Instagram Pods: So tricksen Influencer den Algorithmus aus und erhöhen ihre Reichweite
Instagrammer gründen Gruppen, um das Engagement ihrer Beiträge zu pushen
- Instagram Algorithmus befeuert Tricks zur Reichweitensteigerung
- Instagram Pods: Smarter Wachstums-Hebel oder PR-Aktion?
- Ab wann werden echte, kleine Communitys zu Instagram Pods?
- Was bringen Kommentare und Likes aus Instagram Pods wirklich?
Seit Mitte 2016 hat Instagram keine lineare Timeline mehr und sortiert Posts nicht mehr chronologisch, sondern nach Relevanz. Wie aber erreicht man diese? Zahlreiche US-Instagrammer haben dafür offenbar eine Möglichkeit gefunden: Sie organisieren sich in sogenannten „Instagram Pods“, kommentieren und liken gegenseitig all ihre Beiträge direkt nach der Veröffentlichung und erzeugen so künstlich hohes Engagement. Online Marketing Rockstars hat bei Agenturen und Influencern nachgefragt, was an dem Phänomen dran ist – und erfahren, dass es das auch in Deutschland gibt.
Das Prinzip von „Instagram Pods“ ist schnell erklärt: Influencer, in diesem Fall Instagrammer, die in ähnlichen Themen-Bereichen unterwegs sind, schließen sich zu Gruppen zusammen. Das können Gruppenchats direkt auf Instagram sein (auf maximal 15 Personen beschränkt) oder natürlich auch bei allen anderen möglichen Social Networks oder Messengern. Postet eines der Pod-Mitglieder ein neues Foto, wird der kompletten Gruppe Bescheid gegeben. Alle Mitglieder beginnen sofort damit, zu liken, zu kommentieren und pushen so direkt nach der Veröffentlichung das Engagement des Beitrags. Vor allem das Engagement in den ersten fünf Minuten soll entscheidend für die gesamte Performance eines Posts sein.
Das Ziel solcher Pods: Durch das vor allem kurz nach dem Posten eines Fotos erhöhte Engagement soll die Sichtbarkeit der Beiträge erhöht werden. Instagrammer versprechen sich sowohl Platzierungen im „Search & Explore“-Bereich, als auch in der Timeline von Usern, die ihnen folgen. Denn letzteres ist seit der Einführung vom Instagram Algorithmus im Juni 2016 nicht mehr garantiert – die Plattform entscheidet seitdem anhand verschiedener Kriterien, ob und in welcher Reihenfolge Fotos gezeigt werden.
Instagram Algorithmus befeuert Tricks zur Reichweitensteigerung
Erst seit dieser Änderung entstehen laut racked.com vermehrt die sogenannten Instagram Pods zu verschiedensten Themen. Das zu Vox Media gehörende Portal hat dazu außerdem mit einigen Betreibern solcher Pod-Communitys gesprochen. Amanda Schulze zum Beispiel ist die Gründerin vom „Be Well Squad“, einem Instagram Pod, der sich vor allem auf Gesundheit, Wellness, Hautpflege und Ernährung spezialisiert und angeblich 100 Mitglieder haben soll. Mittels Angabe seines Instagram-Accounts, einer E-Mail-Adresse und „your favorite way to treat yo self“ kann man sich beim „Be Wall Squad“ anmelden.
Die Seite instarevealed.de von Liz Dean und Teri Didjurgis veröffentlicht nicht nur Guides, wie man seine Reichweite auf Instagram steigern kann, sondern betreibt auch Facebook-Gruppen wie „Instagram Posse“ mit über 20.000 Mitgliedern. In der Gruppenbeschreibung heißt es unter anderem: „In this group you can also be matched with IGers in your niche to help jump start your growth.“ Ein Link, der direkt zur Anmeldung für das selbsternannte zu Hause der „Original Comment Pods“ führt, fehlt natürlich auch nicht. Über 225 Nischen-Pods hat instarevealed.de eigenen Angaben zufolge.
Auch risingtidesociety.com beschreibt, wie man einen Instagram Pod startet, bietet den passenden Guide an und betreibt eine Facebook-Gruppe mit fast 60.000 Mitgliedern, in der laut racked.com täglich auf neue Instagram Pods aufmerksam gemacht wird. Obwohl es in der Beschreibung heißt, dass alle Posts zu dem Thema entfernt werden.
Instagram Pods: Smarter Wachstums-Hebel oder PR-Aktion?
Sind Instagram Pods wirklich ein Phänomen, das durch die Änderungen am Algorithmus des Foto-Netzwerks entstanden ist? Findet es auch in Deutschland statt? Oder ist das Thema doch eher eine clevere PR-Aktion der Seiten, die Guides zum Thema anbieten und verkaufen? Die Größe der Facebook-Gruppen spricht eher dafür, dass es tatsächlich eine aktive Community gibt, die mit der Pod-Taktik Reichweite aufbauen will. Schon die Suche nach „instagram pod“ bei Facebook fördert zahlreiche weitere, wenn auch kleinere Gruppen zum Thema zu Tage.
Ein Beitrag geteilt von ANGELINA (@aangelinaxoxo) am 20. Mär 2017 um 11:36 Uhr
Tatsächlich bestätigen das auch Gespräche mit deutschsprachigen Influencern, Agenturen und Plattformen. Die junge Instagrammerin Angelina Stebich hat 235.000 Abonnenten und war selber schon häufig in Instagram Pods. „Sobald jemand ein neues Foto hochgeladen hat, wird es in die Gruppe gepostet und alle Mitglieder kommentieren und liken es. Das funktioniert wirklich“, sagt sie gegenüber Online Marketing Rockstars. Wirkliche lange habe sie die Strategie aber nicht genutzt. „Nach ein paar Wochen merkt man, dass ein gewisser Druck entsteht. Mehrmals am Tag musste ich Fotos anderer kommentieren, bis ich dann aus allen Gruppen ausgetreten bin.“ Auch die Qualität der Kommentare von Instagram Pods lässt ihrer Meinung nach zu wünschen übrig. „Es sind häufig dieselben kurzen Kommentare oder sogar einfach nur Smileys. Das sagt nichts aus.“
Ähnlich sieht es auch Christoph Kastenholz, Founding Partner von Pulse Advertising. „Uns ist bewusst, dass es das gibt. Vernetzung und der Community-Gedanke sind generell auch super. Bei den Pods wird aber ein künstliches Engagement erzeugt, was am Ende auch schädlich für Brands sein kann, die mit entsprechenden Influencern zusammenarbeiten.“ Er beobachtet die Entwicklung seit der Änderung an Instagrams Algorithmus 2016. „Deshalb sind die Pods bei vielen Influencern so beliebt. Sie erhoffen sich mehr Sichtbarkeit in der Suche und den Timelines der User. Wir kennen den Algorithmus natürlich auch nicht, gehen aber auf jeden Fall davon aus, dass ein höheres Engagement Auswirkung darauf hat.“ Ein mindestens genauso großer Teil an Influencern sehe diese Entwicklung aber auch sehr negativ.
So auch Konstantin Georgakis alias Kosta Williams. Gemeinsam mit Daniel „Magic Fox“ Fuchs (war letztes Jahr schon zu Gast im OMR Podcast) und Sandro Rasa bildet er das Influencer-Trio „The Modern Man“. Die drei kommen in Summe auf rund zwei Millionen Instagram-Abonnenten. Kosta habe selber auch schon zahlreiche Anfragen für Instagram Pods bekommen, halte aber nichts davon: „Kommentare und Likes sollte man nicht erzwingen. Entweder der Community gefällt, was Du tust, oder halt nicht.
Ab wann werden echte, kleine Communitys zu Instagram Pods?
Besonders am Beispiel der drei Jungs von „The Modern Man“ wird deutlich, dass es gar nicht immer so einfach ist, natürlich entstandene Gruppen von den neuen, eher künstlichen Instagram Pods zu unterscheiden. Kosta, Daniel und Sandro sind seit Kindertagen enge Freunde, betreiben ein gemeinsames Blog und einen gemeinsamem Youtube-Account. Trotzdem dürfte auch bei ihnen die Cross-Promotion unter den einzelnen Instagram-Accounts hilfreich für das jeweilge Wachstum gewesen sein.
Ein Beitrag geteilt von Art Director – Influencer (@kosta_williams) am 22. Mär 2017 um 10:15 Uhr
Paulus von den Hoff ist Gründer der Influencer Marketing Plattform Exomatch. Er hält den Zusammenschluss von mehreren Instagrammern, die alle mehr Visibility wollen, für sehr sinnvoll. „Sie unterstützen sich gegenseitig, da ist erst einmal nichts Unehrliches dabei. Und von der höheren Visibility profitieren auch die Brands.“ Das gelte auch für Instagram Pods, so lange der Content gut sei – und das viel größere Problem seien Bots, die komplett automatisiert vorher festgelegte Kommentare posten. Das Tool Instagress zum Beispiel, dass wir schon einmal ausführlich getestet hatten.
Was bringen Kommentare und Likes aus Instagram Pods wirklich?
Die Frage nach den konkreten Vorteilen und Auswirkung von der Teilnahme an Instagram Pods lässt sich am Ende nur schwer beantworten. Ja, das Engagement kann schnell gesteigert werden und es wird vermutet, dass das einer der entscheidenden Faktoren ist, unter „Search & Explore“ vorgeschlagen zu werden. Aber bringt ein erhöhtes Engagement auch eine höhere Sichtbarkeit in den Timelines der Fans? Bisher ist das reine Vermutung.
Ein interessantes Argument, das für den Sinn von Instagram Pods spricht, hat uns Ann-Katrin Schmitz erzählt. Sie ist Managerin von Fashion-Influencerin Novalanalove und auch selber mit immerhin 66.000 Abonnenten bei Instagram unterwegs. Sie haben Instagram Pods zwar noch nicht ausprobiert, beobachten aber alle Entwicklungen auf der Plattform sehr genau. „Wenn sich Influencer mit mehren Hunderttausend Followern gegenseitig verlinken, erscheinen sie nicht nur auf den Instagram-Accounts der anderen, sondern auch unter der „Fotos von dir“-Seite, unter der alle verlinkten Bilder erscheinen“, sagt sie. Diese Seite werde oft von Fans besucht. Auch dürfe man nicht unterschätzen, dass sich viele User anschauen, welcher Influencer wen abonniert hat. „Ich sehe das Phänomen immer häufiger. Hast Du gesehen, wen die und die gerade abonniert hat? Oder: Heidi Klum kommentiert wieder die Fotos ihres Exfreundes.“ Diesen Effekt würden sich große Accounts zunutze machen und damit mehr Traffic auf ihrer eigenen Seite generieren.
Auch wenn die Cross-Promotion durch Instagram Pods also offenbar sehr hilfreich sein kann, bleibt es ein schmaler Grad zwischen echten, natürlichen Empfehlungen und einer offensichtlichen Zweckbeziehung. Und wenn diese zu eindeutig wird, dürfte das gerade bei Influencern extrem rufschädigend sein.