The Creative Club will mit Stoffen und Schnittmustern einen europäischen Champion bauen
Das norddeutsche Unternehmen von Andreas Seifert will sogar Amazon auf Distanz halten
- So behauptet sich The Creative Club gegen Amazon
- Aus der Finanzindustrie in die Startup-Welt
- Die Themen des OMR Podcasts mit Andreas Seifert im Überblick:
Do-it-yourself-Themen liegen im Trend. Das zeigt nicht zuletzt die rasant gestiegene Bewertung der US-Plattform Etsy. Mit The Creative Club will der Unternehmer Andreas Seifert aus dem Hamburger Umland heraus einen Weltmarktführer schmieden. Das Unternehmen soll zur globalen Plattform für Stoffe, Schnittmuster und Co. werden. Im OMR Podcast erklärt Seifert seine Strategie – und verrät, warum er keine Angst vor Amazon hat.
Eine Aenne Burda ist Andreas Seifert noch nicht. „Wirtschaftswunderfrau“ wurde die Verlegerin einst genannt oder „Königin der Kleider“. Als sie 2005 starb, kamen Größen wie Modedesigner Karl Lagerfeld oder Verlegerin Friede Springer zu ihrer Beerdigung. Mit Burda Moden hatte Aenne Burda den größten Schnittmuster-Verlag Europas aufgebaut, die Auflage ihrer Zeitschriften lag zu Spitzenzeiten bei rund vier Millionen Exemplaren. Andreas Seifert bewundert die unternehmerische Leistung der Wirtschaftswunderfrau und würde ihr gerne nacheifern: „Ich sage manchmal aus Spaß intern: Wir wollen das Burda des 21. Jahrhunderts werden.“
Andreas Seifert ist Geschäftsführer von The Creative Club, einem Unternehmen aus dem Hamburger Umland. Der Online-Händler ist 2003 unter dem Namen Fabfab gestartet, die damaligen Gründer haben sich aber inzwischen aus dem Unternehmen zurückgezogen. Unter der Führung des aktuellen Gesellschafters und Geschäftsführers Andreas Seifert wurde aus Fabfab auch durch Übernahmen das Mehrmarken-Unternehmen The Creative Club. Dieses betreibt heute Portale wie Stoffe.de und Makerist. Über die Online-Marktplätze können Kunden Produkte rund ums Nähen kaufen, vom Schnittmuster bis zum Stoff. 15 Online-Shops in zwölf europäischen Unternehmen betreibt The Creative Club. Und Geschäftsführer Andreas Seifert verrät im OMR Podcast, dass man mittlerweile mehr als eine Million aktive Kunden habe, die mindestens einmal in den vergangenen zwölf Monaten etwas gekauft hätten.
So behauptet sich The Creative Club gegen Amazon
Die Umsätze sind laut Seifert zuletzt stark gestiegen, was auch am allgemeinen Do-it-yourself-Trend liegt. Nähen und Handarbeit liegt nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie im Trend. Auch andere Online-Marktplätze für Selbstgemachtes haben zuletzt profitiert. Allein Etsy, der größte Marktplatz für fertige DIY-Produkte, legte während der Pandemie von rund 30 auf zeitweise knapp 300 Dollar je Aktie zu. Inzwischen ist der Kurs zwar genau wie bei anderen Digitalunternehmen dramatisch eingebrochen, liegt mit knapp 70 Dollar aber immer noch deutlich über dem Vor-Corona-Kurs. Etsy kommt damit auf eine Bewertung von rund zehn Milliarden US-Dollar – bei einem Umsatz von zuletzt rund 2,3 Milliarden US-Dollar.
Andreas Seifert sagt, dass er die Entwicklung von Etsy bewundere, „gerade was die Wertsteigerung angeht“. Und natürlich hofft er auch, dass diese Entwicklung auch als gutes Signal für The Creative Club gewertet werden kann. Immerhin zeigt sie, dass Investoren den DIY-Trend als Geschäftsmodell erkennen. Und The Creative Club macht laut Seifert inzwischen mehr als 50 Millionen Euro Umsatz und ist profitabel. Ein direkter Konkurrent ist Etsy aus Seiferts Sicht aber nicht: „Sie sind in unseren Sektor, machen aber etwas komplett anderes – sie verkaufen ja letztlich Endprodukte.“ The Creative Club bietet hingegen über sein Portal Makerist unter anderem auch digitale Inhalte wie Videokurse an, die inzwischen rund 20 Prozent des Umsatzes ausmachen sollen.
Aus der Finanzindustrie in die Startup-Welt
Das würde schon eher auf Amazon zutreffen. Der US-Konzern ist mit einem Marktanteil von mehr als 50 Prozent des deutschen Online-Handels letztlich für jeden Online-Shop eine Bedrohung. Andreas Seifert wähnt sich durch das Geschäftsmodell seines Unternehmens jedoch vergleichsweise sicher. Er habe großen Respekt vor Amazon, sagt Seifert im OMR Podcast. Doch bislang traue sich das Unternehmen nicht richtig in den Markt von The Creative Club hinein, weil es um mehr gehe, als Waren zu versenden. „Wir haben ja Wertschöpfung in der Logistik“, sagt Seifert. Stoffe würden geliefert und vor dem Versand beispielsweise zurecht geschnitten und auf kleinere Rollen gewickelt. „Dadurch ist jede Bestellung individuell. Das schützt das Geschäftsmodell.“ Und noch in einem anderen Punkt unterscheide man sich von klassischen E-Commerce-Anbietern sagt Seifert: „Unsere Retourenquote liegt bei unter zwei Prozent – und zwar seit Jahren.“
Dass ausgerechnet Andreas Seifert mal zum europäischen Schnittmuster- und Stoffkönig aufsteigen würde, war so nicht abzusehen. Denn seine Karriere begann der Ökonom zunächst in der Finanzindustrie. Er arbeitete unter anderem für die Deutsche Bank und das britische Finanzunternehmen Barclays. Über Delivery Hero kam er dann in die Startup-Szene. Bei der Lieferdienst-Plattform baute er in der Anfangszeit den Marketingbereich auf. Heute sitzt er unter anderem neben seinem Posten bei The Creative Club im Board der Berlin Brands Group, die verschiedene Amazon-Händler unter ihrem Dach konsolidiert.
Im OMR Podcast erzählt Andreas Seifert außerdem, welcher Marketing-Kanal für seine Marken am erfolgreichsten ist, worauf es bei Verkäufen über Amazon ankommt und in welchem Verwandtschaftsverhältnis er mit dem früheren Chef der Fußball-Bundesliga, Christian Seifert, steht.
Die Themen des OMR Podcasts mit Andreas Seifert im Überblick:
- Karrierestart in der Finanzindustrie und seine Zeit bei Delivery Hero (00:02:00)
- Sein Einstieg bei The Creative Club (00:10:30)
- So funktioniert das Geschäftsmodell von The Creative Club (00:20:00)
- Expansionspläne für die USA (00:30:00)
- Warum Amazon sich nicht richtig in den Markt traut (00:37:00)
- Wer braucht noch Schnittmuster im Zeitalter von Fast Fashion? (00:46:00)