Provokation, Kollegah und Farid Bang sei Dank: So wurde Zec+ zum Nahrungsergänzungs-Star
Gründer Matthias Clemens hat die Supplement-Brand in kürzester Zeit erfolgreich gemacht
- Sponsor Zec+ nutzt den Rummel um Kollegah für Marketing
- Clemens setzt seit Jahren auf Provokation als Marketing-Hebel
- Gründung Anfang 2013, Millionenumsätze schon 2016?
- Cleveres Social-Media-Marketing und Matthias Clemens als Personal Brand
- Vom peniblen Kunden zum öffentlichen Kritiker
Als der Rapper Kollegah kürzlich mit einem Mob aus rund 50 schweren Jungs über das Gelände der Fitness-Messe Fibo in Köln stolziert, ist die Aufregung groß. Deutschlandweit berichten Medien, vor allem vor dem Hintergrund des durch antisemitische Songtexte ausgelösten „Echo-Skandals“. Hinter dem Fibo-Stunt steckt aber nicht Kollegah selber, sondern Matthias Clemens, Gründer der Supplement-Marke Zec+. Diese hat sich in nur wenigen Jahren zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für etablierte Brands entwickelt – dank solch gezielter Provokationen und Rappern als Zugpferde.
„Mit 50 Mucki-Männern auf die Fitness-Messe“ titelte bild.de einen Tag nach dem Ende der Fitness- und Bodybuilding-Messe Fibo in Köln. Dazu die Frage: „Traut sich Kollegah nicht mehr alleine raus?“. Was war passiert?
Ein Video zeigt den bedrohlich wirkenden Auftritt der aus ein paar Dutzend muskelbepackten Männern bestehenden Gruppe – mittendrin Kollegah mit Kapuze und Sonnenbrille. Doch so beeindruckend der Einmarsch der Truppe auch inszeniert ist, mehr passiert dann tatsächlich nicht. Schon kurz nach der Ankunft am Kölner Messegelände hatte der Rapper einen „friedlichen Rundgang“ angekündigt, um allen zu demonstrieren, dass sie „keine Krawallmacher“ seien.
Sponsor Zec+ nutzt den Rummel um Kollegah für Marketing
Dass der sich am Ende als harmlos entpuppende Fibo-Besuch von Kollegah und seiner Crew in der Folge trotzdem verhältnismäßig hohe mediale Wellen schlägt, dürfte zum Großteil der Diskussion um den „Echo-Skandal“ geschuldet sein. Für das Album „Jung, brutal, gutaussehend 3“ hatte er gemeinsam mit seinem Rap-Buddy Farid Bang in der Kategorie „Hip-Hop/Urban national“ den Musikpreis erhalten. Der Bundesverband Musikindustrie, Veranstalter des Echos, wurde für die Wahl auf Grund von antisemitischen Textpassagen auf dem Album stark kritisiert und verspricht Konsequenzen. Einige Künstler wie Marius Müller-Westernhagen gaben im Anschluss ihre teils Jahre zuvor erhaltenen Auszeichnungen zurück; die Plattenfirma Bertelsmann Music Group (BMG) beendete vorerst die Zusammenarbeit mit dem Hip Hop-Duo.
Noch mehr Brisanz erhielt der von Zec+Gründer Matthias Clemens initiierte Marsch über die Fibo durch die Vorgeschichte der Supplement-Marke mit der Fitness-Messe. Im vergangenen Jahr bedrohten Mitglieder des Berliner Abou-Chaker-Clans den Düsseldorfer Rapper Al-Gear am Stand von Zec+. Zwar konnte die Kölner Polizei die Situation ohne weitere Vorkommnisse auflösen, für 2018 erhielt das Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel trotzdem ein Messe-Verbot – inklusive „Steckbriefen“ von Kollegah, Farid Bang und Zec+-Gründer Matthias Clemens.
Clemens setzt seit Jahren auf Provokation als Marketing-Hebel
Insgesamt hätte der Zeitpunkt für Matthias Clemens also kaum günstiger sein können, um maximale Aufmerksamkeit für seine Marke zu erzielen. Mit dem Musikvideo des Rappers Majoe „Wir stürmen die Fibo wie die 300“ entstand im Vorfeld zusätzliche Spannung. Und mit der „Zec+ Underground Expo 2018“, ganz in der Nähe des Kölner Messegeländes, startete Clemens kurzerhand eine eigene, kleine „Gegenveranstaltung“ – natürlich zeitgleich zur Fibo.
Die Aktionen rund um die Fibo 2018 sind längst nicht die ersten dieser Art. Die Marketingstrategie von Zec+ scheint von Anfang an vor allem aus gezielter Provokation zu bestehen (Wie Provokations-PR Erfolge liefern kann, haben wir im OMR Briefing schon am Beispiel vom veganen Koch Attila Hildmann gezeigt). Seit Jahren werben in dieses Konzept perfekt passende Rapper wie beispielsweise Kollegah, Farid Bang, Massiv und Majoe schon für die junge Nahrungsergänzungs-Marke. Wer ist der Gründer Matthias Clemens, der allem Anschein nach stark von einem guten Netzwerk in der deutschen Rap-Szene profitiert? Und was machen seine Supplements offenbar erfolgreicher, als andere?
Gründung Anfang 2013, Millionenumsätze schon 2016?
Ende 2012 trägt der damals 28-jährige Matthias Clemens die Zec+ Nutrition GmbH & Co.KG im Handelsregister ein. Schon vorher soll er mehrere Jahre in der Nahrungsergänzungsmittel-Industrie unterwegs gewesen sein, unter anderem als Angestellter beim schwedischen Supplement-Unternehmen Peak Performance. Bis heute hält Clemens laut Handelsregister als alleiniger Gesellschafter der Zec+ Nutrition Verwaltungs GmbH 100 Prozent der Anteile von Zec+.
Ein Blick in die im Bundesanzeiger veröffentlichten Bilanzen der Jahre 2013, 2014, 2015 und 2016 deutet an, welch schnelles Wachstum das Saarburger Unternehmen seit Aufnahme der Geschäftstätigkeit Anfang 2013 hingelegt haben dürfte. Die Bilanzsumme wuchs in diesem Zeitraum von knapp 580.000 auf über 2,2 Millionen Euro an. Zum 31.12.2016 standen offene Forderungen von rund 423.000 Euro in den Büchern – hier ist anzunehmen, dass dieser Wert den Rest des Jahres etwas geringer ausfällt, da der Markt für Nahrungsergänzungsmittel ähnlich wie Fitness-Studios im Januar schon im Dezember von guten Vorsätzen für das neue Jahr profitieren dürfte.
Der deutliche Anstieg der Verbindlichkeiten von etwa 950.000 Euro 2015 auf fast 2,2 Millionen Euro 2016 lässt auf verstärkte Investitionen schließen. Hier dürfte ein nicht unwesentlicher Teil in Vorräte geflossen sein (Anstieg von circa 600.000 Euro auf rund 1,4 Millionen Euro); ebenfalls die Eröffnungen von Zec+-Stores sorgen hier vermutlich für den deutlichen Anstieg. Insgesamt gibt es heute fünf Läden in Köln, Saarburg, Berlin, Osnabrück und Düsseldorf.
Cleveres Social-Media-Marketing und Matthias Clemens als Personal Brand
„Ich bin krank in der Hinsicht. Das sagt auch Farid Bang: Ich würde mich lieber mit einer Firma streiten, als 100.000 Euro Umsatz zu machen“, sagt Matthias Clemens in einem Interview mit Hip-Hop-Journalist Rooz, als der ihn auf seine spezielle, direkte und provokative Art anspricht. Tatsächlich erkennt man diese Einstellung in nahezu jedem Interview, Facebook-Post oder Youtube-Video, seit der Gründung von Zec+. Clemens eckt gerne an – und das wirkt sich enorm auf die Social-Media-Performance aus.
So nutzt der Gründer den Youtube-Kanal von Zec+ immer wieder für sehr lange Videos, in denen er Hersteller anderer Supplement-Marken beispielsweise für einzelne Produkte oder verschwiegene Zutaten in Nahrungsergänzungsmitteln hart kritisiert. Aber auch einzelne Personen, ehemalige Athleten oder Kooperationspartner sind nicht vor seinen Ansprachen gefeit. Ende 2016 veröffentlicht Matthias Clemens beispielsweise eine „Abrechnung mit Probro“ (über 400.000 Aufrufe), der Marke der beiden Schweizer Fitness-Youtuber Mischa Janiec und Patrick Reiser, in der er Stellung zu den „zwielichtigen Machenschaften“ des Duos bezieht. Rund einen Monat später musste der Bodybuilder Phil Bane dran glauben (320.000 Aufrufe), der zuvor bei Zec+ unter Vertrag stand. Weitere Beispiele: „Live Q&A zur Abrechnung mit Karl Ess, Patrick Reiser und Ralf Sättele“ (105.000 Aufrufe), „Matze Busse’s Unwahrheiten | Die Zusammenfassung!“ (76.000 Aufrufe) und schlichte Beleidigungen gegen Lidl, nach dem die Kooperation mit dem Einzelhändler beendet war.
Vom peniblen Kunden zum öffentlichen Kritiker
Clemens sei selber jahrelang Konsument und Kunde verschiedenster Produkte und Unternehmen gewesen, wie er im Gespräch mit Rooz verrät: „Ich war richtig penibel und hatte immer Angst, dass irgendetwas gestreckt ist.“ Als er mit Zec+ dann mit etablierten Marken konkurriert, habe er gemerkt, dass häufig falsche, zu gute Nährwertangaben auf Nahrungsergänzungsmitteln ausgewiesen werden. „Irgendwann dachte ich dann: Tabula Rasa, habe für meine Äußerungen 40 Klagen bekommen, aber fast alle gewonnen. Da wurde es dann ein bisschen zum Tick.“ Besonders häufig kritisiert Matthias Clemens aus diesem Grund das englische Unternehmen Myprotein, auch mit BioTechUSA hat er sich bereits rechtlich auseinandergesetzt.
Neben dem durch Videos dieser Art entstandenen kleinen Kult um seine Person sind es aber vor allem auch Clips der unter Vertrag stehenden Rapper, die enorme Reichweiten für Zec+ generieren. In acht der zehn erfolgreichsten Youtube-Videos des Kanals spielt Farid Bang eine wesentliche Rolle. Weitere prominente Athleten im Zec+-Team, die seit Jahren für relevante Reichweiten und Klicks sorgen, sind unter anderem die Youtuber Tim Gabel und Inscope21.
Die Mischung aus Entertainment, Hip Hop, Bodybuilding und Kampfsport, den Zec+ im Social Web veröffentlicht, scheint in der mutmaßlich vor allem jungen Zielgruppe gut anzukommen. 125.000 Nutzer folgen dem Youtube-Account, der insgesamt auf fast 23 Millionen Views kommt. Das Facebook-Profil „Matthias Clemens Zec+“ hat knapp 91.000 Fans, bei Instagram folgen ihm fast 38.000 Follower.
Ob sich übrigens an der Zusammenarbeit mit den nach der Echo-Preisverleihung stark in der Kritik stehenden Rappern Kollegah und Farid Bang in Zukunft etwas ändern wird, wurde bisher zwar nicht kommuniziert, darf aber stark bezweifelt werden. Matthias Clemens selber hat auf Interview-Anfragen durch OMR nicht reagiert.