Lego, Pandora und Defshop erhalten Händler-Profile: Wird mydealz jetzt zur Werbeplattform?
Gründer Fabian Spielberger erklärt im Interview, weshalb sich die Shopping-Community plötzlich für Händler und Hersteller öffnet
Seit dem Start 2007 ist es bei mydealz Gesetz: Die in der Shopping-Community gelisteten Deals und Angebote können nur von Usern eingestellt werden, nicht aber von Händlern und Herstellern selber. Dieser absolute Fokus auf Verbraucher ist seit Jahren das, was Schnäppchenjäger an der Plattform besonders schätzen. Jetzt soll diese Regel etwas gelockert werden – und rund 60 Partnern in vier Ländern das Erstellen von Händlerprofilen ermöglicht werden. Welche Partner das sind, was sich das Unternehmen von diesem Schritt erhofft und wie die Community reagieren könnte, erklärt Gründer Fabian Spielberger im Gespräch mit OMR.
Wer selber schon mal im Internet nach Schnäppchen, Deals und Angeboten gesucht hat, dürfte dabei mit großer Wahrscheinlichkeit auch schon über mydealz gestoßen sein. Zu solchen und ähnlichen Keywords rankt die Deal-Plattform in Googles Suchmaschine nämlich ganz weit oben. 2007 ist mydealz gestartet; über die Jahre hinweg ist auf der Socia-Shopping-Plattform eine Community mit 1,67 Millionen Mitgliedern entstanden, die sich gegenseitig Tipps zu günstigen Angeboten geben. Die Zahl der Gesamtesucher soll laut Unternehmensangaben sogar bei 6,7 Millionen Unique Usern monatlich liegen. Weltweit, also inklusive allen zwölf Deal-Plattformen der Pepper.com-Gruppe, zu der mydealz seit 2014 gehört, sollen es 25 Millionen monatliche Unique User sein, die über eine halbe Milliarde Seitenaufrufe generieren – und 12.000 Käufe pro Minute vermitteln.
Und genau damit verdient „The World’s Largest Shopping Community“, wie es prominent auf der Unternehmensseite von Pepper.com heißt, auch Geld. Lange waren es ausschließlich diese Einnahmen aus klassischem Affiliate-Marketing, also Provisionen bei Kaufabschlüssen von Deals, die Umsatz generiert haben. Seit einigen Jahren geht mydealz aber zusätzlich auch direkte Partnerschaften mit Händlern und Herstellern ein, wie Gründer und CEO Fabian Spielberger schon Mitte 2019 im OMR Podcast erklärt hatte. Rund 300 hätten in Deutschland aktuell die Möglichkeit, Deals direkt in einem Tool vorzuschlagen, die dann von einer Redaktion geprüft werden.
Über den Anteil dieser Kooperationen am Gesamtumsatz und generell zu Finanzkennzahlen macht Pepper.com öffentlich nahezu keine Angaben. In allen zwölf Märkten liege das Gross Merchandising Volume, also der über alle Plattformen vermittelte Umsatz, bei über einer Milliarde Euro pro Jahr. Damit sei das Unternehmen, was bis heute komplett ohne Fremdinvestoren auskommt, nachhaltig profitabel.
Wird das „Facebook des Shoppings“ zur Händler-Plattform?
Als Fabian Spielberger mydealz einst als Schnäppchen-Blog gründete, liefen noch alle Deals über ihn. „In den Anfangsjahren habe ich die Angebote von der Community zugeschickt bekommen und war dann sowas wie der Gatekeeper, der entscheidet, was auf mydealz läuft und was nicht“, erklärt er im Gespräch mit OMR. Für ihn sei aber immer klar gewesen, dass der Prozess so langfristig keinen Sinn mache. „Natürlich habe ich immer versucht, neutral zu sein. Aber der eigene Geschmack lässt sich da ja nie komplett ausblenden.“
Schon die Einführung von Community-Bewertungen sei damals dann erst einmal kritisch aufgenommen worden, sei rückblickend aber „sicher die beste Entscheidung der Unternehmens-Geschichte“ gewesen, wie Spielberger heute sagt. Jetzt will er – zumindest testweise – Händler und Hersteller über eigene Profile selber Angebote und Deals anlegen lassen. Auf den ersten Blick ein Schritt, der dem klaren Community-Schwerpunkt von mydealz und allen weiteren Pepper.com-Plattform widerspricht – und bei Usern auf Unverständnis stoßen könnte. Im Interview mit OMR erklärt der mydealz-Gründer, wie das Unternehmen die richtige Balance zwischen seiner Community auf der einen sowie Händlern und Herstellern auf der einen Seite finden will.
OMR: Fabian, in Euren FAQ heißt es unter anderem, dass Händler, die mydealz für eigene Zwecke nutzen, gegen die Regeln und Bedingungen verstoßen und gebannt werden. Für Eigenwerbung hättet Ihr keinen Platz. Jetzt wollt Ihr das allem Anschein nach ein wenig auflockern und Händlern mit eigenen Profilen direkten Zugang zur Plattform verschaffen. Was glaubst Du, wie das bei Eurer doch recht kritischen Community ankommen wird?
Fabian Spielberger: Eine der höchsten Regeln war immer: Du darfst von Deals, die du einstellst, nicht selber profitieren. Das war uns und der Community immer enorm wichtig – schließt aber natürlich aus, dass Händler selber Angebote erstellen. Genau dieser Wunsch, mydealz etwas zu öffnen, wird aber schon lange von wirklich vielen Partner an uns herangetragen. Viele Unternehmen wissen heute – sicherlich auch dank Facebook, Instagram und Pinterest –, dass und wie sie auf Augenhöhe mit ihren (potentiellen) Kunden interagieren müssen. Und viele Verbraucher suchen ja auch den direkten Dialog zu Händlern und Herstellern über Social Media. Es war insofern in meinen Augen ein überfälliger Schritt, den Dialog zwischen Verbrauchern und Händler genau da zu ermöglichen, wo sich ja letztlich alles um Deals und Shopping geht – also bei uns auf der Seite.
Und das sieht Eure Community auch so?
Spielberger: Die ersten Tests in Österreich und Polen hatten wir nicht angekündigt und es einfach live gestellt. Nach unserer Ankündigung zu den jetzt kommenden Tests gab es dann neben Zustimmung schon sehr kritisches Feedback von einigen Nutzern. Die Testphase soll natürlich so transparent ablaufen, wie möglich. Die Händler-Accounts werden mit entsprechenden Logos gekennzeichnet. Und die Angebote werden genauso von der Community bewertet, wie alle anderen Deals auch.
Händler haben also keine Vorteile, was beispielsweise die Sichtbarkeit angeht?
Spielberger: Nein. Und sie können auch nicht unendlich viele Angebote einstellen und so durch die schiere Masse auffallen. In Österreich hatten wir während der Tests nahezu keine Regeln gesetzt. Händler haben das direkt ausgereizt, das lief dann nur so mittelgut. In Polen war es schon deutlich besser bis sehr gut. In der anstehenden Testphase werden Händler maximal zwei Angebote pro Woche einstellen können. Wir wollen ja keine Handelsplattform werden, sondern eine Community bleiben.
Kann sich dann jeder Händler einfach ein Profil anlegen?
Spielberger: Nein, wir testen mit Händlern mittlerer Größe, auf die wir gezielt zugegangen sind. Sie müssen Social Media und ihre Community verstehen. Und die Auswahl an Händlern soll natürlich möglichst breit sein. In Deutschland denken nämlich immer noch einige, dass es bei uns nur um Elektronik geht. Das ist natürlich schon lange nicht mehr so.
Gibt es schon Händler und Hersteller, die Du nennen kannst? Wie viele werden es insgesamt sein?
Spielberger: Wir werden zeitgleich in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Polen am 11. Mai mit den Tests starten. Bislang haben wir Zusagen von insgesamt rund sechzig Partnern und sprechen aktuell noch mit einigen weiteren. In Deutschland sind zum Beispiel Shops wie BAUR, Bücher.de, DefShop, EMP, Lego Shop und Marken wie Pandora, Schiesser und TomTom dabei. Pro Land gehen wir von maximal 30 bis 60 Deals pro Woche aus. Der Test läuft dann acht Wochen. Nach Auswertung der Deals, Daten und Feedback von Partnern und Community werden wir den weiteren Verlauf des Programms entscheiden.
Was erhoffst Du Dir von diesem Schritt?
Spielberger: In erster Linie wollen wir es schaffen, noch mehr Inhalte auf die Plattform zu bringen – mit Hilfe von exklusiven mydealz-Deals. Am Ende des Tages machen Händler auf ihren Instagram-Accounts ja nicht anderes. Das sind auch Communities und sie versuchen so stattzufinden, dass für Nutzer ein Mehrwert entsteht. Und das funktioniert nicht, wenn man zu aufdringlich agiert und kommuniziert.
Ihr setzt also voraus, dass die Händler und Shops nicht nur ihre eigenen Communitys verstehen, sondern auch die mydealz-Community. Das kann auch schiefgehen, oder?
Spielberger: Wir versuchen natürlich, so gut es geht ein Framework zu liefern und machen ein ausgiebiges Onboarding. Trotzdem werden Händler Fehler machen. Und das ist auch wichtig. Meine große Hoffnung ist, dass sie daraus lernen. Das treibt die Produktentwicklung voran und hilft dabei, den richtigen Preispunkt zu finden. Es macht also keinen Sinn für Händler, mit ausgedachten Marketing-Rabatten zu werben. Verbraucher und vor allem unsere Community erkennen sowas sofort. Im Prinzip stellen wir Händlern ein Tool zur Verfügung, mit dem sie Sale-Produkte, Saison-Ware oder Lagerüberbestände abverkaufen können, die sonst Kapital binden, Platz im Lager einnehmen und im Laufe der Zeit sonst eher günstiger werden. Und wir sagen ganz klar: Ihr müsst gar nicht lügen, seid einfach ehrlich.
Was springt für Euch, abgesehen von zusätzlichen, vielleicht auch exklusiven Deals auf der Plattform, noch dabei raus? Verdient Ihr mehr als die übliche Affiliate-Provision?
Spielberger: Nein, die Teilnahme an der Testphase ist für unsere Partner kostenfrei – abgesehen von der branchenüblichen Affiliate-Provision. Das finale Pricing steht noch nicht fest, aber sicher ist, dass das Programm auch nach der Testphase für Partner jeder Größe erschwinglich sein soll.
Anderes Thema, das leider immer noch aktuell ist: die Corona-Pandemie. Viele Online-Händler konnten starke Zuwächse verzeichnen. Welche Auswirkungen habt Ihr gespürt?
Spielberger: Der Anfang war schon ein starker Boost. Vor allem März und April waren im vergangenen Jahr in allen Ländern wirklich sehr stark. Da ging es viel um alles rund ums Homeoffice, Home and Garden. Danach ist es dann aber ein bisschen runtergegangen, weil die Unsicherheit größer wurde und es allgemein weniger Deals gab. Zeitweise mussten wir die Regeln anpassen und Masken und andere Hygiene-Artikel komplett verbieten. Wir hatten zu dem Zeitpunkt noch nicht genug Expertise, um Angebote in dem Bereich seriös einschätzen zu können. Inzwischen ist aber alles wieder drin. Insgesamt sind wir ganz gut durchgekommen. Wir waren jetzt keiner von den Gewinnern, aber auch kein großer Verlierer. Travel war beispielsweise lange komplett weg, was bei uns schon groß ist.
Aktuell gibt es für App-Publisher mit Apples Update auf iOS 14.5 und der App Tracking Transparency (ATT) ein neues Reizthema. Ihr kommuniziert über 1,6 Millionen Unique User in einer durchschnittlichen Woche für die mydealz-App. Wird das für Euch zum Problem?
Spielberger: Ich freue mich für Nutzer und auch für mich als Verbraucher. Und weil wir nicht so viel Performance-Marketing machen, ist es für uns auch nicht so schlimm. Trotzdem wäre es schön, wenn Apple es ermöglichen würde, weiter den Erfolg einer Marketing-Kampagne zu messen. Und zu wissen, wo Nutzer herkommen, wäre schon wichtig. Es ist sowieso schon echt schwierig, in Apps Marketing-Kohorten zu messen. Und das wird jetzt noch mehr zu einem Bauchgefühl-Thema und man orientiert sich immer mehr an Android-Zahlen und rechnet entsprechend hoch.
Im Januar dieses Jahres habt Ihr mit Pepper.com die Anteile von Hanse Ventures und Holtzbrinck Digital an Savings United übernommen. Ein Deal, der überraschend wenig Aufmerksamkeit in Branchen-Medien erfahren hat. Immerhin ist die Gutschein-Plattform für Medienunternehmen mit über 100 Mitarbeitern in zwölf Ländern unterwegs, erwirtschaftet eigenen Angaben zufolge achtstellige Jahresumsätze und ist profitabel. Wenige Tage vorher fand ja bereits einen weiterer Deal in der Gutschein-Branche statt: Die Global Savings Group hatte das von Dir mitgegründete Cashback-Portal Shoop übernommen. Konsolidiert sich Eure Branche gerade?
Spielberger: Wir machen selber zwar nicht viel im Gutschein-Bereich, aber Gutscheine ergeben gute Deals und sind damit klar Teil unseres Ökosystems. Der Gutschein-Markt, inzwischen eher Content-Commerce, ist für einige Publisher eine wichtige Einnahmequelle. Und das ist ein Trend, der stark internationalisiert. Savings United gehört in diesem Bereich weltweit zu den Top fünf und ist oft international auch in den Ländern vertreten, wo wir stark sind. Eine Konsolidierung im Gutschein-Bereich ist natürlich cool für die beteiligten Unternehmen, aber nicht für die Verbraucher. Uns ist schon wichtig, dass es da weiterhin eine gewisse Vielfalt gibt.
Danke für das Gespräch!