Wie die Affiliate-Shopping-App LTK sich gegen die Konkurrenz durchsetzt
Das Unternehmen setzt auf ein Shoppable-Video-Feature und die Bandbreite seiner Marken, um mit den Social-Media-Plattformen wettbewerbsfähig zu bleiben
- Einstiegshürde: mindestens 5.000 Follower*innen
- Mit 23 gegründet, um zu Hause ausziehen zu können
- Monetarisierung ohne Werbekampagne
- LTK setzt auf Shoppable-Video-Feature
Die Affiliate-Shopping-App LTK zeigt Social-Media-User*innen, wo sie die Outfits von Influencer*innen shoppen können. Influencer*innen wiederum bietet sie die Möglichkeit, ihre Produktempfehlungen zu monetarisieren – auch ohne Kooperation mit den Brands. 2011 gegründet, ist LTK nicht nur eine der ältesten Affiliate-Shopping-Plattformen für Influencer, sondern auch eine der größten: Mehr als 40 Millionen monatliche User zählt sie. Doch inzwischen muss sie sich gegen eigene Affiliate- oder Shopping-Tools von Youtube, Tiktok und Co. behaupten. OMR hat nachgefragt, wie es um die Relevanz von LTK innerhalb der deutschen Creator-Economy steht.
Carmen Kroll trägt einen Tennisrock, kombiniert mit einem Poloshirt, einem blauen Strick-Pullunder und New-Balance-Sneakern. Das Foto ist in der Toskana entstanden, im Hintergrund ist die Landschaft mit ihren typischen Säulen-Zypressen zu sehen. In der Hand hält die Influencerin, die auf Social Media Carmushka heißt, lässig einen Badminton-Schläger. Wer jetzt denkt: Tolles Outfit, hätte ich auch gerne für die nächste Runde Federball, der landet schnell bei LTK. Denn auf der Affiliate-Shopping-Plattform finden sich die Antworten auf die brennenden Fragen ihrer Follower*innen: Woher? Wie teuer? Ist es noch verfügbar?
Das Outfit mit dem Strick-Pullunder hat Carmen Kroll bei ihrem diesjährigen Creator-Event "The House of Carmushka" getragen und anschließend ein Foto davon bei LTK hochgeladen. Dort haben Creator*innen ein eigenes Profil, dem man folgen kann. Außerdem gibt es eine eigene App, mit der man sich inspirieren lassen oder Creator*innen suchen kann – theoretisch. Denn in den meisten Fällen funktioniere Affiliate Marketing weiterhin besonders stark über Verlinkungen in der Instagram-Story, sagt Niclas Kroll, Carmen Krolls Ehemann und CEO der gemeinsamen Creator-Agentur Somefriends. User*innen landen dann über den Link direkt bei dem speziellen Produkt oder Outfit, für das sie sich interessieren, und nicht auf der Plattform selbst. Auch viele andere erfolgreiche deutsche Influencer*innen wie Caro Daur, Mrs. Bella, Milena Karl oder Anna Adamyan sind bei LTK vertreten.
Einstiegshürde: mindestens 5.000 Follower*innen
Um auf LTK mitmachen zu dürfen, brauchen Creator*innen mindestens 5.000 Follower*innen. Wer diese Einstiegshürde überwunden hat, kann sich als LTK-Creator*in bewerben. Vorzugsweise sucht das Unternehmen nach Menschen, die regelmäßig, am besten täglich, posten und dabei häufig Produkte und Marken hervorheben. Einmal angemeldet, können Creator*innen provisionsfähige Links für mehr als 7000 Händler erstellen und diese auf den Social-Plattformen teilen – von Instagram, Youtube, Tiktok oder Pinterest hin zum eigenen Blog. Aber sie können ihre Lieblingsprodukte auch in ihrem persönlichen LTK-Shop präsentieren. Die persönliche Einkaufsseite erinnert an ein typisches Social-Media-Profil, etwa bei Instagram. Mit einem entscheidenden Unterschied: Während es bei Social Media häufig das Ziel ist, eher beiläufig Produkte zu bewerben und zum Kauf zu animieren, steht hier Shopping klar im Vordergrund. Klickt man auf einen Foto-Post, erscheint eine Auflistung aller Produkte, die auf dem Bild zu sehen sind. "Diesen Post shoppen" heißt dieser Bereich. Klickt man auf ein Produkt, landet man auf der Seite des Retailers. Wenn es zum Kauf kommt, verdienen sowohl LTK als auch die Creator*innen mit.
Während LTK seinen Look den Social-Media-Plattformen anpasst, gibt es abgesehen von Mitbewerbern wie MagicLinks, ShopMy oder Stylink mit Youtube und Tiktok-Shop immer mehr Konkurrenz seitens der Plattformen selbst, die eigene Affiliate- oder Shopping-Tools anbieten, sodass User*innen die Apps zum Shoppen gar nicht mehr verlassen. Die Hauptwaffe dagegen sieht LTK in der Bandbreite seiner Marken. "Der Grund, warum LTK so erfolgreich geworden ist und weiterhin sein wird, ist, dass wir agnostisch sind“, sagt Allison Yazdian von LTK. „Ein Creator kann sein ganzes Leben präsentieren. Es ist nicht auf verschiedene Plattformen aufgeteilt.“ Auch Markus Kellermann, Affiliate-Marketing-Experte und Geschäftsführer MAI xpose360, sieht darin einen entscheidenden Nachteil für das Youtube Affiliate-Programm, das derzeit ohnehin nur in den USA und Korea verfügbar ist und nicht in Deutschland: Dieses sei zwar für Youtuber eine interessante Möglichkeit, Video Content zu monetarisieren, allerdings könnten Creator*innen nur Produkte der bei Youtube teilnehmenden Verkäufer bewerben. "Zudem benötigt man mindestens 10.000 Abonnenten, was es für kleinere Creator*innen schon wieder uninteressant macht", sagt Kellermann. "Daher bieten Affiliate-Programme bei Amazon oder den Affiliate-Netzwerken hier meines Erachtens viel mehr Vorteile."
Für den Carmushka-Account sei LTK weiterhin der wichtigste Player beim Affiliate Marketing, sagt Niclas Kroll. "Ich würde sagen: 70 Prozent LTK, 30 Prozent andere Affiliate-Plattformen." An zweiter Stelle stehe Amazon Affiliate. "Plattformen wie Stylink oder Zezam haben sich im daily doing nicht so stark etabliert." Für die Creator, die die Agentur betreut, hätten Affiliate-Plattformen den großen Vorteil, dass sie dadurch transparenter echte Insights zu ihrer eigenen Performance erfahren. "Aber sie können auch proaktiv Marken auf sich aufmerksam machen." Mit Carmushka sind die beiden schon früh mit LTK gestartet: "Das war ca. 2016 oder 2017, als viele Marken im Influencer-Marketing nicht vertreten oder für uns nicht erreichbar waren", sagt er. Durch LTK sei es gelungen, ein breites Markenportfolio aufzubauen.
Mit 23 gegründet, um zu Hause ausziehen zu können
Gegründet hat LTK die US-Amerikanerin Amber Venz Box zusammen mit ihrem damaligen Freund und heutigem Ehemann Baxter Box. 2011 war das, ein Jahr nach dem Start von Instagram. Amber Venz Box ist zu diesem Zeitpunkt selbst Creatorin und erst 23 Jahre alt. Ihr Ziel damals: genug Geld zu verdienen, um aus dem Elternhaus ausziehen zu können. Inzwischen wird die Firma mit zwei Milliarden US-Dollar bewertet, seit 2021 der japanische Telekommunikations- und Medienkonzern Softbank 300 Millionen US-Dollar investiert hat. 2023 hätten LTK-Creator*innen mit Einkäufen über ihre Shop-Profile im Einzelhandel in über 150 Ländern für einen Umsatz von 4,1 Milliarden US-Dollar Umsatz gesorgt, berichtet das Unternehmen. Wie viel Umsatz LTK selbst macht, teilte es nicht mit.
Wir haben 2016 schon einmal über LTK berichtet, damals hieß LTK noch Liketoknow.it, davor Rewardstyle. Und noch etwas war grundlegend anders: Denn bei Instagram zu verkaufen, war damals zwar schon der Traum vieler Brands. Aber ohne die Möglichkeit, unter einem Bild einen direkten Link zu posten, war das nur schwer möglich. Tools wie Liketoknow.it boten da zumindest für Instagram-Influencer und Brands einen Workaround, um Affiliate-Links zu generieren. Heute können Produkte zwar gezielt in den Storys verlinkt werden, aber ohne Kooperation oder Affiliate-Link bringt das den Content Creator*innen trotzdem erstmal wenig.
Monetarisierung ohne Werbekampagne
Zwischen den beiden Monetarisierungsmöglichkeiten Kooperation oder Affiliate-Provision lägen gerade für Creator*innen mit vielen Follower*innen Welten, betont David Völler, CEO der Influencer-Agentur All Impact. "Creator, die eine Topcommunity haben, generieren oft einen ganz anderen Wert mit Kooperationen und Kampagnen. Das kann man in der Regel nicht auffangen mit den Beträgen, die bei Affiliate-Links ausgezahlt werden." Trotzdem seien Affiliate-Plattformen wie LTK eine gute Möglichkeit, um Follower*innen im Alltag mitzunehmen, um beispielsweise eine Kaffeemaschine im Hintergrund eines Hauls zu verlinken. "Der Vorteil ist: Die Influencer*innen werden für ihre Werbeleistung vergütet und für die User*innen ist es ein Service, da sie gerne wissen möchten, wo sie die Produkte nachshoppen können." Das könne auch zur Glaubwürdigkeit und Authentizität beitragen, weil so nicht nur Produkte beworben werden, bei denen eine Werbepartnerschaft besteht, findet Völler: "Durch die Links können sie Produkte teilen, die sie in ihrer Umgebung und im Haushalt haben und selbst gerne nutzen, und haben trotzdem die Möglichkeit, daran etwas zu verdienen."
Bei All Impact setzt man eher auf eine deutsche Alternative zur Nummer 1 aus den USA: auf Stylink aus Münster. "Stylink ist noch relativ jung, allerdings sehr erfolgreich und möchte weiter wachsen, auch in der DACH-Region. Dafür brauchen sie Creator*innen", sagt David Völler. Mit dem Ex-Bachelor und Influencer Dominik Stuckmann und seiner Community funktioniere die Zusammenarbeit mit Stylink zum Beispiel wunderbar. Bei Stylink landen User*innen allerdings direkt auf der Produktseite, wenn sie auf den Affiliate-Link klicken, eine Landing Page der einzelnen Creator*innen gibt es nicht.
LTK setzt auf Shoppable-Video-Feature
LTK hingegen baut die persönlichen Shops seiner Creator*innen aktuell um weitere Präsentationsmöglichkeiten aus. Gerade erst hat das Unternehmen ein Shoppable-Video-Feature gelauncht, dessen Optik stark an Youtube Shorts, Tiktok oder Instagram Storys erinnert. Mit einem entscheidenden Unterschied: Bei LTK finden User*innen unter dem Video eine Art Shopping-Karrussel mit allen Produkten, die im Video vorkommen. Offenbar reagiert die Plattform damit auf die Konkurrenz seitens der Social-Media-Plattformen.
Laut dem Unternehmen greifen Käufer*innen zweimal mehr bei Video-Beiträgen auf LTK zu als bei anderen Beiträgen. Videoinhalte könnten den Verdienst der Creator*innen auf der Plattform um bis zu 46 Prozent steigern, heißt es bei LTK. Niclas Kroll ist bisher noch nicht überzeugt vom Mehrwert des Features: "Es ist ein 'Nice to have', aber kein 'Must do'. Ein Großteil unserer Community kauft eben impulsgetrieben über die Instagram-Story oder den Broadcast im Vergleich zu den Follower*innen unserer LTK Storefront."
Hinweis: In einer früheren Version hieß es, LTK-Creator*innen hätten 2023 für 4,1 Milliarden Umsatz gesorgt. Dabei handelt es sich aber um den Umsatz, der im Einzelhandel durch Einkäufe über LTK erzielt wurde, nicht um den Unternehmensumsatz. Wir haben diese Angabe im Artikel präzisiert.