Whoop: Deshalb ist die Firma hinter dem Fitnessarmband 3,6 Milliarden wert

Martin Gardt22.10.2024

Trotz Konkurrenz durch Apple, Google und Samsung macht Whoop Millionen-Umsätze. Wir zeigen, wie die Marke aus eigener Kraft zum globalen Fitness-Player geworden ist

Whoop Aufmacher
Whoop bietet ein Armband ohne Display, um ohne tägliches Aufladen Gesundheits- und Schlafwerte zu tracken

Basketball-Star LeBron James trägt es – genauso wie NFL-Champion Patrick Mahomes, Weltklasse-Tennisspielerin Aryna Sabalenka und seit Neuestem auch Cristiano Ronaldo. Wir sprechen vom Fitness-Armband Whoop. Die Firma dahinter macht unter anderem durch die Marketing-Power dieser Spitzen-Sportler*'innen Hunderte Millionen US-Dollar Umsatz und wird mit über 3,6 Milliarden Dollar bewertet. Wir zeigen, warum die Story hinter Whoop ein Best Case für Subscription-Modelle ist.

Was ist Whoop überhaupt? Das Unternehmen stellt ein Fitness-Armband her, dass Daten wie Herzfrequenz, Schlaf oder Atemfrequenz trackt, um Nutzenden dabei zu helfen, gesünder leben und fitter zu werden. Das Besondere: Das Gerät hat anders als Wettbewerber wie die Apple Watch kein Display. Alle Ergebnisse werden nur in der App angezeigt. Damit richtet sich Whoop viel stärker an Sportler*innen, die ihr Training optimal gestalten wollen.

Start in Harvard

Will Ahmed, John Capodilupo und Aurelian Nicolae starten Whoop 2012 als Projekt während ihre Harvard-Studiums. Ahmed gilt dabei als Haupttreiber der Idee und ist noch heute CEO von Whoop. Er ist schon zu der Zeit besessen darauf, seine Fitness zu verbessern und seinen Schlaf zu optimieren. Er schreibt eine Facharbeit zu dem Thema und direkt einen Businessplan für ein Unternehmen, dass ein Gerät z.B. zur Messung der Herzfrequenz anbietet.

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Whoop-Gründer Will Ahmed (Foto: Whoop)

Zu der Zeit gibt es kaum Wearables, die solche Körperdaten erfassen. Also bauen Ahmed und seine Studienkollegen einen ersten Prototyp eines Armbands, dass dies liefern kann – und das in einem schmalen Formfaktor. Die erste Apple Watch kommt erst zwei Jahre später auf den Markt. Das Gründerteam stattet für erste Tests verschiedene Sportmannschaften von Harvard mit dem Whoop-Armband aus – darunter das Squash-Team, in dem auch Ahmed selbst spielt. In der Zeit sammelt das Unternehmen in einer ersten Funding-Runde über drei Millionen US-Dollar ein. Da ist das Produkt noch gar nicht auf dem Markt.

Schwerer Start – Mit Subscription-Modell kommt der Umschwung

2016 startet Whoop nach vier Jahren Entwicklungszeit auch für die breite Masse. Der Start läuft aber nicht besonders gut. Auch Gründer Will Ahmed bezeichnet diese Phase als schwierigster in der Unternehmensgeschichte. Das Problem: Die Apple Watch und andere smarte Uhren hatten es auf den Markt geschafft – mit vielen Health-Tracking-Funktionen. Whoop bietet sein Armband zu Beginn für 500 US-Dollar an – und damit für mehr Geld als die meisten Apple-Watch-Modelle zu der Zeit. Und das Whoop-Band kommt ja ohne Display. Viele potenzielle Käufer*innen können den Preispunkt deshalb nicht nachvollziehen – gleichzeitig fehlt es an Aufmerksamkeit und Marketing-Erfolgen. Apple dominiert mit seinem Gerät direkt den kompletten Health-Tracking-Markt.

2018 folgt ein Schachzug, der sich bis heute für das Unternehmen auszahlen soll: Whoop wechselt das Geschäftsmodell und setzt in der Folge fast komplett auf Subscription-Umsätze. Das Unternehmen "schenkt" seinen Usern seitdem das Armband (in schwarz), wenn sie das Abo abschließen. Will Ahmed positioniert die App mit all ihren Funktionen als das zentrale Produkt. Nutzende können heute ein Abo für 19 bis 30 Euro im Monat abschließen. Wer monatlich zahlt, kann jederzeit kündigen, muss aber tiefer in die Tasche greifen. Und trotz Hardware-Produkt bietet Whoop auch einen kostenlosen Probemonat an.

Das Unternehmen hat die Einstiegshürde also auf die niedrigste Stufe gesenkt und hebt außerdem ganz andere Umsatzpotenziale. Früher verdiente Whoop an Nutzenden, die z.B. fünf Jahre den Service nutzen die 500 Dollar für den einmaligen Armband-Kauf. Heute sind es über 1.000 US-Dollar – mit weiterem Potenzial für jedes weitere Jahr. Nutzende haben durch den Subscription-Ansatz aber ebenfalls Vorteile. Sie können sich kostenfrei immer die neueste Version des Armbands holen und bekommen jede neue Funktion in der App sofort freigeschaltet. Das Unternehmen selbst veröffentlicht keine Subscriber- oder Umsatz-Zahlen. Schätzungen online liegen zwischen 160 und 750 Millionen US-Dollar und gehen damit weit auseinander.

Dank Coaching-Fokus gegen Apple & Co. bestehen

Whoop lebt aber trotzdem bis heute mit der Konkurrenz zu Apple und anderen Smartwatch- und Fitness-Tracker-Herstellern. Der Markt befindet sich aber insgesamt weiterhin im Wachstum und wird weltweit auf über 62 Milliarden US-Dollar geschätzt. Um sich ein Stück von diesem Kuchen zu sichern und Menschen zu überzeugen, monatlich viel Geld für die angebotenen Dienste auszugeben, konzentriert sich Whoop eher auf aktive Sportler*innen als Zielgruppe.

Deshalb liefert die App nicht nur einfach die Werte zur Herzfrequenz oder Schlafzyklen, sondern empfiehlt gezielt mit einer Coaching-Funktion, welches Training derzeit optimal ist, was es für besseren Schlaf braucht, welche Essgewohnheiten zu einem passen und wann Erholungszeiten wichtig sind. Dafür hat die Whoop-App ChatGPT integriert und füttert den Dienst mit den individuellen Daten der Nutzenden.

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Ein Blick in die Funktionen von Whoop

Durch den Fokus auf die App versucht Whoop eine der wichtigsten Metriken im Subscription-Business so gering wie möglich zu halten: Churn Rate. Denn nur wenn die Abwanderungsquote gering bleibt, lohnt sich das Geschäft mit den Abos wirklich. Whoop hält Nutzende offenbar erfolgreich, weil über lange Zeit gesammelte Daten in der App vorliegen und diese individuelle Tipps geben kann. Ein Wechsel in ein anderes Ökosystem ist da für viele Nutzende umständlich und ein neuer Datensatz muss mit neuerlichem Zeitaufwand aufgebaut werden.

Brand-Botschafter*innen zentral für den Erfolg

Zweiter wichtiger Faktor im Abo-Geschäft: Es müssen neben bestehenden auch immer weiter neue Kund*innen von dem Service überzeugt werden. Das Marketing von Whoop bestimmte von Beginn an der Fokus auf Weltklasse-Athlet*innen. Zu den ersten Nutzenden zählen Basketball-Superstar LeBron James und Schwimm-Olympiasieger Michael Phelps. Beide wurden schon 2015 – also vor dem offiziellen Marktstart – mit dem Armband gesichtet.

Wie konnte das junge Unternehmen das zu so einem frühen Zeitpunkt schaffen? "Wir haben ihre Trainer kennengelernt", erzählt Will Ahmed im "My First Million"-Podcast von Sam Parr. "Das war Mike Mancias bei LeBrin und Keenan Robinson bei Phelps." Die Trainer erkennen offenbar den Wert des Trackers für ihre Athleten und rüsten sie mit dem Armband aus. Mit Testimonials wie solchen Superstars beweist Whoop seiner Zielgruppe direkt zum Start, wie wertwoll der Fitness-Tracker sein kann. "Wenn wir die weltbesten Athleten dazu bekommen, Whoop aus freien Stücken zu mögen, dann muss das Aufbauen der Brand rund um optimale Performance für Jedermann einfach folgen", so Ahmed.

Testimonials oder Investor*innen?

Bis heute nutzt Whoop einige der bekanntesten Athlet*innen des Planeten, um Begehren für den Service bei der Zielgruppe auszulösen. dazu zählen Cristiano Ronaldo, NFL-Superstar Patrick Mahomes, Tennis-Ass Aryna Sabalenka, Tiger Woods, Sprinterin Sha'Carri Richardson und viele viele mehr. Besonders effektiv sind Werbepostings wie dieses der englischen Weltklasse-Fußballerin Beth Mead, die davon berichtet, wie Whoop ihr bei der Rückkehr von einer schweren Verletzung geholfen hat.

Absurd wird es dann bei einem Blick auf die Liste der Investor*innen. Bis heute hat Whoop über 400 Millionen US-Dollar Funding eingesammelt – zuletzt wie gesagt bei einer Bewertung von 3,6 Milliarden US-Dollar. Persönlich haben dabei Patrick Mahomes, Tiger Woods, Basketballer Kevin Durant, Ex-Quarterback Eli Manning und weitere Sportler investiert. Zuletzt stieg auch Fußballer Virgil van Dijk als Angel Investor ein. Whoop selbst nennt solche Investitionsdeals mit Sportler*innen sein "Global Ambassador Program". Die Investition der Athlet*innen dürfte daher minimal sein. Vorstellbar ist auch Testimonial-Arbeit anstelle eines Invests und Anteile am Unternehmen als Gegenleistung. So kann sich Whoop teure Gagen für viele seiner Botaschafter*innen sparen. Deren Aktivitäten auf Social Media dürften in jedem Fall einer der Gründe sein, warum der Instagram-Kanal des Unternehmens auf über 1,2 Millionen Follower kommt.

Gleichzeitig hat Whoop in den vergangenen Jahren auch Deals mit großen amerikanischen Profiligen geschlossen. Die Baseball-Liga MLB führt Whoop als erlaubtes Fitness-Wearable, genauso die Spielergewerkschaft der Football-Liga NFL und die wichtigste Golf-Organisation PGA Tour. Das Besondere hier: Die PGA Tour blendet in Zusammenarbeit mit Whoop zum Teil die Live-Herzfrequenz der Spieler bei wichtigen Schlägen ein.

Community-Gedanke gegen den Churn

Beim Marketing und der Gewinnung neuer Kund*innen setzt Whoop auf den ersten Blick also vor allem auf die Power seiner Testimonials. Durch die niedrige Einstiegshürde und clevere Nutzung der Daten werden Nutzende dann so lange wie möglich gehalten. Eine Mechanik des Services dient mittlerweile aber beiden entscheidenden Zwecken für ein erfolgreiches Abo-Business: Das anfeuern einer Community. Die App schafft dies durch die Möglichkeit, Training-Teams beizutreten und dort die eigenen Daten zu teilen. Das nutzen viele, um ihre Trainings-Erfolge mit engen Freund*innen zu teilen. Manche nutzen das Feature, um zu sehen, wie es ihren Liebsten geht (schlafen sie schlecht?). Laut Whoop hatte die App bereits 2021 über 85.000 Teams, wobei diese im Durchschnitt etwa zehn Mitglieder haben.

Wenn es Whoop in ganze (möglichst fitte) Freundeskreise schafft, ist direkt noch Potenzial für neue Zielgruppen da, die durch ihre noch engagierteren Freund*innen mit Whoop in Berührung kommen. Um das zusätzlich zu unterstützen, können Nutzende ihre Bekannten werben und bekommen dafür einen Monat kostenlose Mitgliedschaft (klassisches Referral-Programm). Wer mehr Reichweite hat, kann sich für das Whoop-eigene Affiliate-Programm anmelden. Hier winken 50 US-Dollar für jedes weitere geworbene Mitglied. Das ist zumindest der Grundbetrag. Wer etwa über Social Media viele neue Whoop-Anmeldungen generiert, könnte auch mit noch besseren Deals belohnt werden.

Aber wo schlummert für das Unternehmen weiteres Wachstumspotenzial? Offenbar im ersten Schritt in vielen weiteren Ländern. In Indien könnte Whoop extrem wachsen – zumindest laut Gründer Will Ahmed. Der sagte vor ein paar Monaten gegenüber The Information: "Wir versenden dahin noch nicht. Aber wenn wir uns das Suchvolumen zu Whoop.com anschauen, dann sehen wir riesige Ausschläge in Indien." Mittlerweile beliefert das Unternehmen auch den asiatischen Wachstumsmarkt. Kurz zuvor hatte Whoop eine Expansion in 20 neue Märkte verkündet – darunter auch Saudi Arabien. Kein Wunder also, dass zeitgleich Weltstar Cristiano Ronaldo neues Whoop-Testimonial wurde. Er pusht Saudi Arabien als Sportnation derzeit extrem – und trägt tatsächlich während der Spiele ein Whoop-Armband unter ordentlich Tape. Den Typen mit einer Milliarde Follower auf den verschiedensten Social-Plattformen im Team zu haben, ist in jedem Fall keine schlechte Idee, wenn man ganz neue Länder für das eigene Produkt begeistern will.

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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