Sind Serienformate für Stories und IGTV die neuen Engagement-Bringer bei Instagram?
Influencer und Unternehmen nutzen wiederkehrende Formate, um ihre Follower regelmäßig zu aktivieren
- Instagram will IGTV pushen
- Serien-Unterstützung bei IGTV
- Von der Lip Sync Show bis zur Pflanzensprechstunde
- Mehr wiederkehrende Follower durch Serienformate?
- Noch viele Experimente nötig
- Auch Influencer suchen nach neuen Ideen
Wie haltet Ihr Eure bestimmt sehr vielen Instagram-Follower bei der Stange? Ihr postet regelmäßig Content, klar. Einige Unternehmen und Influencer gehen jetzt aber weiter und gehen regelmäßig mit eigens benannten Serien bei Instagram auf Sendung – entweder in den Stories oder bei IGTV. Was aktuell meist semiprofessionell wirkt, könnte bald ein entscheidender Engagement-Hebel sein. Wir zeigen, welche deutschen Instagrammer jetzt schon auf die Strategie setzen und lassen einige von ihnen erzählen, was es wirklich bringt, eine Serie auf der Plattform zu starten.
Dieter Bohlen erzählte es bereits im OMR Podcast vor ein paar Monaten: „Meine Bild-Zeitung ist ja mein Instagram-Account. Da kann ich veröffentlichen, wie die Dinge wirklich sind.“ Und das macht er im Format „Dieters Tagesschau“ – regelmäßig als Video in seinem Feed. Seine mehr als 1,3 Millionen Follower warten täglich darauf, dass Dieter sie mit in seinen Alltag nimmt. Die „Tagesschau“-Videos kommen durch die Bank auf 120.000 bis an die 300.000 Views. Was der DSDS-Star also schon seit einer Weile macht, kommt jetzt auch bei anderen Influencern und Unternehmen in Deutschland an: Serienformate, die regelmäßig auf Instagram landen und mehr Engagement, regelmäßigere Kanalaufrufe der Follower und Kundenbindung bringen sollen. Youtuber machen das schließlich schon seit Jahren vor.
Instagram will IGTV pushen
Auch andere große Influencer steigen auf Instagram jetzt in das Thema ein – zum Teil ermutigt durch die Plattform. Zuletzt hatte schon Bloomberg berichtet, dass Mutterkonzern Facebook Influencer dafür bezahle, wenn sie längere Videos für IGTV produzieren.
Auf Nachfrage bestätigt das Unternehmen über eine Sprecherin uns gegenüber: „In den letzten paar Jahren haben wir kleinere Produktionskosten für Video-Creator auf unserer Plattform übernommen.“ Damit seien ausdrücklich nur die Kosten gemeint, die für die Erstellung von Videos anfallen – Inhalte würden nicht direkt vergütet. Das Ganze gelte für Creator auf der ganzen Welt. Anscheinend will Instagram Serienformate stärker in IGTV ziehen. Wie an den Beispielen gezeigt, spielen Influencer und Unternehmen ihre Formate bisher aber vor allem über Stories und den Feed aus.
Serien-Unterstützung bei IGTV
In einem weiteren Schritt hat Instagram auch ein Tool für Creator an den Start gebracht, damit diese auf IGTV kenntlich machen können, wenn es sich bei einem Video um einen Teil einer regelmäßigen Serie handelt. Fotograf Paul Ripke nutzt es bereits für seine Show „Daily Ripky“. In der IGTV-Übersicht erscheint das Wort „Serie“ über der Videovorschau. Wer dann im Video auf den Namen der Sendung klickt, kommt auf eine Seite mit allen bisherigen Folgen.
Auch die deutsche Influencerin Carmen Kroll, über die wir gerade erst geschrieben hatten, weil sie AR-Filter auf Instagram clever einsetzt, um Hunderttausende neue Fans zu generieren, plant ein IGTV-Serienformat. In einem Instagram-Post vor wenigen Tagen kündigt sie „You Shine“ an, ein wöchentliches IGTV-Format. Sie will sechs ihrer Fans in der Show umstylen und sucht jetzt öffentlich nach Kandidatinnen. Wer teilnehmen will, sollte einen Kommentar unter ihrem Instagram-Post hinterlassen – es kamen mehr als 3.300 Kommentare zusammen. Für gewöhnlich kommen ihre Posts auf unter 1.000 Kommentare.
Von der Lip Sync Show bis zur Pflanzensprechstunde
Auch auf kleinerer Flamme versuchen Influencer und Unternehmen jetzt schon, ihre Follower durch Serienformate regelmäßig zu aktivieren. Was viele gemeinsam haben: Die Zielgruppe ist engagiert und am Thema des jeweiligen Accounts über Produkte und schöne Bilder hinaus interessiert. So wie etwa bei Louisa Dellert (hier bei uns im OMR Podcast). Die ehemalige Fitness- und jetzige Nachhaltigkeits-Influencerin spricht mit ihren 386.000 Instagram-Followern über Umweltschutz, Selbstliebe, Politik – und generiert so auch mal Tausende Kommentare unter einem Post zu Fair Fashion.
Dellert ist vor drei Wochen mit ihrem Format „Lip Sync Show“ gestartet. Jeden Sonntag fordert sie ihre Community auf, zu einem bestimmten Teil eines Songs zu performen. Die kreativsten drei Videos stellt sie in der folgenden Woche vor und gibt den Gewinnern die Chance, 100 Euro an eine gemeinnützige Organisation zu spenden – alles komplett über ihre Stories.
In eine ganz andere Richtung geht @marienova. Die Pflanzen-Influencerin hat das Format „Pflanzensprechstunde“ ins Leben gerufen und beantwortet regelmäßig Fragen ihrer 104.000 Follower zur Pflege ihrer grünen Mitbewohner. Für ihre bisher vier Sprechstunden nutzt sie das Q&A-Tool von Instagram Stories. Nachdem sie die Fragen in ihren Instagram Stories beantwortet hat, speichert sie ihre Antwort-Sessions in ihren Story-Highlights. So können Nutzer auch auf ältere „Folgen“ ihrer Serie immer wieder zugreifen.
Mehr wiederkehrende Follower durch Serienformate?
Auch die Naturkosmetik-Marke Hej Organic aus Dortmund versucht sich an der Strategie. „Das Ziel ist, einen Anreiz für die Follower zu schaffen, immer wieder auf den Kanal zu kommen“, sagt Laura Rath, Co-Gründerin von Hej Organic, gegenüber OMR. „Wir haben schon 2018 regelmäßige Formate ausprobiert. Verschiedene Content-Kategorien im Feed oder #followfriday, wo wir zu Hej passende Accounts vorgestellt haben. Die Interaktion war auf solche Posts schon immer richtig gut.“ Insgesamt habe das noch junge Unternehmen zwar viele neue Follower gewonnen, weil empfohlene Kanäle meist im Anschluss auch Hej erwähnt hätten, der Marke habe das aber trotzdem nichts gebracht. „Obwohl wir die ersten Formate nach ein paar Wochen eingestellt haben, ist die Idee an sich nicht aus den Köpfen verschwunden“, so Rath.
Also startet Laura Rath mit ihrem Team Mitte 2019 zwei neue Serienformate: #hejway und #hejgewusst. „Wir versuchen regelmäßig eine Woche unter einem Motto zu starten. Das erfolgt ca. alle zwei Monate“, sagt sie. „Bei #hejway werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und zeigen, wie unsere Produkte entstehen oder wie wir Themen angehen. Mit #hejgewusst wollen wir zeigen, wie man unsere Produkte noch verwenden kann.“ In der jeweiligen Mottowoche postet Hej Organic pro Tag ein Bild im Feed und dazu drei bis vier Stories.
„Das Engagement auf Posts und Stories aus solchen Formaten ist höher als bei anderen Posts. Aber ob das an der wiederkehrenden Serie oder dem Content liegt, kann ich noch nicht sagen“, so die Co-Gründerin. Sie gehe davon aus, dass der Content rund um Nachhaltigkeit, Blick hinter die Kulissen und kreative Verwendung der Produkte sowieso schon auf großes Interesse bei den 15.000 Followern des Accounts stoße. Trotzdem wolle sie weiter mit den Serienformaten experimentieren, mehr Regelmäßigkeit rein bringen und dadurch auch die Namen der Formate bei der Community bekannter machen.
Noch viele Experimente nötig
Auch eine andere deutsche Kosmetikmarke – wenn auch deutlich länger im Geschäft – will über Instagram-Formate mehr Engagement generieren. Unter der Kategorie „Ökowissen“ zeigt die Brand i+m Naturkosmetik Berlin zum Beispiel, wie die Follower die Produktverpackungen am besten entsorgen sollten und beantwortet Fragen aus der Community zum Thema Nachhaltigkeit. Verantwortlich dafür ist Luisa Biedermann, Senior Online Marketing & Cooperations Manager bei i+m. „Wir beobachten schon länger, dass es bei Kunden und Partnern Themen gibt, die immer wieder auftauchen. Solche Fragen wollten wir in einem Format beantworten“, erzählt sie OMR. „Wir haben jetzt drei Mal in Stories ‚Ökowissen‘ geteilt. Darauf haben wir schon viel direktere Rückmeldung bekommen als sonst – das dürfte aber auch am Thema liegen.“
Entstanden sei die Idee zu einem regelmäßigen Format, weil Experimente nötig seien: „Wir haben auf unseren Stories viel mehr Interaktion als auf Posts im Feed. Da müssen wir überlegen, was wir da noch mehr machen können“, sagt Biedermann. „Wir sind ein kleines Team und sind noch viel am Probieren, aber wir versuchen, demnächst einen Namen zu etablieren und vielleicht auch ein kleines Intro zu bauen.“ So lasse sich regelmäßig die Geschichte rund um die Produkte erzählen und was das Unternehmen darüber hinaus für Nachhaltigkeit und weitere Themen leiste. Langfristig sehe Biedermann die Chance, das Feedback und entstandene Fragen nach jeder Folge „Ökowissen“ aufnehmen zu können und durch Anteasern der Antworten bis zur nächsten Episode Spannung bei den knapp 12.000 Followern zu erzeugen.
Auch Influencer suchen nach neuen Ideen
Wir bleiben beim Thema Nachhaltigkeit – irgendwie scheint das wiederkehrende Format-Ideen anzuziehen. Das und andere Themen, die Unternehmen rund um ihre Produkte tiefer beleuchten können und ihre Zielgruppe interessieren, bieten sich offenbar besonders für regelmäßige Formate an. Die Influencerin Jana Huhn, die auf ihrem Account @vonkopfbisfuss_ mehr als 105.000 Follower mit Themen wie Mode, Design und Familie bespielt, versucht sich auch an einer Art Serienformat. „Ich beschäftige mich schon seit zwei Jahren mit Nachhaltigkeit und beleuchte immer wieder meinen Kleidungskonsum. Daraus ist dann eine Challenge für mich entstanden: Wie viele Klamotten brauche ich wirklich?“, sagt Huhn zu OMR. Diese Challenge trägt bei ihr den Namen #siebentagesiebenlookseinteil. „Ich will zeigen, dass ein Teil reicht, um verschiedene Outfits für die Woche zu haben.“
„Im Frühjahr habe ich zum ersten Mal #siebentagesiebenlookseinteil gestartet. Vor drei Wochen gab es die zweite Runde“, sagt Huhn. „Die hat für Aufmerksamkeit gesorgt, weil ich vorher der Community sagen konnte: ‚Leute, macht mit!’” Bei der Premiere des Formats postet sie noch jeden Tag ihr Outfit im Feed (sie stylt alles rund um eine schwarze Hose). Beim zweiten Mal habe sie sich für tägliche Stories entschieden, weil die dafür am besten geeignet seien mit der schnellen Möglichkeit, das Feedback aus der Community zu teilen.
„Bei mir schwirren so viele Ideen im Kopf rum, dass ich bisher noch nicht so oft dazu gekommen bin. Der Plan wäre aber schon, das Format in Zukunft einmal im Monat zu machen“, so Huhn. „Ich denke eigentlich nicht in Engagement-Raten. Das hat mich immer deprimiert. Die Leute sollen etwas mitnehmen, ich will sie inspirieren.“ Trotzdem habe sie gemerkt, dass so eine regelmäßige Challenge auch dafür sorgen kann, dass ihre Follower aktiv mitmachen und sich ein Teil aussuchen, um das sie ihre Outfits herum stylen.