Nach dem größten Raub der Kryptogeschichte: So geht es weiter mit Axie Infinity

Florian Heide12.4.2022

Schon lange läuft bei dem Play-to-Earn-Game vieles schief. Nun wurde es auch noch gehackt.

AxieInfinitySocial
Quelle: Axie Infinity
Inhalt
  1. Glück im Spiel
  2. „Das größte Schneeballsystem in Krypto“
  3. 500 Millionen US-Dollar unbemerkt verschwunden
  4. Spielerzahlen halbieren sich

Um das Blockchain-Game Axie Infinity war es laut im vergangenen Jahr – erst wegen des überraschend großen Erfolgs und der weltweiten Beliebtheit, dann wegen des nicht funktionierenden Geschäftsmodells. Dann sorgte im vergangenen Monat auch noch der größte Hack der kurzen Kryptogeschichte für Schlagzeilen. Unbekannte Hacker erbeuteten rund 500 Millionen US-Dollar im vergangenen Monat von der Ronin Blockchain, die eigens für das Play-to-Earn Game Axie Infinity entwickelt wurde. OMR erklärt, wie es dazu kam und was das für die Zukunft des Spiels bedeutet.

Axie Infinity ist ein rundenbasiertes Play-to-Earn-Game ähnlich wie Pokémon (wir haben über das Geschäftsmodell an dieser Stelle berichtet). Mehr als die Hälfte der Spielenden stammt aus den Philippinen und Venezuela. Sie kaufen oder mieten zu Beginn drei „Axies“ genannte Monster, um mit ihnen Kämpfe zu bestreiten. Im Laufe des Spiels können sie so zwei Kryptowährungen erwirtschaften, Axis (kurz: AXS) und Smooth Love Potion (kurz: SLP). Das Besondere: Im Gegensatz zu anderen Online-Spielen wie etwa World of Warcraft, lassen sich die beiden Spielwährungen von Axie Infinity bei Kryptobörsen in echtes Geld umtauschen.

Glück im Spiel

Rund drei Jahre nach dem Erscheinen, im Sommer 2021, zählt Axie Infinity zu den erfolgreichsten Blockchain-Games überhaupt. Es entwickelt sich in jenem Sommer zur wertvollsten NFT-Sammlung der Welt, auf Twitter verkündet COO Aleksander Leonard Larsen wenig später ein Handelsvolumen von vier Milliarden US-Dollar. Ende 2021 verzeichnet das Spiel fast drei Millionen monatlich aktive Nutzer:innen, mehr als jedes andere Blockchain-Game.

Zu der Zeit hat sich längst ein eigenes Ökosystem rund um Axie Infinity entwickelt: Familien aus Entwicklungsländern wie den Philippinen und Venezuela spielen in Schichten, um ihren Lebensunterhalt damit zu bestreiten. Viele von ihnen können sich die Anfangsinvestition nicht leisten: Jeder Spielende muss mit drei Axies starten. Weil die aber zwischenzeitlich bis zu 1.000 Dollar kosten, entsteht gleichzeitig eine Art Kreditsystem: Wohlhabende Spieler:innen verleihen ihre Axies an neue Spieler:innen, im Gegenzug erhalten sie einen Anteil am künftigen Gewinn. Für kurze Zeit scheint es, als würde jeder Beteiligte von dem Spiel profitieren.

„Das größte Schneeballsystem in Krypto“

Im Laufe des Jahres regt sich aber auch immer wieder Kritik an dem Geschäftsmodell (auch hierüber berichteten wir bereits). Das Kernproblem: Axie Infinity produziert unbegrenzt SLP. Die Währung fließt aber nicht in das Ökosystem des Spiels zurück, wie vom Spieleentwickler Sky Mavis geplant. Nur rund fünf Prozent aller Spielenden züchten mit dem Geld gegen eine Gebühr neue Axies. Stattdessen behalten viele ihr verdientes Geld, lassen es auf ihrem Konto liegen oder wandeln es in Euro, Dollar oder philippinische Pesos um. Und nehmen die Währung so aus dem Ökosystem der Plattform heraus. Sie spielen nicht um des Spiels Willen, sondern um Geld zu verdienen. Und Sky Mavis produziert unendlich nach.

Laut dem US-Magazin Reason entsteht dadurch ein monatlicher Überschuss von rund sechs Milliarden SLP-Token. Das zieht Konsequenzen nach sich: Solange es nicht genügend Spieler:innen gibt, die das Ökosystem fördern, müssen neue Spielende mit ihren anfänglichen Investitionen für die Defizite aufkommen. Anders gesagt: Axie Infinity ist abhängig vom Spielerwachstum, ohne deren Geld das Geschäftsmodell nicht funktionieren kann. Hyperinflation, Kurseinbrüche und Spielerabwanderungen stellen sich ein. Das bleibt in der Szene nicht lange verborgen. Mitte letzten Jahres bezeichnet der anonyme Autors mgoesdistance das Spiel in einem viel zitierten Medium-Beitrag als „das größte Schneeballsystem in Krypto„.

500 Millionen US-Dollar unbemerkt verschwunden

Gerade als die Spieleentwickler:innen Anreize für die Spielenden schaffen, ihre Token für In-Game-Features auszugeben, statt zu horten, wird das Spiel beraubt. Im März hacken sich Unbekannte in die Ronin-Blockchain ein, eine Ethereum-Sidechain, die speziell für Axie Infinity entwickelt wurde. Normalerweise nutzen User diese, um dort Ethereum zu hinterlegen und im Gegenzug NFTs oder Ingame-Währungen zu erhalten oder diese gegen Ethereum einzutauschen. Der oder die Hacker nutzen sie hingegen, um Kryptowährungen im Wert von aktuell rund 500 Millionen Dollar auf die eigenen Konten zu transferieren. Damit gilt der Raub als größter Hack der Kryptogeschichte. Er löste damit den Hack der Wormhole-Protokolle im vergangenen Februar ab. Dort erbeuteten Täter rund 320 Millionen US-Dollar.

Möglich war der Hack der Ronin-Blockchain aufgrund eines mangelhaften Sicherheitssystems: Die Blockchain bedient sich sogenannter Validatorknoten, einem typischen Sicherheitsmodell für Proof-of-Stake-Blockchains. Bevor eine Transaktion ausgeführt wird, passieren die Transaktionsdaten unterschiedliche Knotenpunkte, die die Aktion prüfen. Erst wenn die Mehrzahl dieser Knoten die Transaktion bestätigt, wird sie tatsächlich auf der Blockchain ausgeführt. Der oder die Hackerin kompromittierte fünf von insgesamt neun Validierungsknoten, so ließ sich das Geld unbemerkt entwenden. Sechs Tage dauerte es, bis ein anderer User Fehler bei der Auszahlung meldet und Sky Mavis auf den Diebstahl aufmerksam wird.

Spielerzahlen halbieren sich

Sky Mavis friert daraufhin die Transaktionen ein, User können für kurze Zeit weder ihre NFTs eintauschen, noch neue kaufen. Die Spielentwickler kündigen an „mit Behörden und Investoren zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass alle ihre Währungen zurückerhalten„. In einer Notfall-Fundingrunde sammelt Sky Mavis kurz darauf 150 Millionen Dollar von den Investoren ein, angeführt wird die Runde von der Kryptotauschbörse Binance. Mit dem Geld sollen die Spieler:innen entschädigt und die Sicherheitsmaßnahmen weiter verbessert werden.

Und dennoch: Die Reputation des Spiels leidet unter dem Angriff. Die Nutzerzahlen sind auch dadurch um rund 50 Prozent seit Ende vergangenen Jahres gesunken, der SLP-Token stürzte von einst 30 Dollarcent auf heute gerade einmal einen Cent ab. Die Spielemacher lassen sich indes nicht beirren: Vor fünf Tagen kündigt Sky Mavis den Launch einer Alpha-Version des Play-to-Earn-Spiels an, die die alte bald ersetzen soll. In „Axie Infinity: Origin“ gibt es Gratis-Axies zu Beginn, eine große Investition ist nicht mehr nötig. Sky Mavis will damit neue Spieler:innen locken. „Noch nie war es so einfach, Freunde und Familie einzuladen“, heißt es in dem Announcement. Sky Mavis erträumt sich Millionen User. Auch sie sollen künftig wieder in Kryptowährungen vergütet werden. Wer das bezahlt und wie die Investitionen künftig vor Hacks geschützt werden sollen, darüber verrät der Beitrag nichts.

Axie InfinityBlockchainKryptoPlay to Earn
Florian Heide
Autor*In
Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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