Nächste Stufe Affiliate-Seite: Dupe.com hilft per Bild-Erkennung beim Kauf von Produktplagiaten
Mit seiner Funktionalität geht Dupe.com auf Social Media viral – wir zeigen, wie die Seite und die Viral-Kampagne funktionieren
Sogenannte Dupes, also Produktplagiate, machen gerade einen Image-Wandel durch. Angetrieben durch Social Media sind günstige Parfüms, die so riechen wie 200-Euro-Flacons genauso im Trend wie Möbelstücke für ein paar hundert Euro, die extrem teuren Klassikern zum Verwechseln ähnlich sehen. Den Hype um solche Plagiate verkleidet die passend benannte Webseite Dupe.com jetzt in ein cleveres Affiliate-Geschäftsmodell.
Als Kollege Roland Ende 2022 über Kosmetik-Dupes schreibt, hat der Dupes-Hashtag bereits über zwei Milliarden Views bei Tiktok angesammelt. Heute sind es über sechs Milliarden. Das zeigt, wie Produktplagiate bei der jungen Zielgruppe ihr Schmuddelimage verloren haben.
"Die Online-Kultur des Dupe-Shoppings, angetrieben durch Tiktok in den vergangenen Jahren, hat die Erzählung umgedreht", sagt Ellyn Briggs, Brand Analyst bei Morning Consult, gegenüber CNBC. "Statt als Indikator für niedrigen Status oder als beschämend, wird Plagiats-Shopping jetzt als etwas angesehen, auf das man stolz sein kann." Der gute Deal stehe am Ende im Vordergrund und sei ja auch das, was auf Tiktok gezeigt werde. Und genau diese Image-Umkehr von Plagiaten nutzt Dupe.com jetzt aus, um ein Geschäftsmodell rund um das Finden von Dupes zu bauen.
Google Lens für Fake-Möbel
Ramin Bozorgzadeh und Bobby Ghoshal starten Dupe.com Ende März 2024. Unterstützt werden sie dabei vom bekannten Internet-Unternehmer Nikita Bier (der hatte zuletzt seine Social App "Gas" für viele Millionen an Discord verkauft). Zuvor hatten sie bereits mit Carrot eine Webseite für Dupes aufgebaut – allerdings für Klamotten und Outfits von Prominenten. Dupe.com ist direkt erfolgreicher, weil es mit einer besonderen technischen Idee daherkommt.
Dupe.com zeigt auch immer wieder Highlights aus seiner Dupe-Suche
Vor jede URL eines Möbelstücks können Nutzende einfach den Zusatz "dupe.com/" setzen und es öffnet sich direkt die Dupe-Webseite. Dort wird das Möbelstück per Bilderkennung gescannt und erkannt. Dupe.com liefert dann eine Liste an natürlich günstigeren Plagiaten und auch die Links zu den Shops. Bei Klick und Kauf verdient Dupe.com eine Affiliate-Provision. Die Mechanik funktioniert auch über einen URL-Eingabeschlitz auf der Dupe.com-Seite selbst und erinnert insgesamt an Google Lens. Auch diese Technologie erkennt Gegenstände per Bild – allerdings viel breiter als das auf Möbel und Interior spezialisierte Affiliate-Startup.
Erkennung mit Mängeln
Bei einer Stichprobe funktioniert die Technologie besonders bei Design-Klassikern gut. Der bekannte Eames Lounge Chair kostet etwa bei Vitra 7.400 Euro. Dupe.com findet Sessel im Eames-Look ab 580 Euro. Ein auch im Netz bereits gefeiertes weiteres Beispiel ist ein Stuhl von Pierre Jeanneret, der über 6.000 Euro das Stück kostet. Dupe.com findet Nachbauten für 166 Euro – das ist 97 Prozent günstiger. Die neue Art des Shoppings kommt laut Co-Gründer Ghoshal gut an. "Am Ende des Tages challengen wir die User Experience des Shoppings, sind kreativ, hauchen E-Commerce frischen Wind ein. Das generelle Feedback ist: 'Euch hat der Himmel geschickt'", sagt er gegenüber Fast Company.
Die Dupe-Technologie hat aber auch Schwächen. Bei bisher weniger beachteten oder neueren Designer-Stücken fehlen klassische Plagiate. Deshalb schlägt die Seite etwa bei einer Hay-Vase für 150 Euro einfach ähnliche blau gestreifte Vasen vor, die zum Teil aber eine ganz andere Form und nur einzelne optische Schnittmengen haben. Ein Vasenvorschlag bei Dupe.com ist sogar teurer als das skandinavische Designer-Stück. Und diesen Fakt nutzt Gründer Bobby Ghoshal, um sich gegen den Vorwurf zu wehren, er würde ein unlauteres Geschäftsmodell von Fakes fördern. Nutzende könnten auch Plagiate als Ausgangspunkt eingeben und über Dupe.com auf das Design-Original stoßen. "Ich bin nicht dafür da, um Leuten zu sagen, wie ihr Geschmack zu sein hat", sagt er gegenüber Business of Home.
Viral-Kampagne zum Start
Die zweite Besonderheit neben der Technologie ist der virale Erfolg von Dupe.com in den ersten Monaten seines Bestehens. Dabei spielen Gründer Ghoshal, eine Mitstreiterin und ein Post-It eine große Rolle. Die tauchen nämlich in fast jedem Video auf den Dupe.com-Accounts bei Instagram, Tiktok und X (früher Twitter) auf. Ein Video, in dem der Gründer mit einem absurden Hut einfach in die Kamera spricht und erklärt, wie Dupe.com funktioniert, kommt zum Beispiel auf 5,4 Millionen Views bei Instagram. Ein anderes, bei dem ein Post-It mit der Aufschrift "My interior designer just showed me this... ummmm WTF?!" in die Kamera gehalten wird – nur um dann die Funktionsweise von Dupe.com zu zeigen, kommt auf über 17 Millionen Views bei Instagram.
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Im Endeffekt hilft also die neuartige Funktion, kombiniert mit dem Thema Plagiate und der hemdsärmeligen Produktion der Videos beim Viral-Erfolg. "Wir wollen nicht provokant sein. Wir wollten einfach direkt die Brand bekannt machen – Menschen sollten das Produkt sofort verstehen", erklärt Gründer Bobby Ghoshal gegenüber Business of Home. Der virale Launch habe in Kürze zu Tausenden Nutzenden geführt. Das Analyse-Tool Similarweb weist für Dupe.com schnell steigenden Traffic aus. Noch im März 2024, also im Monat des Webseiten-Starts, besuchen über 88.000 Nutzende die Seite. Im April sind es bereits über 350.000, im Mai knapp 670.000.
Nächste Affiliate-Marketing-Generation?
Es ist bisher noch nicht abzusehen, wie viel Umsatz das Unternehmen durch den Hype generiert hat und noch generieren kann. Denn wenn die Neuerung erst einmal erzählt ist, kommen Nutzende dann wirklich immer wieder? Die Wiederkehrrate zumindest nimmt Dupe.com jetzt schon in Angriff. Für alle gängigen Browser gibt es ein Plugin, das die Funktionalität der Webseite noch leichter zugänglich macht. Wer auf einer Möbel-Seite surft, kann mit einem Klick Dupes des gerade angezeigten Möbelstücks zeigen lassen.
Das Dupe.com-Browserplugin zeigt auf der Webseite von Möbel-Brands direkt das günstigere Plagiat an (rechts oben)
Es bleibt aber ein Problem: Die Konkurrenz ist riesig. Google hat die Funktionalität über Lens und die Verweis-Möglichkeiten über Google Shopping. Und schon jetzt können Nutzende nach Produkten suchen, die sie im Internet auf einem Bild gesehen haben und bekommen einen Preisvergleich dafür angezeigt. Genau die Funktionalität von Dupe.com wird Google allerdings kaum nachbauen wollen – zu viel Geschmäckle rund um die Promo von Plagiaten. Aber auch große Möbelkonzerne wie Wayfair, die schon jetzt Dupes verkaufen, könnten die Funktionalität des jungen Unternehmens kopieren. Dann wäre der Traum vom nächsten Level an Affiliate-Webseite schnell ausgeträumt.