalte nutzen.

Chancen gegen Onlyfans?

Ob das am Ende reicht, um gegen Onlyfans und Patreon anzukommen, muss sich jetzt erstmal zeigen. Das Feedback der Creator sei bisher positiv. Um diese für die Plattform zu gewinnen, nutzen die Gründer bisher vor allem bestehende Kontakte in Deutschland. „Wir nehmen die Agenturen und Managements mit auf die Reise und kooperieren mit ihnen gezielt“, sagt Heuschele. „Wir haben gelernt, dass wir den Creatorn nichts verkaufen müssen. Sie verstehen, dass es heute verschiedene Erlösströme gibt“, ergänzt sein Co-Gründer Wiegard. Für den Erfolg der Plattform ist es schließlich zu Beginn essentiell, viele und zum Teil auch große Influencer für sich zu gewinnen, damit die für Fanbase trommeln. Um in die Köpfe potenzieller Partner zu kommen, hilft das Fanbase-Team Influencern dabei, die Möglichkeiten der Plattform zu verstehen und bietet in der „Fanbase Academy“ extra Kurse für besseren Content oder die optimale Nutzung von Fanbase an. „Wir wollen relativ schnell in den Bereich kommen, dass wir eine fünfstellige Zahl an Creatorn auf der Plattform haben. In den nächsten vier bis fünf Jahren sollten es dann um die 500.000 sein“, so Heuschele.  

Dabei ist der Markt aktuell extrem in Bewegung. Onlyfans hatte zuletzt mit einem Hin und Her rund um pornographische Inhalte für Verwirrung gesorgt. Trotzdem gilt die Plattform mit etwa einer Million Creatorn als Marktführer. „Onlyfans hilft uns, weil sie das Potential des Geschäftsmodells aufzeigen. Wir adressieren am Ende einen viel größeren Markt und haben ein viel faireres Pricing“, sagt Fanbase-Gründer Heuschele. Die Plattform veranschlage pro Transaktion eine Provision von 9,9 Prozent des Kaufpreises. Hinzu kommen 49 Cent als fester Betrag. Damit wollen die Gründer verhindern, dass große Influencer dafür bestraft werden, dass sie hochpreisige Produkte verkaufen. Zum Vergleich: Onlyfans verlangt eine Provision von 20 Prozent pro Transaktion.

Neue Player drängen auf den Abo-Plattform-Markt

Derzeit arbeiten 16 Mitarbeitende bei Fanbase daran, das Produkt jetzt so richtig in den Markt zu drücken. Seit Ende August sei die Plattform fertig. In den neun Monaten Beta-Test hätten bereits mehrere tausend Creator den Anmelde-Prozess durchlaufen, jetzt folgt der offizielle Start. Damit ist Fanbase aber nicht allein – und das wissen auch die Gründer. „Im Bereich der Abo-Plattformen drängen derzeit viele auf den Markt. Die konzentrieren sich aber entweder auf die Porno-Branche oder sind von Creatorn erstellt. Bei letzteren fehlt dann oft die Produkterfahrung“, so Stefan Wiegard. Neben unterschiedlichen Zielgruppen, sind aber auch die Modelle vieler Plattformen unterschiedlich. „Wir sehen in unserem Business drei Herangehensweisen: Die Versuche der großen Plattformen, Affiliate-Anbieter und Abo-Plattformen“, sagt Wiegard. 

Den großen Plattformen trauen die beiden nicht viel zu, weil viele Influencer gerade nach einem Weg zu mehr Unabhängigkeit von Instagram, Twitter & Co. suchen. Bei Affiliate-Anbietern wie in Deutschland etwa Digistore24 oder Elopage stehe vor allem das Produkt und nicht der Creator im Mittelpunkt. Und im Wettbewerb der Abo-Plattformen sind sich die Gründer sicher, genug überzeugende Features zu liefern, um viele Nutzer:innen zu gewinnen. Wir hatten hier bereits aufgezeigt, wie viele Anbieter derzeit Abo-Plattformen für die Creator-Economy aufbauen. 

„Wir launchen erstmal in Deutschland. Hier sind bereits Kontakte da und wir wollen die Creator jetzt erstmal noch besser verstehen. Am Ende ist aber der amerikanische Markt der, der gewonnen werden muss“, so Stefan Wiegard. Und um den zu gewinnen, haben die beiden Gründer nicht gespart. Bisher steckt nur eigenes Geld im Unternehmen und alleine für die Domain fanbase.com haben sie 151.000 US-Dollar ausgegeben (die teuerste Domain, die je bei GoDaddy versteigert wurde). Und Interesse amerikanischer Influencer sei auch wegen der URL bereits da. „Ein Mentalist mit über einer Million Followern ist zum Beispiel auf uns zugekommen und möchte unsere Plattform nutzen, weil er hier endlich seine Formate bündeln kann und ihm alle lästigen Services abgenommen werden. Er monetarisiert jetzt schon eine fünfstellige Zahl an Followern und verdient damit sehr sehr gutes Geld“, erzählt Fabian Heuschele. Müssen also in den nächsten Jahren nur noch 499.999 weitere Creator überzeugt werden.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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