Sushi Bikes nutzt Bilder von Dall-E: Ist das die erste AI-basierte Kampagne Deutschlands?

Florian Rinke17.1.2023

Das E-Bike-Startup bewirbt die neuesten Modelle mit künstlich generierten Motiven

Mithilfe der KI Dall-E hat Sushi-Bikes diese Kampagnen-Motive entworfen. Fotos: Sushi-Bikes
Mithilfe der KI Dall-E hat Sushi-Bikes diese Kampagnen-Motive entworfen. Fotos: Sushi-Bikes

Nach der Gründung hat Sushi-Bikes zunächst auf die mediale Strahlkraft von Mitgründer Joko Winterscheidt gesetzt. Doch langfristig soll die Marke auch ohne den Promi-Bonus funktionieren. Bei der Werbung für die neue E-Bike-Generation geht Sushi Bikes nun ganz neue Wege – und setzt als vermutlich erstes Unternehmen in Deutschland komplett auf Bilder einer künstlichen Intelligenz.

Früher hätte das Sushi-Bikes-Team ein Model buchen müssen. Es hätte einen Astronauten-Anzug anschaffen oder mieten, einen Fotografen und die jeweiligen Locations organisieren müssen. Das Team hätte für die Shootings reisen müssen, das Model und der Fotograf vermutlich auch. Das alles wäre teuer gewesen, ein paar Tausend Euro, vielleicht sogar mehr. Das alles wären Kosten gewesen, die sich ein junges Unternehmen gerne gespart hätte – aber Marketing ist wichtig, speziell wenn man gleich mehrere neue Fahrrad-Modelle präsentieren will. Also hätte es wohl am Ende trotzdem sein müssen.

„Jetzt hat uns die ganze Kampagne null Euro gekostet“, sagt Gründer Andreas Weinzierl. Bislang haben teilweise Praktikant*innen Bilder der E-Bikes des Münchner Unternehmens gemacht. Diesmal war nicht mal das nötig. Denn die Bilder für die Werbekampagne hat Dall-E gemacht, jener auf künstlicher Intelligenz basierende Bild-Generator der US-Organisation Open AI, die in den vergangenen Monaten den Hype um das Thema KI mit entfacht hat. Ein paar Angaben reichten dem System, um eigene Vorschläge zu machen. KI statt Kreativ-Agentur – und dank der Gratis-Credits, die man nach der Anmeldung bekommt, für Sushi Bikes auch noch völlig kostenlos.

Martini nutzt Midjourney für die Werbung

Künstliche Intelligenz wird die Arbeit vieler Menschen verändern oder gar ersetzen, so viel ist sicher. Welche Möglichkeiten es inzwischen gibt, wurde in den vergangenen Monaten sichtbar. Im April 2022 hat die Organisation Open AI die neuste Version ihres Projekts Dall-E vorgestellt, eine KI, die auf Basis schriftlicher Anweisungen Bilder generieren kann. Wenig später gab das US-Startup Midjourney bekannt, dass es seine Beta-Phase für Tester*innen öffnet. Und im August 2022 startete dann auch Konkurrent Stability AI mit seinem Projekt Stable Diffusion die PR-Offensive. Auch Google, Tiktok und Meta stellten daraufhin eigene Projekte vor, während die Verantwortlichen bei Foto-Agenturen darüber berieten, wie sie mit KI-generierten Bildern auf ihrer Plattform umgehen sollten (hier haben wir das Thema ausführlich beleuchtet).

Speziell im Marketing eröffnen sich durch die neuen Möglichkeiten viele Chancen, Inhalte schneller und günstiger zu erzeugen. Erste Agenturen werben schon mit den Möglichkeiten, die künstlich generierte Bilder für Marken bieten. Doch in der Praxis haben bislang die wenigsten Unternehmen damit Erfahrungen gesammelt. Die Getränke-Marke Martini hat in Großbritannien kürzlich eine Kampagne gelauncht, deren Bilder mit dem Tool Midjourney erzeugt wurden, berichten englische Medien. In Frankreich wiederum hat der Anbieter von Grammatik- und Sprach-Lernbüchern Becherelle eine Kampagne mithilfe von KI-Tools veröffentlicht. In Deutschland dürfte Sushi Bikes die erste Marke sein, die komplett auf KI-generierte Bilder in der Werbung setzt.

Nicht perfekt, aber dafür ein Hingucker

„Ich kenne niemanden, der oder die komplett eine Kampagne auf dieser Basis realisiert hat“, sagt auch Florian Litterst, Gründer von Adsventure und einer der führenden Social-Advertising-Experten in Deutschland. Beim Copy-Writing sei der Einsatz von KI schon verbreiteter, etwa weil sich Unternehmen von Tools wie ChatGPT verschiedene Vorschläge für Posts bei Tiktok oder anderen Sozialen Netzwerken vorschlagen ließen. „Damit haben wir tatsächlich auch schon rumgespielt“, sagt Litterst. Bislang sei es allerdings eher ein Tool für Inspiration, die Vorschläge würden anschließend noch verfeinert werden.

Auch Andreas Weinzierl von Sushi Bikes ist gespannt, wie die Kampagne ankommt: „Die Bilder sehen natürlich nicht perfekt aus, wir hoffen aber, dass genau das dafür sorgt, dass die Leute zweimal hinschauen.“ Dazu beitragen sollen auch Sprüche wie „Nie wieder dumm dastehen, weil der Bus nicht kommt“, die etwas provokanter sein sollen als vergangene Werbekampagnen.

„Die erfolgreichste Kooperation war mit Carmushka“

Weinzierl hat Sushi Bikes 2019 gegründet. Das Geld für den Aufbau der Firma kommt unter anderem von den MyMüsli-Gründern Max Wittrock und Philipp Kraiss. Bekannt wurde das Unternehmen anfangs durch das Engagement von Moderator und Investor Joko Winterscheidt (hier zu Gast im OMR Podcast). Doch Andreas Weinzierl sagt, langfristig müsse die Marke auch ohne den Promi-Bonus bestehen: „Wir haben ihn daher auch aus allen Ads rausgenommen. Das hat weh getan, aber wir müssen es auch ohne ihn schaffen. Wir wollen uns in der Zusammenarbeit mit ihm lieber auf einzelne Highlights fokussieren.“

Joko Winterscheidt und Andy Weinzierl sind unterwegs auf Sushi-Bikes. Foto: Dario Suppan

Joko Winterscheidt und Andy Weinzierl sind unterwegs auf Sushi-Bikes. Foto: Dario Suppan

Im Marketing setzt Sushi Bikes daher neben Performance-Marketing bei Google und Meta auf andere Influencer. Rund 40 Kampagnen hat das Unternehmen laut Weinzierl seit dem Start 2019 gemacht. Dabei hat das Team eher auf große Kanäle mit mindestens sechsstelligen Follower-Zahlen gesetzt – auch, um die Kosten für das Überlassen von E-Bikes an die Testimonials im Rahmen zu halten. „Die erfolgreichste Kooperation war mit Carmushka“, sagt Andreas Weinzierl. Mit der Influencerin aus Köln (hier zu Gast im OMR Podcast) hat das Team sehr früh zusammengearbeitet. Damals habe sie erst rund 700.000 Follower bei Instagram gehabt. Dennoch wurden die guten Zahlen von ihr im Anschluss nicht mehr übertroffen.

Sushi Bikes setzt stark auf Instagram

In Zukunft will Sushi Bikes auch mit kleineren Kanälen zusammenarbeiten. Und auch über den Ausbau der Marketing-Kanäle denkt Andreas Weinzierl nach. „Wir sind beim Aufbau unserer organischen Reichweite bislang sehr auf Instagram fokussiert“, sagt der Gründer. Die Altersspanne ist laut Weinzierl bei den rund 20.000 Sushi-Kund*innen aber deutlich breiter, unter den Käufern der E-Bikes sind auch viele Menschen über 60 Jahren. „Da fragen wir uns natürlich auch, ob Facebook vielleicht relevanter für uns ist als bislang gedacht?“

Ein paar professionelle Bilder hat Sushi-Bikes für die neue Fahrrad-Generation doch produzieren lassen. Foto: Sushi-Bikes

Ein paar professionelle Bilder hat Sushi-Bikes für die neue Fahrrad-Generation doch produzieren lassen. Foto: Sushi-Bikes

Mit der dritten Generation der Sushi Bikes, die das Unternehmen am Montag präsentiert hat, will das Unternehmen nun das Wachstum weiter ankurbeln, um auch dauerhaft profitabel zu arbeiten. Knapp 1400 Euro kosten die E-Bikes. Einen ersten Erfolg kann Andreas Weinzierl jetzt schon verbuchen: Der Fahrrad-Hersteller konnte durch den Einsatz sehr viel schneller mit den neuen E-Bikes an den Markt gehen, als eigentlich vorgesehen: „Wir hatten den Produkt-Launch eigentlich für Februar oder März geplant, ihn dann aber vorgezogen – da war es natürlich praktisch, dass wir die Kampagne mit Dall-E so schnell umsetzen konnten. Normalerweise dauert so was deutlich länger und ist mit Abstimmungsschleifen, Briefings und Co. sehr aufwendig.“

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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