Slack-Gruppen sind das neue Ding: Jetzt hat die deutsche Tech-Szene auch eine

alphalist.CTO will die Tech-Szene vernetzen und pushen

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Inhalt
  1. Über die alphalist Gründer:

Einige der führenden Chief Technology Officer (CTO) und Software-Entwickler Deutschlands in einem Netzwerk zu vereinen – das ist das erste Ziel des neu gegründeten alphalist. 100 hochrangige Mitglieder haben die beiden Initiatoren Johannes Schaback (Visual Meta, gehört zu Axel Springer) und Tobias Schlottke (OMR & Serial-Founder) bereits gewonnen. Im Gespräch mit OMR Daily erklären sie, warum sie Techies dazu animieren wollen, häufiger selbst zu gründen, und was die alphalist-Mitglieder in der nicht-öffentlichen Slack-Gruppe des Netzwerks diskutieren. Techies und Programmierer gelten ja dem Klischee nach nicht unbedingt als die sozial stärksten Menschen. Ihr wollt jetzt mit „alphalist“ die besten Entwickler Deutschlands, die dazu noch wenig Zeit haben dürften, dazu bewegen, sich regelmäßig zu treffen und untereinander auszutauschen. Um mal beim Klischee zu bleiben: Wie wollt Ihr die denn von ihren Bildschirmen weglocken? Tobias: Es stimmt schon, Techies sind ein spezieller Schlag Mensch. Ich war neulich mit Sebastian Betz, dem CTO von About You, zu Mittag essen, und er meinte danach zu mir: ‚Eigentlich geh ich sonst gar nicht Mittagessen, sondern arbeite durch.’ Das ist ein bisschen symptomatisch: Egal ob man noch selbst codet, oder an der großen Vision arbeitet – als Techie ist man immer ein wenig ‚im Tunnel‘. Wir glauben aber, dass die deutsche Tech-Szene von einer Plattform, über die sie sich austauschen kann, enorm profitieren kann. Johannes: Tobias und ich haben uns mal auf einem CTO-Event der Portfolio-Firmen von Axel Springer kennengelernt. Der Austausch dort wart extrem wertvoll – nur eben auf das Springer-Universum beschränkt. Wir haben uns deswegen gefragt, ob es so etwas übergreifend gibt, haben aber außer ein paar spezialisierten Meetups in Berlin nichts Entsprechendes gefunden. Tobias: Wir haben deswegen erst einmal eine Slack-Gruppe eingerichtet, in der bereits rund 100 CTOs als Mitglieder unterwegs sind. Das Vorbild dafür sind exklusive Slack-Communitys in der US-Tech- und -Venture-Szene. In Deutschland gibt es hier z.B. das Builders-Network, das aber mehr den Fokus auf Startup-Gründer legt. In die US-Gruppen kommt man oft wirklich nur per Einladung hinein; bei uns kann man sich zumindest bewerben. Dass die Kommunikation unter den alphalist-Mitgliedern erst einmal digital läuft, kommt vielen Techies vielleicht auch entgegen. Wobei wir auch bald Offline-Events veranstalten wollen, beispielsweise ein Dinner beim OMR-Festival im März, zu dem auch unser Keynote Speaker Nate Silver als Special Guest kommt. Ein vertrauensvoller Austausch klappt ja erst so richtig gut, wenn man mal ein Bier zusammen getrunken hat.

Tobias Schlottke (links) und Johannes Schaback

Wer ist denn in der Slack-Gruppe? Nennt doch mal ein paar Namen. Tobias: Schon dabei ist beispielsweise Tom Peruzzi, der CTO der zu Pro Sieben gehörenden Virtual Minds Gruppe, der die Technik eines großen Portfolios an Beteiligungen der Gruppe verantwortet. Wir haben Nils Grabbert, den CTO von Enfore, dem neuen Unternehmen von Marco Börries. Dann Christian Rebernik, den ehemaligen CTO von Number 26 und Zanox, Sebastian Betz von About You, Jochen Schlosser von Adform, Aron Spohr von Fashion ID, Dominik Willers von Goodgame Studios, Stefan Schulze von Project-A und Dan Cripe von Bonial/Kaufda. Das sind nur ein paar von vielen guten Namen. Bisher sind wir recht e-Commerce- und Adtech-lastig, freuen uns aber über Mitglieder aus anderen Branchen.

Was schreiben sich 100 Techies in einer Slack-Gruppe denn so gegenseitig? Johannes: Beliebtes Thema sind aktuell immer wieder Bitcoin und ICOs (schmunzelt). Das ist aber natürlich nicht unser Hauptfokus. Die zwei wichtigsten Themen sind sicherlich zum einen Recruiting. Das ist für uns alle der größte Painpoint, und über den wird auch am meisten geschrieben. Zum anderen tauschen wir uns über Leadership-Themen aus.

Ist Mitarbeiterführung im Tech-Bereich denn wirklich so anders? Tobias: Da gibt es auf jeden Fall einen sehr starken Unterschied. Im Tech-Bereich gibt es so viele Spezialdisziplinen. Man kann nicht gleichzeitig krasser Data Scientist oder AI-Experte sein und dann auch noch ein guter Manager. Deshalb gibt es im Leadership noch stärker die Unterscheidung zwischen Experten und Tech-Managern. CTOs sind häufig eher Manager. Die müssen damit umgehen können, dass sie in diesem Bereich häufig wie bereits gesagt auf einen besonderen Schlag Mensch treffen. Tech-Experten sind meist Individualisten, die nicht unbedingt einfach sind. Damit muss man umgehen können und übersetzen können zwischen der Non-Tech- und der Tech-Welt. Dafür braucht man auch Tricks. Über die tauschen wir uns aus: Was hat bei welchem Unternehmen wie funktioniert, natürlich auch über die bloße Techie-Sicht hinaus.

Wenn Recruiting das größte Problem ist: Kann ein Austausch darüber untereinander wirklich etwas ändern? Jagt Ihr nicht alle hinter denselben Leuten her? Johannes: Das sehe ich eigentlich nicht so. Zum einen gibt es ja sehr viele unterschiedliche Profile. Zum anderen kann es ja auch mal sein, dass jemand über seinen Aufgabenbereich hinauswächst oder in eine ganz andere Richtung will. Wenn man das dann im eigenen Unternehmen nicht abbilden kann, ist es meiner Meinung nach besser, den Mitarbeiter an einen Vertrauten zu vermitteln, als ihn einfach gehen zu lassen oder zu einem Headhunter zu schicken. Wenn man gut zusammengearbeitet hat, kann man ja auch die Türen öffnen, um da weiterzugehen. Tobias: Bei Firmen wie McKinsey gibt es ja häufig auch ein sehr aktives Alumni-Netzwerk. Darüber können die Mitarbeiter auch ihren nächsten Arbeitgeber finden, wenn Beratung für sie vielleicht nicht mehr passt. Oder McKinsey hilft den Mitarbeitern sogar dabei, die nächste Stufe zu nehmen und selbst unternehmerisch tätig zu werden. Das ist eine Richtung, in die wir auf jeden Fall auch gehen wollen.

Ihr wollt Techies zum Gründen animieren? Johannes: Auf jeden Fall. Wir haben in Deutschland sowieso schon eine nur schwach ausgeprägte Gründerkultur. Techies, die gründen, sind noch seltener. Viel zu wenige Techies trauen sich mit eigenen Ideen raus, sondern streben statt der Gründer- und Macherkarriere lieber den vermeintlich sicheren Angestelltenjob an. Häufig suchen sich zwei Leute mit BWL-Hintergrund einen Techie und sagen dem: Das ist die Idee, lass mal zusammen machen. Tobias: Die deutsche Gründerszene ist auf dem Tech-Auge noch viel zu blind. Ich glaube, dass die deutsche Wirtschaft auch aus diesem Grund den Anschluss zu verlieren droht. Wenn sich zwei BWLer zusammentun, dann werden die in der Regel nicht mit einer revolutionären Tech-Idee kommen, sondern mit einem Produkt, das sie möglichst schnell verkaufen können. Oder sie überlegen, wo sie noch Werbung drauf packen können. Die Situation in Bildung und Ausbildung tut das ihrige dazu: Wir haben ja in Deutschland eigentlich eine starke Ingenieurstradition – aber wir bilden immer noch Maschinenbauer in Aachen aus. Dabei bauen die echten ‚Engineers’ heute nichts, sondern entwickeln Software. Die wertvollsten Unternehmen der Welt sind doch heute Software-Firmen.

Wie wollt Ihr mit einer Slack-Gruppe dagegen ansteuern? Johannes: Wir wollen mit alphalist auch unseren Beitrag dazu leisten, dass Tech-Gründungen zunehmen, oder Tech-Gründern zumindest helfen, indem wir ihnen ein Netzwerk und Kontakte bieten. Das drittwichtigste Thema neben Recruiting und Leadership sind für uns in Zukunft sicherlich Co-Investments: also dass Mitglieder gemeinsam ‚poolen’ und in Tech-Gründungen investieren. Die Gründer bekommen dafür ‚Smart Money’, also Investoren, die auch ein tiefes Technik- und Produktverständnis mitbringen und ihnen im Business weiterhelfen können. Und mittelfristig wollen wir auch nicht nur national Mitglieder gewinnen, sondern auch den internationalen Austausch fördern.

Wäre es nicht auch sinnvoll, darüber hinaus auch die Interessen Eurer Mitglieder nach außen zu vertreten? Tobias: Sicher! Das kann erstmal im kleinen Rahmen geschehen, indem wir für sie bei Tool-Anbietern bessere Konditionen aushandeln. Langfristig wollen wir aber natürlich auch mit Ideen auf die Politik zugehen und dafür sorgen, dass sich die technische Bildung verändert. Ich war Anfang des Jahres in Israel, und die sind dort schon viel weiter. Dort gibt es beispielsweise ein staatlich gefördertes Spiel, mit dem Kindern früh coden beigebracht wird. In Deutschland gibt es private Initiativen, wie die tolle Code University von Thomas Bachem. Aber die staatliche Bildung hinkt da noch ziemlich hinterher.

Vielen Dank Euch beiden für das Gespräch!

Ihr würdet gerne alphalist Mitglied werden? Bewerbt Euch auf der Website des Netzwerks unter alphalist.com!

Über die alphalist Gründer:

Johannes Schaback hat Anfang 2009 gemeinsam mit Robert Maier Visual Meta gegründet. Das Unternehmen betreibt u.a. die Produktsuchmaschine Ladenzeile und wurde 2011 mehrheitlich von Axel Springer übernommen. Vor der eigenen Gründung hatte er an der TU-Berlin Software Engineering und Machine Learning studiert und schließlich bei Rocket Internet an den ersten Versionen von Zalando und Toptarif mitprogrammiert. Gründerszene bezeichnete ihn einmal als „Anti-WHU’ler im Samwer-Umfeld“. Johannes ist aktiver Business Angel als Teil der Gruppe Saarbruecker21.

Tobias Schlottke ist digitaler Serienunternehmer. Nach Stationen bei der Virtual Minds AG, Gruner+Jahr und einer Zeit als CTO bei moviepilot hat er gemeinsam mit Philipp Westermeyer und Christian Müller unter anderem die Firmen adyard und metrigo mit aufgebaut und erfolgreich verkauft. Nebenbei hat er mit OMR das erfolgreichste europäische Marketingfestival mit aufgebaut. Nach dem Ausstieg bei Zalando kümmert er sich gemeinsam mit Philipp und Christian um OMR und bereitet neue Projekte vor.

Tech
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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