Wie ein US-Startup mit einem total sinnlosen Produkt durch virale Effekte in nur 60 Tagen 50.000 US-Dollar eingenommen hat
Design, Herstellung, Marketing, Vertrieb – bei Needwants Emoji-Masken geht alles übers Netz
In einer Bierlaune kommen die Gründer des US-Startups Needwant, das u.a. digitalisierbare Notizbücher anbietet, kurz vor Halloween auf die Idee, Emoji-Masken herstellen zu lassen und diese über einen Online-Shop zu verkaufen – hauptsächlich, weil die Mitarbeiter des Unternehmens in der internen Kommunikation gerne Emojis verwenden. Was eigentlich als spaßiges Nebenprojekt gedacht ist, bekommt über Nacht eine unerwartete Eigendynamik: Die Masken entwickeln sich zum Umsatzbringer. Alles beginnt mit dem „Moonface“-Emoji (Emojis sind übrigens eine Art japanische Emoticons) – denn das wird von den Needwant-Mitarbeitern im Firmenchat am meisten genutzt, wie das Unternehmen in einem Blog-Eintrag schreibt. So entsteht die Idee, die Emoji-Masken produzieren zu lassen und zum Kauf anzubieten. Zum damaligen Zeitpunkt sind es noch 60 Tage bis Halloween – viel Zeit blieb also nicht, um das Projekt auf Flughöhe zu bringen.Es folgt eine Fast-Harakiri-Aktion: Über den chinesischen Online-Marktplatz Alibaba (dessen Betreiberunternehmen im vergangenen Jahr sowohl einen größeren Börsengang als auch höheren Wertzuwachs als Facebook hinlegte) findet das Needwant-Team einen kostengünstigen Hersteller in China – und bestellt dort gleich je 1.000 Stück von fünf verschiedenen Maskenmodellen. Weil der chinesische Partner für die Herstellung 15 Tage veranschlagt und der Transport in die USA weitere sieben Tage dauern soll, verzichten die Auftraggeber mit Blick auf den Kalender auf die Produktion und Zusendung von Produktmustern zur Überprüfung der Qualität. Der Hersteller schickt stattdessen per Mail Fotos der ersten Ergebnisse.
Needwant selbst bleibt im Produktionszeitraum nicht untätig: Das Unternehmen sichert sich die beiden Domains Emojimasks.com und Emojimask.com. Da beide bislang noch nicht vergeben waren, sind die Adressen für günstige zehn US-Dollar zu haben. Ein mit der Firma befreundeter Grafiker erstellt zudem für 300 US-Dollar ein Logo.Als die Lieferung schließlich ankommt, kehrt erst einmal Ernüchterung ein: Die Qualität ist nicht so wie erhofft, die Masken sind dünner als erwartet. Der ursprünglich avisierte Verkaufspreis von zehn bis zwölf US-Dollar scheint nun unrealistisch, stattdessen soll jede Maske rund fünf US-Dollar kosten. Wie das Team beim ersten Herumalbern feststellt, geht immerhin die eigentliche Idee, mit den Masken lustige Fotos machen zu können, voll auf.
Trotzdem bekommen die Gründer Bedenken: Lenkt das Spaßprojekt die Mitarbeiter nicht zu sehr von den eigentlichen Aufgaben ab? Ist die Zeit nicht zu knapp? Die Masken nicht von zu schlechter Qualität? Als das Team am nächsten Tag die Fotos bearbeitet und mit diesen einen flugs eingerichteten Online-Shop bestückt, verfliegen angesichts des Ergebnisses jedoch die Zweifel der Macher. Am 16. Oktober, und damit 15 Tage vor Halloween, geht der Shop online.Früh am nächsten Morgen postet Jon Wheatly, einer der Needwant-Gründer, die Emoji-Masken auf der Seite der Community Product Hunt, deren Mitglieder neue originelle Produkte vorstellen und über diese abstimmen. Er legt sich für einige Stunden wieder schlafen. Als er wenige Stunden später wieder erwacht, steht sein Produkt auf dem ersten Platz von Product Hunt, 20 Bestellungen sind bereits eingegangen. Bis zum Ende des Tages setzt der Online-Shop mehr als 5.000 US-Dollar um – ganz ohne irgendwelche Werbekosten.
In den folgenden Tagen lässt das Interesse langsam nach, bis plötzlich die US-Ausgabe der Huffington Post mit der Schlagzeile „These Emoji Masks Are The Best Halloween Costumes $5 Can Buy“ über die Masken berichtet. Andere namhafte Medien folgen: Buzzfeed, Cnet, Wired, MTV, Seventeen, Cosmopolitan, Dailydot, Elite Daily, HypeBeast, Geekologie, IncredibleThings, DudeIWantThat, Oystermag, BizJournal, Bustle und Cheezburger. An nur einem Tag werden 500 Masken verkauft und 10.000 US-Dollar in die Kasse gespült.
Durch die Flut der Bestellungen steht das Needwant-Team nun vor einer neuen Herausforderung: Wie können sie 5.000 Masken so verschicken, dass diese bei allen Bestellern rechtzeitig zu Halloween ankommen? Normalerweise greift das Unternehmen für diese Vorgänge auf ihren Logistikdienstleister zurück – doch der benötigt eigentlich einen längeren Vorlauf. Deswegen fangen die Startup-Mitarbeiter selbst an, Paketboxen zu falten und versandfertig zu machen – fünf Tage lang. Doch in der Zeit, in der sie 30 Bestellungen abarbeiten, verbucht der Shop 60 neue. Der Logistikpartner willigt nach einem verzweifelten Anruf ein, zu helfen. Am nächsten Tag verlassen mehrere Tausend Bestellungen das Lager.
Vom Start des Online-Shops bis wenige Tage nach Halloween verzeichnet Needwant eigenen Angaben zufolge mehr als 2.500 Bestellungen. Den Einstiegs- und Produktionskosten stehen Einnahmen in Höhe von 51.365 US-Dollar gegenüber. Weil sie zwischenzeitlich ausverkauft sind, gehen den Needwant-Gründern mehr als 9.000 US-Dollar durch die Lappen – weil die Kunden, die auf die neue Lieferung warten hätten müssen, ihre Aufträge stornieren. Heute ist das Lager wieder aufgestockt: Die neuen Versionen der Emoji-Masken sind besser, dicker und komfortabler zu tragen – kosten dafür aber auch einen US-Dollar mehr.