Einer der besten Adtech-Männer der Welt kämpft jetzt gegen Adblocker
- Online Marketing-Superstar Ben Barokas verlässt Google, gewinnt Top-Investoren für den Kampf gegen
- 10 Millionen Dollar und namhafte Unterstützer für Sourcepoint
- Sourcepoint kommt mit ganz neuen Ansätzen
- Sind Adblock-Defender eine ernsthafte Gefahr für Adblock Plus?
Online Marketing-Superstar Ben Barokas verlässt Google, gewinnt Top-Investoren für den Kampf gegen Adblocker und seine Lösung ist geradezu naiv simpel
Der Kampf zwischen Adblockern auf der einen und Publishern sowie Vermarktern auf der anderen Seite tobt schon länger – immer häufiger auch vor Gericht. Es geht um Milliarden-Umsätze und natürlich auch ein Stück weit um die Grundsatzfrage, ob Dritte in die Darstellung der Webseiten von Publishern eingreifen dürfen. Seit einiger Zeit steht jetzt noch eine dritte Partei auf dem Banner-Schlachtfeld: Adblock-Defender, die es ermöglichen sollen, einem User trotz installiertem Adblocker Werbebanner auszuspielen. Sourcepoint beispielsweise, die neue Firma von Ex-Googler und Admeld-Gründer Ben Barokas, hat gerade zehn Millionen Dollar in einer Series A-Finanzierung erhalten. Wir haben uns das Startup mal genauer angeschaut und außerdem mit Adblock Plus gesprochen, was sie zu dieser Entwicklung sagen. Über die „neue Eskalationsstufe im Kampf um die Online-Werbung“ haben wir hier vor einigen Wochen schon einmal geschrieben und technologische Dienstleister vorgestellt, die Publishern dabei helfen, Adblocker-Nutzern trotzdem Werbung auszuspielen. Unter anderem dabei: veeseo, Tochter von Ligatus, einem 100-prozentigem Tochterunternehmen von Gruner+Jahr. Jetzt geht in den USA das nächste Projekt an den Start, was Adblockern das Leben etwas schwerer machen könnte (und will). Sourcepoint wurde vom Ex-Googler Ben Barokas mitgegründet und hat sich direkt eine ansehnliche Series A-Finanzierung in Höhe von zehn Millionen Dollar abholen können. Zu den Investoren zählen unter anderem Spark Capital (früher Investor bei Tumblr und Twitter), Accel Partners (u.a. facebook) sowie Greycroft allesamt Top-Namen in der VC-Szene. Weiteres Geld kommt von Angel-Investoren wie Michael Barret, CEO von Millennial Media (das Unternehmen für Mobile Display Advertising findet Ihr auch im Rockstars-Aktien-Portfolio) und Jonah Goodhart, CEO von Moat, einer Suchmaschine für Display Ads. Barokas kam über den Verkauf der von ihm gegründeten Supply Side Platform Admeld 2011 zu Google und ist mit seinen Insights, seinen Erfahrungen, seinem Track Record und seinem Netzwerk ein veritabler Adtech-Hero, der jetzt sozusagen für seine Branche in die Schlacht zieht.10 Millionen Dollar und namhafte Unterstützer für Sourcepoint
Zum Start hat sich Ben Barokas namhafte Unterstützung an Bord geholt; unter anderem Geir Magnusson, zuvor Chief Technical Officer bei AppNexus, und Brian Kane, vorher Chief Operating Officer bei LiveRail, einer Video-RTB-Plattform, die Facebook Mitte 2014 für angeblich rund eine halbe Milliarde Dollar übernommen hatte. Sourcepoint stellt die Software inklusive Analysetools über das Userverhalten in Bezug auf Adblocker jetzt erst einmal zwei Dutzend Publishern aus comScores Top 100 zur Verfügung. Zur eigenen Monetarisierung müssen langfristig natürlich Abrechnungsmodelle entwickelt werden, beispielsweise eine „klassische“ Provision für trotz Adblocker ausgespielte Banner, Lizenzeinnahmen durch die Software, Anteile von Paid-Content-Nutzung in Folge der Nachricht an den User – oder eben eine Mischung aus allen drei Möglichkeiten.
Das Interesse auf Seiten der Publisher und Vermarkter für eine Lösung der Adblocker-Problematik ist riesig. Das zeigen neben den prominenten Investoren von Sourcepoint, dem Einsatz von veeseos Adblock-Defender bei Portalen von Gruner+Jahr, Burda und ProSiebenSat1 auch die Gerichtsprozesse aus den vergangenen Wochen und Monaten. Hier unterlagen ProSiebenSat1 und RTL vor dem Landgericht München, die Zeit und das Handelsblatt zogen in Hamburg gegen die Eyeo GmbH und Adblock Plus den Kürzeren. Was könnte für die genannten Medienhäuser also jetzt der nächste Schritt sein? Ein Einkauf in die Whitelist von Adblock Plus eigentlich ja nicht, das käme einer Kapitulation gleich. Dennoch mehren sich bei uns die Hinweise, dass verschiedene deutsche (Publishing-) Firmen zum Teil mittlere sechsstellige Summen im Jahr an Adblock Plus bezahlen, um sich freizukaufen. Langfristig zielführender für Publisher wären aber in der Tat Adblock-Defender.
Sourcepoint kommt mit ganz neuen Ansätzen
Dabei geht es gar nicht bei allen Adblock-Defendern nur um das reine Umgehen der Banner-Stop-Software und der potenziell eigenen Neuvermarktung der freigewordenen Flächen. Sourcepoint hat nach eigenen Angaben größere Pläne und will den Dialog zwischen Publishern und Usern verbessern. Letzteren solle noch mehr deutlich gemacht werden, dass Werbebanner bis heute unumgänglich sind, um Content quasi gratis zur Verfügung stellen zu können. Seitenbetreiber sollen mit Sourcepoint den Usern, die das Angebot mit einem installierten Adblocker ansteuern, verschiedene Nachrichten ausspielen können. Beispiel: „Unsere Werbeanzeigen stellen sicher, dass wir unsere Inhalte weiterhin kostenfrei anbieten können. Willst Du wirklich alle Banner ausblenden?“. Oder: „Das Blockieren der Werbebanner auf unserem Angebot lässt langfristig großen finanziellen Schaden für uns entstehen. Wie wäre es stattdessen mit einem Test unserer Bezahlangebote?“. Natürlich ermöglicht auch Sourcepoint einfach das harte Ausspielen von Bannern trotz Adblockern. Für Marketing-Insider klingt dieser neue Ansatz erstmal ziemlich naiv. Inwieweit Sourcepoint und seine Investoren wirklich darauf setzen oder doch auf harte technische Lösungen wird spannend zu beobachten.
Sind Adblock-Defender eine ernsthafte Gefahr für Adblock Plus?
„Das ist eine technische Herausforderung, der wir uns aber gewappnet sehen“, antwortet uns Ben Williams auf die Frage, ob Adblock-Defender wie Sourcepoint für die Eyeo GmbH langfristig zum Problem werden könnten. Er ist Sprecher des Kölner Unternehmens, das die weltweit wohl am meisten verbreitete Adblock-Software anbietet: Adblock Plus. Weiter sagt er: „Aber ich frage mich, wieso die Anbieter solcher Softwares sich überhaupt einem solch User-unfreundlichem Katz-und-Maus-Spiel widmen.“ Williams glaubt, von Publishern eingesetzte Adblock-Defender könnten User eher verärgern, weil ihnen trotz der Installation von Adblockern plötzlich wieder Werbung ausgespielt wird. Das könnte dann zum einen auf die werbende Firma oder den Publisher zurückfallen, zum anderen aber auch auf den in diesem Moment nicht funktionierenden Adblocker.
Ein Ende des Kampfes um die Bannerplätze dürfte wohl noch lange auf sich warten lassen. Und für die nächste Eskalationsstufe ist ja quasi auch schon gesorgt. Kürzlich kündigte Apple an, beim nächsten mobilen Betriebssystem iOS 9 die Entwicklung von Adblockern für den Safari-Browser zu ermöglichen. Dann wird natürlich auch Adblock Plus mit einer entsprechenden Version am Start sein. Ben Williams kommentiert nüchtern: „In Anbetracht dessen, dass Apples Ankündigung sehr positive Auswirkungen für inhaltsblockierende Software wie unsere haben könnte, hoffen wir, dass noch viele weitere Möglichkeiten entstehen werden.“