Online Marketing Beachboys: Wie digitales Know-how und Reiselust Leben verändern

Martin Gardt15.7.2015
So muss arbeiten am Strand aussehen – schön Krawatte, Anzug und Notebook im Sand.
Inhalt
  1. Digitale Nomaden etabliert sich gerade als Begriff für Menschen, die durch die Welt reisen und von überall am Rechner arbeiten. Viele von ihnen haben einen Online-Marketing-Background. Was man wissen muss, wie man mitmachen kann und was uns ein Insider erzählt hat
  2. Meurer hilft anderen auf dem Weg zum Nomadentum
  3. Erste Arbeitgeber bieten freie Wahl des Arbeitsorts
  4. Erfolgreiche Nomaden gehen voll ins Risiko
  5. Ex-IBM-Mann wird Instagram-Star und reist durch die Welt

Digitale Nomaden etabliert sich gerade als Begriff für Menschen, die durch die Welt reisen und von überall am Rechner arbeiten. Viele von ihnen haben einen Online-Marketing-Background. Was man wissen muss, wie man mitmachen kann und was uns ein Insider erzählt hat

So muss arbeiten am Strand aussehen – schön Krawatte, Anzug und Notebook im Sand.

So muss arbeiten am Strand aussehen – schön Krawatte, Anzug und Notebook im Sand.

Aufwachen in einem Strandhaus, bis zum Nachmittag am Notebook und dann ab zum Surfen. So sieht das Leben von Online-Marketing-Profi Marcus Meurer und seiner Freundin Felicia Hargarten etwa zwei Drittel des Jahres aus. Die beiden sind digitale Nomaden und seit drei Jahren in der Welt unterwegs. In Deutschland haben sie alle Zelte abgerissen – keine Wohnung, kein Auto, keine Verpflichtungen. Mit einer eigenen Konferenz wollen Meurer und Hargarten Mitstreiter für den Lebensstil begeistern. Das scheint zu gelingen. „Auf unseren Events waren bisher 1.000 Interessierte, ich würde in Deutschland auf 10.000 Leute tippen, die sich mit dem digitalen Nomadentum auseinandersetzen“, sagt Meurer gegenüber Online Marketing Rockstars. Wie er es geschafft hat, sich als Marketer in ein Abenteuer nach dem anderen zu stürzen und wie Ihr den Schritt zum digitalen Nomaden schaffen könnt, lest Ihr hier.

Marcus Meurer arbeitete lange im typischen 9-to-5-Job. Nach einer Zeit bei Zanox wollte er es auf eigene Faust probieren und bootstrapte mit 500 Euro eine UG in Berlin. Seine Freundin riss ihn mit ihrer Reiselust mit und während der Zeit in Südostasien war die Entscheidung gefallen: „Ich wollte meine Online-Marketing-Skills anbieten und das ging auch von unterwegs. Das war Null geplant“. Meurers Freundin Felicia Hargarten betreibt das Backpacking-Blog „Travelicia“. Allein davon können die beiden laut Meurer gut leben. Gute vierstellige Beträge verdienen die beiden im Monat mit dem Blog. Laut Similarweb verzeichnet Travelicia durchschnittlich 50.000 Visits im Monat. Aufgebaut hat das Paar die Reichweite laut Meurer durch „viel und guten Content, OnPage-Optimierung (beim Suchwort „Backpacking Länder“ liegt der Blog bei den Google-Ergebnissen auf der 1), Gastartikel, Interviews und regelmäßige Social Media Posts“. Die Gastartikel und Interviews beziehen sich wohl auf die Medienarbeit der beiden. Sie waren die ersten, die das Thema digitale Nomaden in Deutschland richtig groß machen wollten und bekamen entsprechend Aufmerksamkeit (und vermutlich starke Backlinks) von etablierten Medien wie Stern TV und dem ZDF. Der Großteil der Umsätze kommt über Affiliates mit Partnern wie der DKB, Hostelbookers, Airbnb und Hanse Merkur. „Die Dinge, die ich empfehle, nutzen wir auch selbst“, sagt Hargerten. Für Reiseblogger ist Affiliate eine perfekte Verdienstmöglichkeit. Gleichzeitig verkaufen die beiden erste eigene Produkte wie einen Kofferanhänger und bald ein E-Book. 

Meurer hilft anderen auf dem Weg zum Nomadentum

Marcus Meurer und Felicia Hargarten. (Foto: Marcus Meurer)

Marcus Meurer und Felicia Hargarten. (Foto: Marcus Meurer)

„Wir werden oft angeschrieben und gefragt, wie wir uns die Reiserei und Kite-Surfen an vielen Stränden der Welt leisten können“, sagt Marcus Meurer. „Wir haben eben in Deutschland nahezu keine Ausgaben“. Deshalb sei das Nomadenleben auch mit Einkünften von 30.000 Euro im Jahr möglich. Man müsse an den Orten nur nicht wie ein Tourist sondern ein normaler Anwohner leben. Trotzdem sieht Meurer digitale Nomaden nicht als „Überleber“, sondern geht unternehmerisch an die Lebensweise. Seine Projekte fasst er im Inkubator „Force M“ zusammen. Dazu zählen neben Travelicia sein Podcast „Lifehacks“ und eine eigene Konferenz zum Thema digitale Nomaden. Seit 2014 veranstaltet das Paar die DNX in Berlin. Hier tauschen sich digitale Nomaden aus, geben Tipps und helfen bei Workshops Neulingen auf dem Weg zum neuen Leben. „Mittlerweile kommen 500 Leute pro Event zu uns“, sagt Meurer. Die nächste Konferenz findet vom 31. Juli bis zum 1. August 2015 wieder in Berlin statt. Diesmal mit internationalen Speakern. 

Um die Messe herum spinnen die beiden ein echtes Business. Im Mai 2015 fand das erste DNX Camp in Tarifa (Südspanien) statt. In den Camps treffen sich digitale Nomaden, um gemeinsam zu arbeiten – vor allem aber, um Spaß zu haben. Die nächsten Camps in Lissabon, Thailand, Brasilien, Indonesien und Mexiko sind schon geplant. Marcus Meurer teilt die Nomadenszene in einzelne Bereiche ein: „Es gibt drei Arten von digitalen Nomaden: Freelancer, Selbstständige mit eigenem Produkt und Angestellte. Wir empfehlen, als Freelancer zu starten und parallel ein eigenes Produkt langsam aufzubauen“. 

Erste Arbeitgeber bieten freie Wahl des Arbeitsorts

Für Marketer ist die Freelance-Variante eine gute Möglichkeit, in das Nomaden-Leben einzusteigen. Marcus Meurer sieht aber auch eine langsame Konsolidierung des Hype-Themas: „In Deutschland gibt es Firstmover wie Dropscan und Fastbill, die keine Büropflicht mehr haben“. In den USA sind Unternehmen wie Buffer, Toptal und Automattic Vorreiter. Dort werden die Teams nicht nach Aufgabenbereich, sondern nach Zeitzone organisiert. Das Modell könnte Schule machen und die Möglichkeit der Arbeit überall auf der Welt zum echten Incentive digitaler Unternehmen werden. Doch nicht jeder ist für das Leben als digitaler Nomade geschaffen. Keine festen Arbeitszeiten, viele Tage allein unterwegs und Ungewissheit, was die Voraussetzungen am Arbeitsort angeht. Laut Marcus Meurer müsse das Urlaubsgefühl so schnell wie möglich dem Alltagsmodus weichen – selbst im Paradies.

Erfolgreiche Nomaden gehen voll ins Risiko

Pieter Levels mit Giraffe. (Foto: Pieter Levels)

Pieter Levels mit Giraffe. (Foto: Pieter Levels)

Besonders international gibt es neben Marcus Meurer und Felicia Hargarten einige Abenteurer, die das Nomadenprinzip leben. Einer der bekanntesten ist wohl Pieter Levels. Der junge Holländer ist gerade dabei, zwölf Unternehmen in zwölf Monaten zu gründen – und dabei durch die Welt zu reisen. Eines dieser Start-ups ist „Nomad List“. Hier finden digitale Nomaden optimale Standorte, sortiert nach Internetgeschwindigkeit, Wetter, Kosten und Sicherheit. Im Juni verzeichnete die Seite laut Similarweb über 600.000 Visits, passenderweise tauchen in der Liste der Städte Jobangebot von Automattic auf, eines der Firstmover ohne feste Arbeitsplätze. Ein anderes Unternehmen von Levels nennt sich „Go Fucking Do It“. Hier kann sich jeder ein Ziel mit Deadline setzen. Wer es nicht schafft, muss einen selbst festgelegten Betrag an Levels zahlen. Laut Levels haben 883 Menschen über 82.000 US-Dollar auf sich selbst gewettet. Der 28-Jährige lebt in den zwölf Monaten nur mit einem Rucksack, in dem sich sein kompletter Besitz befindet – im April 2013 hatte er den Rest verkauft. Er führt jedes der Unternehmen komplett allein. Wie viel Wert seine Start-ups am Ende haben werden, weiß auch Levels nicht. Im Endeffekt sind es Testballons, die kein echtes Problem lösen, sondern vor allem seinen Lebensstil finanzieren.

Colin Wright. (Foto: Asymmetrical)

Colin Wright. (Foto: Asymmetrical)

Der junge Holländer kommt relativ frisch von der Uni und stürzte sich mal eben in eine Weltreise, zwei andere digitale Nomaden gaben ihren gut bezahlten Job auf, um dieses Leben zu leben. So wie Colin Wright, ein Blogger, der alle vier Monate in ein neues Land zieht. Vor dieser neuen Karriere verdiente er in Los Angeles 150.000 US-Dollar im Jahr, vor sechs Jahren verkaufte er seine Besitztümer (darunter acht Computer) und gründete das Blog Exile Lifestyle. Hier lässt er seine Leser (beim letzten Mal etwa 200.000 Stimmen) über den nächsten Wohnort abstimmen. Bisher lebte er in 30 Ländern. Wright lebt von mindestens 30.000 US-Dollar im Jahr und hat einen Verlag gegründet, der natürlich auch einige seiner 33 Bücher verlegt. Mit seinem ersten Buch verdiente er schon 15.000 US-Dollar in den ersten zwei Wochen. Doch nach vielen Partys und der Reiserei pendeln sich seine Einkünfte mittlerweile zwischen 30.000 und 70.000 US-Dollar im Jahr ein.

Ex-IBM-Mann wird Instagram-Star und reist durch die Welt

Eelco Roos. (Foto: Twitter)

Eelco Roos. (Foto: Twitter)

Etwas vorsichtiger war da Eelco Roos aus Amsterdam. Über 10 Jahre arbeitete er bei IBM als IT-Spezialist. Als Hobby-Fotograf entdeckte er Instagram für sich. „Fotografie war schon immer meine Leidenschaft“, sagt er. Mit Bildern von Landschaften und Architektur wuchs seine Follower-Zahl auf über 100.000 und er kündigte seinen Job. Heute zählt Roos’ Account über 440.000 Follower. Er arbeitet Vollzeit als Fotograf und gestaltet Social-Media-Kampagnen für Unternehmen wie Sony, Samsung und Ducati. Gleichzeitig erklärt er Brands, wie sie Instagram am besten einsetzen können – das alles natürlich überall auf der Welt.

MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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