Eine Million Dollar Umsatz in 24 Stunden: Super-Influencer als Conversion-Maschinen?

Martin Gardt5.11.2018

Chiara Ferragni, Arielle Charnas & Co. haben viele Millionen Follower – können Super-Influencer wie sie für Abverkäufe sorgen?

Arielle Charnas
Arielle Charnas gilt als Super-Influencerin (Foto: Nordstrom)

Innerhalb eines Tages soll die Kollektion der US-Bloggerin Arielle Charnas beim US-Versandhaus Nordstrom für eine Million US-Dollar Umsatz gesorgt haben. Vor allem, weil sie vorher bei ihren Millionen Instagram-Followern ordentlich getrommelt hat. Super-Influencer wie Charnas, Chiara Ferragni oder Danielle Bernstein waren früh mit Fashion-Blogs am Start und haben heute auf den großen Plattformen Millionen-Reichweiten. Wie Brands diese Botschafter am besten für sich einsetzen, zeigen wir hier.

„Ich habe meine Outfits gepostet und dann schrieben mir plötzlich Frauen aus der ganzen Welt, wo sie die Styles einkaufen könnten. Ich wurde zu einer Besessenen“, sagt Arielle Charnas zu Fashionista.com. „Sechs Monate später kam eine Frau auf mich zu und hat mir erzählt, sie würde die erste Influencer-Agentur aufbauen und ich war eine der ersten, die unterschrieben hat.“ So beginnt die Influencer-Karriere der heute 31-Jährigen, die seit 2009 ihren Fashion-Blog Something Navy betreibt.

In die Stratosphäre der Super-Influencer katapultiert sich Charnas aber erst im September 2017: Gemeinsam mit dem Fashion-Label „Treasure & Bond“ der US-Versandhauskette Nordstrom bringt sie eine eigene Kollektion auf den Markt. Laut WWD.com verkauft Nordstrom angeblich innerhalb von 24 Stunden Klamotten der exklusiven Kollektion im Wert von einer Million US-Dollar. Weder Nordstrom noch Charnas bestätigen diesen Wert jemals offiziell. Verschiedene Fashion-Magazine in den USA greifen den Millionen-Umsatz aber auf. Beliebte Stücke tauchen wenig später bei Ebay auf – meist doppelt so teuer. „Als Influencer gibt mir meine Plattform Daten aus dem echten Leben und Feedback meiner Follower. Dieses Wissen habe ich genutzt, um meinen Followern das zu geben, was sie wollen“, sagt Charnas.

Wer sind diese Super-Influencer?

Arielle Charnas hat auf Instagram „nur“ 1,1 Millionen Abonnenten, der Account ihres Blogs gerade über 152.000. Trotzdem gilt Charnas als Super-Influencerin, weil sie es geschafft hat, mit ihrer eigenen Marke unter dem Dach anderer Brands erfolgreich zu sein. Gerade hat sie wiederum bei Nordstrom ihre erste komplett eigene Kollektion auf den Markt gebracht. Unter der Marke Something Navy verkauft Charnas 53 Kleidungsstücke – vom Mantel bis zum Stiefel. Bisher ist allerdings keines dieser Produkte ausverkauft.

Immer wieder fallen auch andere Namen unter dem Stichwort Super-Influencer. Zum Beispiel die Italienerin Chiara Ferragni, die wir schon im September 2015 die „reichste Bloggerin der Welt“ nannten. Heute hat Ferragni über 15 Millionen Follower bei Instagram, arbeitet mit den ganz großen Brands und hat mehrere Klamotten-Kollektionen auf den Markt gebracht. Allein der Mediawert ihrer Hochzeit mit dem italienischen Rapper Fedez soll laut Medienberichten 36 Millionen US-Dollar überschritten haben. Dior schneidert gleich zwei Hochzeitskleider für sie und erreicht allein durch Instagram-Posts mit den Kleidern einen Mediawert von 5,2 Millionen US-Dollar. Ebenfalls als Super-Influencer gelten in den USA unter anderem Danielle Bernstein mit dem Blog „We Wore What“ (1,9 Mio. Instagram-Follower), Aimee Song („Song of Style“, fünf Mio. Follower), Chriselle Lim („The Chriselle Factor“, 1,1 Mio. Follower) und Leandra Medine („Man Repeller“, zwei Mio. Follower).

Eigene Kollektionen als Verkaufs-Hebel

Was diese Influencerinnen eint, ist der Aufbau eigener Unternehmen. Sie sind nicht bloße Repräsentantinnen wechselnder Brands, sondern bauen eigene Marken auf. Chiara Ferragni hat mit ihrem Label „Chiara Ferragnis Collection“ bereits Läden in Mailand, Shanghai, Chengdu und Paris eröffnet. Aimee Song hat ein Buch über Instagram-Optimierung geschrieben und vertreibt fair hergestellte Shirts und Pullis unter der Marke Two Songs, und über die Brand „SSO by Danielle“ verkauft Danielle Bernstein Overalls.

Durch ihre Alleingänge sind die Super-Influencerinnen aber offenbar nicht weniger interessant für Brands geworden. Viele Marken haben erkannt, dass sich Influencer am effektivsten mit einer engen Zusammenarbeit einspannen lassen. Das bedeutet nicht nur authentischere Posts auf den Plattformen, sondern sorgt – wie das Beispiel von Arielle Charnas und Nordstrom zeigt – auch am ehesten für messbare Erfolge. Charnas‘ exklusiv über Nordstrom vertriebene Kollektion soll 2017 insgesamt zwischen drei und fünf Millionen US-Dollar Umsatz generiert haben. Über ihren Blog „The Blonde Salad“ verkauft Chiara Ferragni Klamotten, die in Zusammenarbeit mit verschiedenen Modemarken entstehen. Chriselle Lim bringt wie Charnas ihre Kollektion exklusiv über Nordstrom an die Frau. Und Danielle Bernstein hat Bademode für die Marke Onia entworfen und bewirbt diese mit einem eigenen Instagram-Kanal.

Chris Kastenholz

Chris Kastenholz (Foto: Pulse Advertising)

Influencer Marketing lebt durch eine authentische Partnerschaft. Diese könnte natürlich kaum größer sein, als den Influencer mit der DNA der Marke und dem Produkt zu verbinden“, sagt Chris Kastenholz, Gründer der Influencer-Agentur Pulse Advertising, gegenüber OMR. „Co-Creations sind dabei ein sehr effektiver Weg. Trotzdem könnten dann viele andere Influencer eine solche Produktlinie bewerben. Die Kombination wäre dann besonders stark, gerade dann, wenn die Influencer sich untereinander kennen.“

Deutsche Super-Influencer?

Auch in Deutschland lässt sich das Phänomen beobachten: Super-Influencer, die eigene Marken aufbauen und gleichzeitig mit etablierten Brands und Händlern zusammenarbeiten. Eines der bekanntesten Beispiele ist Youtuberin Bianca Heinicke (Bibis Beauty Palace), die rund um ihren Duschschaum Bilou eine eigene Marke aufgebaut hat, die heute Millionenumsätze macht. Davon profitiert aber nicht nur die Influencerin: Bei der Drogeriekette dm war das Produkt nach zwei Tagen ausverkauft, obwohl die Waren für einen Monat reichen sollten. Als Rossmann Bilou ins Sortiment aufnimmt, kommt in der ersten Woche jedes dritte verkaufte Duschprodukt von der Marke. Mittlerweile hat Bilou selbst auf Instagram über 1,5 Millionen Abonnenten.

Und auch die Zwillinge Lisa und Lena gehen wohl als deutsche Super-Influencer durch. Die beiden kommen mittlerweile auf fast 14 Millionen Instagram-Follower und verkaufen im eigenen Online-Shop Klamotten ihrer Marke „J1MO71“. Hinter dem Shop steckt ein Tochterunternehmen von Warner Music Germany. Darüber hinaus sorgen die beiden für Verkaufsrekorde von Haargummis. Durch eine Zusammenarbeit mit der Firma New Flag und deren Brand „Invisibobble“ standen schon 2017 in Drogerien in ganz Deutschland Aufsteller mit dem Gesicht der beiden – bestückt mit der Lisa-und-Lena-Kollektion des Haargummis. Für das Promo-Foto auf dem Instagram-Kanal der Brand gab es über 25.000 Likes, alle anderen Posts kommen maximal auf 1.000 Interaktionen.

Umsatzchancen mit Super-Influencern

Wie viel solche Deals die Brands am Ende kosten, lässt sich nur schwer sagen. „Eine Kampagne mit einem Influencer mit zehn Millionen Followern in Europa oder den USA hat einen sechsstelligen Wert. Der TKP liegt zwischen fünf und zehn Euro“, sagt Pulse-Advertising-Chef Kastenholz. Wenn demgegenüber dann Millionen-Umsätze stehen, könnte es sich für große Marken durchaus lohnen, auch die ganz großen Influencer zu engagieren. Vor allem, wenn die Umsätze ohne weitere Marketing-Kanäle entstehen und Posts auf den Plattformen ausreichen. Pulse selbst habe mit Super-Influencern bereits große Kampagnen umgesetzt. So zum Beispiel auch mit der wohl größten Influencerin der Welt, Kylie Jenner, für die Teemarke SkinnyMint.

Es gibt weitere Anhaltspunkte zu den Kosten: Chriselle Lim soll einen Deal mit L’Oreal Paris über eine Million US-Dollar abgelehnt haben, um weiter neutral in ihrem Blog berichten zu können. „Es war nicht das Richtige, den Vertrag zu unterschreiben, weil der Deal einige Aspekte meines Geschäfts und meiner Brand geändert hätte“, sagt Lim. Wie lang der Vertrag gegolten hätte, ist allerdings nicht klar. Die Tatsache, dass es Danielle Bernstein geschafft hat, kurz nach dem Start ihrer Marke SSO by Danielle innerhalb von drei Stunden Overalls im Wert von 40.000 US-Dollar zu verkaufen, zeigt, wie Influencer Verkäufe ankurbeln können. „Es kommt auf das Ziel der Kampagne an. Große Influencer treiben den Abverkauf und positionieren Marken, also setzen damit Trends. Kleinere Influencer treiben Word-of-Mouth und können Key-Opinion-Leader in Nischen sein“, sagt Chris Kastenholz.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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