Cannabis-Gipfel: Die Pläne von Synbiotic, 420 Pharma und Sanity Group zur Legalisierung
OMR Podcast mit Lars Müller, Thomas Schatton und Finn Age Hänsel über die geplante Legalisierung von Cannabis in Deutschland
- Die Ruhe vor dem Sturm
- Wie passen Sport und Cannabis zusammen?
- Die Welt blickt nach Deutschland
- Die große Legalisierungs-Euphorie
- Alle Themen des Cannabis Specials im OMR Podcast:
Seitdem die neue Bundesregierung im November vergangenen Jahres den Plan zur Legalisierung von Cannabis im Koalitionsvertrag angekündigt hat, ist zumindest nach außen noch nicht viel passiert. Hinter den Kulissen allerdings arbeiten ein paar Unternehmen bereits mit Hochdruck an einer möglichst guten Startposition zur Öffnung eines Milliarden-Markts. Im OMR Podcast sprechen Lars Müller (Synbiotic SE), Thommas Schatton (Four 20 Pharma) und Finn Age Hänsel (Sanity Group) über die verschiedenen Geschäftsmodelle, Herausforderungen im Marketing für THC- und CBD-Produkte – und zeichnen Prognosen, wann und wie die Legalisierung stattfinden könnte.
„Das ist ein riesiges Wachstumthema. CBD und THC fangen in Deutschland und Europa jetzt erst so richtig an, Spaß zu machen“, so Lars Müller im Gespräch mit Philipp Westermeyer. Einen kleinen Vorgeschmack, wie dieser Spaß aussehen könnte, hat es bereits im vergangenen November gegeben. Direkt nach der Veröffentlichung des Koalitionsvertrags und den darin enthaltenen Plänen der Bundesregierung, Cannabis legalisieren zu wollen, sprang der Aktienkurs der Synbiotic SE kurzzeitig von 19,40 Euro auf über 33 Euro.
Die Gruppe, die im vergangenen Jahr rund 15 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete und insgesamt noch nicht profitabel ist, war zeitweise über 100 Millionen Euro wert. Der langfristige Plan sei aber klar, ein Milliarden-Unternehmen zu bauen. „Es gibt Teile, die schon profitabel sind“, erklärt Müller. „Und wir könnten Synbiotic dieses Jahr auch schon profitabel aussteuern. Aber was bringt uns das?“. 13 Companies gehören aktuell zur Unternehmensgruppe mit rund 150 Mitarbeitenden, die zuvor vom Milliarden-Unternehmer Christian Angermayer (zuletzt Anfang Februar im OMR Podcast zu Gast) als leere Börsenhülle, einer sogenannten Spac (Special Purpose Acquisition Company), gegründet wurde.
Die Ruhe vor dem Sturm
Der Kerntreiber der Gruppe sei immer noch die CBD-Marke Hempamed, die Lars Müller 2018 mit seinem Startup Solidmind übernommen hatte. Als reine D2C-Firma will er das Unternehmen allerdings nicht sehen. „Wir haben drei Verticals: Research & Development, Production & Biotech und Medical & D2C Brands“, so Müller. Der Pharmabereich werde dieses Jahr noch deutlich sichtbarer und größer. Aber natürlich habe man vor allem die geplante Legalisierung im Blick. „Wir arbeiten schon sehr intensiv an einem Konzept für Abgabestellen“, verrät der CEO. Wie die sogenannten Dispanserys aussehen werden, könne man derzeit nur vermuten. „Man kann sie aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit den Coffee Shops in den Niederlanden vergleichen, sondern eher mit den super cleanen Stores in den USA oder Kanada.“
Wann die Legalisierung von Cannabis umgesetzt werden wird, weiß heute noch niemand. Lars Müller rechnet mit Mitte bis Ende 2023. Thomas Schatton, Gründer der Four 20 Pharma GmbH aus Paderborn, rechnet sogar erst Anfang 2024 mit der Legalisierung. Frühestens. Sein Unternehmen beliefert derzeit rund 1.000 Apotheken in Deutschland mit medizinischem Cannabis. Und er kann das von Lars Müller beschriebene Wachstum in dem Bereich mehr als bestätigen. „Wir hatten im letzten Jahr Wachstumsraten von 400 Prozent bezüglich Gewinn und Umsatz“, erklärt Schatton. 2021 habe das Unternehmen etwa acht Millionen Euro umgesetzt. „Dieses Jahr planen wir 20 bis 22 Millionen Euro.“
Wie passen Sport und Cannabis zusammen?
Anders als die Synbiotic SE hat Thomas Schatton mit Four 20 Pharma zwar kein D2C-Geschäft mit CBD-Produkten, der Fokus liegt bisher komplett auf medizinischem Cannabis. Trotzdem laufen auch in Paderborn die Vorbereitungen für die geplante Legalisierung auf Hochtouren. „Wir stellen uns natürlich auch für den Freizeitmarkt auf, haben verschiedene Strategien ausgearbeitet und schauen nach Lieferanten“, so Schatton. „Da wird man in ganz anderen Mengen sourcen müssen. Wir bauen bereits unsere Produktionskapazität aus für den Tag X.“
Dazu zählt auch, die Bekanntheit der Marke zu stärken – unter anderem mit einem Bandensponsoring beim Fußball-Zweitligisten SC Paderborn. „Wenn du keine starke Marke hast, brauchst Du in dem Feld unserer Meinung nach nicht unbedingt agieren“, so Schatton. „Und die eigene Marke zu etablieren geht nur, wenn du auch produzieren kannst.“ Um die Position mit Blick auf die Legalisierung zu stärken, könne sich Schatton auch vorstellen, Investoren ins Unternehmen zu holen. „Die Verlockung ist zu groß“, sagt er. „Das ist als Unternehmer ja der absolute Volltraum. Wir sind am Anfang bei einem ganz neuen Markt dabei.“
Die Welt blickt nach Deutschland
Der, zumindest wenn es nach medialer Aufmerksamkeit und reinem Funding geht, größte Player am deutschen Markt ist Finn Age Hänsel mit der Sanity Group. Kurz nach dem Start war er bereits Anfang 2020 im OMR Podcast zu Gast. Das klare Ziel schon damals: die größte Cannabis-Firma Europas bauen. Darauf setzen seitdem neben klassischen VCs auch prominente Investoren wie unter anderem Fußballer Mario Götze, US-Musiker Will.i.am, TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf, Rap-Legende Snoop Dogg und Justin Biebers Manager Scooter Brown. Über 80 Millionen US-Dollar konnte das Unternehmen bisher einsammeln.
„Wir sind auf jeden Fall im guten dreistelligen Millionenbereich, was die aktuelle Valuation angeht“, so Finn Hänsel. Etwa 110 Mitarbeitende seien derzeit für das Unternehmen tätig. Das Geschäftsmodell teilt sich auf in zwei Bereiche. „Well being und Medical“, wie Hänsel sie nennt. Rund die Hälfte der Umsätze stammen aus dem Geschäft mit medizinischem Cannabis in Apotheken, die andere Hälfte aus der D2C-Brand für CBD-Produkte Vaay. Knapp unter zehn Millionen Euro Umsatz habe das Unternehmen im vergangenen Jahr umgesetzt, für das aktuelle Jahr peile er eine Verdopplung an. Auch, weil mit der Produktion ein dritter, neuer Geschäftsbereich gerade anläuft.
Die große Legalisierungs-Euphorie
Wie Müller und Schatton auch, erwartet Finn Hänsel viel von der geplanten Legalisierung. „Der Medizinal-Markt wächst, der CBD-Markt wächst. Aber die Legalisierung ist natürlich das Blockbuster-Event, was dann kommt. Was den Bedarf wahrscheinlich nochmal verhundertfacht“, so Hänsel. Er rechnet damit, dass man Mitte 2023 das erste legale Cannabis in Dispensarys oder Apotheken kaufen können wird. Was dann laut Finn Hänsel passieren werde: „Deutschland wird bei einer Legalisierung der Weltgrößte Cannabis-Markt werden. Punkt.“
Was Finn Age Hänsel über den kritischen TV-Beitrag von Jan Böhmermann denkt, was die Geschäftsmodelle von Synbiotic SE, Four 20 Pharma und Sanity Group gemeinsam haben und welche Rolle Marketing heute und bei der Legalisierung spielt, hört Ihr im Cannabis Special im aktuellen OMR Podcast.
Alle Themen des Cannabis Specials im OMR Podcast:
- Lars Müllers Weg vom Informatiker zum CEO der börsengelisteten Cannabis-Gruppe Synbiotic SE und das Geschäftsmodell des Unternehmens (03:45)
- Die verschiedenen Bereiche der Synbiotic SE, konkrete Pläne zur Legalisierung und die THC-Supply-Chain (12:00)
- Über die Buy-and-Build-Strategy von Synbiotic (22:45)
- Thomas Schatton über das Geschäftsmodell von Four 20 Pharma und die hohen Anforderungen im hochregulierten Cannabis-Markt (35:00)
- Was der Firmenname bedeutet und Schattons Pläne für die Legalisierung (51:30)
- Finn Age Hänsels Weg vom CDU-Politiker in Flensburg zum Cannabis-Unternehmer mit internationalem Millionen-Funding (1:04:45)
- Was die Legalisierung für die Sanity Group bedeuten könnte und wie es zu der verrückten Investoren-Kombination kam (1:12:00)
- Jan Böhmermanns kritischer Beitrag im ZDF Magazin Royal als Umsatztreiber und Deutschland als Weltmarktführer (1:18:00)